Schlechtes Technik-Design ärgert User

Intelligente Benutzeroberflächen sind noch die Ausnahme.

Amerikanische Hightech-Institute arbeiten an intelligenten Technologien nach dem Prinzip „things that think“. Die Technik als solche entzieht sich dabei zunehmend der Sichtbarkeit, so der Berliner Wissenschaftler Norbert Bolz. „Je komplexer unsere Welt wird, umso wichtiger wird die Benutzeroberfläche. Intelligentes Design signalisiert dem Kunden: Vergiss die Technik! Es muss Glaubwürdigkeit in Form übersetzen, denn kaum ein Konsument kann die technischen Fakten beurteilen. Er will auf der freundlichen Benutzeroberfläche bleiben“, erläutert der Trendforscher.

Kaum noch jemand mache seine Motorhaube auf, wenn der Wagen auf der Autobahn liegen bleibe. Irgendwo müsse mit Details Schluss sein. „Das ist kein Praxisdefizit, sondern notwendige grobe Körnung“, sagt Bolz.

Wer heute ein Videogerät, Handy oder einen Fotoapparat kauft, könne nach Ansicht von Bernhard Steimel, Sprecher der Voice Days, nachvollziehen, wie wichtig selbsterklärende Menüs im Alltag und im Berufsleben seien. „Es wäre doch viel besser, wenn man dem neuen Gerät einfach sagen könnte, was man von ihm will, und zwar so, wie man mit einem anderen Menschen reden würde“, meint Steimel.

Für die Produktentwicklung des Technologieherstellers Bizerba ist es wichtig, die Technik mit modernsten grafischen Benutzeroberflächen zu verbinden. „Wir passen das Design an und holen uns Informationen vom Bedienpersonal. Zudem arbeiten wir mit Designern zusammen, um das wirklich so intuitiv wie möglich zu gestalten. Denn niemand hat mittlerweile Zeit, sich mit der Technik auseinander zu setzen. Es darf nicht sein, dass man Schulungen braucht, nur um das Gerät zu bedienen. Die Leute müssen sich im Einzelhandel auf den Verkaufsprozess konzentrieren können“, so die Markterfahrung von Werner Sauter, verantwortlich für das weltweite Produkt- und Applikationsmanagement bei Bizerba.

Den Grundsatz „keep it simple“, wie es Bizerba praktiziert, würden viele Entwickler leider nicht beherzigen, kritisiert Marketingexperte Günter Greff. „Das predige ich nun schon seit über 20 Jahren. Es bringt nichts, in Endlosschleifen neue Techniktrends zu beschwören, wenn der Kunde mit den alten Geräten noch nicht einmal zurecht kommt.

Die Gurus der IT-Industrie wären gut beraten, etwas weniger marktschreierisch aufzutreten und sich mit neuen Schlagwörtern zurückzuhalten. Es kommen jedes Jahr Geräte unausgereift auf den Markt, die mit anderen Technologien nicht harmonieren und ein mehrstündiges Studium von Handbüchern benötigen, die in einem chinesisch-deutschen Kauderwelsch geschrieben wurden“, bemängelt Greff. Die Realität sieht düster aus, bestätigt Spiegel-Online-Redakteur Konrad Lischka: „Die fiese Feststelltaste zwingt zu permanenter Großschreibung, jede Digitalkamera will ein eigenes USB-Kabel – und Aufzüge halten bei jedem sinnlosen Zwischenstopp. Wenn Ingenieure schlampen, leiden Millionen.“

Ein Anschluss am Computer für alle erdenklichen Geräte, standardisiert, universell, praktisch und schnell – mit diesem Versprechen trat 1996 der „Universal Serial Bus“ (USB) an. „Schaut man sich die diversen USB-Kabel für Digitalkameras, Handys, MP3-Player und Navigationssysteme an, ist das Versprechen nur halb eingelöst – nämlich nur auf der Kabelseite, die man in den Rechner stöpselt. Da passt jedes USB-Kabel in jeden USB-Anschluss. Auf der Geräteseite sieht es allerdings anders aus: Da passt bei weitem nicht jedes USB-Kabel in jedes USB-Gerät“, moniert Lischka.

Einfachheit sei deshalb ein unschlagbares Verkaufsargument, glaubt der Call-Center-Experte Greff. „Die Menschen kann man begeistern, wenn man Technologien auf den Markt bringt, die das Leben einfacher machen – ohne dicke Handbücher.

Apple macht es vor, den iPod oder das iPhone kann man nach kurzer Zeit ohne Anleitung bedienen. Das Produktdesign darf man deshalb nicht den Technikingenieuren überlassen. Die haben davon keine Ahnung“, resümiert Greff im Gespräch mit pressetext. Das MIT in Cambridge gehe den richtigen Weg. „Dort leitet der Medienkünstler und Grafikdesigner John Maeda das Simplicity-Forschungsprojekt und kein technischer Daniel Düsentrieb“, weiß Greff.

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