Alles so schön fellig und flauschig hier!

Heute wird General TD Brandon Jarratt von den Walt Disney Animation Studios über die "The Art and Technology of Zoomania" bei der animago-Konferenz referieren. Für alle Daheimgebliebenen: Hier ein Auszug des Making-ofs aus der DP 02:16, für das wir "Zoomania"-Producer Clark Spencer interviewen durften.
"Zoomania"; Walt Disney Animation Studios

In einer Welt ohne Menschen haben die Tiere den gleichen Alltag wie wir: Sie tragen Kleidung, laufen auf zwei Beinen und trotten täglich zur Arbeit. Mit Tieren in vermenschlichter Form als Hauptdarsteller hat Disney inzwischen fast hundert Jahre Erfahrung; „Zoomania“ knüpft an diese Tradition an, jedoch sollte diesmal alles etwas anders werden als bislang.

Die Maßstäbe der verschiedenen Spezies kreierte Disney beispielsweise realistisch
– was in Animations-Tierfilmen kaum der Fall ist. Dabei entstanden vor allem durch die enormen Größenunterschiede der Tiere vom Hamster bis zum Elefanten interessante Ideen in der Gestaltung der Umgebung.

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Sechs Bezirke

Das „Zoomania“-Team legte zum Erzählen der Geschichte fünf Stadtbezirke und Judys
Heimatdorf fest: „Sahara Platz“ besteht aus echten Sanddünen und Gebäuden, die der
Form von Dünen nachempfunden sind. Hierfür waren Monte Carlo und Dubai Vorbilder;
in der Gestaltung dominieren warme Farben wie Rot, Orange und Gelbtöne.

„Tundratown“ besteht vor allem aus Schnee und Eis, entsprechend kühl ist die Farbpalette
in Blau und Petrol gehalten. Strategisch platzierte Neonlampen, die Spiegelungen und
Schatteneffekte erzeugen, sorgen in diesem Environment für Farbtupfer. Das Amazonas-
Viertel beherbergt riesige, leuchtendgrüne „Dampf-Bäume“ – künstliche Baumriesen,
die Wasser aus einem Fluss aufsaugen und als feuchtwarme Luft verdunsten, um tropisches Dschungelklima zu generieren. Rund eine halbe Million Bäume wurden für dieses Environment angelegt, jeder einzelne Baum besitzt ungefähr 30.000 Blätter.

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Besonders ist bei diesem Projekt auch die von Disney neu entwickelte Windsimulationstechnologie, sodass sich alles im Naturenvironment sowie die Felle der Tiere realistisch bewegen. „Savanna Central“ ist das Stadtzentrum und der Verkehrsknotenpunkt von „Zoomania“. Hier befinden sich das Zoomania Police Department (ZPD), das Rathaus und der wuselige Hauptbahnhof, an dem Judy mit
dem Zug ankommt. Als Inspiration für „Savanna Central“ diente Disneyland – zur Ausstattung zählen Wasserspiele, Akazien und eine warme Farbpalette in Orange- sowie
Grautönen und olivfarbenem Laub. In „Klein-Nageria“ wohnen die winzigen Bewohner von
„Zoomania“ in einer Miniaturstadt für sich, die von hohen Zäunen umgeben ist, damit die großen Tiere nicht durchtrampeln können.

Im starken Kontrast zu den belebten Bezirken der Großstadt steht Judys ländliches Heimatdorf „Nageria“ mit seinen weiten Wiesen, das 300 Kilometer von der Stadt entfernt liegt.

Keine Affen

50 Tierarten nach realem Vorbild kreierte Disney für den Film: Jede Spezies zeichnet
sich durch jene Merkmale aus, die sie auch in der Natur einzigartig machen. Nur dass
diese Tiere eben sprechen und Hosen tragen. Allein gegen die Darstellung von Affen
entschied sich das Team, weil sie durch die Bewegung auf zwei Beinen zu menschenähnlich gewirkt hätten.

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Aufgrund der individuellen Kleidung und verschiedenen Looks gibt es circa 800.000 verschiedene einzigartige Charaktere in dem Film. Das Disney-Team recherchierte allein 18 Monate zu den verschiedenen Tierarten und traf sich hierfür mit Experten in aller Welt, unter anderem im Disney Animal Kingdom und der Walt Disney World. Zusätzlich studierten die Artists zwei Wochen lang vor Ort in Kenia die Tiere Afrikas.

Interview mit Clark Spencer

wdas-headshots-clark-spencer_98a7019_rProducer Clark Spencer stieß 1990 zu den Walt Disney Animation Studios, seitdem produzierte er unter anderem 1999 „Lilo & Stitch“ oder „Ralph reicht‘s“ in 2012, für den er den „Producers Guild of America“-Award für den besten animierten Film erhielt.

 

 

DP: Warum wurde der Filmtitel für Deutschland von „Zootopia“ in „Zoomania“
geändert?
Clark Spencer: Als wir den Film für den amerikanischen Markt entwickelten, kam uns die
Idee des Namens „Zootopia“, weil die Kombination der zwei Wörter „Zoo“ und „Utopia“ die Vorstellung einer perfekten Tierwelt suggeriert. Besonders schätzten wir aber an dem Titel, dass man ihn rund um den Globus verwenden konnte, weil er nicht zwingend übersetzt werden muss. Aber dann kamen wir mit unserer Namensidee in der realen Welt
an und dort gibt es den Markenschutz. In ganz Europa war der Begriff „Zootopia“ geschützt, in Deutschland betraf es zusätzlich das Wort „Zootropolis“. Unsere großartige Idee, einen Titel für die ganze Welt zu nutzen, funktionierte also nicht. Wir baten die Länder, bei denen diese Markenschutz-Probleme auftraten, dass sie einen Titel für den Film wählen, welcher den Namen der Stadt repräsentiert und in dem jeweiligen Land etwas bedeutet. Das ist ein typischer Fall in meinem Produzentenjob: Wir denken erst, das ist unsere beste Idee seit Langem, bis sie schließlich auf die Realität mit ihren Reglementierungen trifft.

DP: Warum wurde der Plot während der Entwicklung der Story verändert?
Clark Spencer: Ursprünglich war Nick mit seiner Lebenseinstellung „Du wirst immer
der bleiben, der du bist“ als Hauptprotagonist vorgesehen. Der Judy-Hasencharakter
sollte auf ihn treffen und ihn während der gemeinsamen Reise zunehmend beeinflussen.
Seit der Einführung des „Story Trust“- Prozesses gehen wir Filmkonzepte bei Disney aber bis zu zehn Mal durch, hängen immer wieder die Storyboards auf und tauschen Feedback aus. Und als wir nach den ersten Screenings bemerkten, dass der Charakter des Hasens besser verstanden wird, einen leichteren Zugang zur Geschichte ermöglicht
und den besseren Spannungsbogen besitzt, gingen wir zurück in den Entwicklungsprozess
und schauten, wie wir Judys Bogen vergrößern konnten. Es fanden rund fünf Screenings statt, in denen der Fuchs der Hauptcharakter war, bis wir uns für eine Umstrukturierung
der Geschichte entschieden. Also entwickelten wir eine Version, in dem wir die Rollen der beiden Charaktere tauschten und mit Judys Story starteten. So waren plötzlich alle Verbindungen auf einer Linie. Ich denke, als Zuschauer kann man sich leichter auf die
Seite eines Protagonisten schlagen, der in die Welt hinausgeht und agiert, anstatt Mitgefühl für einen Charakter zu entwickeln, der schon aufgegeben hat. Trifft man während des Films auf einen solchen Charakter, kommt Interesse auf – aber mit so einem Ausgangspunkt zu starten, ist schwierig.

DP: Welche Tools kamen für „Zoomania“ zum Einsatz?
Clark Spencer: Unsere Pipeline besteht aus über 120 proprietären Inhouse-Tools. Natürlich haben wir auch kommerzielle Tools wie beispielsweise Maya integriert, sie sind aber immer mit On-the-top-Technologien ausgestattet. Wir schauen immer auf am Markt bestehende Tools, die wir dann für unsere Zwecke weiterentwickeln. So konnten wir immer neu gesteckte Ziele erreichen – beispielsweise den Hyperion-Renderer, der das erste Mal bei „Big Hero 6“ genutzt wurde, und jetzt natürlich bei „Zoomania“ zum Einsatz kam. Der Renderer, dessen Basis Renderman ist, fügte dem Film ein unglaubliches Maß an realistischem Lighting hinzu, wie wir es noch nie zuvor hatten.

DP: Speziell für „Zoomania“ entwickelte Disney neue Fur- und Windsimulations-
Tools. Die globale Windsimulation in dieser Form wurde vorab noch nie umgesetzt?
Clark Spencer: Als wir „Bolt“ machten, gab es einen Shot, in dem der Hund seinen Kopf
aus dem Fenster eines fahrenden Autos hält. Zu dem Zeitpunkt stand dem Team keine
vernünftige Möglichkeit zur Verfügung, diesen Shot zu realisieren. Deshalb setzten wir Distortion auf das Fell, um den Eindruck zu erwecken, dass sich das Fell vom Wind bewegt, was es aber eigentlich nicht tat. Das betraf bei diesem Film aber nur einen Shot,
„Zoomania“ hatte 1.800 davon. Bewegung in einen Film zu bringen ist zwar nicht neu –
aber eine Welt so zu bevölkern wie in diesem Film und die Windsimulation so einzusetzen,
dass man die Kopfform des Tieres und die Länge seines Fells versteht sowie woher der
Wind kommt, das ist ein ganz neues Niveau. Es wäre toll gewesen, wenn uns diese neue
Technologie schon vor sieben Jahren für „Bolt“ zur Verfügung gestanden hätte.

DP: Wie unterschied sich die Fellsimulation für „Zoomania“ von der bisherigen?
Clark Spencer: Typischerweise setzt man menschliches Haar als Proxy ein und passt
seine Farbe und Form an. Diesen Weg wollten wir jedoch bei „Zoomania“ nicht gehen,
weil beispielsweise ein Schaffell sich in der Beschaffenheit und dem Verhalten wesentlich
von dem eines Tigers unterscheidet. Diesbezüglich mussten wir tief in die Forschung einsteigen. Die Artists studierten jeden Haarstrang auf molekularer Ebene, um die Dicke und Farbe zu verstehen und zu erkennen, wie er auf dem Tier aufsitzt. Es wäre sicherlich leichter gewesen, jedem Tier das gleiche Fell aufzusetzen und es entsprechend anzupassen, aber für den gewünschten Realismus war dieses Vorgehen nötig.

DP: Und wie gut erzielte die Kombination „neue Windsimulation plus individuelles Fell“ einen realistischen Look über den ganzen Film hinweg?
Clark Spencer: Kompliziert wurde es, wenn Kleidung über dem Fell war, weil so eine
neue Wirkungsebene ins Spiel kam. Für diese Problematik stand ein komplettes Team zur
Verfügung. Es kümmerte sich um die Simulation der Kleidung, damit sie mit Fell darunter
nicht enorm merkwürdig aussah. Die verschiedenen Schwänze mussten ebenfalls an
die Kleidung angepasst werden – und das bei so vielen verschiedenen Tieren! Auch was die realistischen Größenverhältnisse der Tiere angeht, standen wir vor enormen Schwierigkeiten, die es zu lösen galt: Das betraf vor allem den Kamerawinkel – beispielsweise in der Elefanten-Eisdielen-Szene mit Nick, dem Fuchs. Mit einer klassischen Shot-Gegenshot-Perspektive hätte das Ergebnis nicht gut ausgesehen. Beide Tiere so aufzunehmen, dass sie gut wirkten und die Story richtig erzählt wird, war sehr komplex. So nutzten wir beispielsweise die Szene mit der Rolltreppe, in der Judy in der Bahnstation von „Zoomania“ ankommt, um den Maßstab der Tiere zu demonstrieren: Zuerst taucht die Giraffe im Bild auf, dann der Löwe und zuletzt ein Hase. Dies war beispielsweise eine sehr clevere Positionierung für die Kamera, welche die Größenverhältnisse gut verdeutlichte.

„Zoomania“ ist bereits auf DVD und Blu-Ray erhältlich und auch wenn der Werbespruch bei 3D-Animationsfilmen fast immer heißt: „Ein Spaß für Klein und Groß“, trifft er in dem Fall dieses Disney-Films tatsächlich zu.

Das komplette Interview mit Clark Spencer lesen Sie in der DP-Ausgabe 02:16.

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