Lenovo Thinkstation P520c im Test

Es gibt vernünftige Gründe, sich für eine Workstation eines großen Herstellers zu entscheiden. Im Vergleich zu einer Manufaktur bieten diese große Stückzahlen mit hoher Verfügbarkeit sowie langfristige Garantieleistungen und Wartungsverträge. Dafür muss man auf eine leise Kühlung und ein gut konfiguriertes Betriebssystem verzichten. Muss man das wirklich?

Angenommen, Sie wären IT-Verantwortlicher für die Arbeitsplätze von 50 Ingenieuren in der Entwicklung. Wo würden Sie dann die 50 Workstations kaufen? Bei einer PC-Manufaktur mit zweieinhalb Angestellten, die sich nicht sicher sind, wann sie die Geräte liefern und ob sie für alle Geräte überhaupt dieselben Komponenten in ausreichender Stückzahl beziehen können? Bei der man nicht sicher sein kann, ob die Firma den veranschlagten Garantiezeitraum der Workstations überlebt?
Oder bei einem großen, etablierten Hersteller, der bis nächste Woche ohne weiteres auch 200 Stück liefern kann und Ihnen langfristige Garantieleistungen und Wartungsverträge bietet? Der die Probleme im Garantiezeitraum vor Ort löst, ohne dass die Workstation eine Woche in der Republik unterwegs ist? Gut, dafür muss man dann halt auf den leisen Betrieb, Performance und ein optimal konfiguriertes Betriebssystem verzichten. Bei der Lenovo P520c ist das anders.

Gehäuse

Obwohl es das Gehäuse eines großen Herstellers ist, finden sich einige Merkmale, die man so sonst nur bei Manufaktur-Workstations erwarten würde. Wie etwa die beiden gummigelagerten Gehäuselüfter, die die Körperschallübertragung der Lüfter auf das Gehäuse vermindern. Oder die vier dicken Gummifüße, auf denen das Gehäuse der P520c sicher steht, ohne dabei Resonanzen auf den Schreibtisch zu übertragen.
Interessante Detaillösungen finden sich auch im Gehäuse: Der Lüfter an der Gehäusefront verfügt über einen Deflektor, der den Luftstrom zusätzlich nach unten und oben ablenkt, wo sich die beiden Festplattenkäfige befinden. Etwas gestört hat uns die Kabelführung im Innern. Anstatt auf die benötigte Länge gekürzt nahezu unsichtbar im Gehäuse zu verlaufen, tummelt sich ein bunter Haufen in der Gehäusemitte. Würde man eine lange Grafikkarte einbauen wollen, müsste man zunächst die Kabelführung ändern, damit überhaupt genügend Platz ist. Für eine zweite, große Grafikkarte wäre allerdings nur dann Platz, wenn man den unteren Festplattenkäfig ausbaut.

Das Gehäuse der Thinkstation verfügt über ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal, nämlich den sogenannten „Intruder Alert“. Was nach High Tech klingt, ist nichts anderes als ein Kontaktschalter, der hinter dem ablösbaren Gehäusedeckel angebracht ist und bei geöffnetem Gehäuse einen Schaltkreis unterbricht, der den Sensor „Intruder Alert“ auf dem Mainboard aktiviert. Gut gefallen haben uns die beiden passiv gekühlten M.2-Slots, die über einen Drehverschluss leicht zugänglich sind.

Ausstattung

Die Lenovo P520c ist gemeinsam mit der Wacom Cintique Pro die einzige Workstation im Testfeld mit Intel-Xeon-Prozessor und der damit einhergehenden ECC- RAM-Fehlerkorrektur. Das Duo aus Intel-Xeon-W-2125-Prozessor und Nvidia-Quadro-­P2000-Grafikkarte gilt zwar nicht als die allerschnellste CPU-GPU-Kombination,
bietet dafür allerdings hohe Stabilität und vor allem ISV-Zertifizierung für professionelle Anwendungen im Bereich CAD, Engineering, Finance und Biotech. Als Massenspeicher hat Lenovo eine flinke SSD mit 256 Gbyte in den M.2-Slot gesteckt, die durch eine mechanische HDD mit einem Tbyte Kapazität und ein optisches DVD±RW-Laufwerk ergänzt wird. Beim RAM hat man die Möglichkeit, sich für einmal 16 oder zweimal 8 Gbyte-Bestückung zu entscheiden, die Preisdifferenz beträgt 40 Euro. Wir haben uns beim Testmodell für die Zweimal-8-Gbyte-Variante entschieden.
Die Lenovo P520c verfügt über fast alle aktuell relevanten Schnittstellen. An der Vorderseite befinden sich zwei USB-3.0-Anschlüsse sowie ein SD-Card-Reader zum Medienimport und Audio I/O für Kopfhörer und Mikrofon. Die Rückseite bietet 4x Displayport, 1x Thunderbolt 3/USB Type-C, 2x USB 2.0, 4x USB 3.0, analog Audio I/O sowie die alten Bekannten PS/2 und COM Port.

Leistung

Mit 954 Punkten beim Multi-CPU-Test von Cinebench 15 liegt die Intel Xeon W-2125 im Leistungsbereich der i7 7700, die im Shuttle Cube XPC und der Dell Precision 5720 zum Einsatz kommt. Im V-Ray CPU-Rendertest liegt die P520c mit 2:13 Minuten deutlich vor den 2:24 der Dell Precision aber nur zwei Sekunden hinter den 2:11 des Shuttle Cube XPC. Und mit 128,33 Bildern pro Sekunde beim OpenGL Benchmark von Cinebench 15 und 2:57 Minuten beim V-Ray GPU-Rendertest platziert sich die Nvidia Quadro P2000 bei den normalen Workstations im oberen Mittelfeld.

Auch die 256 Gbyte große SSD im M.2-Slot scheint ungebremst ihr Werk zu verrichten und erreicht beim Aja-Systemtest mit 4K Full eine Schreibrate von 1.166 und 2.558 Mbyte pro Sekunde Leserate. Die HDD mit einem Tbyte Kapazität leistet 177 beim Schreiben und 176 Mbyte pro Sekunde beim Lesen von Daten – für eine mechanische Platte nicht schlecht.

Offenbar hat Lenovo das auf der P520c installierte Windows 10 Bit Pro for Workstations gut konfiguriert, was der etwas hohe Latenzwert von 343 Mikrosekunden zunächst nicht vermuten lässt. Dieser Wert trat im Verlauf der drei Messungen immer nur einmal auf und das kurz vor Ablauf der 5-minütigen Messung. Sonst lagen die Latenzen mit 100 bis 130 Mikrosekunden im grünen Bereich. Das ist für einen der großen Hersteller ein unerwartet guter Wert.

Der gemeinsame Stresstest aller Komponenten – CPU, GPU, SSDs und HDDs – mit Aida 64 zeigte, dass das Kühlkonzept der Lenovo P520c voll aufgeht. Es ist ein gutes Zeichen, wenn es im Gehäuse unter Vollauslastung erst einmal um zwei Grad kühler wird und diese Temperatur über lange Zeiträume stabil bleibt. Die CPU-Temperatur steigt unter Vollauslastung gerade mal um 10° C an. Im Leerlauf hört man die Lüfter der P520c so gut wie gar nicht. Und selbst unter synthetischer Quälerei an einem Sommertag blieben die Geräusche der Lüftung trotz enormer Reserven bei der Kühlung immer niedrig und erträglich. Anscheinend hat es sich gelohnt, die etwas teureren, gelagerten Lüfter zu verbauen.

Fazit

Mit der Thinkstation P520c hat Lenovo eine interessante Workstation für den mittleren Leistungsbereich im Angebot. Sie ist auch unter Last weitgehend leise und kühlt dabei so gut, dass sie auch an den heißesten Sommertagen in der Ecke unterm Schreibtisch ungebremst laufen sollte.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis kann man nicht so ohne Weiteres mit den Manufaktur-Workstations vergleichen, ohne die Zusatzleistungen wie etwa ISV-Zertifizierung und die dreijährige Vor-Ort-Garantie mit einzubeziehen.
Hier geht es auch um die Sicherheit, dass die 50 Workstations mit der eingekauften Software tatsächlich funktionieren. Fällt der Arbeitsplatz eines Ingenieurs für einen oder mehrere Tage aus, können die daraus resultierenden Kosten schnell im Bereich einer Workstation liegen.
Drei Jahre Herstellergarantie mit On-Site-Service ist besonders für Kunden, die größere Stückzahlen verwalten oder keine eigene IT-Abteilung im Haus haben, hoch interessant. Aber auch für alle anderen Anwender, die Wert auf ISV-Zertifizierung legen und sich eigentlich nicht mit Computern auseinandersetzen möchten, ist die Thinkstation P520c eine attraktive Workstation.

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