Schwere Zeiten für Handy-TV: Ende April hat der Betreiber Mobiles Fernsehen Deutschland (MFD) sein Angebot „watcha“ eingestellt, das noch auf dem DMB-Standard basierte. Damit hätte das Konsortium Mobile 3.0, das auf den konkurrierenden Standard DVB-H setzt und unter anderem von Verlagen wie Burda und Holtzbrick finanziert wird, eigentlich gute Aussichten.
Doch nun gibt der Elektronikkonzern LG den Lieferstart für sein TV-Handy HB620T bekannt – und Mobilfunk-Provider wie T-Mobile, Vodafone, O2 und Debitel nehmen es gleich in ihr Sortiment auf. Denn das Handy empfängt Fernsehsignale über den DVB-T-Standard, der eigentlich für klassische TV-Geräte gedacht ist. Auf diesem Wege lassen sich normale Free-to-Air-Fernsehprogramme konsumieren, und das dank 2-Zoll-Display und Bildverbesserungs-Chip sogar in relativ guter Qualität.
Das Gerät könnte so die Akzeptanz von Mobil-TV erhöhen, denn die Benutzung ist einfach und es entstehen keine Zusatzkosten. Dadurch gerät jedoch das Business-Modell von Mobile 3.0 ins Wanken, ebenso die Hoffnungen von Kreativen im Mobile-Bereich: Das Konsortium will speziell aufbereitete TV-Inhalte beziehungsweise originäre Handy-Formate via DVB-H ausstrahlen, die an das Endgerät angepasst sind. Für deren Nutzung sollen dann zusätzliche Kosten entstehen. Wenn die Mobilfunk-Provider das neue Handy mit Gratis-TV-Empfang jedoch massiv bewerben und damit Erfolg haben, reduziert das die Erfolgsaussichten von Mobile 3.0 deutlich. Diese existentielle Bedrohung ist der Mobilfunk-Fraktion nur recht: Sie kann durch das Handy-TV via DVB-T zwar keinen zusätzlichen Umsatz verbuchen, torpediert damit aber das „Verleger-Fernsehen“ auf dem Handy – ein Geschäft, das sie als ihr eigenes versteht.