Scavenger – Making-of

Vier Studierende des Studiengangs Digital Film Design Animation/VFX von der MD.H – Mediadesign Hochschule München haben als Gruppe das Projekt „Scavenger“ als Film für ihre Bachelorarbeit umgesetzt. In nur 9 Wochen haben Nora Hänsenberger, Romana Grünfelder, Martin Reitwießner und Leon Schmidl ein apokalyptisches Endzeitdrama entwickelt, in dem sie die Protagonistin Piya auf die Suche nach der letzten Pflanze auf Erden schicken, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Wenn das mal keine verantwortungsvolle Aufgabe ist.
Gesicht mit Helm als finales Rendering
Gesicht mit Helm als finales Rendering

Mit dem Projekt hat sich die Gruppe zwar nicht ganz so viel Verantwortung aufgehalst wie ihrer Protagonistin, aber die Herausforderung, das Projekt in der zur Verfügung stehenden Zeit und der gewünschten Qualität umzusetzen, war enorm. Im weiteren Verlauf werden einzelne Arbeitsschritte des Projekts vorgestellt.

Projektmanagement

Als Producerin war Nora Hänsenberger die Herrin über Zeit und Raum. Die undankbare Aufgabe, ein Projekt in eine technische Infra­struktur einzuplanen, in der sich weitere 50 Studierende tummeln und an Projekten arbeiten, erscheint zunächst unmöglich. Da dies tatsächlich unmöglich ist, waren die Projektgruppen darauf angewiesen, sich regelmäßig abzustimmen, Ressourcen nach Prioritäten neu zu verteilen und immer wieder neue Kompromisse zu finden. Neben den ganzen technischen und gestaltungsorientierten Fähigkeiten, welche ein Student während seines Studiums lernt, wurden an dieser Stelle die Stärken und Schwächen im Bereich Soft Skills gnadenlos offengelegt. Hier hatte Nora mit Martin Reitwießner einen ruhenden Pol an ihrer Seite, der mit seiner diplomatischen Art und großer sozialer Kompetenz immer wieder mitgeholfen hat, Lösungen für die verschiedenen Gruppen zu finden. Für die reine Projektplanung hatte das Team Autodesk Shotgun und Excel-Listen für die Zeitplanung und Taskverwaltung im Einsatz.

Erste Entwürfe für den Overall der Protagonistin Piya sowie die Umsetzung im Marvelous Designer
Erste Entwürfe für den Overall der Protagonistin Piya sowie die Umsetzung im Marvelous Designer

Concept Art und Kleidersimulation mit Marvelous Designer

Als ausgebildete Modedesignerin übernahm Nora Hänsenberger neben dem Projektmanagement auch noch die finale Concept Art und die Simulation der Kleidungsstücke für die Protagonistin Piya. Ansonsten war in dem Projekt Romana Grünfelder als Concept Artist zuständig für die Designs und Konzeptstudien. Für die Konzeption und das Simulieren der Kleidungsstücke entschied sich das Team für die Software Marvelous Designer. Die 3D-Modelle werden auf Basis realer Schnittmuster erzeugt und direkt auf dem entsprechenden Character simuliert. Das Volumen und der Faltenwurf konnten somit sehr realistisch berechnet werden. Der Helm und die Handschuhe des Characters wurden aufwendig und detailliert in ZBrush und Maya modelliert. In der Simulation traten einige Fehler auf, bei denen die Kleidung immer wieder in den Charater hineingezogen wurde. Das Problem lag wahrscheinlich in der Komplexität der Modelle für den Helm und die Handschuhe. Nachdem der Character eine vereinfachte Geometrie für Helm und Handschuhe bekam, konnte Marvelous Designer die Simulation korrekt berechnen. Für den Helm wurde dabei eine simple Geometrie mit einem Shrink Wrap Deformer an die Helmgeometrie angepasst. Bei den Handschuhen konnte man sogar auf einen Teil der Geometrie verzichten, weil das Kleidungsstück nur bis zum Handgelenk geht.

Simulation der Kleidung auf dem animierten Character

Nach einigen Tests hat sich das Team entschieden, die Kleidersimulation komplett in Marvelous Designer berechnen zu lassen. Die in Maya erstellten Character-Animationen werden dabei als Geometrie-Caches exportiert und in Marvelous Designer importiert. Nach der Simulation werden die Geometrie-Caches auf die gleiche Art und Weise wieder in Maya zurück importiert. Eine Alternative wäre der Im-/Export des Character Rigs gewesen, was dem Team in diesem Fall komplizierter erschien.

Um den Faltenwurf in Marvelous Designer berechnen zu können, startet die Simulation immer von einer Grundpose. In dem Projekt wurde die klassische A-Pose gewählt, weil man hier den Faltenwurf sehr gut erkennen kann. Da in Marvelous Designer eine Simulation immer von der Grundpose ausgehen sollte, um den ersten Faltenwurf zu berechnen, ist der Übergang von jener Pose in die Startpose der Animation ein wichtiger Arbeitsschritt. Um mehr Kontrolle über den ersten Faltenwurf zu bekommen, wurden im ersten Schritt der Übergang von der Grund- zur Startpose simuliert. Das Ende dieser Simulation wurde dann als erste Pose für die eigentliche Simulation genommen, wodurch man bei der neuen Startpose die Kleidungsstücke noch anders positionieren kann, wenn man möchte. Das war vor allem in Szenen hilfreich, in denen die Figur auf dem Boden lag.

Modeling mit Maya und ZBrush

Für den Character mussten neben den Kleidern auch noch ein Helm, Handschuhe, Stiefel und ein am Arm befestigtes Anzeige-Gadget modelliert werden. Nach den entsprechenden Concept-Art-Vorlagen von Romana Grünfelder konnte Martin Reitwießner die Modelle mit Maya und ZBrush absolut zufriedenstellend bauen.
Die Lagerhalle, in der die Protagonistin ihre Suche beginnt, besteht aus mehreren zerstörten und verfallenen Räumen. Die Löcher in den Wänden wurden in Houdini gefracturet. Die vielen Stein- und Schutthaufen wurden über das Mash Tool in Maya in der Location verteilt. Neben tollen Motion-Graphic-Funktionen kann Mash auch im positiven Sinne für verschiedene Modeling-Aufgaben missbraucht werden. Die durch das Mash Network duplizierten Steine und Trümmerhaufen wurden anhand einer Scatter Map in der Location zufällig verteilt. Wichtig ist dabei nur, dass der Pivot der zu duplizierenden Objekte vorher auf die Unterseite der Objekte verschoben wird, weil Mash die Duplikate der Objektmittelpunkte auf die Verteilungsebene legt. Über einen ID Node können unterschiedliche Steine für das Scattering zur Verfügung gestellt werden.

Concept Art und 3D-Modell des Helms
Concept Art und 3D-Modell des Helms

Texturing, Shading und Rendering

Die meisten Texturen wurden von Martin Reitwießner in Substance Painter erstellt. Unter anderem beim Helm kam das Prinzip der Multi Tile UVs über UDIMs zum Einsatz. Dabei ist es möglich, einem Objekt mehrere Texture Maps zuzuweisen. Die Einzelteile des Objekts können über die Platzierung innerhalb der UV-Tiles entsprechend separat als Textur zugewiesen und positioniert werden. Als Renderer kam bei dem Projekt Arnold zum Einsatz. Um in Arnold Shader-Network-Texturen nutzen zu können, die als UDIMs abgespeichert wurden, muss der UV Tiling Mode der Bilddatei auf „UDIM (Mari)“ umgestellt werden. Im Dateinamen der Textur sollte unbedingt der Zusatz „1001“ usw. enthalten sein, damit der Arnold Renderer automatisch alle weiteren UDIM-Texturen in dem Ordner findet.

Rigging und Character Animation

Das teils automatisch in Maya generierte Quick Rig bildete die Grundlage für die Hauptfigur. Nach einigen Animationstests baute Leon Schmidl das Rig mehr oder weniger nochmal neu und implementierte ein funktionierendes IK-FK-Setup, einen automatischen Footroll und einen Forearm Twist. Für die Animation war es der Animatorin Romana Grünfelder wichtig, die Protagonistin so darzustellen, dass sie vom Zuschauer als vorsichtige, suchende, beobachtende, aber nicht ängstliche Person verstanden wird. Nach dem klassischen Blocking, in dem für den Character in jeder Szene das Timing der Bewegung und die Anfangs- und Endpositionen festgelegt werden, wurden die einzelnen Shots Schritt für Schritt abgearbeitet. Für viele Shots drehte die Gruppe vorab Referenzmaterial mit selbstgespielten Szenen.

Scatter Maps für die zufällige Verteilung der Steine über das Mash Network in der Lagerhalle
Scatter Maps für die zufällige Verteilung der Steine über das Mash Network in der Lagerhalle

Face Acting

Die Hauptfigur Piya trägt zwar einen Helm, aber als dramaturgisches Mittel war es nötig, das Gesicht der Protagonistin an den spannendsten Stellen zu zeigen. Um auf ein aufwendiges Face-Modeling und Rigging verzichten zu können, stellte das Team in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Youlittle einen 3D-Scan des Gesichts von Romana Grünfelder her. Über ein Headrig mit einer Gopro-Kamera wurden verschiedene Szenen durchgespielt und aufgezeichnet. Diese Aufnahmen konnten dann in Maya auf das gescannte Gesichts-Mesh projiziert werden. Das Ergebnis ist absolut glaubhaft. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an das Team von Youlittle für die großartige Unterstützung der Studierenden.

Compositing

Für das Team war ein großer Vorteil, dass Leon Schmidl sich bereits vor der Bachelor-Projektphase intensiv mit Automatisierungsprozessen in Nuke auseinandergesetzt hatte.
Ohne diese vordefinierten Workflows, Skripte und Gizmos wäre das Compositing in dieser Form innerhalb der Projektzeit nicht realisierbar gewesen. Im automatisierten Workflow wurde für jeden Shot eine BaseComp angelegt. Dort waren die relevanten Pfade für die Renderbilder, Geometrien und Outputs sowie ein Reformat, ein Crop und ein Write Node enthalten. Beim Speichern der Szene hat sich diese automatisch hochversioniert. Ein Skript hat alle enthaltenen AOVs automatisch aufgesplittet und korrekt zusammengesetzt.
Das SITA Gizmo (Shit in the air) erzeugt umherfliegende Staubpartikel. Es beinhaltet Particle-Emitter, die in einem Cube oder einer auswählbaren Geometrie Partikel verteilen. Eine Particle Turbulence beschleunigt und verwirbelt die Partikel, welche durch einen Particle Drag wieder abgebremst werden. Alle Parameter können im Gizmo entsprechend gesteuert werden, sodass man sehr schnell für jede Szene die Staubpartikel erstellen kann. Für die Nachbearbeitung der Shots wurden in Arnold folgende AOVs gerendert: Diffuse, Specular, Emission, Transmission, Ambient Occlusion, Motionvector, Normals, Depth, P und ID. Außerdem standen alle Lichter der 3D-Szenen zur Verfügung.

Arnold Shader Network für das Helm-Asset
Arnold Shader Network für das Helm-Asset
MD.H Digital Film Design Animation/VFX (B.A.) und Media Producing (M.A.)

Der Fachbereich Digital Film Design Animation/VFX wird an allen drei Standorten der MD.H in Berlin, Düsseldorf und München angeboten. Er schließt nach sieben Semestern mit einem Bachelor of Arts ab. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal der Digital Film Designer ist, dass sie in jedem einzelnen Semester Vorlesungen im Bereich 3D und Compositing haben.
Als Softwaretools kommen hier vor allem Autodesk Maya, Houdini, After Effects und Nuke zum Einsatz. Nach der Überarbeitung des Lehrplans 2O17 wurden die Bereiche VR, AR und 36O-Grad-Film mit eigenen Vorlesungsblöcken in das Studium aufgenommen. Das fünfte Semester ist ein Praxissemester, in dem die angehenden Animations- und VFX-Spezialisten 2O Wochen in einem Unternehmen ihrer Wahl mitarbeiten. Der Karriereservice, eine eigene Abteilung der MD.H, unterstützt die Studierenden dabei in allen Phasen der Bewerbung, bis jeder eine geeignete Praktikumsstelle gefunden hat. Da in den letzten Jahren viele Studierende einen guten Eindruck bei den Produktionsfirmen hinterlassen haben, fragen immer mehr Unternehmen direkt nach Praktikanten aus dem Studiengang Digital Film Design beim Karriereservice an.

Projekt „Aurora“, 4. Semester, Projektteam: Fabian Scheuringer, Dominic Hartl, Michael Moser, Felix Pörner
Projekt „Aurora“, 4. Semester, Projektteam: Fabian Scheuringer, Dominic Hartl, Michael Moser, Felix Pörner

Seit 2O18 bietet die MD.H mit Media Producing (M.A.) einen Master-Studiengang für Absolventen mit einem design- oder gestaltungsorientierten Bachelor-Abschluss an. In den drei Semestern werden vor allem die betriebswirtschaftlichen Grundlagen vermittelt, die man als Producer oder Projektleiter braucht, um Projekte kalkulieren und koordinieren zu können. Aber auch die aktuellen Workflows der Games- und VFX-Produktion werden vermittelt.

Projekt „Wintersnail“, 4. Semester, Projektteam: Robin Hanig, Luis Ramsauer, Lukas Auer, Noah Böhm
Projekt „Wintersnail“, 4. Semester, Projektteam: Robin Hanig, Luis Ramsauer, Lukas Auer, Noah Böhm

Viel Praxiserfahrung sollen die Master-Studenten als Producer in unterschiedlichen Projekten der Bachelor-Studiengänge Game Design und Digital Film Design sammeln.
Die Mediadesign Hochschule ist eine private Hochschule mit staatlicher Anerkennung, wodurch die Studierenden Bafög beantragen können. Weitere Informationen zum Studium finden Sie auf der Homepage der Mediadesign Hochschule.
Der Studiengang bietet regelmäßig Informationsveranstaltungen sowie kostenlose Workshops zu den Themen Kreativität, Storytelling und 3D-Modeling an. Außerdem können alle Projekte auf dem MD.H-Youtube-Kanal begutachtet werden.

Fazit

Das Projektteam hat sich allen Herausforderungen gestellt und innerhalb des Projekts in allen Bereichen extrem viel dazugelernt. Es war beeindruckend zu sehen, wie die Gruppe auf immer wieder auftretende Probleme wie z.B. Softwareabstürze, Netzwerkfehler oder Renderengpässe reagierte und entsprechende Lösungen entwickelte.
Für die Produktionszeit von 9 Wochen ist der Gruppe ein absolut beeindruckender Film gelungen.
Sie könnnen sich das Resultat auf Youtube anschauen – das Team freut sich über Kommentare und Anre­gungen.

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