Vergangenheits„Bär“wältigung

Bereits 2014 hatte wir ein Making-of zu Pascal Floerks sensationellem Kurzfilm "Bär" in der DP, in diesem Jahr ging der Kurzfilm nach einer enorm erfolgreichen Festivaltour online. Hier ein Auszug davon, wie das Projekt entstand.

„Bär“ ist eine persönliche Geschichte von Pascal Floerks über die Vergangenheit seines Großvaters im Zweiten Weltkrieg. Der Kurzfilm, bei dem ein Full-CG-Bär in reale Fotografien integriert wurde, war das Abschlussprojekt des Studenten am Animationsinstitut an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Fertiggestellt wurde es 2014 und seitdem auf mehr als 150 Festivals weltweit gezeigt. „Bär“ gewann unter anderem den First Steps Award 2014; die komplette Liste der Auszeichnungen finden Sie hier.

DP: Wie kamst du auf die Filmidee?
Pascal Floerks: Während der Zeit der Ideenfindung für das Diplom habe ich den Comic
„Blacksad“ von Juanjo Guarnido und Juan Díaz Canales gelesen. Darin werden alle
Charaktere als Tiere dargestellt. Ich war angetan von der Darstellung der Charaktere
als Tiere, weil es die Figuren sofort verständlich gemacht hat, obwohl ich sie noch
nicht kannte. Ich wollte unbedingt noch etwas anderes als die üblichen Rigging-Jobs
machen, die ich am Animationsinstitut für andere Projekte ausgeübt habe. Mein Opa
stand mir sehr nahe und sein Charakter und sein Schicksal haben mich immer bewegt. Ich stellte mir also die Frage: Welches Tier wäre mein Opa? Definitiv ein Bär. So kam diese Idee zustande.

DP: Wie groß war dein Team?
Pascal Floerks: Den Film habe ich in erster Linie alleine gemacht. Einfach deshalb, weil
es vom Aufwand her überschaubar war und ich mir das Projekt alleine zugetraut habe.
Auf der musikalischen Seite wurde ich von Christian Heck (www.sumophonic.de) unterstützt. Produzentin Julia Smola hat sich um organisatorische Dinge gekümmert.

DP: Welche Vorlagen hast du für den Bären benutzt?
Pascal Floerks: Das Buch „Animal Anatomy for Artists“ von Eliot Goldfinger zeigt ein paar
Seiten über die Anatomie von Bären, das war als Basis hilfreich. Ich konnte auch ein paar Fotos von Bären im Internet finden, die aufgrund einer Erkrankung kein Fell mehr hatten.
Irgendwann habe ich mich dann auf ein paar gute Vorlagen beschränkt.

DP: Mit welchen Tools hast du den CG-Bären erstellt?
Pascal Floerks: Den Bär habe ich zuerst in ZBrush gesculpted und dann eine Retopologie
in 3DCoat gemacht. Texturen für Fell und Körper habe ich in Mari gezeichnet. Für das
Fell-Grooming habe ich „Yeti Fur“ für Maya benutzt. Gerendert wurde das Ganze dann mit Arnold. Neben dem Arnold-eigenen Hair Shader „aiHair“ habe ich auch gerne den Shader von Anders Langlands, „alHair“ benutzt. Das finale Compositing habe ich in Nuke gemacht.

DP: Wie bist du vorgegangen, um einen realistisch aussehenden Bären zu erstellen?
Pascal Floerks: Das war tatsächlich nicht einfach, ich habe mehrere Anläufe gebraucht. Da
ich vorher noch nie mit Fell in 3D gearbeitet habe, gab es hier einiges zu lernen. Gerade
weil es für mich zu Beginn schwer war, das richtige Volumen des Fells zu beurteilen, waren die Vorlagen-Fotos eine große Hilfe. Zu Beginn habe ich das Volumen der Geometrie zu groß gehalten und musste die Haare kürzen. Wie sich mit der Zeit herausstellte, sah das Fell jedoch realistischer und besser aus, wenn es länger war. Daher habe ich das Volumen des Bären wieder zurückgenommen.

Des Weiteren waren das richtige Licht-Setup und ein guter Hair Shader ausschlaggebend für realistisch aussehendes Fell. Arnold bringt einen guten Hair Shader mit und rendert eine hohe Anzahl von Haaren ohne Probleme. Das und ein wenig Compositing führten am Ende dazu, dass der Bär realistisch aussieht. Viel variieren musste ich bei der Anzahl und der Breite der gerenderten Haare, je nachdem wie groß der Bär zu sehen war und wie scharf oder unscharf er für das Bild sein musste. Für das Fell habe ich gerne Area Lights für weiche Schatten benutzt und zusätzlich Directional Lights für scharfe Lichtpunkte. Durch das Rendern von AOVs konnte ich alle Parameter im Compositing noch einmal effektiv anpassen.

DP: Wie bist du bei der Bearbeitung der alten Bilder vorgegangen?
Pascal Foerks: Ganz konventionell. Die Fotos habe ich erst einmal in dem Stil gelassen, in
dem sie waren. Ich habe versucht, den Bären so gut es geht in 3D zu leuchten, sodass
er sich bereits im Rendering integrierte. Die Feinheiten habe ich dann im Compositing
gemacht.

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DP: Mit welchen Mitteln ist dir die optimale Integration des Bären in die Fotoumgebung gelungen?
Pascal Floerks: Da ich von fast allen Fotos – bis auf drei, die ich für den Schluss des Films
noch gemacht habe – kein HDR- oder anderes Referenzmaterial zur Verfügung hatte,
habe ich in Maya so lange Lichter gesetzt und angepasst, bis es sich richtig anfühlte.
Das hat manchmal lange gedauert, manchmal ging es aber auch sehr schnell. Besonders
in die Schwarz-Weiß-Kriegsfotos war der Bär wesentlich leichter zu integrieren als in die Farbfotos. 3D-Fell verzeiht es aus meiner Erfahrung eher, wenn das Licht nicht hundertprozentig übereinstimmt, tendiert aber auch schnell dazu, flach zu wirken. Für
manche Fotos habe ich die optimale Integration daher erst dann erreicht, wenn ich das
Licht anders gesetzt habe, als es für das Foto eigentlich „richtig“ gewesen wäre. Des Öfteren habe ich Area Lights hinter den Bären gesetzt, um einen schönen Rim-Light-Effekt
zu erzielen. Einen weiteren Boost konnte ich durch meinen ungewöhnlichen Workflow erreichen, indem ich die am Computer bearbeiteten Fotos als Dia belichten ließ: Als Dia
entwickelt, warf ich die Fotos mit einem Dia- Projektor an eine Leinwand und filmte diese
wieder ab. Die Belichtung als Dia hatte zur Folge, dass sich der Bär und das Foto noch
besser verbanden.

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DP: Hast du für jedes Foto einen neuen Bären erstellt oder ist es ein Modell, das
du für jedes Foto angepasst hast?
Pascal Floerks: Zu Beginn hatte ich einen Master-Bären erstellt, in den ich ein einfaches
Rig eingebaut hatte, mit der Absicht, ihn damit grob in die passende Pose setzen zu können. Für die Kriegsfotos, die zeitlich in der Vergangenheit liegen, habe ich vom
Master-Bären noch einen Junior-Bären erstellt. Ausgehend von diesen beiden Bären
habe ich das Modell in die passende Pose gesetzt und mit ZBrush Korrekturen gemacht.

DP: Wie leicht oder schwer war es, an das Fotomaterial des deutschen Bundesarchivs zu kommen?
Pascal Floerks: An das Fotomaterial heranzukommen war tatsächlich leichter als erwartet.
Das Bundesarchiv hat eine Online-Bibliothek, in der man direkt nach Material suchen kann. Von allen Bildern stehen hochaufgelöste Dateien zur Verfügung. Die bekommt man, wenn man für die jeweilige Verwendungs-/ Verwertungsvariante bezahlt. In meinem Fall waren dass circa 73 Euro pro Bild.

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