Cinema 4D: Start your Engines!

Einmal einen Lamborghini fahren – für die meisten bleibt das ein Traum. Aber warum nicht den Traumwagen in 3D modellieren? Das kostet weniger, ist verträglicher für die Umwelt und man muss sich keine Sorgen um die Wagenbreite beim Einparken machen, wenn man seine Assets clever managt und die Materialiengröße gering hält. Und das geht wie? Genau, mit PBR!
Start your Engines!

Als Inhouse-Artist bei Maxon ist es eine meiner Aufgaben, in einem realen Projekt die neuen Features und den Stand der Beta-Versionen zu testen. Manche Sachen findet man einfach nur in der praktischen Anwendung eines Tools. Und im Hard Surface Modeling gibt es wenig, was so viel Spaß macht wie ein Auto – auch wenn das furchtbar viel Zeit braucht. Gerade moderne Autos wie der Lamborghini Aventador sind so detailreich, dass ein vollständiges Modell zu lange brauchen würde. Gleichzeitig ist es durch diese Details aber auch ein lohnendes Vorhaben, nur einen Teil davon zu modellieren. Und nachdem ich diese Mittelkonsole gesehen hatte, war mir spontan klar, dass es das ideale Objekt war, um den neuen ProRender und einen PBR-Workflow in Cinema 4D R19 auszuprobieren.

Auf zur Startlinie

Sobald man sich entschieden hat, was das Bild sein soll und wie es funktionieren soll, geht es an die Referenzen-Suche. Als Faustregel für das Hard Surface Modeling gilt: Wer kein vollständiges 3d-Modell des Gegenstandes im Kopf hat, bei dem jeder Quadratmillimeter erkennbar ist, hat nicht genügend recherchiert. Referenzen finden sich – bei derartigen Autos zumindest – mit drei Tools: zum einen Google, dann natürlich weiter auf Google und zum dritten Google. Bilder in allen Auflösungen finden sich en masse, und man sollte einen relevanten Bestandteil davon sichten. Als Tipp bei solchen Vorlagen: Referenzen finden sich besonders in Automagazinen, Shows und bei den gängigen Autobörsen, wo Händler alle Details in Großaufnahme zeigen. Die Konsole entstand in der Entwicklungszeit von Release 19 – es kamen also buchstäblich dutzende von Alpha- und Beta-Versionen zum Einsatz. Zu Anfang mit vielen Bugs und Crashes, was doch recht frustrierte, zum Ende hin wurden es aber glücklicherweise immer weniger.
Im Bild oben links sehen Sie kein einziges Polygon – leider würde die genaue Erklärung den Umfang des Artikels bei weitem sprengen – aber Sie können sich das Scene-File unter www.digitalproduction.com herunterladen, und das prozedurale Modeling selbst ansehen und herumprobieren.

Elf Cube Primitives und 2 Splines – wer braucht
schon Polygone für Hard Surface Modeling?

Modeling

Die gesamte Szene wurde ohne Subdivison Surfaces gemodelt – seit dem Bevel-Tool braucht es für die meisten Hard-Surface-Modelle keine SDS mehr. Und es empfiehlt sich, am Beginn einer Szene immer so prozedural zu arbeiten wie möglich. So kann ich die einzelnen Teile bequem verschieben, justieren und anpassen.
Dies soll aber nicht Thema des Artikels sein – deswegen empfehle ich Ihnen, sich einfach die vollständige Szene unter www.digitalproduction.com kostenlos herunterzuladen und es einfach

Die Clay-Ansicht der Konsole – Sie sehen den
sparsamen Einsatz von klassischen Polygonen.

Sollten Sie kein Cinema 4D zur Hand haben, können Sie sich eine kostenlose Testversion unter www.maxon.net/de/demo/demo-download/ herunterladen.

PBR

In diesem Projekt war eines der Ziele, den neu integrierten AMD GPU ProRender auszureizen. ProRender ist ein uni-direktionaler Pathtracer. Das bedeutet, dass die zugrundeliegenden Algorithmen so nah an die Realität angepasst sind wie möglich – und Lighting und Materialien dementsprechend realistisch sind. Für wen sich das bekannt anhört: Ja, das ist ein PBR-Workflow – Physically Based Rendering. Und in C4D R19 sind PBR-Materialien und -Lichter bereits enthalten. Man befindet sich also von Anfang an in einem Workflow, der die Realität bei Texturen und Beleuchtung nachbildet.

Es werde Licht!

Das PBR Light Object ist somit ein physikalisches Licht mit allen Attributen, die dazugehören – der Area Shadow ist immer angeschaltet, der Light Falloff ist immer auf „Inverse Square“ und die üblichen „Fake Settings“ sind nicht mehr verfügbar – genauso wenig wie bei einem realen Licht. Was also übrig bleibt, ist ein Licht, das sich auch so verhält – wenn man die Größe der Light Source verändert, ändert sich die Lichtstärke. Eine große Lampe ist nun mal heller als eine kleine Birne, und die Entfernung zur Lichtquelle spielt jetzt ebenfalls eine Rolle.

Ein Vorteil der akkuraten OpenGL-Settings und ihrer Einbindung im Viewport ist,
dass die Anzeige identisch zum Viewport ist – man sieht Änderungen direkt
und muss bei eventuellen Fehlern nicht jedesmal neu den Rechenknecht bemühen.

Ebenfalls neu in R19 sind die Reflexionen für HDRIs – dieser großartige Helfer beim Szenen-Setup zeigt in Echtzeit die Reflexionen an – und eben auch, wo genau sie auftauchen. So fällt das dauernde Test-Rendern nach jeder Rotation des Sky Objects weg.

Materials

Wer bereits mit C4D vertraut ist, kennt auch den Reflectance Channel – und der Workflow für ProRender Shaders ist identisch zum Reflectance Channel Setup beim alten Standard- bzw. physikalischen Renderer. Der einzige Unterschied sind die PBR Material Presets. Diese unterscheiden sich vom Standard Material dadurch, dass der Lamber­tian Diffuse Reflection Layer im Reflectance Channel verwendet wird – was wiederum das physikalisch akkurate Oberflächenmodell ist, das ProRender verwendet. Shader bauen ist also – auch wenn es sich in diesen zwei Sätzen komplex anhört, de facto super einfach. Aber warum ist das überhaupt so gelöst? Wiederum ganz einfach: Wer Projekte mit dem physikalischen Renderer bereits auf der Festplatte hat, kann diese als Legacy Scenes ganz einfach öffnen und weiterarbeiten – und mit ProRender nahtlos weitermachen.

Rendering

Die Einstellungen des ProRenders sind nahezu selbsterklärend – als Pathtracer muss man der Engine im Prinzip nur sagen, wie oft das Licht reflektieren soll und wie ausführlich er das Antialiasing betreiben soll. Die Reflexionen des Strahls – Light Bounces – bestimmen wir mit der „Ray Depth“ – eine geringe Strahlentiefe ergibt ein dunkles Bild, eine hohe Strahlentiefe ergibt ein helles Bild.

Die Light-Settings sind in PBR-Lichtern
eingeschränkt – es soll sich doch auch so
verhalten wie eine physikbasierte Lichtquelle.
Hier sehen Sie die Materialeinstellungen –
der Typ ist Lambertian (Diffuse) und die
Betonung ist gemittelt.
Die Rendersettings des ProRenders im Offline-Modus

Aufpassen muss man bei transparenten Objekten – und üblicherweise ein bisschen probieren. Eine Ray Depth von 1 durchdringt ein transparentes Objekt, aber beleuchtet das dahinterliegende nicht. Hier also langsam hochdrehen, bis genügend Licht durch das Objekt kommt, um den Hintergrund zu beleuchten. Und um sich die Geschwindigkeit vorzustellen: Ein 7K-Bild hat so ungefähr 2 Stunden auf einer AMD WX7100 gebraucht.

Fazit

ProRender ist extrem einfach in der Bedienung – und ich habe schon einige Bilder im Kopf. Man muss allerdings sagen, dass ProRender noch in den Kinderschuhen steckt, und gerade mit voller Kraft weiterentwickelt wird – und ohne zuviel zu verraten, stehen bald ein paar tolle neue Features an. Die werde ich dann gleich in meinem nächsten Bild verwenden – es bleibt vorerst bei einem Automotive Design.

Glen Johnson ist technischer Illustrator, arbeitet seit mehr als 2O Jahren über ganz Europa verteilt für einige der größten Maschinenbauhäuser und erstellt Explosionszeichnungen, Dokumentation und High-End-Marketing.

Maxon Feature

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In der neuesten Iteration gewährt uns Cinema 4D einen kleinen Blick in die Zukunft. Vieles tut sich dort eher im Verborgenen, wie z.B. die Arbeit an einem neuen Core, also am Herzstück der Software. An anderer Stelle werden Veränderungen deutlicher sichtbar, wie z.B. bei der Integration eines neuen GPU-basierten Renderers oder der Erweiterung der MoGraph-und OpenGL-Fähigkeiten.

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