Yahoo-Deal: Microsoft spielt weiter auf Zeit

Analyst: "Eindruck feindlicher Übernahme wäre völlig kontraproduktiv".

Der US-Softwaregigant Microsoft bereitet sich offenbar auf einen zermürbenden Übernahmekampf um den angeschlagenen Portalriesen Yahoo vor. Wie das Wall Street Journal berichtet, wollen die Redmonder ihr bereits vor zwei Monaten geäußertes Übernahmeangebot über 44,6 Mrd. Dollar nicht weiter erhöhen. Obwohl beide Unternehmen gegenwärtig keine Auskunft über den laufenden Fortgang der Verhandlungen geben, heißt es aus internen Kreisen, man wolle seitens Microsofts auf Zeit spielen. Unterdessen bekräftigt Yahoo während seiner jüngsten Roadshow gegenüber den eigenen Aktionären den Anspruch auf einen höheren Preis.

„Die geplante Übernahme stellt sich derzeit als ein Spiel auf Zeit für beide Seiten heraus. Natürlich will Yahoo die Anleger überzeugen, dass es sich in Anbetracht der ambitionierten Wachstumspläne lohnt, noch weiter auf ein höheres Angebot zu warten. Andererseits weiß auch Microsoft, dass es kaum alternative Käufer für das Unternehmen gibt“, sagt RZB-Analyst Christian Hinterwallner im Gespräch mit dem Nachrichtendienst pressetext.de. Laut dem Experten wird Microsoft langfristig gesehen sein Angebot aber noch ein wenig aufstocken, um damit zu zeigen, dass die bestehende Yahoo-Management- und Unternehmenskultur nicht zerstört wird. „Beispielsweise den Eindruck zu erwecken, man wolle eine feindliche Übernahme, wäre hierbei sicherlich völlig kontraproduktiv“, so Hinterwallner.

Insider sehen die Hinhaltetaktik Yahoos als wenig förderlich. Schließlich gerät der Konzern nach der Zustimmung über den 3,1 Mrd. Dollar schweren Kauf des Online-Werbevermarkters DoubleClick durch Branchenprimus Google gegenüber Microsoft massiv unter Druck. Die auf diese Weise von Google geschaffene Monopolstellung für Werbekunden könnte Yahoos Strategie, gegenüber Microsoft weiter auf ein höheres Gebot zu pochen, fragwürdig erscheinen lassen. „Durch den Google-DoubleClick-Deal erhält Microsoft weitere Feuerkraft, um über Yahoo zu siegen“, zitierte das Branchenportal Cnet den Nedham & Co.-Analysten Mark May.

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Der feste Entschluss, bei dem aktuellen Übernahmegebot bleiben zu wollen, wird von Microsoft nahestehenden Personen dahingehend kommentiert, dass „es keinen Grund gibt, um gegen uns selbst zu bieten“, so der Bericht. Microsofts Strategie, im Yahoo-Poker auf Zeit zu setzen, könnte sich Experten zufolge aussichtsreich gestalten. Auch könnte das bisherige Angebot lukrativer werden, da für die USA langfristig mit einem ökonomischen Abschwung gerechnet wird und sich das Aktienmarktumfeld gegenwärtig volatil gestaltet. Andere Microsoft-Insider gehen davon aus, dass Yahoo nur deshalb der Offerte noch nicht zugestimmt hat, weil Microsoft bisher noch keine Vorschlagsliste über die Neubesetzung der aktuellen Yahoo-Managing-Directors vorgelegt hat.

Eingeweihte Yahoo-Kreise haben immer wieder angedeutet, dass 40 Dollar je Aktie für das Unternehmen „akzeptabel“ wären. Bereits Ende Januar hatte Microsoft ein Kaufangebot über 31 Dollar je Yahoo-Papier vorgelegt. Dieses wurde kurz darauf als „unterbewertet“ abgelehnt, obwohl es zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe mit den besagten 44,6 Mrd. Dollar rund 60 Prozent über dem damaligen Börsenwert Yahoos lag. Mittlerweile umfasst das Angebot ein Volumen von 42 Mrd. Dollar. Ein möglicher Wert der Einigung könnte Experten zufolge bei rund 35 Dollar je Aktie liegen. Microsofts starre Haltung sehen Analysten als Reaktion auf die Ankündigung Yahoos, zusammen mit dem US-Medienkonzern Time Warner ein mediales Alternativangebot zu Microsoft zu kreieren.

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