Die Preisträger des 29. Filmfestivals Max Ophüls Preis

Das Filmfestival Max Ophüls Preis freut sich, die Preisträger der 29. Ausgabe des Festivals bekannt geben zu können: Der Max Ophüls Preis 2008 geht an den Regisseur André Erkau für seinen Film „Selbstgespräche“.

Max Ophüls Preis 2008

Der Regisseur verfolgt mit zärtlicher Ironie so genannte gescheiterte Existenzen, die sich nicht unterkriegen lassen wollen. In seinem Ensemble-Film wird ein Call-Center zum Mikrokosmos unserer Gesellschaft deren Sprachlosigkeit im Zeitalter der totalen Vernetzung immer offenkundiger wird. Nicht nur der Job der Figuren ist im Übergang, sondern auch ihr Leben. Ein verstummtes Ehepaar, eine allein erziehende Mutter, ein liebenswertes Großmaul und ein menschenscheuer, junger Mann – in all diesen Existenzen finden wir uns wieder. Mit unseren Unsicherheiten und Ängsten, aber auch mit unseren Träumen und Sehnsüchten.

Der Max Ophüls Preis 2008 geht an den Regisseur André Erkau für seinen Film „Selbstgespräche“.

BMW Group Förderpreis Film (mittellange Filme) 2008

Manche Tatsachen sieht man nicht gerne, wenn sie aber gekonnt inszeniert, überzeugend gespielt, visuell vielschichtig und in der richtigen Länge umgesetzt werden, bleibt ein Film im Kopf.

Drei Schüler in einer durchschnittlich bedrückenden Kleinstadt. Die Schule wirkt durch Bild und Spiel authentisch, wie man es eben kennt. In der Entwicklung der Handlung aber gewinnt der Film eine exemplarische Größe. Auf überraschende Weise wird das Opfer zum Gewalt dokumentierenden Täter, während sein Freund, der ihm helfen wollte, zum Opfer wird.

Der distanzierte Blick durch das Handy fasziniert den Jungen auch beim wiederholten Betrachten der Bilder, ohne Reue und Mitgefühl für seinen vermeintlichen Freund.

Traurig aber wahr!

Der BMW Group Förderpreis Film für mittellange Filme geht an den Autor und Regisseur Stefan Schaller für den Film „Böse Bilder“.

Die Jury vergibt noch eine lobende Erwähnung für den Film „Sonbol“:

Der Einblick, den die mutige, schnelle Frau und der gleichnamige Dokumentarfilm in den Iran der Gegenwart erlaubt, hat uns sehr beeindruckt und berührt.

Kurzfilmpreis 2008

Ein Mann und seine an Alzheimer erkrankte Frau. Es sind seine zärtlichen und liebevollen Gesten, die von einer immer noch bestehenden Zuneigung erzählen. Die Regisseurin braucht nur 13 Minuten um uns eine große Liebesgeschichte ganz nahe zu bringen. Wir freuen uns auf den ersten Spielfilm dieses Talents.

Der Kurzfilmpreis 2008 geht an die Regisseurin Frauke Thielecke für ihren Film „Dunkelrot“.

Bester Nachwuchsdarsteller 2008

Er spielt die Rolle des jüngeren Bruders Konstantin mit verblüffender Zurückhaltung. Gerade durch diese Einfachheit und Natürlichkeit der Darstellung lässt er die Figur glaubhaft erscheinen. Mit schauspielerischer Präzision und großer Souveränität gelingt es ihm, die Spannweite der Figur zwischen jugendlicher Euphorie und inneren Zweifeln verständlich zu machen. Deshalb macht er Konstantin zum berührenden stillen Helden.

Für seine Rolle als Konstantin in dem Film „Nichts geht mehr“ von Florian Mischa Böder geht der Preis für den besten Nachwuchsdarsteller 2008 an Jörg Pohl.

Beste Nachwuchsdarstellerin 2008

Sie ist facettenreich und nicht festgelegt. Sie spielt die schrille, extrovertierte und dennoch verletzliche Sik genauso souverän, wie die in einer Gruppe Jugendlicher mit konsequenter Logik zum Vergewaltigungsopfer werdende Maike. Da wirkt nichts aufgesetzt. Die Figuren leben durch ihre Reduzierung auf das Wesentliche und werden dadurch echt. Wirkung wird erzielt durch eine Mimik, die mehr hinter der jeweiligen Figur erahnen lässt, als auf der Oberfläche sichtbar.

Für ihre Rollen als Maike in dem Film „Höhere Gewalt“ von Lars Henning Jung und als Sik in dem Film „Die Tränen meiner Mutter“ von Alejandro Cardenas-Amelio geht der Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin 2008 an Alice Dwyer.

Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten 2008

Die Leistung der Regisseurin ist es, vom Schicksal der Heimkinder in großen Kinobildern zu erzählen. Kino meint hier, dass dem Zuschauer keine Welt erklärt wird. Er kann sich vielmehr selbst ein Bild machen, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erkennen. Sicher im Umgang mit ihren filmischen Mitteln bildet die Regisseurin – eindringlich und zugleich diskret – nicht nur Realitäten ab, sondern gestaltet sie auch.

Der Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten 2008 geht an die Regisseurin Alexandra Westmeier für ihre Dokumentation „Allein in vier Wänden“.

Dokumentarfilmpreis 2008

Sommersprossige, rotzige Kindergesichter, die uns offen anblicken. Man kann sich ihnen nicht entziehen. Es sind unschuldige Gesichter. Doch wenn man wie die Kamera länger hinschaut, entdeckt man eine tiefe Trauer. In dieser Dokumentation treffen wir auf kleine bis halbwüchsige Jungen, denen die Kindheit genommen wurde. Die Regisseurin geht in ein Jugendgefängnis im Ural und entwickelt anhand dieser Einrichtung das Panorama einer Gesellschaft, die für ihre Kinder und Jugendlichen keine Zukunft mehr bietet. Wir lernen minderjährige Jungen kennen, die Diebstahl, Raub und Mord begangen haben. Wenn sie anfangen zu sprechen, dann wird schnell klar, dass sie aus einer verwahrlosten und gewalttätigen Welt kommen. Das Gefängnis bietet ihnen keine Perspektive, aber einen Rückhalt auf Zeit. Draußen werden sie wieder um ihr Überleben kämpfen müssen. Um ihr Leben.

Der Dokumentarfilmpreis 2008 geht an die Regisseurin Alexandra Westmeier für ihre Dokumentation „Allein in vier Wänden“.

Publikumspreis 2008

Der Publikumspreis des 29. Filmfestivals Max Ophüls Preis geht an den Film „Novemberkind“ des Regisseurs Christian Schwochow.

Preis der dt.-frz. Schülerjury 2008

Die Schülerjury hat sich für einen Film entschieden, der schockiert und der die Meinungen der Jury gespalten hat. Es war erschreckend zu sehen, wie scheinbar harmlose Kleinigkeiten zwischen Jugendlichen eine Eigendynamik entwickeln hin zu extremen Gewaltexzessen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass der Film provokant ist und durch Bilder und Sprache abstoßend wirkt, aber wir sind der Meinung, dass ein solches Thema eine derartige Inszenierung benötigt und gerade dadurch uns auch überzeugt hat. Wie kann es zu einer derartigen Eskalation der Gewalt kommen? Wer hätte wo einschreiten können um es zu verhindern?

Wir finden es mutig, dass der Film am Ende die Fragen von Schuld, Verantwortung und Sühne offen lässt. Gerade dies zwingt uns selbst, nach Lösungen zu suchen. Wir finden, dass der Zuschauer durch den Film angeregt wird, auch das eigene Verhalten oder das seines Umfeldes kritisch zu hinterfragen.

Der Preis der Schülerjury 2008 geht an den Regisseur Lars Henning Jung für seinen Film „Höhere Gewalt“.

SR-ZDF-Drehbuchpreis 2008

Vom Kino kann man lernen, dass man seinen Augen nicht immer trauen darf. Seinen Gefühlen erst recht nicht. Nur auf eines kann man sich verlassen: nichts ist wie es scheint. Die 14jährige Jenny läuft nachts vor ein Auto, bleibt unverletzt, verliert aber ihr Herz an den geheimnisvollen Jungen aus Portugal. Wir aber wissen, dass Miguel eigentlich Mel heißt und ein waschechtes Mädchen ist.

Ehe man sich’s versieht, zieht uns die Autorin mit eindrucksvollen Bildern in ein Spiel der Verführung und Verwirrung der Geschlechter. Ohne ein schweres Drama zu sein, erzählt uns der Film die dramatische Suche nach Identität durch ein feingezeichnetes Figurenensemble. Mit wenigen Worten wird hier viel gesagt. Dramaturgische Genauigkeit, sorgfältig gewählte und platzierte Motive ergeben ein geschlossenes Gesamtbild.

Die Überwindung der Ängste und das Bekenntnis zu sich selbst sind nicht nur Mels erster Schritt in die Wirklichkeit, sondern auch in die Freiheit – und das Ende eines schönen Films.

Für ihren ersten langen Film „Mein Freund aus Faro“ zeichnet die Jury Nana Neul mit dem SR-ZDF-Drehbuchpreis aus.

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