Polynoids Produktionsunternehmen Woodblock ist mit drei Büros an den Standorten Berlin, Ludwigsburg und München vertreten. Eines der ersten unter neuem Namen produzierte Projekt war der Trailer zum Browser-Game „Dragon Eternity“ im Auftrag von Game Insight.
Das Projekt konfrontierte Polynoid mit einem ungewohnten Workflow mit vielen CG-Charakteren, für den das Studio mithilfe von zwei TDS seine Pipeline ausbaute. Außerdem sprach das Team mit uns über das Ende seiner Lieblingssoftware Softimage und wie es diesbezüglich nun weitergeht. Mehr zum Alltag bei Polynoid gibt es übrigens im Studioporträt, das ihr in unserer DP-Ausgabe 05 : 13 findet.
DP: Wer gehört zum Woodblock-Team?
Polynoid: Neben dem Polynoid-Team gehören zu Woodblock Heiko Schneck und Regina Welker, die unseren Standort in Ludwigsburg leiten. Außerdem Sebastian Faber, der in München mit uns zusammenarbeitet. Früher war er bei Liga 01 tätig.
DP: Warum habt ihr Woodblock gegründet?
Polynoid: Den Gedanken, eine Produktionsfirma zu gründen, haben wir schon seit mehreren Jahren mit uns herumgetragen. Mit Woodblock möchten wir unser Spektrum verbreitern, ohne dabei Polynoid als Marke stilistisch zu verwässern. Gleichzeitig wollten wir Regisseure, mit denen wir in der Vergangenheit oft zusammengearbeitet haben, offiziell ins Boot holen. Wir haben in der Vergangenheit viele Jobs direkt mit dem Kunden und einer Agentur abgewickelt und verfügen deshalb über die nötige Infrastruktur. Woodblock war eher ein logischer Schritt, denn eine wirklich neue Entwicklung.
DP: Wieso seid ihr mit Woodblock direkt an drei Standorten gestartet?
Polynoid: In Berlin und Stuttgart gibt es uns ja schon einige Jahre. Mit der Stuttgarter Location sind wir zu unseren Wurzeln in Ludwigsburg zurückgekehrt, die Nähe zur Filmakademie hat für uns große Vorteile. Der Standort in München ist durch Sebastian Faber entstanden. Er war in der letzten Zeit oft als Freelancer bei uns in Berlin, hatte aber Lust, wieder etwas Eigenes aufzubauen. Da er aus München ist und dort gute Verbindungen hat, fiel uns die Entscheidung leicht.
DP: Wie organisiert ihr die Zusammenarbeit zwischen den Studios?
Polynoid: So wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben: Wer Kapazitäten oder das erforderliche Skill- oder Stil-Set hat, produziert den Job. Wir kennen uns untereinander sehr gut, da sind die Jobs schnell verteilt.
Blick in die Studio-Räumlichkeiten von Polynoid:
DP: Was versprecht ihr euch von der Produktionsfirma?
Polynoid: Unsere Unternehmensverhältnisse sind so sowohl intern als auch nach außen hin besser geklärt. Polynoid war vorher schon alles zusammen, nur wurden wir nicht unbedingt so wahrgenommen. Außerdem hat Woodblock durch Partner wie Gottfried Mentor, Biniman, Crave oder Physalia ein breiter gefächertes Reel. Damit wünschen wir uns natürlich, mehr Boards oder Jobs zu bekommen und nicht nur solche, die zum typischen Polynoid-Stil passen. Davon gibt es nämlich – zumindest in Deutschland – scheinbar nicht besonders viele.
DP: Wie seid ihr auf den Namen Woodblock gekommen?
Polynoid: Bei der Namensfindung sind wir nach dem Ausschlussverfahren vorgegangen und haben aus einer umfangreichen Liste alles rausgestrichen, was wir unpassend fanden. Bei dem Namen Woodblock fanden wir den Bezug zur Natur schön sowie den Gedanken, mit einem Holzblock einen Rohling zu haben, aus dem man alles formen kann. So wie am Anfang von jedem Projekt: Erst gibt es eine Idee, aus der man nach und nach einen Film herausarbeitet.
DP: Ist es leichter, mit einer „offiziellen“ Produktionsfirma Fördergelder zu bekommen?
Polynoid: Nicht zwingend – die Formalitäten bleiben die gleichen. Es ist nicht so wichtig, was auf dem Firmenschild steht, sondern welche Erfahrungen man vorweisen kann.
DP: Habt ihr euch durch Woodblock auch hinsichtlich der Mitarbeiteranzahl vergrößert?
Polynoid: Wir sind etwas größer geworden. In München gibt es einige neue Mitarbeiter und in Berlin gibt es ein paar mehr feste Mitarbeiter. Ansonsten arbeiten wir mit dem gleichen Team wie bisher auch, an unserer Arbeit hat sich dadurch nicht schlagartig etwas geändert. Momentan suchen für unser Team hauptsächlich Praktikanten sowie Freelancer, die fit in Softimage und Arnold und/oder Nuke sind.
DP: Welche Projekte habt ihr unter dem Namen Woodblock bereits produziert?
Polynoid: Unter anderem den Dragon-Eternity-Trailer, das Winter Ident für Crime & Investigation und einige Idents für Fox Sports. In den nächsten Monaten kommen noch einige spannende dazu.
Crime & Investigation
Idents für Fox Sports
DP: Wie seid ihr zu dem Trailer für „Dragon Eternity“ gekommen? Bisher gehörten Projekte für Games ja weniger zu eurem Portfolio.
Polynoid: Wir suchten schon länger nach einer Gelegenheit, mal einen Game-Trailer animieren zu dürfen. Und Game Insight hatte uns angeschrieben, ob wir Lust auf den Job hätten. Wie das eben so ist: Man muss ja immer die passende Rolle für einen Job haben, deshalb hat es wohl eine Weile gedauert, bis Polynoid eine solche Anfrage erhielt. Aber wir haben definitiv große Lust auf mehr Projekte aus der Gamesbranche.
DP: Mit welchen Tools habt ihr „Dragon Eternity“ bearbeitet?
Polynoid: Wir haben alle 3D-Arbeiten in Softimage erstellt, die Sculpts kamen aus ZBrush, gerendert haben wir mit Arnold und das Compositing haben wir in Nuke gemacht.
Bilder zu „Dragon Eternity“:
DP: Habt ihr eine Story-Idee oder Concepts von Game Insight bekommen?
Polynoid: Die Story kam von Game Insight. Darüber hinaus gab es Character Designs und auch eine Art Animatic. Das Material haben wir ausgiebig überarbeitet, um auf ein bestimmtes Niveau zu kommen.
DP: Wie groß war euer Team für den Game-Trailer und wie lange habt ihr daran gearbeitet?
Polynoid: Insgesamt waren wir etwa 20 Leute und haben etwa drei Monate an dem Projekt gearbeitet; produziert haben wir komplett in Berlin.
DP: Mit wie vielen Revisionen?
Polynoid: In der Regel gibt es bei uns keine feste Anzahl an Revisionen, sondern wir stehen während der Produktion in ständigem Kontakt mit dem Kunden und tauschen uns über alles aus, was gerade so passiert.
DP: Was war für euch bei einem Game- Trailer im Workflow neu?
Polynoid: Neu war für uns, dass der Trailer „klassisch“ charakterbasiert war. Da ein Großteil aller Animationsprojekte Charakter beinhaltet, erscheint das auf den ersten Blick zwar nicht besonders kompliziert. Aber da unsere Projekte normalerweise in abstrakteren Welten angesiedelt sind, hatten wir in diesem Bereich bisher kaum Erfahrung und mussten vieles neu lernen. Das Wichtigste bei einem solchen Projekt ist eine saubere Pipeline, die gewährleistet, dass sich alle Shots auf einem konsistenten Niveau produzieren lassen. Bei unseren vorherigen Projekten gab es selten mehrere Shots, die vom Aufbau ähnlich sind, sondern es wurde meistens ein spezielles Setup für einzelne Shots erzeugt. Das ist Handarbeit. Bei „Dragon Eternity“ gab es dagegen eine große Anzahl ähnlicher Shots, und um diese effizient herzustellen, mussten so viele Prozesse wie möglich automatisiert werden. Wir haben in dieser Phase viel Zeit in die Entwicklung unserer Pipeline gesteckt. Bis heute profitieren wir davon.
DP: Wie habt ihr die Pipeline im Detail ausgebaut?
Polynoid: Wir haben Softimage sehr lange „out of the box“ benutzt. Dabei haben wir zwar einige Plugins von externen Entwicklern eingesetzt, aber selten eigene Tools entwickelt. Letztes Jahr haben wir gleichzeitig zwei größere Projekte umgesetzt und dabei wurde es zum ersten Mal nötig, selber zu entwickeln. Dazu haben wir zwei TDs ins Studio geholt. Das erschloss uns eine ganz neue Welt, weil dadurch Dinge möglich wurden, die vorher in weiter Ferne lagen. Wir haben die Situation als Erstes gemeinsam analysiert, beschlossen, was nötig ist, und den Plan dann Schritt für Schritt umgesetzt. Zunächst haben wir unsere eingespielte Projektstruktur überarbeitet und für eine Automatisierung optimiert. Im nächsten Schritt haben wir einen Project Manager entwickelt, mit welchem in den verschiedenen Programmen die Szenen automatisch richtig benannt an der richtigen Stelle gespeichert werden. Das klingt zwar banal, macht aber einen riesigen Unterschied, da dadurch viele Fehler vermieden werden und alles sortiert bleibt. Die nächste große Baustelle war eine teilweise Automatisierung der diversen CGPipeline- Schnittstellen: also der Export und Import von Geometrie, das Updaten von Animationsriggs, der Export der animierten Geometrie in die Renderszenen und die Übergabe der Passes an das Compositing.
DP: Habt ihr noch weitere Dinge geskriptet?
Polynoid: Die oben genannten Tools waren das Erste, was wir entwickelt haben, und viel mehr gab es für die Produktion von „Dragon Eternity“ noch nicht. Die beiden TDs, die das Ganze für uns umgesetzt haben, sind inzwischen fester Bestandteil unseres Teams und wir sind schon ein ganzes Stück weitergekommen mit unserer Pipeline. Wir haben gerade einen weiteren Game-Trailer fertiggestellt und dabei festgestellt, dass inzwischen alles sauber funktioniert und wir dadurch effizient produzieren können. Charakter-Projekte machen uns jetzt keine Angst mehr.
DP: Welche weiteren Herausforderungen gab es?
Polynoid: Das war die Größe des Teams. Bisher hatten wir alle Projekte mit fünf bis acht Mann im Team bearbeitet – da ist es leicht, den Überblick zu behalten, und Fehler lassen sich schnell finden. An „Dragon Eternity“ haben wir zwischenzeitlich mit fast 20 Leuten gearbeitet, dadurch war eine Automatisierung bestimmter Prozesse unausweichlich.
DP: Nach welchen Vorlagen habt ihr den Drachen erstellt?
Polynoid: Wir haben zu Beginn des Projekts eine grobe 3D-Version des Drachens erhalten. Er war wenig detailliert und seine Proportionen waren eher niedlich als kraftvoll. Davon ausgehend, mit einem ebenfalls bereitgestellten Concept, haben wir den Drachen in ZBrush neu aufgebaut. Das gesamte Modeling fand in ZBrush statt: Größere Strukturen haben wir per Hand gesculptet, bei den feinen Details kam eine umfangreiche Alpha-Sammlung von Reptilien-Texturen zum Einsatz. Das Texturing erfolgte in Mari und das Shading im Anschluss in Softimage.
DP: Und wie sahen eure Arbeitsschritte für die Menschen- Charaktere aus?
Polynoid: Die humanoiden Charaktere haben wir ebenfalls komplett in ZBrush erstellt. Wie beim Drachen hatten wir schon Geometrie erhalten, aber auch deren Qualität entsprach nicht unseren Ansprüchen. Den Hauptcharakter haben wir von Grund auf neu entwickelt, sowohl im Modeling als auch im Design. Für die übrigen Charaktere haben wir teilweise die bestehenden Assets überarbeitet und verfeinert. Die größte Herausforderung war dabei, die zusammengewürfelten Stile der einzelnen Gegner in eine konsistente Erscheinung zu bringen. Die Farbgebung, die Rüstungsdetails, die Accessoires und die Proportionen haben wir dafür stark modifiziert.
DP: Wie seid ihr bei der Replication und Animation der Crowd vorgegangen?
Polynoid: Die Kombination aus Softimages ICE und Arnold als Renderer machte es einfach, große Charakter-Crowds zu erzeugen. Wir hatten für alle Charaktere simple Run- Cycles und ließen diese per Point Cloud und Instancing über die Flächen laufen.
DP: Wie habt ihr die Licht- und Partikeleffekte erstellt? Nutzt ihr für solche Zwecke auch Houdini?
Polynoid: Wir vertrauen dafür immer noch auf unsere Erfahrung und Schnelligkeit mit ICE in Softimage. Houdini steht ganz sicher auf unserem Zettel, aber bis jetzt hatten wir noch nicht die Zeit, uns damit auseinanderzusetzen.
DP: Autodesk hat verkündet, dass Softimage 2015 die letzte Version des Tools sein wird. Was bedeutet das für eure Pipeline?
Polynoid: Angedeutet hatte sich das ja schon eine Weile, als dann aber die Pressemeldung kam, war es natürlich erstmal ein Schock für uns. Wir sagen ja immer, wie gerne wir mit Softimage produzieren. Und irgendwie ist das Paket auch ein Teil von dem, was wir heute sind, beziehungsweise hat es uns auf unserem Weg begleitet. Nichtsdestotrotz sind wir der Meinung, dass sich durch das Ende von Softimage auch Chancen ergeben. Nicht nur wir möchten unabhängiger von einem großen Hersteller werden, der seine Entscheidungen ausschließlich auf Basis von Zahlen trifft. Wir denken, in den nächsten Jahren wird sich die Umstellung relativ flüssig entwickeln. Wir stehen ja nicht alleine da: Softimage hat eine sehr gute Community, die jetzt einen Schritt weiter gehen und nicht wieder auf halbfertige vorhandene Lösungen zurückgreifen sollte. Die größte Herausforderung innerhalb einer Produktionspipeline ist unserer Meinung nach das Scene Assembly, für die meisten Schritte davor gibt es schon gute Tools. Es wäre wünschenswert, flexibel dabei zu bleiben, wie oder wo Assets und Animationen erstellt werden. Das würde auch das Problem vermindern, dass man sich immer Artists suchen muss, die in einer speziellen Software fit sind. Houdini und Fabric werden in den nächsten Jahren sicherlich eine Rolle für uns spielen. Grundsätzlich schauen wir mit einem positiven Gefühl nach vorne und sind uns sicher, dass alles noch besser werden wird – idealerweise ohne Autodesk.
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Von Mirja Fürst