Onlinejournalismus auf gleicher Augenhöhe mit Print

Durch den zunehmenden Wandel von Print hin zu Online kann das Internet zum journalistischen Leitmedium werden. So lautete eine der Schlussfolgerungen beim gestrigen media coffee von news aktuell in München.

Rund 300 Pressesprecher, PR-Fachleute und Journalisten besuchten die Diskussionsrunde der dpa-Tochter zum Thema „Von der Edelfeder zum Contentlieferanten? – Printmedien im Wandel“. Christian Jakubetz von Imfeld Media moderierte die Veranstaltung.

Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur von sueddeutsche.de, wies darauf hin, dass der Austausch zwischen Print- und Onlineredakteuren bei der Süddeutschen Zeitung inzwischen zum Alltag gehört: „Online und Print können sich ergänzen und komplementär sein. Dabei hat die Online-Ausgabe einer Tageszeitung aber einen anderen Qualitätsanspruch, da hier zum Beispiel der Dialog mit den Lesern oder die Interaktivität im Vordergrund stehen.“ Er unterstrich, dass es bei der Süddeutschen Zeitung eine Verlagerung der Edelfedern in Richtung Online gibt: „Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, unsere bekannten Journalisten online zu präsentieren. Dies zeigen beispielsweise die höheren Zugriffszahlen bei Beiträgen von unseren Leitjournalisten. Das Online-Medium kann somit zum Leitmedium werden“, so Jakobs.

Etwas verhaltener zum Online-Jounalismus äußerte sich Petra Gessulat, Chefredakteurin von COSMOPOLITAN und CELEBRITY. Dieser müsse erst die qualitativen Standards von Print oder TV erreichen: „In der Praxis hat Online die Qualität, wie sie zum Beispiel bei Print- und TV-Journalismus existiert, noch nicht erreicht.“ Online könne aber auch ein gutes Mittel sein, um zum Beispiel andere Lesergruppen zu erreichen und das „Lebensgefühl“ einer Zeitschrift ins Internet zu transportieren: „Mit der Online-Ausgabe von Cosmopolitan erreichen wir eine jüngere Zielgruppe als mit unserem Print-Titel: Während das Durchschnittsalter der Print-Ausgabe 37 Jahre beträgt, liegt es bei der Online-Version bei 25 Jahren.“ Bei Cosmopolitan trenne man nach wie vor die Online von der Printredaktion. „Es wird auch weiterhin eigene Leute für Print und eigene Leute für Online geben. Gleichzeitig nimmt die Kooperation zwischen beiden Seiten zu“, so Gessulat.

Dass Print-Titel mit Online-Ausgaben neue Zielgruppen erreichen können, meinte auch Christoph Hardt, Büroleiter München des Handelsblattes: „Das Online-Angebot ist ein Vehikel, um neue und zum Teil ganz andere User zu finden, als man sie als Printmarke erreicht. Für uns alle wird Online allmählich – wenn auch langsam – Teil unseres Alltags.“ Er prophezeite ein Zusammenwachsen von Print und Online: „Journalisten müssen sich darauf einstellen, gleichzeitig für Print und Online zu arbeiten.“ Beim Handelsblatt finde bereits eine personelle Verlagerung von Print hin zu Online statt, so Hardt. Print bleibe aber weiterhin im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung. „Ich glaube die Wahrnehmung des Handelsblattes wird noch auf Jahre hinaus auf das Printprodukt fixiert sein“.

Julian Spies, Redaktionsleiter Merkur Online und tz Online, erläuterte, dass in seinem Verlag der Austausch von Print- und Onlineredaktion zur Tagesordnung gehöre. „Als Online-Redaktion bekommen wir unter der Devise ,Online First‘ aktuelle Meldungen von den Printkollegen. Die Printredaktion arbeitet bei uns ganz gezielt der Onlineredaktion zu. Trotzdem werden für die Online-Ausgabe eigene Texte geschrieben.“ Er verdeutlichte, dass die Entwicklungen hin zu Online auch zu neuen beruflichen Anforderungen im Journalismus führen: „Wir müssen uns im Klaren sein, dass Redakteure crossmedial arbeiten und auch mal ein Video drehen“, so Spies.

Für Jürgen Marks, Stellvertretender Chefredakteur bei der Augsburger Allgemeinen, gehören Online und Print schon längst zusammen – die crossmediale Vernetzung spielt dabei eine ganz besondere Rolle. „Wir sind in vielen Redaktionen schon viel crossmedialer, als man denkt.“ Online biete für die Zeitungen dabei auch die Chance, verloren gegangene Reichweite und Zielgruppen zurück zu gewinnen. „Da die Zeitungsauflage stagniert, müssen wir uns die große Reichweite crossmedial erobern.“ Das Web biete darüber hinaus die Chance, zum Beispiel durch den Austausch in Communities, insbesondere junge Zielgruppen an Printmarken zu binden, so Marks. Er zeigte sich überzeugt, dass Online die Zeitung nicht verdrängen wird. „Seit mehr als zehn Jahren wird behauptet, dass die Zeitung tot ist. Für die Zukunft werden beide Medien nebeneinander Bestand haben und sich ergänzen.“

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.