DaVinci Resolve 14 – der AAA-Killer?

Es ist schon verwunderlich, wenn eine Firma mit der schwarzen Magie im Namen die Version 13 überspringt. Oder recht­fertigen allein schon die neuen Fähigkeiten einen größeren Sprung? Ganz frisch ist die Integration der kürzlich erworbenen digitalen Audio-Workstation Fairlight. Dazu eine umfangreiche Effektbibliothek, Verbesserungen im Handling und der kollaborative Workflow auch beim Schnitt. Außerdem soll Resolve 14 „bis zu zehnmal schneller“ sein. Wir haben uns die fünfte Public Beta in der Studioversion näher angesehen. von Prof. Uli Plank
DaVinci Resolve wird zum Universalwerkzeug für Schnitt, Grading und Vertonung.
DaVinci Resolve wird zum Universalwerkzeug für Schnitt, Grading und Vertonung.

Zu eventuellen Bugs möchten wir uns nicht detailliert äußern, das wäre bei einer öffentlichen Betasoftware unfair. Andererseits ist insbesondere der Audiobereich auf der Basis von Fairlight noch recht instabil, sodass wir uns hier einen späteren, gründlichen Test vorgenommen haben. Deshalb hier nur ein paar allgemeine Informationen dazu. Die Firma Fairlight stammt ebenfalls aus Down Under, nämlich aus Sydney, und entwickelte seit Ende der Siebziger eine prozessorbasierte Bearbeitungsstation für die Musikaufnahme und -bearbeitung. Schon 1981 entstand dann die erste Platte, die ausschließlich im Computer gemischt wurde. Prominente Künstler wie Peter Gabriel, Kate Bush oder Jean Michel Jarre haben mit dem Sampler Fairlight CMI ihre Produktionen erstellt. Später experimentierte die Firma auch mit innovativer Videobearbeitung.

Fairlight trägt zur Tonhöhenkorrektur bei abweichender Geschwindigkeit bei.
Fairlight trägt zur Tonhöhenkorrektur bei abweichender Geschwindigkeit bei.

Im September 2016 wurde die Firma von Blackmagic Design (kurz: BMD) übernommen. Fairlight zeichnete sich immer dadurch aus, dass selbst die letzte eigene Version der Software weiterhin mit lange vorher gekauften Komponenten kompatibel blieb. Das brachte ihr einen treuen Anhängerkreis ein. Avid dagegen verprellte bei Pro Tools ab Version 10 so manchen Vollprofi durch Inkompatibilität zu älterer Hardware und zwang zum Kauf der neuen S3 oder S6 Control Surfaces. Ein 15 Jahre altes DaVinci Panel dagegen läuft immxer noch mit aktueller Software (unter Linux), und mehrere Dekaden alte Steuerpulte für Fairlight funktionieren bisher auch noch.
Wie BMD mit der professionellen Hardware für Fairlight umgehen wird und zu welchen Preisen man diese anbieten will, ist noch nicht klar. Aber schon jetzt ist die reine Softwarevariante unter einer neuen Seite voll in Resolve 14 integriert und bietet mit der direkten Tonaufnahme in Spuren des Filmschnitts und mit Sub-Frame Editing (bei Bedarf bis auf das einzelne Sample) schon zwei lang geforderte Features. Wer temporär die Verbindung zum Video aufhebt, kann so Klicks, Atmen oder ein „Äh“ präzise beseitigen. Bei konstanten Tempoänderungen wird direkt im Schnittbereich eine Tonhöhenkorrektur geboten. Nun könnten Cutter gequält aufstöhnen, weil ihnen zum Color Grading auch noch die gesamte Tonmischung zuwachsen soll. Da können wir Entwarnung geben: Sie dürfen sich als Einzelkämpfer verausgaben, aber sie müssen nicht – man kann in Resolve bestens kooperieren.

Zusammenarbeit

Bisher war nur das Color Grading in Ko­operation möglich, während man sich anderenorts eine Schnittfassung allenfalls ansehen konnte. Das hat BMD gründlich geändert, denn in serverbasierten Projekten ist nun eine intensive Zusammenarbeit bei allen Arbeitsvorgängen möglich. Dazu muss nicht einmal eine dedizierte Maschine als PostgreSQL-Server laufen, es darf auch eine Arbeitsstation sein (die aber tunlichst angeschaltet bleiben sollte). Für die flüssige Videobearbeitung müssen selbstverständlich der Server und alle anderen Nutzer in einem gemeinsamen, schnellen Netz sein. Der bisherige Multi-User-Modus entfällt durch das neue Konzept.

Schnittfassungen werden grafisch für Vergleich und Übernahmen aufbereitet.
Schnittfassungen werden grafisch für Vergleich und Übernahmen aufbereitet.
DNxHR bietet volle Bildqualität, aber keine Alphakanäle.
DNxHR bietet volle Bildqualität, aber keine Alphakanäle.

Kollaborativer Schnitt erfolgt per Bin-Locking, d.h. ein User blockiert für seine Arbeit einen oder mehrere Bins und legt mit den Clips und Timelines darin los. Andere können zuschauen, aber nichts ändern oder hinzufügen. Sie dürfen aber Material oder Timelines in eigene Bins kopieren und dort eine geänderte Version erstellen. Die gegenseitige Abstimmung erfolgt über die integrierte Chatfunktion. Der Eigner eines Bins ist für alle anderen erkennbar und kann sogar farblich gekennzeichnet werden. Liegen dann mehrere Versionen einer Timeline vor, können diese in einer grafisch recht intuitiv dargestellten Form verglichen werden und Veränderungen lassen sich gezielt einpflegen. Dieses Verfahren gilt auch für die Tonbearbeitung.
Beim Grading dagegen wird jeweils nur der Clip blockiert, der gerade in Bearbeitung ist. Wenn der Benutzer zum nächsten Clip übergeht, sind die Änderungen für alle anderen sichtbar und können auch überarbeitet werden. Rein technisch klappt das schon gut, der einzige Kritikpunkt wäre, dass dies alles ein bisschen zu offen angelegt ist. Nicht jeder Beteiligte hat immer die Kenntnisse und die Disziplin, um bei anderen keine unerwünschten Änderungen zu machen – ein paar Schutzmechanismen wären durchaus angebracht. Damit das alles funktioniert, ist jetzt „Live Save“ angesagt, also wird regulär jeder einzelne Schritt gespeichert und dazu eine Undo-History geboten. Schnittfenster und Fairlight teilen sich diese, Color hat eine eigene Undo-Liste. Besonders bei der Arbeit mit der Beta empfiehlt es sich jedoch, öfter mal gezielt eine Zwischenversion zu sichern, denn bei einem Absturz mittendrin könnte die gespeicherte Datei ja auch mal defekt sein.

Geschwindigkeit

Auf diesem Gebiet musste sich BMD bisher viel Kritik gefallen lassen. Klar, das Programm stammt ursprünglich aus dem High-End-Sektor und da ist eine potente Workstation Pflicht. Aber wer Software kostenlos verteilt, weckt halt auch Sehnsüchte bei den kleinen Leuten. Das unsanfte Erwachen kam, wenn man nativ im H.264-Codec auf einem preisgünstigen Mittelklassegerät schneiden wollte und die Arbeit in der Timeline weitgehend zum Erliegen kam. Bisher half da nur das zeit- und platzintensive Umrechnen in einen weniger anspruchsvollen Codec. Selbst damit erfolgte die Reaktion auf Mausbewegungen beim Trimmen oder auf die Steuertasten J, K und L in der Timeline nicht unmittelbar. Dass es anders geht, bewies Final Cut Pro X mit Schnitt von H.264 wie durch Butter schon auf einem mittleren iMac, und selbst Premiere konnte es besser.

Der Filter „Abstraction“ bietet differenziert einstellbare Cartoon-Effekte.
Der Filter „Abstraction“ bietet differenziert einstellbare Cartoon-Effekte.

In der neuen Version dagegen zieht Resolve auf einem aktuellen iMac locker an Premiere vorbei und ist bei manchen Vorgängen sogar etwas schneller als FCP-X. Auf PCs ist die derzeitige Beta noch deutlich instabiler, aber da ist eben auch die Bandbreite an Hardwarekonfigurationen wesentlich größer – sicher ein Hauptgrund für eine lange und intensive öffentliche Beta-Phase. Zudem gibt es bei der Bearbeitung des rechenintensiven H.264-Codecs einen deutlichen Unterschied zwischen der kostenlosen und der Studioversion unter Windows mit Nvidia-Karten. Die Studioversion ist ebenso flott wie auf dem Mac und erlaubt jetzt wirklich flüssigen UHD-Schnitt mit schneller Reaktion selbst bei nativen H.264-Clips auf einem guten Mittelklassegerät. Dass man 4K mit dem vierfachen Leistungsbedarf gegenüber HD nicht auf einem Billigrechner bearbeiten kann, dürfte klar sein – das ist bei anderer Software nicht besser. Falls jemand doch mal optimierte Medien braucht, ist diese Umrechnung jetzt doppelt so schnell. Außerdem soll man die Medien neu verbinden können, wenn sie (wieder einmal) nicht gefunden werden. Im Test konnten wir dieses „Rediscover Optimized Media“ nicht verifizieren, da der Fehler hier nicht auftrat.

ACEScct hat eine eher filmische Kurve für die Tiefen.
ACEScct hat eine eher filmische Kurve für die Tiefen.

Derzeit gibt es aber noch ein Problem, das man besser vor einem Kauf klärt, wenn die eigene Kamera betroffen sein könnte: Wenn ein H.264-Clip mehrere PCM-Tonspuren mitbringt, bricht das Tempo unerklärlicherweise völlig ein. Das gilt z.B. für Material aus Sonys PXW-Z150. Strippt man den Ton mit externer Software, ist alles wieder in Ordnung. Da bleibt zu hoffen, dass dies auch nur zu den Macken einer Beta-Version gehört und noch behoben werden kann. Klar dürfte sein, dass „… bis zu zehnmal schneller…“ eine typische Marketingformulierung ist. Jedenfalls kann man nicht plötzlich auf einem zehnmal schwächeren Rechner arbeiten. Wunder beim Grading darf man nicht erwarten, denn der Anspruch an die Grafikkarte bleibt mit Version 14 nicht unerheblich, wenn die Auflösung hoch ist. Das Material muss nun einmal in den VRAM passen, und beim Grading und vielen Effekten wird die GPU-Leistung kräftig gefordert. Immerhin bekamen wir den Eindruck, dass Probleme bei einer schwachbrüstigen Grafikkarte besser vom Programm abgefangen werden als bei älteren Versionen. Aber der Wettlauf zwischen den Videoformaten und der Rechnerleistung geht weiter.

Neue Formate

Resolve unterstützt nun Bildfrequenzen bis 120 fps und Auflösungen bis 16.000 mal 16.000 Pixel (also ein zukünftiges Ultra-8K Format?), aber da bleibt wohl für die Hardware-Hersteller noch eine Menge zu tun. Immerhin kann man Fotos mit 42 Megapixel aus einer Sony A7R II in eine HD-Timeline packen und graden, ohne dass ein Rechner mit 4 GByte VRAM protestiert oder gar abstürzt. Unter „Clip Attributes“ lässt sich die Bildrate zwischen 1 und 120 frei zuweisen, wenn auch nur mit ganzen Zahlen. An neuen Codecs sind native Clips der Canon C200, Nikon RAW, DNxHR, Arri RAW in Open-Gate-Auflösung und MP3-Audio auf Windows hinzugekommen. H.264 mit High-10-Profilen wird nun auch auf Windows gelesen, aber nur in der Studioversion. Stereo-3D-Aufnahmen lassen sich ebenfalls zu optimierten Dateien umrechnen. Besonders beeindruckt waren wir, dass auch UHD-Clips in H.265 (aka HEVC) aus einer Samsung NX1 im gleichen Mittelklasse-iMac von Resolve abgespielt und in der Timeline fast so flott wie H.264 bearbeitet werden (nur Studio). Version 14 versteht neben .cube nun CLF-LUTs, die sich als universelles Format anbieten, und zum Ausprobieren ist ein Day-for-Night-Look und eine Kodak-2383-Emulation dabei. ACES und das hauseigene Color Management unterstützen neue Kameras, Farb­räume und Gammakurven wie z.B. Rec. 2100 oder die neue Color Science von RED.

Bei der Ausgabe sind einige Formate hinzugekommen, die sich insbesondere auf dem PC als Alternative zu ProRes anbieten. Dazu gehören DNxHR HQX in 10- und 12-Bit-Versionen sowie die gesamte Liste der VP9 Codecs. Googles VP9 bietet sich als lizenzfreie Alternative zu HEVC an, und es unterstützt auch Formate jenseits von UHD und die wichtigsten HDR-Varianten. VP9 ist keineswegs nur ein Internet-Codec, denn es gibt auch eine verlustlose Version und Varianten bis zu YUV 422 in 12 Bit. Netflix benutzt VP9 bereits als Alternative zu H.264 für mobile Nutzung, VLC und andere, offene Player zeigen es und bei den Browsern stehen nur Safari und Explorer noch im Abseits. Das Encoding von H.264 erlaubt nun auch mehrere Durchläufe, ein Häkchen bei „Network Optimization“ gestattet das Anschauen schon, bevor der Clip komplett gerechnet ist. Der Export zu Pro Tools wurde trotz Fairlight verbessert und übergibt nun auch die Namen von Audiospuren an die Kollegen.

Neue Effekte

Die Palette hauseigener Effekte im OFX-Standard ist recht umfangreich geworden und reicht nun von Stilisierungen über Hautverschönerung bis zum ernsthaften Compositing. Sie sind nicht allein im Bereich „Color“ zugänglich, sondern können auch im Schnittfenster direkt aus der Library auf einen Clip gezogen werden. Die ehemals langen Listen sind jetzt als Bins und Sub-Bins besser zugänglich und übersichtlicher. Manche gibt es nur in der Studio-Version, aber die ist mit 299 US-Dollar so preisgünstig geworden, dass es kaum einen vernünftigen Grund gibt, nicht aufzusteigen. Einen Dongle wird man nicht mehr benötigen, wenn die finale Version auf den Markt kommt.

Die Position mancher – auch übertriebener – Effekte kann der Tracker steuern.
Die Position mancher – auch übertriebener – Effekte kann der Tracker steuern.

Styling: „Abstraction“ bietet Cartoon-Effekte mit Füllung und Kante und erlaubt präzise Feinabstimmung, nur die Kantenfarbe lässt sich nicht beeinflussen. „Watercolor“ ergänzt das mit einer weicheren Variante bei weniger Justageparametern. Auch der Effekt für das Schrumpfen und Erweitern von Masken lässt sich als Min/Max-Filter für stilistische Wirkungen bei feineren Details zweckentfremden. Die Wirkung all dieser Filter kann selbstverständlich auch durch einen vorgeschalteten Grading-Node stark beeinflusst werden. Nützlich ist auch „Color Palette“, das die in einem Clip vorherrschenden Farben analysiert und in kleinen Feldern darstellt – einfach als Standbild exportieren, und die Grafikabteilung freut sich.

Schon drei Tracking-Zonen können in Match Move eine Fläche definieren.
Schon drei Tracking-Zonen können in Match Move eine Fläche definieren.

Reparaturen: Es gibt einen „Dead Pixel Fixer“, der je nach Motiv auch für Staub auf dem Sensor oder Tropfen auf der Linse hilfreich sein kann. „Timelapse Deflicker“ und „Color Stabilizer“ beseitigen Schwankungen durch Lichtwechsel, müssen aber sorgfältig auf das Motiv abgestimmt werden, um Artefakte zu vermeiden. „Dehaze“ verstärkt die Kontraste bei Dunst oder Smog, wie man es zwar auch durch Grading erreichen könnte, aber es ist damit einfacher. „Deband“ kann Probleme durch mangelnde Farbtiefe oder Kompression per Dithering abmildern.
Verzerrungen: „Lens Distortion“ kann Verzeichnungen im Objektiv nicht nur simulieren, sondern auch beheben, solange es sich nicht um die wellenförmigen Fehler mancher Weitwinkel handelt (bildhaft auch Moustache genannt). Da der Filter eine auf Farbkanäle bezogene Feinabstimmung erlaubt, lassen sich damit auch chromatische Aberrationen (CA) beheben, sogar mit Anpassung auf dezentrierte Objektive. Und wenn wir schon dabei sind: Resolve 14 hat auch einen Warper an Bord, der sich zudem per FX-Tracking an bewegte Bildbereiche hängen lässt. Er kann zwar nicht ganz mit spezialisierten Plug-ins wie RE:Flex mithalten, aber das allein kostet mehr als Resolve und arbeitet nur mit After Effects zusammen.

Der neue Stabilizer ist langsamer, aber wirkungsvoller.
Der neue Stabilizer ist langsamer, aber wirkungsvoller.

Compositing

Die Compositing-Fähigkeiten von Resolve wurden deutlich erweitert. Das fängt schon damit an, dass man nun unmittelbar in „Color“ eine weitere Bildquelle definieren kann, die aber immer noch als Maske bezeichnet wird (Add Matte). Das geht nun auch weniger umständlich als bisher im Media Pool mit „Add as Matte for Color Page Clip“. Außerdem kann man nicht nur Alphakanäle der Quelle durchreichen, sondern auch sämtliche Freistellungen durch Nodes kombinieren und zum Alpha-Ausgang weiterleiten. Mit geeigneten Bildformaten wie ProRes 4444 werden sie an Fusion durchgereicht oder in den Film eingerechnet (auf PC leider nur per Bildsequenz). Dazu passen dann Funktionen wie „Alpha Matte Shrink and Grow“ und das neue „Match Move“.
Das ist ein Tracker, der kleine Regionen verfolgen kann und schon ab drei verfolgten Bereichen das perspektivisch korrekte Einfügen einer Ebene zulässt. Die Funktion geht deutlich über einen konventionellen Punkt-Tracker hinaus: Match Move erkennt Verdeckungen meist automatisch und deaktiviert den jeweiligen Bereich. Wenn die Region wieder zum Vorschein kommt, lässt sie sich mit Programmunterstützung wiederfinden und der Weg dahin wird interpoliert. Man kann ohne große Umstände etliche Tracks in einem Bild kombinieren, falls die betreffenden Regionen verdeckt werden oder das Bild verlassen. Da man (wie üblich) vorwärts oder rückwärts tracken kann, werden zum Löschen von Teilen der Tracks die weniger missverständlichen, aber fast schon philosophischen Begriffe „Clear Past“ und „Clear Future“ benutzt.
Zusammen mit den Rotoscoping-Fähigkeiten bei den Fenstern mit dem bisherigen planaren Tracker lassen sich durchaus manche Aufgaben lösen, die bisher an Fusion oder ähnliche Programme übergeben wurden. Der an sich schon gute planare Tracker wurde für die Bildstabilisierung überarbeitet und kann jetzt weitgehend mit dem „Warp Stabilizer“ aus Premiere bzw. After Effects mithalten. Dies bewältigt er sogar schon in der Grundeinstellung ähnlich gut wie die Stabilisierung von Adobe und ist dabei deutlich schneller. Außerdem kann er mit der Einstellung auf „FX“ jetzt die Position zahlreicher Effekte steuern, wie z. B. durch Tracking der Lichtquelle bei einem Lens Flare. Leider wird aber, anders als bei Adobe, noch keine Analyse und Kompensation eines Rolling Shutters geboten, wie z. B. bei den höchst problematischen Aufnahmen aus einem unruhig gehaltenen Smartphone oder filmenden Fotogeräten. Wer es braucht, findet übrigens unter „Camera Shake“ auch eine Anti-Stativ-Korrektur.

Face Refinement und andere Verschönerungen

Was man nicht mit Schminke erreicht, muss heute ja die Elektronik erledigen. Jeder kennt die digital glattgebügelten Plastikschönheiten aus Werbung und Soap, weil fast jede Kamera intern schon Skin Smoothing bietet. Da konnte BMD nicht zurückstehen und liefert jetzt einen entsprechenden Filter mit. Der ist allerdings erheblich raffinierter als eine Automatik in der Kamera. Per „Analyze“ – von einer möglichst guten Position beginnend – werden Gesichter erkannt, verfolgt und eine Maske für die ungefähre Gesichtsform angelegt. In der von uns getesteten Beta 5 funktionierte das nun auch bei leicht seitlicher Ansicht ganz gut. Das ist recht wichtig, denn obwohl das Overlay Stützpunkte zu zeigen scheint, sind diese nicht editierbar – man muss mit dem Ergebnis so zurechtkommen. Allerdings lässt sich die Maske insgesamt noch weichzeichnen, präzisieren oder in der Größe ändern. Die Funktion generiert somit einen Key für die Hauttöne, aber begrenzt ihn auf die Gesichtszüge. Diese Maske lässt sich übrigens im Node-Tree genauso gut als Input für das Verpixeln eines Gesichts benutzen.

Face Refinement ortet Gesichtszüge vollautomatisch.
Face Refinement ortet Gesichtszüge vollautomatisch.

In welchem Maße und ab welcher Größe unerwünschte Details geglättet werden, ist feinfühlig justierbar, ebenso ein gezieltes Grading für den Bereich der Maske. Die weitere Bearbeitung ist für verschiedene Zonen separiert, selbst ein sanftes Erröten oder Nachschminken der Lippen wird geboten, dazu getrennte Einstellungen für Stirn, Wangen oder Kinn. Mit Schärfung, Aufhellung, Spitzlicht oder Reduktion von Tränensäcken wird den Augen viel Aufmerksamkeit zuteil. Insgesamt lässt sich sagen, dass man es bei zurückhaltendem Einsatz mit diesem Filter wesentlich besser hinbekommen kann als mit den üblichen Funktionen einer Kamera. Von denen sollte man also die Finger lassen, wenn Resolve und etwas Zeit in der Postproduktion zur Verfügung stehen. Besonders wichtig ist eine gekonnte Balance zwischen Smoothing und Detail.

Seit Beta 5 werden Gesichter auch seitlich besser erkannt.
Seit Beta 5 werden Gesichter auch seitlich besser erkannt.

Differenzierte Feinjustagen hat BMD auch den anderen Weich- und Scharfzeichnern hinzugefügt, insbesondere das Nachschärfen kann für verschiedene Frequenzbereiche und damit feine und gröbere Strukturen getrennt eingestellt werden. Wie bei der Hautverbesserung kann das eine leistungsfähige GPU wesentlich besser als eine Standardfunktion in der Kamera, die man in der Regel ausschalten sollte. Und wieder ist eine zarte Hand gefragt, wenn es noch natürlich aussehen soll. Wer sich für den Modelleisenbahneffekt von Tilt/Shift-Objektiven begeistert, muss nun auch kein neues Glas mehr kaufen, sondern kann zum passenden Filter greifen.

Marker können nun eine Dauer bekommen und werden als Overlay gezeigt.
Marker können nun eine Dauer bekommen und werden als Overlay gezeigt.

Arbeitserleichterungen

Die Vielzahl der kleineren, sehr praxisnahen Verbesserungen hier zu beschreiben, würde dieses Heft sprengen – nicht ohne Grund ist das exzellente .pdf-Handbuch von Alexis van Hurkman auf fast 1.300 Seiten gewachsen. Wer nicht so viel lesen möchte, kann sich vom gleichen Autor bei Rippletraining die Video-Tutorials zu Version 14 kaufen. Zu erwähnen wären die erweiterten Fähigkeiten der Marker inklusive Bereichsmarkierung als Alternative zu Subclips, das Scrubbing und Kürzen in den Vorschaubildchen ähnlich wie bei Premiere und die Pipetten für eine schnelle Korrektur von Weiß- und Schwarzpunkt bzw. Farbbalance (als Ausgangspunkt für das Grading, nicht für ein automatisch schönes Bild). Erwähnenswert ebenso die intuitivere und flexiblere Bearbeitung von Keyframes oder die zahlreichen und leicht anzupassenden Tastaturkürzel.

Beim Ersatz von Medien bietet Conform sogar individuelle Prioritätenlisten.
Beim Ersatz von Medien bietet Conform sogar individuelle Prioritätenlisten.

Die Medienverwaltung wurde flexibler: Drag-and-drop ist nun auch mit ganzen Ordnern möglich und man kann mehrere Bin-Fenster gleichzeitig öffnen. Das Clone-Tool ist mit einer Auswahl an professionellen Checksum-Methoden und der Möglichkeit, Medien auszuwerfen, endlich erwachsen geworden. Die schnelle Umbenennung der angezeigten Clipnamen (Display Name) für Hunderte von Aufnahmen auf der Grundlage von Auszügen der Metadaten ist eine enor­me Arbeitserleichterung. Die Suchfunktion und die Smart Bins berücksichtigen nun Markerbezeichnungen und Notizen. Wie in anderen Programmen lassen sich im Media­pool mehrere Clips per Auswahlrechteck mit Modifiern eingrenzen, dazu passt „Create Bin with Selected Clips“. Auch Duplikate sind möglich, selbstverständlich ohne nennenswerten Platzbedarf wie ein Alias. Audio und Video lassen sich per Drag-and-drop als Subclips separieren.

Mit diesem Tool wird die Kantenschärfung feinfühlig anpassbar.
Mit diesem Tool wird die Kantenschärfung feinfühlig anpassbar.

Der Mediapool ist quasi zum Watch-Folder für fehlende Clips geworden: Wenn man Dateien neu hinzufügt, prüft Resolve, ob diese zu fehlenden Clips in der Timeline passen. Es wird jetzt also klar unterschieden zwischen im Mediapool fehlenden oder in der Timeline nicht mehr verbundenen Clips. Die Funktion „Reconform“ wurde wesentlich verbessert und kann jetzt auf der Basis von Bins oder direkt von Medien mit sehr detaillierten Vorgaben erfolgen. Man kann dabei sogar mehrere Formate oder Codecs als Kommaliste mit Prioritäten angeben, sollte aber nicht vergessen, „Search Subfolders“ zu aktivieren.

Individuelle Namen und Farben für Spuren bringen mehr Überblick.
Individuelle Namen und Farben für Spuren bringen mehr Überblick.

Kommentar

Wenn Resolve 14 nach der Beta-Phase so funktioniert wie beabsichtigt, dürfte es beim Wettbewerb zumindest Nachdenklichkeit, wenn nicht gar Panik auslösen. Von der umfangreichen, professionellen Audiobearbeitung über die intuitiven Funktionen für kooperative Postproduktion auch ohne dedizierte Hardware bis hin zur Leistung bei anspruchsvollen Formaten auf erschwinglicher Hardware ist das Programm jetzt enorm konkurrenzfähig. Und der Preis?

Bei den üblichen Verdächtigen bekommt man:
  • Zum gleichen Preis ein gutes, aber etwas eigentümliches Programm für Einzelkämpfer von Apple (aka Final Cut Pro X)
    mit bescheideneren Fähigkeiten beim Grading und dem Ton, aber intuitivem Compositing mit Motion.
  • Bei Adobe eine Mietsoftware mit Geisel­nahme (aka Premiere), die sich selbst in manchen Releases wie eine Beta benimmt und zumindest im Audiobereich (Audition) überhaupt nicht mithalten kann. Einzig bei den Textfunktionen
    liegt sie vorn.
  • Bei Avid nach jahrelangen Ankündigun­gen ganz plötzlich zur NAB 2017 den kostenlosen Media Composer | First, der nicht mal UHD bietet, dazu 8 Tonspuren, 4 Videospuren und 5 Bins, und dessen Projekte nicht mit der Vollversion kompatibel sind. Oder für wesentlich mehr Geld den richtigen Media Composer plus Pro Tools, die bei weitem nicht so elegant integriert sind wie Schnitt- und Ton­gestaltung bei den Schwarzmagiern.

Und der Verschwörungstheoretiker in mir flüstert: Wahrscheinlich streben die im Auftrag des Bösen doch nach der Weltherrschaft und haben die 13 nur zur Tarnung ausgelassen (aka Fake News).

Fusion 9

Die nächste Version von Fusion kommt: Frisch angekündigt auf der Siggraph steht Fusion Nummer 9 jetzt schon zum Download bereit. Wir hatten erst kurz vor Redaktionsschluss davon Wind bekommen, deswegen hier nur eine kurze Zusammenfassung – ein Test folgt in einer der nächsten Ausgaben. Fusion, das ehemalige Windows-only-Compositing-Flaggschiff, steht seit der letzten Version für Windows, Linux und MacOS bereit. Das ist insofern relevant, da Blackmagic Design es geschafft hat, die ProRes-Zertifizierung von Apple zu bekommen. Somit wäre Fusion in Sachen Transcoding eine der kostengünstigsten Lösungen für ProRes auf Windows- und Linux-Systemen. Dazu kommt ein Connect Plug-in für den Avid Media Composer.

Drei Bereiche haben im Update besondere Aufmerksamkeit bekommen: Der neue planare Tracker wurde angepasst, um flache Objekte für Replacements oder für die Roto zu tracken. Ganz neu ist der Camera-Tracker, der die Bewegung der Kamera im Footage analysiert – und der Tracker beherrscht auch Lens-Metadaten für Framing, Brennweite und so weiter – alles bereits eingebaut und enthalten. Der neue Delta Keyer bringt ein komplettes Set für Matte Finesse Controls sowie ein neues Clean Plate Tool, das sogar mit Live Footage klarkommt. Diese Live-Fähigkeit kommt der nächsten großen Neuerung zugute: der VR-Toolbox. Sie beinhaltet alle wichtigen Funktionen von einer Echtzeit-Stereo-Correction über einen eingebauten 3D-Viewport, Unterstützung praktisch aller Headsets und den Export in .fbx, 3ds, Alembic, Collada und viele weitere Datenformate, sowie mögliche Live-VR-Produktionen (wir sind an einer Story dran). Das Rendering in Fusion greift sowohl auf Nvidia- als auch auf AMD-GPUs zurück. Das 2D Image Processing ist ebenfalls OpenCL-bereit.
„Generation“, die Netzwerkkomponente für Fusion, wird nun eingestellt – und taucht als „Studioplayer“ innerhalb der Software wieder auf, mit allen Features.

Und wer sich jetzt denkt: „Fusion war doch immer ein bisschen teuer“ – der Preis für die Fusion-9-Studio-Version, die alles eingebaut hat, wird bei ca. 3OO Euro liegen – vergleichbar mit Resolve Studio. Dazu gibt es eine kostenlose Version, die allerdings ProRes-Export nur auf dem Mac kann und bei den Keyern und Trackern etwas eingeschränkt ist.

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