Vorsicht, stachelig! – Nike Hypervenom

Schönes Projekt fertig gestellt? Reicht es beim animago AWARD 2014 ein! Polynoid reichte 2013 "Nike Hypervenom" und wurde in der Kategorie "Beste Werbeproduktion" nominiert.

Übrigens: Hier gibt es bereits "Very-Early-Bird-Tickets" für die animago CONFERENCE & AWARD.

Zugegeben, der reale Schuh Hypervenom von Nike ist nichts für jedermann. Erstens ist er orange, zweitens hat er Stollen und macht keinen Sinn, wenn man nicht gerade Fußball spielt. Der Spot mit der CG-Version dagegen, den Polynoid für den Nike-Schuh kreiert hat, dürfte auch Nicht-Sportlern gefallen. Wieder einmal hat das Studio aus Deutschland auf dem Gebiet der Tiervisualisierung Großes vollbracht.

Polynoid ist derzeit nicht nur mit Projekten gut beschäftigt, sondern auch mit dem Besuch von Preisverleihungen. Der Spot „Nike Hypervenom – Deadly Breed“ (vimeo.com/68125501) des Studios ist beim animago AWARD in der Kategorie „Beste Werbeproduktion“ nominiert. Außerdem erhielt das Title-Design der Kurzfilmreihe „Halo 4: Forward Unto Dawn“ eine Emmy- Nominierung in der Kategorie „Outstanding Main Title Design“. Fünf ehemalige Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg haben Polynoid gegründet, derzeit ist das Unternehmen mit zwei Locations in Berlin und Stuttgart vertreten. Es läuft sowohl national als auch international gut für das junge Team, denn namhafte Kunden wie MTV, Nike oder Microsoft arbeiten gerne und oft mit Polynoid zusammen.

Das Kernteam bei Polynoid besteht aus neun Artists, für Projektspitzenzeiten stehen 11 weitere Freelancer-Arbeitsplätze zur Verfügung. Gemäß seinem Namen – Polynoiden sind mehrgliedrige Tiefseewürmer – ist das Studio vielseitig begabt: Es ist kein reines VFX-Studio, sondern übernimmt als Produktionsstudio auch die Konzeptphase. Auch den Auftrag für den Nike-Werbespot hat es zusammen mit der Produktionsfirma Blacklist aus New York selbst gepitcht.

In dem Full-CG-Werbespot erwacht der Hypervenom-Schuh im Umkleideraum zum Leben, fährt einen Skorpionstachel aus, scheint zu atmen und zu pulsieren und attackiert im Finale den Betrachter mit den Schnürsenkeln, die sich in kleine Giftschlangen verwandelt haben. Um einen glaubhaften Eindruck des Vorgangs zu erzielen, mussten organische Textur-Oberflächen sowie Skorpion- und Schlangenbewegungen für das Schuhmodell erstellt werden. Da der Bearbeitungszeitraum für das Projekt, das viel Flexibilität verlangte, sehr kurz war, stockte das Team die Arbeitskraft mithilfe von Freelancern auf. Wir sprachen mit Polynoid über das anspruchsvolle Nike-Projekt, durch das man seine Schuhe im heimischen Regal vielleicht mal mit anderen Augen – argwöhnisch – betrachtet.

DP: Wie ist der Kontakt zu dem Produktionsstudio Blacklist sowie Nike als Kunden entstanden?

Polynoid: Blacklist vertritt uns schon seit mehreren Jahren in den Staaten und wir haben auch schon diverse Projekte miteinander produziert, unter anderem das „MTV EMA Show Package“ und den „Halo 4 Opener“. Darüber entstand dann auch der Kontakt zu Nike und die Chance, auf den Job zu pitchen.

DP: Wie lange habt ihr insgesamt an dem Projekt gearbeitet?

Polynoid: Alles in allem haben wir etwa sechs Wochen daran gearbeitet. Ein Teil der Vorarbeit ist dabei schon während der Pitching- Phase entstanden.

DP: Was hattet ihr an Vorarbeit schon?

Polynoid: Wir haben versucht, so viel Designrelevantes wie möglich schon mit unserem Treatment zu verkaufen. Bei dem Umkleideraum hat das geklappt, den hatten wir dann quasi schon fertig. Was das Character-Design anging, mussten wir noch durch einige Revisionen, aber zumindest nicht bei null anfangen, sondern hatten eine solide Basis, über die man reden konnte.

   

DP: Wie viele Revisionen waren das?

Polynoid: Wie viele das jetzt waren, können wir gar nicht so genau sagen, aber viel kritischer war eigentlich, wie lange sich der Entscheidungsprozess hingezogen hat – das finale Go haben wir tatsächlich erst ein paar Tage vor Delivery bekommen, da sind wir schon etwas nervös geworden.

DP: Der Spot ist nur 48 Sekunden lang – dafür war euer Team mit 19 Artists recht groß. Was war an dem Projekt so extrem aufwendig?

Polynoid: Wir hatten wenig Zeit und wussten, dass wir bis zum Ende flexibel bleiben müssen, um noch Änderungen – zum Beispiel am Character-Design – produzieren zu können. Deshalb haben wir die Tasks breit verteilt, um parallel arbeiten zu können und nichts zeitlich nach hinten verschieben zu müssen.

DP: Wie lief die Aufteilung der Tasks im Team genau ab?

Polynoid: Die Aufteilung war so, dass parallel die Assets – der Schuh und die Creatures – sowie das Set vorbereitet wurden, wir gleichzeitig aber auch schon die Rigs gebaut haben. Sobald die Rigs fertig waren, sind wir in die Animation und haben dann gegebenenfalls die Models noch einmal ausgetauscht. Grundsätzlich hat bei uns schon jeder sein Steckenpferd beziehungsweise haben wir Freelancer gebucht, von denen wir wussten, in welchem Gebiet sie fit sind und den entsprechenden Task auch verlässlich übernehmen können. Das hat wirklich super funktioniert.

DP: Hattet ihr für den Film ein CG-Modell oder ein echtes Modell des Nike-Hypervenom- Schuhs bekommen?

Polynoid: Wir hatten sowohl ein echtes Paar im Studio als auch ein Maya-File. Beides hat jedoch nur als Referenz gedient, wir haben den Schuh von Grund auf neu gemodelt beziehungsweise ein Clean-up vorgenommen.

DP: Mit welchen Tools und Plug-ins habt ihr gearbeitet? Musstet ihr eure Pipeline noch ausbauen?

Polynoid: Wir haben – wie immer – alle 3DSachen mit Softimage produziert, mit Arnold gerendert und in Nuke gecompt. Bei diesem Job war nicht genug Zeit, um unsere Pipeline großartig zu optimieren – dafür war aber auch die Anzahl an Assets sehr überschaubar, was alles ein bisschen einfacher gemacht hat.

DP: Wie habt ihr das Lighting gelöst, um die interessanten Licht- und Schattenverhältnisse hinzubekommen?

Polynoid: Zu den Kundenwünschen gehörte eine gewisse Portion Gruselcharakter, was sich auch auf das Setting übertragen hat. Für das Lighting haben wir alles genau so eingerichtet, wie es in der Realität wäre. Arnold ist da ein ziemlich „ehrlicher“ Renderer und du kriegst eigentlich immer genau das zurück, was du reinsteckst. Von daher war die Prämisse „Umkleideraum + schmale Fenster + Nachmittagssonne von außen als primäre Lichtquelle“ auch schon alles, was wir machen mussten. Die Schatten kamen dann von selbst, mehr oder weniger natürlich.

DP: Was sind die Vorteile von Arnold gegenüber dem Softimage-Standard-Renderer Mental Ray?

Polynoid: Gegenüber Mental Ray, mit dem wir früher gerendert haben, schätzen wir bei Arnold, dass wir ohne Probleme viel mit Displacement arbeiten können und die Interaktivität beim Leuchten besser ist. Grundsätzlich haben wir das Gefühl, dass wir mit Arnold schneller zu einem realistischen Ergebnis kommen, ohne viele Pässe rendern und in das Compositing noch viel Arbeit stecken zu müssen.

DP: Habt ihr noch weitere Renderer-Alternativen getestet? Was ist beipielsweise mit V-Ray?

Polynoid: Wir haben einen ganz guten Draht zu Solid Angle, die uns freundlicherweise ein paar Lizenzen für ein nicht kommerzielles Projekt mit dem Rebird (vimeo. com/25725253) zur Verfügung gestellt haben. Wir waren ziemlich zufrieden mit dem Workflow und der guten Integration in Softimage und haben angefangen, Lizenzen zu kaufen. V-Ray könnte aber durchaus in Zukunft noch einmal interessant werden – sowohl wegen der Ergebnisse als auch wegen der fairen Preispolitik.

DP: Wie seid ihr für den Eindruck einer Tierbewegung des Schuhs sowie der organischen Oberfläche vorgegangen?

Polynoid: Ein Teil des Teams hat sich schon recht früh in der Produktion mit den Transformationen beschäftigt. Nachdem das Design dann halbwegs festgenagelt war, wurden Rigs und Blendshapes erstellt, und der Rest war dann Animationsarbeit. Für den Skorpionstachel hatten wir ein Schuhmodell mit einigen Lattice Deformern und einem einfachen Character Rig. Bei den Fängen haben wir einfach zwischen dem Original-Schuhmodell und der Creature-Version in einem Frame geblendet. Die Schnürsenkel-Schlangen wurden zuerst in der Creature-Form gemodelt und dann via Blendshapes in die harmlose Schnürsenkelform gezwängt. Für die Oberflächen kamen Zbrush und Mari zum Einsatz.

DP: Beeindruckend ist der Nahaufnahme- Moment, wenn der Schuh zu atmen und zu vibrieren scheint. Wie konntet ihr diesen Eindruck erzielen?

Polynoid: Der Effekt selbst war eines der Elemente, die durch die meisten Iterationen gingen, was Kundenänderungen angeht. Am Schluss war es wirklich nur eine simple Lattice-Box mit leichtem ICE-Gewobbel.

DP: Welche Herausforderungen gab es dabei?

Polynoid: Das Schwerste an der Einstellung war weniger die Animation selbst, die wir mit Softimages ICE gelöst haben, sondern die Geometrie und die Texturen so hochaufgelöst vorzubereiten, dass wir auch so nah mit der Kamera herangehen konnten. Die Details haben wir hauptsächlich in ZBrush modelliert und dann mit 8K-Displacement-Maps weitergearbeitet, das hat in dem Fall gereicht.

DP: Was sind eure nächsten Projekte oder Pläne?

Polynoid: Wir sind gerade dabei, unser eigenes Production-House zu gründen, um auch mit anderen Regisseuren arbeiten und stilistisch breiter produzieren zu können. Wir freuen uns schon riesig auf den Launch, der auf jeden Fall noch dieses Jahr passieren wird. Ansonsten ist und bleibt unser Ziel, mehr und noch schönere Arbeiten zu produzieren.

DP: Leider hat es mit der Emmy-Auszeichnung dieses Jahr nicht geklappt. Welchen Effekt hätte ein Emmy-Gewinn für Polynoid haben können?

Polynoid: Den Emmy mit nach Hause zu bringen, wäre natürlich super für uns gewesen. Hauptsächlich hätten wir es aber schön gefunden, wenn der Animationsstandort Deutschland davon hätte profitieren können. Dass man auch in Deutschland Animationsfilme und VFX auf internationalem Niveau produzieren kann, ist irgendwie in den Köpfen noch nicht wirklich angekommen. Das zu ändern und grundsätzlich mehr Interesse zu erzeugen, würde uns sehr am Herzen liegen.

DP: Was hat es mit eurer „Golden Cow“, die eigentlich eine kleine Hundedame ist, auf sich?

Polynoid: „Cow“ ist unser Studiohaustier, eine französische Bulldogge, Maskottchen und außerdem Darstellerin. Sie hat in unserem Video „Polaroyced“ für „Mouse on Mars“ mitgespielt und wird demnächst auch in einem Ident, den wir gerade für Fox Sports 1 produziert haben und bald veröffentlichen werden, zu sehen sein. Cow schläft den ganzen Tag, ist aber doch Profi genug, topfit zu sein, wenn es vor die Kamera geht. 

Alle weiteren Informationen zur animago AWARD & CONFERENCE finden Sie hier: www.animago.com

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