Zombies & 3D-Scanner

Auch sie geben momentan mit ihrer Entwicklung und ihren Möglichkeiten kräftig Gas: 3D-Scanner waren zwar schon immer ein Teil der Visual- Effects-Produktion, doch gerade jetzt zeigen viele Beispiele, wie sie das Arbeiten am Set extrem erleichtern können.
Mit dem Artec Space Spider konnten die Requisiten im eigenen Haus gescannt werden. Die Markierungen auf dem Drehtisch halfen dabei, ein präzises Ergebnis zu erhalten.
Mit dem Artec Space Spider konnten die Requisiten im eigenen Haus gescannt werden. Die Markierungen auf dem Drehtisch halfen dabei, ein präzises Ergebnis zu erhalten.

Artec hat hierbei schon eine ganze Weile mitgemischt. Große Blockbuster wie „Jurassic World“, „Terminator Genisys“ oder „Operation Zombie“ griffen alle bereits auf die 3D-Scan-Technologie zurück und erzielten damit offensichtlich große Erfolge. Auf kurz oder lang stellt sich hierbei allerdings die Frage, ob es wirtschaftlich betrachtet mehr Sinn macht, derartige Dienstleistungen auszulagern oder doch einen eigenen 3D-Scanner zur Erzeugung von CGI-Requisiten zu nutzen.

Die frühere Methode

Visual Effects Director von FXTC Inc. Boyd Shermis entschied sich bei der Produktion von „Fear the Walking Dead“ für die zweite Variante, auch wenn er bei zahlreichen anderen bekannten Filmen wie „Speed“, „Nur noch 60 Sekunden“ oder „G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra“ benötigte 3D-Scans grundsätzlich ausgelagert hatte. Damals mussten Objekte bzw. auch die Schauspieler selbst zu einem externen Scan-Dienstleister geschickt werden oder jener direkt ins Studio kommen. Zwar waren die Ergebnisse stets professionell und qualitativ ausgezeichnet, doch addiert man Scankosten sowie Export- und Importkosten zusammen, so ergeben sich schnell höhere Summen. Mal abgesehen davon, dass der gesamte Prozess normalerweise auch ein wenig dauert.

Ein Tauchermesser nach dem Scan in Artec Studio
Ein Tauchermesser nach dem Scan in Artec Studio

Ein anderer Ansatz

Die dritte Staffel von „Fear the Walking Dead“ änderte diese herkömmliche Methode jedoch. Ein ausschlaggebender Punkt hierfür war bereits der Drehort in Baja California in Mexiko. Allein aus logistischer Sicht wäre es problematisch gewesen, die Requisiten von dort zu einem Studio nach LA zu schicken, vor allem weil es sich hierbei größtenteils um Waffen handelte. Aus diesem Grund kaufte Boyd im Auftrag des TV-Senders AMC seinen ganz eigenen Streifenlichtscanner, um somit die benötigten 3D-Scans unter dem eigenen Dach anzufertigen. Die Wahl fiel hierbei auf den 3D-Scanner Artec Space Spider. Dieser mag vielleicht zunächst aussehen wie ein unhandliches, altes Bügeleisen, doch das gute Stück gestaltete die Arbeit am Set von „Fear the Walking Dead“ erheblich angenehmer. Das VFX-Studio FXTC sparte sich viel Zeit und Geld und erkannte somit sehr schnell, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Fehl­investition handelte.
Andere Gründe für den Kauf von ausgerechnet diesem Modell waren unter anderem Auflösung, Nutzerfreundlichkeit, Verfügbarkeit und schlussendlich auch der Preis. Schließlich musste bei der bekannten Serie mehr als einmal tief in die Effekte-Trickkiste gegriffen werden. Musste ein Charakter mal wieder in Stücke zerrissen und zerfetzt werden, so wurde er gescannt und in die Szene gesetzt. Gleiches galt für alle Arten von Requisiten, bei denen es nicht immer möglich war, sie so handzuhaben und mit Schauspielern interagieren zu lassen, wie es sich der Regisseur vielleicht gewünscht hatte. Also musste auch hier auf eine Kopie zurückgegriffen werden.
Der Artec Space Spider wurde somit zu Boyds neuem besten Freund. Über 16 Episoden hinweg scannte er Gesichter verschiedener Schauspieler, einen Unterarm mit Hand und eine bunte, lange Reihe von Requisiten – hauptsächlich benötigt, wenn mal wieder etwas mit viel Blut in einer appetitlichen Szene in seine Einzelteile zerlegt wurde.

Auch komplexere Formen waren kein Hindernis.
Auch komplexere Formen waren kein Hindernis.

Der Prozess

Da im Normalfall mehrere Handrequisiten pro Woche gescannt und aufbereitet werden mussten, war ein effizienter und schneller Prozess erforderlich. Betroffene Objekte wurden auf einen Drehtisch mit unterschiedlichen Markierungen gelegt. Mit diesen optischen Anhaltspunkten fiel es dem Gerät wesentlich leichter, gleichförmige Oberflächen zu erfassen. Durch die Registrierung der Markierungen wusste der Scanner zu jedem Zeitpunkt, welchen Teil des Objekts er gerade scannte und wo er sich räumlich befand.
Genannte Markierungen waren dabei sehr exakt platziert (grünes Klebeband mit 1 cm Abstand, Magentafarbenes besaß alpha­numerische Ziffern zum Unterscheiden), um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Außerdem wurde stets darauf geachtet, alles in der gleichen, sanften, indirekten Raumbeleuchtung (ca. 5.400 Kelvin) zu scannen, um Störfaktoren zu minimieren.

Aufbereitung

Nach dem abgeschlossenen Scanvorgang begann die Nachbearbeitung. Mithilfe der 3D-Modellierungssoftware Artec Studio wurden mehrere Scans des Objekts registriert und zusammengeführt. Anschließend wurde alles poliert, Fehler bereinigt und der Drehtisch schlussendlich aus dem 3D-Bild gelöscht. Danach wanderte das Asset mit Farben versehen als .obj-Datei in Maya oder 3ds Max, bevor es mit VFX-Magie in der betreffenden Szene landete. „Meistens werden die verschiedenen Waffen getrackt und verlängert, damit es wirkt, als ob sie den Schädel der Zombies durchbohren“, erläuterte Boyd. Danke, Boyd! Wobei das ja nichts Neues mehr ist. Muss eine Szene mit einem Messer gefilmt werden, ist dieses meistens wesentlich kürzer, als letztendlich auf der Leinwand sichtbar. Dann gilt es, die Bewegung des Messers Pixel für Pixel zu tracken, um es anschließend zu verändern.
Das Schöne an gescannten Requisiten ist, dass es sich ja bereits um ein digital hinzugefügtes Objekt handelt, weshalb eine CGI-Klinge im Nachhinein wesentlich einfacher und reibungsloser dazu gebastelt werden kann. Der ganze Prozess war dabei relativ straight-forward. Wichtig dabei waren konstante Messeinheiten und das genaue Notieren, welche Linse zu welchem Zeitpunkt verwendet wurde, um diese auch immer ordnungsgemäß am Gitter auszurichten. Durch dieses Grid Mapping fiel es wesentlich einfacher, eine Vorstellung der inhärenten Linsenverzerrung zu erhalten, wenn visuelle Effekte hinzugefügt wurden. Da jede Linse dabei im Prinzip einzigartig war, konnte mit dem Grid genau festgestellt werden, wie stark die VFX-Funktion das Bild zu entzerren (flach machen) hatte, um das Tracking des (flachen) CGI-Modells zu erleichtern. Die Kenntnis der Brennweite und der ungefähren Fokusdistanz waren ebenfalls hilfreich, um zu wissen, wo und wie die Linse fokussiert war.

Hat es sich gelohnt?

Insgesamt hat sich Boyd mit dem Einsatz von Artec Space Spider mindestens zwischen 30.000 und 40.000 US-Dollar gespart. Der größte Punkt bleibt aber nach wie vor die Zeit: nicht nur die Schnelligkeit, mit der benötigte Scans produziert werden konnten, sondern auch die Flexibilität dafür. Termine konnten bequem intern gesetzt und eingehalten werden, ohne von äußeren Faktoren (Flüge, Zölle, Reisedauer etc.) beeinträchtigt zu werden.

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