Branchenhighlight vs. EM-Halbfinale

Ob CGI-Kasperltheater, Effekte in Krabat oder dänisches Satire-Kleinod - filmtoolsConsult und MedienCampus Bayern boten mit interessanten Produktionen und hochkarätigen Gästen ein starkes Gegenprogramm zur EM.

Am Abend des 26. Juni fand man im Münchner Gasteig nicht das gewohnte Treiben von Filmfest-Besuchern vor. Der Grund: EM-Halbfinale. Trotzdem fanden sich zahlreiche Besucher ein, die sich das 11. AnimationMeeting nicht entgehen lassen wollten.

Kasperl in 3D

„Kinder, seid ihr alle da?“ Die Besucher staunten nicht schlecht. Statt Beamer gab es eine Bühne, statt 3D-Effekte echtes Kasperltheater mit Handpuppen. Richard Oehmann und Josef Parzefall, Gründer, Autoren und Puppenspieler von „Doctor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater“ zeigten ihr Können dem Publikum, das sich nach anfänglichem Zögern auf das lustige Treiben von Kasperl, Seppl, dem gefräßigen Krokodil, Hund Vinzenz, Wachtmeister Wirsing und Großmutter einließ.

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Nach dieser ungewöhnlichen Eröffnung übergab Moderator Gert Zimmermann, filmtoolsConsult, das Mikro an Stephan Schesch, der den Bogen zur 3D Animation schlug und auch die Leinwand wieder herunterfahren ließ. Der Geschäftsführer von Animation X zeichnet für eine Umsetzung der Kasperl-Figuren in 3D verantwortlich. Zusammen mit Oehmann und Parzefall wurden bereits erste Animationstests und ein Drehbuch erarbeitet, das auf dem internationalen Trickfilm-Festival in Stuttgart für den Deutschen Animationsdrehbuchpreis 2008 nominiert wurde.

„Kasperl in 3D bedeutet, den Look vom Kasperltheater zu erhalten, aber um die Möglichkeiten der 3D zu erweitern“, fasste Schesch zusammen. Figuren und Bühnenelemente hätten dieselbe Anmutung, man könne aber den Figuren nun Mimik verleihen oder sie Bewegungen ausführen lassen, zum Beispiel radfahren. Sich von dem „üblichen“ Animations-Look zu lösen, erwies sich aber als schwierig. „Die ersten Tests sahen immer aus wie ‚Urmel aus dem Eis’ oder ‚Findet Nemo’ und gerade das wollten wir vermeiden“, berichtet er. Die Lösung bestand im rigorosen Weglassen von Details.

Der Zuschauer wird leider noch etwas warten müssen, um zu erfahren, was ihn im 3D-Kaspertheater nun erwartet. Nur so viel sei verraten: Die Geschichte spinnt sich um die Erklärung, warum man in Bayern nach dem 12-Uhr-Läuten unter gar keinen Umständen mehr Weißwürste essen darf.

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Comicverfilmung mit viel schwarzem Humor: „Rejsen til Saturn“

Auch beim nächsten Projekt müssen die deutschen Zuschauer noch warten, wenn sie es überhaupt zu sehen bekommen. Die Rede ist vom dänischen 3D Feature Film „Rejsen til Saturn“ (Reise zum Saturn), der im September in den dortigen Kinos startet. Die bitterböse und gänzlich politisch unkorrekte Geschichte basiert auf einem dänischen Comic aus den 70er Jahren, das die damalige Energiekrise als Hintergrund nimmt. Astronauten fliegen zum Saturn mit dem Ziel, die Gase des Planeten als alternative Energiequellen anzuzapfen. Der inkompetente Haufen wird von einem skrupellosen Geschäftsmann ins All befördert. Als sie ihr Ziel erreichen treffen sie auf ebenso miese Außerirdische und müssen nichts Geringeres tun, als Dänemark und die Welt zu retten. „Die Dänen haben schon einen speziellen Humor“, erklärt Lilian Klages, Geschäftsführerin und Executive Producer von A. Film Deutschland. Zumindest die Besucher des AnimationMeetings teilten diesen, wie die Reaktionen auf Trailer und Filmausschnitte zeigten. Man müsse aber sehen, ob man einen Verleih in Deutschland findet, fährt Klages fort. Es sei schwierig, einen Animationsfilm, sei es nun 2D oder 3D, für Erwachsene ins Kino zu bringen.

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Abgesehen vom sehr speziellen dänischen Humor ist „Rejsen til Saturn“ auch aus anderen Gründen eine besondere Produktion. Der Film wurde mit 2 Millionen Euro aus Dänemark finanziert und noch dazu komplett inhouse bei A. Film realisiert. Eine Seltenheit für europäische Verhältnisse, die sehr von Koproduktionen bestimmt sind (siehe dazu auch DP 03:05, S. 22 ff. „Die Drachenjäger“).

In nur eineinhalb Jahren stellte A. Film diesen Film mit einem Team aus zehn Leuten fertig, drei Regisseure inbegriffen. „Wir mussten sehr schnell und effizient arbeiten“, erklärt Lilian Klages. „Das gelang uns unter anderem mit Character Generators.“ Die Charaktere im Film hätten alle dieselbe Grundform und würden mit vorgefertigten Augen, Perücken und Nasen ausgestattet. Zudem verzichtete A. Film auf Details und stellte das Storytelling in den Vordergrund. „Wir wollten etwas ganz anderes machen und erfolgreich eine Nische besetzen“, resümiert Klages. A. Film rechnet mit einem Erfolg für den Herbst. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Diese aberwitzige Geschichte ist ähnlich gelagert wie der 3D-Film „Terkel in Trouble“ (2005) aus dem gleichen Hause, der in Dänemark ungemein erfolgreich war.

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Effekte in „Sweeney Todd“ und „Krabat“

Alex Lemke schließlich berichtete von aktuellen Spielfilmproduktionen. Der freie VFX Supervisor arbeitete als 2D Sequence Lead an allen „Herr der Ringe“-Filmen mit. Er eröffnete seinen Vortrag mit der Schlussszene aus „Sweeney Todd” (2007), wo die Figur der Mrs. Lovett wie in Hänsel und Gretel ihr grausiges Ende im (Pasteten)Ofen findet. An fünf Einstellungen arbeitete er zusammen mit einem zweiten Compositor drei Monate lang und verkokelte unter anderem echte Schweinshaxen mit Gasbrennern, um die benötigten Texturen zu erhalten. Lemke erläuterte anschaulich den Arbeitsaufwand für Einstellungen, die seinen und den Einsatz anderer, wie der Second Unit, erfordern, und im Film nur für einige Sekunden zu sehen sind.

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Den Abschluss des Abends bildete ein kurzer Einblick in die Effekte von „Krabat“. Der Film, der auf dem Jugendbuch von Otfried Preußler basiert, startet im Oktober dieses Jahres. Ein detaillierter Einblick in das Making of war leider noch nicht möglich und die Informationen von Lemke waren auf den Teaser beschränkt. Dennoch erhielten die Zuschauer einen Einblick in die verschiedenen Arbeitsschritte, die für den Teaser nötig waren, und die trickreiche Zusammenarbeit mit echten Raben, deren darstellerische Leistung oft verkannt wird. „Bei einer Szene werde ich oft gefragt, warum wir denn keine echten Raben genommen hätten. Haben wir, sogar vier unterschiedliche. Aber die Tiere fliegen so furchtbar synchron“, konstatiert Lemke.

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Weiterführende Links:

  • Kasperltheater in M
    Infos zu Stephan Schesch, Animation X
    Website von A. Film
    Trailer zu „Rejsen til Saturn“
    Blog zu „Rejsen til Saturn“
    Infos zu „Terkel in Trouble“
    Infos zu Krabat
    Weitere Infos
    Weitere Infos

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