Ein ähnlicher Schritt trat mit der Implementierung des Physical Renderers zusätzlich zum herkömmlichen, jetzt „Standard Renderer“ genannten Modus mit dem Release der R13 in Kraft. Der Look hat sich verbessert und seitdem ist dies quasi meine allgemeine Arbeitsgrundlage für kommerzielle und freie Projekte geworden. Ich möchte hier ein paar Beispiele für Kombinationen von Cinema 4D Advanced Render und verschiedene Funktionen, die in meinen Projekten häufig vorkommen, geben.
Multipass
Eines der Features, welches ich fast immer nutze, ist das Multipass-System. Die Ausgabe von verschiedenen Bildkanälen ist für eine genaue Nachbearbeitung sehr wichtig, da es die Möglichkeit bietet, das Ergebnis noch bis zum Schluss zu optimieren. Dabei können diese Multipasses sowohl für Standbilder als auch für Animationen angewendet werden. In den Screenshots habe ich mal beispielhaft diverse Bildkanäle mit ausgeben lassen. Dabei sind hier so gut wie alle Aspekte eines Renderings in solch einem Multipass-Kanal darstellbar. So kann man zum Beispiel einen Tiefenkanal, einen Illuminationskanal, Glanzkanal für das ganze Bild, einzelne Objekte oder Materialien, Objektkanäle zur Freistellung, Reflexionskanäle, usw. nutzbar machen.
Im täglichen Einsatz ist das wirklich nützlich. Man stelle sich mal vor, man hätte stundenlang am Finalbild gerendert, die Deadline droht und der Kunde kommt im letzten Moment auf die Idee, dass die Gummistiefel unten links nicht gelb, sondern lila mit roten Punkten sein sollen.
Da macht es sich bezahlt, dass nicht alles neu berechnet werden muss und man stattdessen mithilfe der Multipasses das Ganze in der Postproduktion realisieren kann. Noch wichtiger kann es werden, wenn man im kreativen Rausch an eigenen Arbeiten
tüftelt.
Tiefenunschärfe und Bewegungsunschärfe
Bei fast all meinen Projekten, ob nun freie Artworks oder kommerzielle Projekte, verwende ich entweder Tiefenunschärfe (Depth of Field), Bewegungsunschärfe (Motion Blur) oder gleich beides zusammen. Die Bewegungsunschärfe bzw. ihre Intensität im Rendering ist sehr stark abhängig von der animierten Geschwindigkeit im Bild oder auch dem Still-Rendering, aber auch von der jeweiligen Entfernung eines Objekts in Relation zur Szenenkamera.
In den Render-Voreinstellungen für den Physical Render lässt sich die Genauigkeit der Berechnung einstellen. Zusätzlich kann mittels der Parameter der Szenenkamera eine Filmkamera virtuell simuliert werden. Hier ist zum Beispiel die Belichtungszeit zu erwähnen. Je länger diese eingestellt wird, desto verwischter erscheint das Objekt. Für die Tiefenunschärfe kann man auch wiederum eine Reihe von Einstellungen verwenden. So ist es hier möglich, wie bei einem Kameraobjektiv in der Realität Blendenöffnungen zu definieren. Je kleiner der gewählte Wert, desto größer ist bei einem Objektiv die Blendenöffnung und intensiver auch hier der Effekt. Zusätzlich lassen sich hier beispielsweise Parameter zur Simulation von Bokeh und chromatischer Aberration einstellen. Das alles hilft mir beim Verfeinern meiner Bildergebnisse.
Global Illumination
Hier auf der Erde gibt es in der Regel keine 100-prozentig schwarzen Schattenbereiche. Irgendwo ist immer etwas vorhanden, das Streulicht erzeugt und Licht in diese dunklen Bereiche reflektiert. Wie ich eingangs erwähnt habe, war die Darstellung eines solchen Phänomens nicht ganz einfach zu bewältigen. Hatte man vorher vielleicht gerade das R8-Grundmodul erstanden, so war es erst mit dem Advanced Render möglich, dies nativ in Cinema 4D zu erzeugen. Die Rechenleistung war meist recht schnell am Limit, das 32-Bit-Betriebssystem nervte zu schnell mit der Meldung von fehlendem Arbeitsspeicher. Meist half darum nur das Faken – besonders wenn man nur mit dem normalen Renderer arbeiten konnte oder über ältere Versionen ohne die GI-Funktionalität verfügte.
Will man dies konventionell ohne GI ausleuchten, so kann das schnell zu einem Licht-Setz-Massaker mit vielen Lichtquellen führen. Mittels Global Illumination bleibt das Ganze aber sehr übersichtlich. Diese Szene wurde seinerzeit für das Release 16 erstellt, dennoch funktioniert sie auch in der aktuellen Version noch. Zudem habe ich verschiedene Qualitätsprofile hinterlegt, sodass man ruhig selber mal damit experimentieren kann. Der Clay Render zeigt hier gut das Zusammenspiel von direktem und indirektem Lichteinfall.Aber selbst in heutigen Zeiten ist das durchaus eine Option. Man muss nicht immer das große Fass aufmachen. Als Beispiel stelle man sich nur eine Situation vor, die hauptsächlich reflektierende Texturen oder Transparenzen aufweist. Dort kann man sich in vielen Fällen die Streulichtberechnung sparen, was nicht zuletzt auch heute noch der Renderzeit positiv entgegenkommt. Gerade wenn es um Animationen geht, lässt sich so manche Stunde einsparen. Allerdings ist das eben nicht immer die beste gangbare Methode, wenn der verlangte Look nicht mitspielt oder bestimmte typische GI-Effekte gerade wichtig für das Finish des Bildes oder der Animation sind. Gut ist es dennoch, wenn die Render Engine solche Lösungen zulässt. Ein rein physikalisch arbeitender Renderer will eben nur eines: alles richtig machen. Der Advanced Render bietet mir eben auch die Möglichkeit, bewusst falsch zu rendern, wenn es mir nötig erscheint.
Allerdings kann ich natürlich auch versuchen, der Natur nachzueifern. Wer Cinema 4D schon aus früheren Jahren kennt, der wird sicherlich den Wechsel der Bezeichnung für die Berechnung indirekter Lichtwirkung kennen. Früher wurde dieser Effekt als „Radiosity“ in Cinema 4D bezeichnet. Mit der Einführung der sogenannte New GI wurde diese Begrifflichkeit jedoch durch „Global Illumination“ ersetzt. Wohl auch, weil die dahinterstehende Technik sich massiv vom alten System unterscheidet.
Bei meinen Projekten verwende ich gerne die Irradiance-Cache-Funktion für die Hauptberechnung und Light Maps für den sekundären Durchgang. Quasi Monte Carlo ist auch schon mal im Einsatz, braucht aber dann schon mehr GHz-Power. Man muss es eben nicht immer übertreiben und sollte immer mit den Ressourcen haushalten. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass ich trotz immer schnellerer Rechner immer den Punkt erreicht habe, wo es nur noch langsam voranging.
Hair
Seit der Einführung mit dem Release 9 ist Hair bei vielen meiner Projekte ein immer wieder genutztes Werkzeug. Es handelt sich hierbei um ein Partikelsystem, mit dem sich, wie der Name vermuten lässt, Haare und Fell simulieren lassen, aber auch andere Dinge, die zunächst nicht unbedingt so offensichtlich sind. Man kann diesen Programmbereich von Cinema 4D zum Beispiel auch für Federn oder Grashalme nutzen. Da Hair Bestandteil von Cinema 4D ist, wird es darum auch nativ von Advanced Render unterstützt.
Gerade bei CGI-Figuren wirken Haare besonders reizvoll, unabhängig davon, ob es sich um mehr cartoonhafte oder realistische Geschöpfe handeln soll. In Advanced Render habe ich die Möglichkeit, vollkommen kompatibel mit den Parametern von Hair zu hantieren. Im Zeitraum bis zur Fertigstellung kommen schließlich einige Rendervorgänge zusammen, bis alles so sitzt, wie man es sich vorstellt, oder das Budget es zulässt.
Zusammen mit dem Physical Mode ist auch eine komplette Interaktion mit der Tiefenunschärfe möglich, was früher recht aufwendig in der Post realisiert werden musste. Dreht man etwas an den virtuellen Einstellschrauben bei Hair, lassen sich auch einfach Gräser erstellen. Das bietet zum Beispiel bei Architektur-Visualisierungen die Möglichkeit, ganze Rasenflächen natürlich erscheinen zu lassen. Man braucht nicht mit zumeist unhandlichen und unflexiblen Gras-Meshes zu arbeiten, die obendrein den Polycount durch die Decke gehen lassen können.
Wie schon eingangs erwähnt, lassen sich auch Federn mit Hair realisieren. Dieses Rendering ist eines meiner ersten Bilder, bei denen ich Hair benutzt habe. Nachdem ich schließlich alle Einstellungen so gefunden hatte, wie sie mir günstig erschienen, brauchte ich nur noch den Render zu starten und die Berechnung ging los. Diese Arbeit habe ich seinerzeit in der R9 erstellt. Man kann sich vorstellen, dass die heutigen Möglichkeiten breiter gefächert sind. Dennoch lässt sich diese Konfiguration zunächst einmal ohne große Probleme auch in heutigen Versionen rendern. Dennoch ist sicher jedem klar, dass man das Optimum nur mit einem kompletten Neueinpegeln der Materialparameter erreichen kann.
Was sonst noch zu sagen wäre …
Wie ich schon anfangs sagte, ist der Advanced Render für mich und meine Arbeit durch seine universelle Ausrichtung optimal geeignet. Man kann so gut wie jeden Look erreichen, den man für nötig erachtet. Ich bin hier in diesem Artikel auch nicht auf die komplette Breite aller Möglichkeiten eingegangen. Das liegt u.a. daran, dass ich selber nicht alles benutze – so könnte ich zum Beispiel auch noch den Sketch-&-Toon-Sektor erwähnen. Tu ich aber nicht, weil ich ihn selber bis jetzt kaum benutzt habe. Man entwickelt im Laufe der Beschäftigung zwangsläufig seine Schwerpunkte.
Wer sich zum ersten Mal mit einer Anwendung wie dem Advanced Render beschäftigt, wird vielleicht schnell an einen Punkt kommen, wo die anschließende Renderzeit dermaßen in den Keller geht, dass man sich fragt, ob man das Ganze nicht besser malen könnte. Das ist eine Erfahrung, die ich selber aus meinen Anfangsjahren, aber auch durch Schulungen von Kursteilnehmern kenne. Das ist allerdings kein Problem von C4D, sondern kann einem mit jeder Anwendung passieren. Ungünstig gewählte Einstellungen in Kombination mit unzähligen Objekten und hoher Polygonzahl bremsen das System aus und macht ein vernünftiges Arbeiten schwierig bis unmöglich.
Man sollte also sehr genau darauf achten, welche Voreinstellungen getroffen wurden. Standardmäßig ist der Advanced Render auf gute Darstellungsqualität eingestellt.
Damit wird allerdings in manchen Fällen das Pferd von hinten aufgesattelt. In solchen Fällen wird meist zu viel geliefert. Ich stelle in meistens die Einstellungen auf Minimum und taste mich im weiteren Verlauf an die wirklich benötigte Qualität heran. Ich verfahre da gerne nach dem Motto „So schlecht wie möglich und so gut wie nötig“.
Ein Beispiel: Man hat ein Bild mit einer Marmorkugel vor schwarzem Hintergrund und will mit Global Illumination rendern. Die Textur der Kugel ist durch ihre Struktur nicht gleichmäßig und benötigt deshalb eigentlich keine hohen Sample-Raten bei der Vorberechnung der GI. Artefakte sind zumindest bei einem Still hier kaum zu erkennen. Darum reicht es in solchen Fällen meist aus, in Vorschauqualität zu berechnen – besonders wenn man eine Auflösung für den Print braucht. Die benötigte Zeit zur Berechnung des Bildes kann dadurch zum Teil massiv verbessert werden. Ich habe eine ganze Reihe von Renderings erstellt, die mit solch niedrigen Werten versehen wurden. Was man nicht sieht, ist auch nicht wichtig. Es lohnt sich also durchaus und ist in manchen Fällen auch unabdingbar, mal unter die Haube zu schauen und die reichhaltigen Einstellungsparameter anzupassen.
Der Advanced Render ist darauf angelegt, möglichst kompatibel auch mit alten Szenendateien umgehen zu können, was nicht heißen soll, dass man nichts mehr neu anpassen muss oder lieber gleich durch neue Features ersetzen sollte. Darum sind die Grundeinstellungen hier als konservativ zu bezeichnen. Mit Erscheinen des Release 16 kam bei Cinema 4D eine neue Netzwerkarchitektur zum Einsatz, die den alten Net-Render ersetzte. War der Start anfangs etwas wackelig, so hat sich der Team Render bei mir zum teilweise unabdingbaren Werkzeug entwickelt. Advanced Render ist auch hier darauf ausgelegt, mit dieser Funktion zu arbeiten. Bei der Endberechnung ist dies bei mir das Mittel, um selbst datenlastigste Projekte zu stemmen. Ich habe mal eine Datei erstellt, die mittels Team Render auf einen Bruchteil der ursprünglichen Berechnungszeit gerutscht ist.
Zusammenfassend kann ich in Bezug auf den Advanced Render sagen: eigentlich sowas wie eine eierlegende Wollmilchsau. Darauf ausgelegt, möglichst hardwareneutral auch im Netzverband zu arbeiten und dabei möglichst kompatibel mit älteren Szenendateien umzugehen. Richtig eingesetzt ist er schnell und qualitativ sehr hochwertig. Wie ich schon sagte: Ich benutze ihn schon lange – seit er auf dem Markt ist.