Trotz „Home Cinema“, Raubkopie-Klagen und Wirtschaftskrise: Die deutschen Kinos verzeichnen für das erste Halbjahr 2009 Rekordumsätze. Das geht aus einer Untersuchung von Nielsen hervor. Nach Angaben der Marktforscher wurden in den ersten sechs Monaten 409,54 Millionen Euro Umsatz erzielt, die Besucherzahl belief sich auf 62,78 Millionen – 4,4 Millionen Besucher mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damit wurden selbst die sehr guten Umsätze von 2006 bislang getoppt und das erste Kinohalbjahr 2009 ist das erfolgreichste seit fünf Jahren. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008 stieg der Umsatz sogar um 13,5 Prozent.
„Besonders ungewöhnlich an den fantastischen Ergebnissen ist, dass dieser Erfolg nicht auf einem einzigen Blockbuster basiert, sondern sich auf zahlreiche Produktionen verteilt, die ganz unterschiedliche Genres bedienen“, erläutert Johannes Klingsporn, Geschäftsführer des Verbandes der Filmverleiher e.V.. So entwickelten sich neben großen Hollywood- Blockbustern wie dem erfolgreichsten Film des ersten Halbjahres „Illuminati“ (4.254.350 Besucher) auch kleinere Produktionen wie das Oscar-gekrönte Drama „Slumdog Millionär“ (1.883.738 Besucher) zu Kassenmagneten. Ebenfalls bemerkenswert: Weibliche Teenager begeistern sich verstärkt für das Kino. So lockte „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ insgesamt 2.504.901 Besucher im ersten Halbjahr in die Filmtheater, und auch „Hannah Montana – Der Film“ zog 1.053.871 vornehmlich junge Besucher in die Kinosäle.
Zum Kinoerfolg 2009 trugen auch deutsche Produktionen bei, allen voran „Der Vorleser“, dicht gefolgt von „Männersache“. Deutsche Kinderfilme wie „Hexe Lilli“, „Die wilden Hühner und das Leben“ oder „Prinzessin Lillifee“ finden sich mit gleich fünf Titeln in den „Top Ten Besucher Charts“ der deutschen Filme. Auch große Literaturverfilmungen fanden ihr Publikum, so verfolgten 848.306 Besucher im ersten Halbjahr das Schicksal der „Buddenbrooks“, während sich 2.082.318 Besucher für „Der Vorleser“ interessierten.
Zweite Jahreshälfte: 3D-Digital-Trend
Auch in der zweiten Jahreshälfte sehen Kinobetreiber ausreichend Potenzial, den Rekordkurs zu halten: „Die aktuellen Besucher- und Umsatzzahlen für den Juli sind bereits vielversprechend: Wir liegen beim Umsatz 57,7 Prozent und bezüglich Besuchern 43,5 Prozent über dem Vorjahreszeitraum“, stellt Dr. Andreas Kramer fest, Geschäftsführer des HDF KINO e.V. Allein an den Wochenenden (Donnerstag bis Sonntag) vom 02.07. bis einschließlich 19.07. wurden laut Statistik des Verbandes der Filmverleiher 8.402.948 Besucher und 59.385.423 Euro Umsatz erzielt. „Der Aufwärtstrend wird weiter anhalten“, glaubt auch Johannes Klingsporn. „Beispielsweise erzielte ‚Harry Potter und der Halbblutprinz‘ am vergangenen Wochenende ein unglaubliches Startergebnis von 2.218.552 Besuchern und 16,86 Mio. Euro Umsatz, und es starten noch weitere, sehr viel versprechende Filme. Ich sehe beim Jahresendergebnis Potenzial nach oben.“
Der erste Meilenstein des zweiten Halbjahres wurde bereits durch „Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los“ gesetzt. Als erfolgreichster Animationsfilm außerhalb Nordamerikas erreichte er in nur 19 Tagen 5,6 Millionen Besucher (Quelle: Twentieth Century Fox of Germany GmbH). Insbesondere die 3D-Kopien von „Ice Age 3“ zogen Kinogänger an: 1,2 Millionen Besucher verfolgten das Eiszeitabenteuer bis dato in der 3D-Digital-Version. Der 3D-Digital-Trend im Kino wird auch im zweiten Halbjahr fortgesetzt, beispielsweise mit dem Animationsfilm „Oben“, dem Trickfilm-Abenteuer „Planet 51“ sowie dem lang erwarteten Realfilm „Avatar“ von James Cameron. Auch Dr. Andreas Kramer sieht für digitale 3D-Projektionen eine große Zukunft: „Zurzeit gibt es in Deutschland über 100 digitale 3D-Leinwände, die extrem hohe Besucherzahlen aufweisen können. Digitale 3D-Projektion ist ein völlig neues Filmerlebnis, das die Menschen fasziniert. Kein anderes Medium als Kino kann dieses Erlebnis bislang bieten, und das merken wir deutlich an den Besucher- und Umsatzzahlen.“
Große Genre-Bandbreite bei Neustarts
Aber nicht nur 3D wird als Garant für ein Erfolgsjahr gehandelt: Grund zum Optimismus liefern wieder zahlreiche Filmhighlights, die ein genauso breites Genre-Spektrum aufweisen wie schon das erste Halbjahr. Neben Hollywood-Blockbustern wie Roland Emmerichs „2012“ starten auch lang erwartete Filme wie „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino oder Michael Bully Herbigs „Wickie und die starken Männer“ sowie eine große Bandbreite an deutschen Produktionen von „Die Päpstin“ über den Cannes-Sieger „Das weiße Band“ von Michael Haneke und „Soul Kitchen“ von Fatih Akin bis hin zu „Zweiohrküken“, der Fortsetzung des Erfolgsfilm „Keinohrhasen“. Jan Oesterlin, Geschäftsführer der Zukunft Kino Marketing GmbH, glaubt daher, dass sich der Aufwärtstrend auch im zweiten Halbjahr fortsetzen wird: „Das zweiten Halbjahr wird mit den hervorragenden Zahlen der ersten Jahreshälfte mithalten können, vielleicht diese sogar übertreffen. Die deutschen Filmtheater sind sehr gut aufgestellt, warten mit einer großen Bandbreite an Filmen auf sowie mit neuen Seherlebnissen wie 3D-Digital.“
