BenQ SW271 im Test

Mit der SW-Serie schickt sich BenQ an, die colorgemanagte Monitorwelt zu erobern. Und wir haben uns das 27-Zoll-Modell für ein paar Monate in der Praxis angeschaut.

Worüber sprechen wir denn? Der BenQ SW271 ist ein 4K-IPS-Panel mit 3.840 auf 2.160 Pixeln, der mit 16:9-Verhältnis auf 27 Zoll mit HDR10 umgehen kann, USB-C-kompatibel ist, im Schnitt mit 350 Nits strahlt sowie 100% sRGB, 100% Rec. 709, 99% Adobe RGB und 93% DCI-P3 abdeckt, dabei bei Software und Hardwarekalibrierung 14 Bit 3D-Look-up Tables unterstützt und mit zwei HDMI, Displayport 1.4, zwei USB 3.0 sowie einem SD/SDHC/SDXC-Card-Reader ausgestattet ist, und das Ganze zu einem durchschnittlichen Straßenpreis von 1.100 Euro. Maximale Informationsdichte, gelle?
Wenn wir jetzt den Listen-Modus abschalten, haben wir hier einen gut ausgestatteten Profimonitor aus dem mittleren Segment, der auf Foto- und Videografen ausgerichtet ist. An Features ist alles enthalten, was man im Arbeitsalltag braucht, bei hervorragender Ergonomie, und dazu bringt der SW ein paar Sachen mit, die man nicht standardmäßig findet, aber bald nicht mehr missen möchte.

Farben

Bevor wir abwägen, was und für wen, schauen wir uns natürlich zuerst die Farben und die Darstellung des Monitors an. Frisch vom Werk – wie unser Testgerät war – hatten wir eine mittlere Farbabweichung unter 2% (wir haben auf Adobe RGB gemessen). Nach 3 Monaten hartem Betrieb – inklusive regelmäßigem Umschalten zwischen den verschiedenen Farbräumen (Testprozedere im Kasten rechts beschrieben) ohne Nachkalibrierung waren wir dann bei 4% Abweichung. Das ist sehr respektabel und nah genug am Messfehlerbereich, um im Feld „Farbumfang“ – im Rahmen unserer Messmöglichkeiten – ein „sehr gut“ zu vergeben. Kontrast und Weißpunkt waren auch gut bis sehr gut, lediglich bei der Gammakurve gab es einen leichten Drift.
Etwas, das ebenfalls enthalten ist, ist die Monitor-interne Kalibrierung per Palette Master, einer kostenlosen Software, die erlaubt, ein Kalibriergerät (Datacolor Spyder und Xrite) direkt am USB-Port des SW anzubringen und darüber zu messen. Das funktioniert in der Praxis auch ganz gut – wir haben Palette Master mit dem Datacolor-Toolkit verglichen und waren bis auf 5% an jedem Messwert. Ein idealer Einsatz, wenn man mit einer Sonde viele Monitore ausmessen will. Aus Gründen der Vergleichbarkeit verlassen wir uns jedoch auf den Spyder.

Alltagstauglichkeit

Die Haptik spielt im Alltag eine größere Rolle, als man manchmal denkt – der gut verarbeitete Monitor sitz auf einem extrem stabilen Fuß (Kabelmanagement eingebaut), oder per Vesa-Anschluss am Monitorarm. Blickwinkelstabil ist er auch und sowohl im Landscape- als auch im Porträt-Modus verwendbar (wozu man den auch immer brauchen mag). Die Entspiegelung ist spot-on, und auch ohne Blendschutz hat man kaum Reflexionen – hier steht der SW auf einer Stufe mit Geräten anderer namhafter Hersteller, deren Geräte doppelt bis dreifach so viel kosten.
Wegen des Blendschutzes: Die von innen mit einem samtartigen Material beschichteten Platten sind einfach angepasst, und spezielle Elemente werden sowohl für Hoch- als auch für Querformat mitgeliefert. Die Seitenteile halten auch einzeln, wenn man zum Beispiel in einem Multimonitor-Setup arbeitet.
Allgemein hat uns die Haptik sehr gut gefallen – alles schön flexibel, ohne verspielt zu sein. Das merkt man auch im Menü, das die dauernd notwendigen Regler auf die erste Ebene packt und weitere Einstellmöglichkeiten weiter hinten. Aber die Menüknöpfe
als solche hat man sowieso selten in der Hand – sind doch alle Umschaltereien in Menüs mit dem Puck superschnell und bequem. Wenn dieser nicht gebraucht wird, hat der Puck im Fuß übrigens ein dediziertes Zuhause, und im Test haben wir ihn auch meistens dort liegen gehabt. Moment mal. Puck?

Ein Puck!

Wenn der Screen ausgepackt wird, freut man sich erst mal über den mitgelieferten Hotkey-Puck. Juhu, noch ein Kabeldings auf dem Tisch, mit dem man die Handyladestation an das Tischbein fesseln kann! Aber was wir anfangs als nutzloses Spielzeug abgetan haben, ist in der Praxis gar nicht mal unpraktisch. Der Hotkey-Puck hat zwei Vorteile: beim Setup sehr angenehm – die Monitoreinstellungen können bequem mit einer Hand in lässiger Haltung eingestellt werden, und die Steuerung ist intuitiver als direkt am Schirm.

Der zweite Vorteil sind Custom-Menüs, mit denen man zwischen verschiedenen Modi umschalten kann – nach ein bisserl Herumprobieren haben wir überraschend oft bei Grading-Aufgaben (Mitten in der offenen Betaphase von Resolve, deswegen) und zum Beurteilen von Material zwischen Rec. 709, Rec. 2020, Adobe RGB und dem DCI-P3-Modus umgeschaltet. Natürlich kann man das auch anders machen – unterschiedliche Farbprofile zum Beispiel. Aber das ist weder so bequem noch so schnell. Leider geht der Puck nur am Monitor – wir könnten uns ein paar andere Geräte vorstellen, wo das Umschalten mit dieser Geschwindigkeit echt
nett wäre.

Pro

Was spricht also für den SW271? Zum einen die bis jetzt nicht angesprochene Verarbeitung – im Gegensatz zum letzten Testgerät (wir nennen weder Hersteller noch Modell, aber Auhaueraua – nicht wohnraumtauglich!) ist das Gerät solide verarbeitet. Der SW knarzt nicht, quietscht nicht, sitzt solide auf dem Monitorarm und hat keine leuchtenden Designelemente, die dem User auf die Nerven gehen.
Dazu ist das Gerät mit knappen 10 Kilo inklusive Lichtschutzhaube auch für wackelige Monitorhalterungen nicht zu schwer. Der Hotkey-Puck ist überraschend praktisch, und die Farbleistung ist mehr als ausreichend für fast alle Alltagsaufgaben.

Cons

Auch wenn das alles soweit eigentlich perfekt klingt, hat der SW auch Schattenseiten – beziehungsweise Schattenbereiche. Die Helligkeitsverteilung ist nicht ganz gleichmäßig, und wir hatten Abweichungen zwischen 5 und 10 Prozent in verschiedenen Bereichen – das fällt im Softwarealltag nicht auf, aber wir wollten es halt gesagt haben. Auch hatten wir einen leichten Drift der Gammakurve, was sich in der Praxis durch regelmäßige Kalibrierungen beheben lässt. Und wenn man vor farbverbindlichen Aufgaben kalibriert, ist man auf der sicheren Seite.
Der andere Negativpunkt ist keine Überraschung – auch wenn der SW enorm leuchtstark ist (reale 350 Nits), wenn man ihn mit anderen Modellen vergleicht, ist es einfach noch kein HDR-Monitor mit den ungefähr notwendigen 1.000 Nits. „Emulated HDR“ in den Farbsettings wirkt zwar schon gut, aber die Leuchtkraft kommt – wie übrigens bei keinem Monitor, von dem wir wissen – an HDR ran, und die Dynamik, Leuchtverteilung und Abstufung ist momentan noch exklusiv bei den High-end-Profigeräten von Eizo, Sony und Dolby (Samsung bei TVs). Und mit einem wesentlich höheren Preisschild versehen.

Fazit

Mit wirklich respektablem Preis-Leistungs-Verhältnis hat man eine solide Optik, gute Farbdarstellung und hervorragende Features für den Alltag, ohne unprofessionellen Schnickschnack und mit allem, was man braucht. Wer also nur hin und wieder gradet und die Anschaffung eines diesbezüglichen Monitors scheut, aber nicht auf die Pro-Features verzichten will, ist mit dem SW sowohl in der 27-Zoll- als auch mit der 32-Zoll-Variante gut bedient und sollte lange Jahre damit Freude haben – insofern das bei einem Arbeitsplatz eine zutreffende Formulierung ist.

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