Mocap aus dem Saarland

Forscher am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken haben ein Verfahren entwickelt, das Mocap-Anzüge überflüssig macht.

Der gängige Weg ist, dass sich die Schauspieler in hautenge Anzüge zwängen, die mit Markern beklebt sind. Diese reflektieren Infrarotlicht, das von einem speziellen Kamera-System ausgestrahlt und empfangen wird. Auf diese Weise werden die Bewegungen erfasst und auf die virtuelle Figur übertragen. Im Saarbrücker System hingegen werden Schauspieler in ihrer normalen Kleidung von gewöhnlichen Kameras gefilmt. Die Bewegungen werden dann von einer speziellen Software analysiert. 

Dies wird nicht nur Trickfilmspezialisten die Arbeit erleichtern, sondern auch Ärzten und Sportlern bei der Bewegungsanalyse helfen. Die Technologie wird in Kürze über eine eigene Firma vermarktet und wird gerade noch bis zum 9. März auf der Cebit in Hannover (Halle 9, Stand F 34) vorgestellt, lässt das Institut verlauten.

Das mittlerweile patentierte Rechenverfahren konnte in den vergangenen Monaten weiter verfeinert werden, heißt es weiter. Es komme jetzt auch mit Szenen zurecht, bei denen mehrere Personen gleichzeitig die Szene bevölkern und sich Körperteile in den Aufnahmen überlagern. „Das System erkennt die Bewegungen auch dann noch, wenn Gegenstände die Menschen verdecken oder der Hintergrund sehr unruhig ist. Das wird in Zukunft auch Trickaufnahmen außerhalb der Studios, etwa in der freien Natur ermöglichen“, glaubt der Saarbrücker Forscher Nils Hasler.

Noch ein weiteres Problem konnten die Informatiker um Christian Theobalt, dem Leiter der Forschergruppe „Graphics, Vision & Video“, in den vergangenen Monaten lösen: „Wenn Schauspieler weite Mäntel tragen oder Damen in langen Ballkleidern die Szene betreten, wurde es auch für unsere Software schwierig, die Bewegungen des Körpers zu rekonstruieren. Über ein neues Rechenverfahren können wir jetzt auch Oberflächen so genau erfassen, dass man zum Beispiel den Faltenwurf der Kleidung völlig realistisch nachbilden kann. Dies hat bisher weltweit noch kein anderes Computerprogramm geschafft“, erklärt Nils Hasler.

Die neue Technologie sei dadurch auch für viele Anwendungen jenseits der Film- und Spieleindustrie interessant, heißt es weiter. Athleten könnten sie nutzen, um ohne störende Marker am Körper einzelne Bewegungen genau zu analysieren. Sportjournalisten hätten die Möglichkeit, live am Fernsehbildschirm die Bewegungsabläufe etwa beim Stabhochsprung oder Diskuswerfen direkt zu kommentieren. „Auch die Medizin könnte davon profitieren. Für Ärzte wird es damit viel einfacher, den Heilungserfolg nach Operationen an Gelenken bildlich darzustellen und genau zu verfolgen“, erläutert Nils Hasler.

Der Forscher am Max-Planck-Institut für Informatik will jetzt mit Professor Christian Theobalt und seinem Forscherkollegen Carsten Stoll eine Firma gründen, um aus der bisherigen Software ein kommerzielles Produkt zu machen. „Es haben schon etliche Unternehmen aus der Filmindustrie und Sportvermarktung angeklopft“, verrät Hasler.

Technischer Hintergrund
Die Technik, die für das neue Verfahren eingesetzt wird, ist recht preiswert. Etwa fünf bis zwölf normale Videokameras sind notwendig. Mit Hilfe ihrer Software erstellen die Informatiker dann ein 3D-Modell des zu erfassenden Darstellers aus einem Bewegungsskelett mit 58 Gelenken. Um die Bewegungen zu erfassen, arbeitet das Rechenverfahren kontinuierlich daraufhin, dass sich das zweidimensionale Bild aus der Videokamera und das 3D-Modell möglichst passgenau überlagern. Die dazu notwendigen Vergleiche können die Saarbrücker auf mathematischem Wege sehr effizient und schnell lösen. Auf diese Weise erfassen sie die gefilmte Bewegung und visualisieren sie innerhalb weniger Millisekunden in den virtuellen Figuren.

Wie das Ganze in der Praxis aussieht, zeigt dieses Video:

http://www.mpi-inf.mpg.de/

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