Ein Ritter kommt selten allein – „Ritter Rost“, der Kinofilm

Startschuss: Für den animago AWARD 2014 können Beiträge eingereicht werden! Die DP zeigt euch, welche Beiträge in den letzten Jahren bei unserem Wettbewerb in die Endauswahl kamen, inklusive Making-of.

Gabriele Walther, Geschäftsführerin der Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH (Briefe von Felix, Prinzessin Lillifee, Mondbär) sicherte sich im Jahre 2008 die Rechte der beliebten Kinderbuchreihe „Ritter Rost“ von Jörg Hilbert und Felix Janosa. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH hauptsächlich für detailreiche 2D-Produktionen bekannt und wollte zum ersten Mal einen computeranimierten Film ins Kino bringen.

Und damit nicht genug: „Ritter Rost“ sollte in Stereo-3D auf die Kinoleinwand. Von Anfang an wurde Wert darauf gelegt, dass sich der Kinofilm vom Look her nicht zu sehr von den Kinderbüchern abheben sollte. Das bedeutet, dass man keinen fotorealistischen Animationsfilm produzieren wollte. Das gleiche galt für die vielen kleinen Figuren und lebendigen Gegenständen in der Ritter-Rost-Welt. So wurde „Ritter Rost“ einer der ersten in Deutschland am Rechner animierten Filme, der weit über 150 verschiedene bewegliche Figuren aufweist, die alle geriggt und animiert werden mussten.

Und das war nur eine der vielen Herausforderungen während der Produktion. Die Produktionsleitung übernahmen Gabriele Walther mit der Caligari Filmund Fernsehproduktions GmbH zusammen mit Marius Mohnsson und der Traffix Entertainment GmbH. Die Produktion wurde bei M.A.R.K.13 unter der Leitung von Holger Weiss in Stuttgart ausgeführt. Auch A-Film aus Kopenhagen wurde hinzugezogen, um eine Produktionspipeline aufzubauen, die die weit mehr als 80 Minuten Film, die produziert werden mussten, in den verschiedenen Stadien kontrolliert und koordiniert. Dazu musste auch der Austausch zwischen der Regie in München, dem Studio in Stuttgart und den IBT Studios in Bonn, welche für das Compositing zuständig waren, sichergestellt und jeder Firma der Zugriff auf die aktuellen Daten permanent ermöglicht werden.

Der Look

Da der Look der Bücher erhalten bleiben sollte, entschied man sich dafür, dass die Figuren dreidimensional modelliert, geriggt und animiert werden und beim Rendering einen Toonshader mit verschieden starken Linien erhalten sollen. Da der Film aber in Stereo-3D produziert wurde, wurden von Anfang an zahlreiche Tests unternommen, damit die Shader nicht allzu flach wirken und die Charaktere neben den allgemein bekannten Zeichentricklinien doch noch ein wenig mehr Tiefe bekommen. Daher sieht der finale Look des Films auch nicht danach aus, als würde man einen Haufen Cutouts betrachten, sondern neben Höhe und Breite zeigen Charaktere und Hintergründe Tiefe.

Man bekommt den Eindruck, als würde man nach ihnen greifen können. Aber nicht nur bei den Shadern achtete man auf solche Details, sondern auch bei den Texturen. Da die einzelnen Objekte am Ende mit Zeichentricklinien gerendert wurden, konnten natürlich keine Fotos als Grundlage für die Texturen verwendet werden, und so wurde jede Textur für jedes Objekt mit der Hand, oder besser mit dem Wacom-Tablett, gezeichnet. Auch hier hielt man sich eng an die Oiginal-Vorlagen der Ritter-Rost-Bücher.

Das Modeling

Die Bücher von Ritter Rost sind bekannt dafür, dass die Objekte etwas abgenutzt und alt wirken und dementsprechend mit viel Dreck und Rost versehen sind. Die Welt des Ritters besteht dazu aus vielen einzelnen Metallplatten. Selbst der Himmel, die Wolken, die Sonne und der Mond bestehen aus zusammengenieteten Metallplatten, die teilweise am rosten sind. Dieser Look und die Details sollten bei der Erstellung des Films erhalten bleiben. Da der Film auch als stereoskopische Version in 3D-Kinos gezeigt wird, sollten zum Beispiel die ganzen Nieten, mit denen die einzelnen Metallplatten zusammengehalten werden, nicht einfach als Textur gezeichnet werden, sondern wurden Stück für Stück modelliert und als 3D-Objekt dupliziert.

Durch die Genauigkeit der 3D-Programme kommt es vor, dass die Objekte, die dupliziert wurden, dem Zuschauer besonders auffallen, da ein Objekt genauso aussieht wie das andere und die Bilder zu perfekt wirken. Der Zuschauer sieht etwa ein Backsteinhaus, bei dem jeder Stein dieselbe Größe, denselben Umfang und dieselbe Textur hat. Dadurch bekommen 3D-Filme einen unrealistisch sauberen und auch langweiligen Look. Auch in der realen Welt sind viele Unebenheiten zu sehen, die man nicht direkt wahrnimmt, die aber zu der Umgebung dazugehören. Um zu verhindern, dass die Welt zu perfekt und dadurch surreal aussieht und der Zuschauer den Eindruck bekommt, als ob alle Objekte einfach nur dupliziert wurden, wurden die Objekte oftmals im Modeling noch ein wenig verändert. Die Kanten wurden etwas uneben gemacht, die 3D-Objekte haben noch Dellen und unterschiedliche Größen bekommen und auch bei den Nieten wurden viele verschiedene Versionen erstellt, um den Look der Bücher beizubehalten.

Da die Shader zum größten Teil auch noch Cartoonlinien erstellten, konnten kaum prozeduale Texturen verwendet werden, sondern alle Objekte mussten einzeln erstellt werden. Bei einem Parkettfußboden z. B. kann eine Fläche modelliert werden und durch Texturen, Normal Maps und Specular Maps wird der Eindruck erzeugt, als würde man auf einen Parkettfußboden schauen, der aus einzelnen Panelen besteht. Dieses war bei „Ritter Rost“ nicht möglich und so musste jede einzelne Panele modelliert werden. Und nicht nur das. Dadurch, dass alles vernietet war, benötigte jede Panele noch einen Haufen Nieten für die Kanten. All dies führte dazu, dass die Hintergründe einen bisher ungewohnten Grad an Detail erhielten und der Speicher in den Rechnern bis zum Maximum ausgelastet wurde. Für die Animation mussten Proxy-Hintergründe mit weniger Details erstellt werden, damit die Rechner nicht zu langsam wurden.

Das Rigging

Auch die Rigger standen vor einer sehr großen Herausforderung. In den Büchern gibt es neben den Hauptcharakteren immer einen Haufen von Gegenständen wie Tassen, Schraubenzieher, Uhren und Lampen, die sich bewegen können und ein Eigenleben führen. Normalerweise haben animierte Filme an die fünf bis sieben Hauptcharaktere und dazu noch ein paar Nebencharaktere, mit denen die Szenen ein wenig belebt werden. Bei „Ritter Rost“ gab es neben den Hauptcharakteren an die 50 Nebencharaktere, von denen auch bis zu 20 für längere Zeit auf der Leinwand zu sehen sind.

Dazu wurde das Bild ständig durch die Gegenstände wie Uhren, Kaffeemaschinen, Tassen oder Becher, die in der Produktion „Living Props“ genannt wurden, belebt, so dass der Film die meiste Zeit aus Massenszenen besteht. Zu diesen Szenen mit Living Props und Charakteren gab es noch richtige Massenszenen, bei denen ganze Ritterkämpfe nebst Zuschauern oder hollywoodreife Schlachten gezeigt werden. Für das Rigging Department bedeutete das, dass innerhalb kürzester Zeit an die 150 Charaktere und Living Props geriggt werden mussten, von denen kaum eines dem anderen in Größe oder Breite, oder auch Anzahl von Armen und Beinen entsprach.

Es war alles vorhanden, von der 16-äugigen Spinne, bis hin zum einrädrigen Roboter oder dem zweiköpfigen Drachen – und für alles musste ein individuelles Rig gebaut werden. Um diese Aufgabe zu bewältigen, wurden die Charaktere in Gruppen eingeteilt, damit sie in etwa von der Anzahl von Armen und Beinen, Augen, Aufbau oder auch Größe übereinstimmten. Dazu wurden verschiedene Autorig Scripts entworfen und geschrieben, damit Arme und Beine mit FK- und IK-Rig automatisch erstellt werden können. Heraus kamen in etwa 30 bis 40 verschiedene Rigs, die von den Riggern bis zum Ende der Produktion immer wieder überarbeitet und verbessert wurden und von den Animatoren bewegt wurden. Das Rigging Department hatte auch die schwierige Aufgabe, die Massenzenen, mit teilweise über 100 Charakteren zu betreuen und auch noch zum Rendern zu bringen.

Die Animation

Das Animationsteam bei „Ritter Rost“ bestand aus drei Lead Animatoren, die jeweils eine Gruppe von 3 bis 4 Animatoren betreuten. Für viele Animatoren war „Ritter Rost“ die erste Feature-Film-Produktion und mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und auch dem hohen Output eine echte Herausforderung. Der Output lag bei circa 12 Sekunden Animation pro Animator pro Woche und diese Zahl musste auch eingehalten werden, damit der Film rechtzeitig ins Kino kommen konnte. Man musste sich jedes Mal auf die neuen Rigs einstellen und dazu noch jedem Charakter einen bestimmten Bewegungsstil geben.

Ritter Rost zum Beispiel ist ein Charakter, der aus einer alten Registriermaschine und Autoteilen besteht. Dementsprechend sollte er sich etwas zackiger bewegen und konnte in der Bewegung auch mal etwas grober animiert werden. Was bei einer Art Roboter funktioniert sah bei den menschlichen Charakteren aus Fleisch und Blut aber nicht realistisch aus und störte den Fluss der Animation. Also mussten sich die menschlichen Charaktere in einer üblichen und gewohnten Art und Weise flüssig bewegen. Für die Living Props wurden immer wieder, sofern die Zeit vorhanden war, Tests gemacht, denn ein Schweißgerät mit Gasflasche läuft vollkommen anders als ein Wecker oder eine Tasse. Dort wurden von den Animatoren Walkcycle ausprobiert, um das Bild zu beleben, aber den Zuschauer nicht abzulenken.

Das Rendering

Das Shading, Rendering und Lighting stellte sich als besonders schwierig heraus, da der Film einerseits den zweidimensionalen Look aus den Büchern bekommen sollte, aber auch als stereoskopische Projektion funktionieren muss. Die Charaktere konnten daher nicht einfach flach geshadet werden und schwarze Outlines bekommen, sondern mussten subtile, dreidimensionale Merkmale wie Highlights und Schatten zeigen, damit sie auch ein wenig Masse bekommen. Dazu durften die schwarzen Linien während der Bewegung nicht unterschiedlich dick und dünn werden, da dieses gerade bei der stereoskopischen Projektion auffallen und stören würden. Um dieses zu verhindern, respektive um auch zu verhindern, dass jede Szene immer wieder neu gerendert werden muss, wurden erst einmal Previews erstellt, bei denen gesehen werden konnte, wo es beim Rendering noch Probleme geben wird. Dadurch wurde das Rendering auf eine akzeptable Zeitspanne gebracht, da auch hier nicht viel Zeit vorhanden war, bis die verschiedenen Layer ins Compositing übergeben wurden.

Innerhalb von drei Jahren wurde ein innovativer Kinderfilm produziert, der, und das ist für eine so bekannte und beliebte Marke wie „Ritter Rost“ unüblich, nicht auf einer Geschichte aus einem der zahlreich erschienenen Bücher basiert, sondern für den eine komplett neue, circa 85 Minuten lange Geschichte geschrieben wurde. Dazu wurden auch die musikalischen Elemente, bei denen die Kinder teilweise mitsingen können, im Film übernommen. Kinder und Eltern werden sich bei diesem 3D-Spektakel garantiert nicht langweilen, sondern viel Spaß mit der Geschichte um den „tapferen“ Ritter mit seinem Burgfräulein und seinem Gegenspieler Prinz Protz haben.

Hier geht es zur bunten Welt des Ritter Rost.

Alle weiteren Informationen zu einer Teilnahme am animago AWARD erhalten Sie hier: www.animago.com

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.