Elgato Stream Deck im Test

Eine kleine Kiste mit Tasten, die Monitore sind – und die Tastatur erweitern! Entdeckt habe ich Stream Deck, als ich Video-Tutorials aufnehmen wollte und passende Software recherchiert habe. Stream Deck wird von Elgato verkauft, die für ihre Game- und Video-Capture-Karten bekannt sind. Ich benutze es zusammen mit OBS Studio, einer kostenlosen Open-Source-Software für Videoaufnahmen und Livestreaming, welche sich im Vergleich zu kommerziellen Lösungen nicht verstecken muss (ein echter Geheimtipp: obsproject.com). Die 140 Euro haben mich schon überlegen lassen, ob ich das wirklich brauche, aber wie gesagt, ich wollte sowas schon immer mein Eigen nennen.
Elgato Stream Deck im Test
Elgato Stream Deck im Test

Zunächst mal die Hardware: Stream Deck hat 15 LCD-Tasten und wird über USB angeschlossen. Die kleine Kiste macht einen sehr soliden Eindruck, wiegt ca. 150 Gramm, das Kabel ist ca. 1,4 Meter kurz. Dazu kommt noch ein justierbarer Plastikständer (44 Gramm), der schon etwas schwächlich, dünn und wackelig ist. Aber nichts, was nicht mit Tape und einem Stein als Gewicht verbessert werden könnte. Die Tasten sind auch nicht mechanisch, sondern etwas wackelig und haben einen sehr sonderbaren Druckpunkt. Wenn nicht genau die Mitte getroffen wird, kann es auch gerne zweimal auslösen. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und benutze die Tasten ja auch nicht zum Zocken. Die Mini-Displays haben jeweils eine Auflösung von 72×72 Pixeln und sind auch nichts Besonderes, tun aber den Job. Für MMORPG-Gaming ist das Ding jedoch nicht zu gebrauchen, wer da Pläne hegt. Ich würde sagen, es ist maximal Semiprofiqualität, aber für den Preis schon völlig ok.

Software

Die Stream-Deck-Software, hier in Version 3.1 (22.6.2018), bekommt regelmäßige Updates (hier Win10), es gibt aber auch eine Version für Mac OS 10.11. Einige Programme werden sozusagen nativ unterstützt – Actions sind vorkonfiguriert und nutzen nicht Keyboard-Hotkeys, sondern sie sind per API verbunden. So kann ich zum Beispiel in meiner 3D-Software arbeiten und die Aufnahme des Videos starten oder beenden, ohne OBS im Fokus zu haben.

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Als da wären: Game Capture (die Elgato-eigene Capture-Software, die mit ihren Capture-Karten zusammenarbeitet), OBS Studio, Streamlabs und OBS Streamlabs, die weit verbreiteten Open-Source-Streaming-Programme und XSplit, was im vollen Funktionsumfang jedoch nicht kostenlos ist.
Mixer, der Windows XBox-Streamingdienst, Twitch, Twitter und Youtube werden auch unterstützt, dabei meldet sich die Software z.B. mit einem Twitter-Account an und per Knopfdruck können vorgefertigte Nachrichten abgesetzt werden.

Praxis

Ich benutze Stream Deck beim Aufnehmen von Houdini-Video-Tutorials. Das macht deutlich mehr Arbeit, als man denkt. Ich hatte insbesondere keine Lust, diese Videos dann noch editieren zu müssen, einen Titelscreen und Abspann anzufügen oder Overlays im Nachgang einzublenden. Meine Tutorials sind sozusagen Live-Performances mit allen Fehlern und Husten drin, wenn ich nicht schnell genug die Mikrofon-Mute-Taste auf dem Stream Deck drücke.
OBS läuft dabei auf dem zweiten Monitor und ich kann auf dem ersten in Ruhe Houdini bedienen. Dazu habe ich mir eine Aufnahme-Start/Stop-Taste erstellt und Tasten für den Titel, Abspann und andere Folien oder Overlays, die ich zeigen will, und eben „Mute Mikrofon“.

Tastendeko

Die Bilder für die Keys können auf einer Webseite von Elgato mit dem Key Creator oder in einer beliebigen Bildbearbeitungs-Software erstellt werden. Den Tasten können zwei Versionen für „An“ und „Aus“ zugewiesen werden. Animierte .gif-Dateien gehen jetzt auch – ich bin begeistert, kleine Kiste mit blinkenden Tasten, just wow. Der Aktion zugewiesene Bildchen können dann in der App mit Text ergänzt werden.

Belegung

Fünfzehn Tasten ist ja erst mal nicht viel, sollte man denken. Sind sie aber doch, denn es gehen geschachtelte Sub-Ebenen, die über eine Taste angesprochen werden. Es gibt also den Ordner „Links“ und in diesem dann entweder weitere Ordner oder Verknüpfungen zu irgendwelchen Webseiten (Shotgun-­Interface). Damit aber nicht genug: Es gibt Profile, die der Software speziell zugewiesen werden können – zum Beispiel dass sich in Premiere ebenso andere Shortcuts und Abläufe öffnen lassen wie in Houdini. Oder andersherum.
Und hier ist der Fantasie keine Grenze mehr gesetzt. Wer sehen will, wie hier eine Obsession aussieht, kann jetzt in Autohotkey einsteigen (was wir empfehlen können, weil es unglaublich praktisch ist: autohotkey.com). Wer will, kann sich stundenlang damit beschäftigen, ein Setup zu basteln. Mir reichen die Bordmittel eigentlich völlig aus, aber hier ein empfehlenswertes Video von Linus Tech Tips zum Thema:

Neu in Version 3.1 sind Multi Actions – das sind Makros. Aktionen können per Tastendruck automatisch hintereinander abgespielt werden – zwischen jeder Aktion kann auch eine Pause definiert werden. Etwas umständlich ist es jedoch, Keystroke-Makros zu erstellen, da jeder einzelne Tastendruck eine eigene Aktion ist – aber immerhin geht es jetzt.
Ein Soundboard gibt es auch noch, mit dem können .mp3- und .wav-Files getriggert werden. Webseiten öffnen sich direkt im Browser. Applikationen oder Dateien können gestartet werden. Und ganze Textfragmente können abgespielt werden. Mit der Hotkey-Switch-Aktion können zwei Hotkeys abwechselnd einer Taste zugeordnet werden. Und ein Timer ist auch vorhanden. Zudem schaltet sich Stream Deck jetzt auch von selbst nach einiger Zeit bei Nichtbetätigung aus, ein Kritikpunkt aus der User Community. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass Elgato hier wirklich zuhört und immer wieder gute neue Features hinzufügt.

Also nicht davon abhalten lassen, Stream­ Deck auch zum Steuern von Schnittprogrammen oder in der 3D-Software deiner Wahl einzusetzen. Wobei ich leider nicht sagen kann, nach wie vielen Betätigungen die Tasten ihren Geist aufgeben. Aber für die echte Profi-Variante von sowas muss man auch deutlich mehr hinblättern.

Das kleine Geschwisterchen

Zwischen Test und Druckabgabe hat Elgato noch eine kleine Version des Stream­ Decks herausgebracht, das Stream Deck Mini – dieselbe Software und Steuerung, dieselben Möglichkeiten, aber nur sechs LCD-Tasten und für 100 Euro verfügbar. Wer also nur sehr spezifische Steuerungen braucht, hat hier eine Möglichkeit, 40 Euro zu sparen. Und aus Gründen, auf die wir nicht eingehen wollen, ist der Hersteller mittlerweile Corsair – bekannt durch Tastaturen. Die haben die Gaming- / Streaming-Sparte von Elgato im Juni übernommen – an den Produkten ändert sich jedoch laut Corsair nichts, aber Makro-Steuerungen und Makro-Rekorder von Corsair könnten – unserer Meinung nach – durchaus gerne in Richtung Stream Deck wandern.

Fazit

Ich mag die kleine Kiste mit den kleinen Tasten, die klein blinken. Beim Aufzeichen hilft es enorm, und wenn man in Makros und Hotkeys einsteigt, hat man hier das ultimative Gerät für fast alles, was man sinnvollerweise machen können will. Und damit das klar ist, ich hab es mir selbst gekauft, bin ja auch kein Youtube-Star!

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