Shading, Lighting & Rendering mit Cinema 4D R19 (Teil 4)

In dieser 5-teiligen Artikelreihe eröffnen wir dem gewandten Cinema-4D-Nutzer tiefgehende Einblicke in die Bereiche Shading, Lighting und Rendering. Im 4. Teil der Reihe befassen wir uns mit Lichtquellen, Schattenarten und der Macht manueller Beleuchtungstechniken.von Marc Potocnik
Die Notwasserung von US-Airways-Flug 1549 für ZDF „Leschs Kosmos“ – eine komplexe Außenszene mit simpler Beleuchtung: Sonnenlicht, Sky Dome und wenige manuell platzierte Bounce-Lichter. Sichtbare Lichter dienen als dünne Nebelschwaden, volumetrisches Licht als Sonnenstrahlen (God Rays).

In den drei letzten Ausgaben dieser Artikelreihe stiegen wir detailliert in Grundlagen wie Beleuchtungsmodelle / BRDFs ein, warfen einen gründlichen Blick auf Materialsystem und Texturen in Cinema 4D und befassten uns mit Shadern und deren Einsatz. Mit dem Bereich des Lightings befassen wir uns nun mit dem Kern überzeugender Bildgestaltung.
Während modernes Lighting im Bereich der Computergrafik auf Pionierarbeiten von Gouraud, Phong und Blinn (siehe Teil 1 dieser Artikelreihe) fußt, reicht der visuelle Aspekt weit in unsere Kulturgeschichte zurück. Maler des 16. und 17. Jahrhunderts wie Caravaggio, Rembrandt und Rubens waren Vorreiter eines damals neuartigen Realismus, dessen Kern das Inszenieren und Gestalten mit Licht war. Gerade Caravaggios Maltechnik Chiaroscuro (Hell-Dunkel) führt Auge und Rezeption des Betrachters, wirkt räumlichkeitssteigernd und dramatisierend (Bild 01) – und vollführt eine Lichtregie, wie wir sie noch heute aus Fotografie und Film kennen.

Bild O1: „Die Berufung des Hl. Matthäus“ von Michelangelo da Caravaggio. Direktionales, schräges Licht, starke Kontraste vor dunklem Hintergrund – eine für das Entstehungsjahr 16OO revolutionäre und modern anmutende Lichtregie. Quelle: Wikipedia

Als 3D-Artists verfügen wir im Gegensatz zu Fotografen und Filmern ebenso wie Maler jedoch über die Möglichkeit, Licht abseits seines physikalischen Verhaltens gestalterisch einzusetzen. Plastizität und Räumlichkeit können gesteigert werden, ohne sklavisch der physikalischen Korrektheit folgen zu müssen, ganz nach dem Grundsatz: „Es muss nicht physikalisch korrekt sein, es muss nur physikalisch korrekt aussehen.“ Ein Blick auf die alten Meister lohnt sich also.
Bevor wir uns als angehende Lighting Artists auf die praktischen Grundlagen von Lighting in Cinema 4D stürzen, sollten wir uns noch folgende Grundüberlegungen verinnerlichen:
– Lighting ist essenziell. Es steigert Plastizität und Räumlichkeit, führt den Blick und kann mit wenigen Handgriffen eine völlig andere Stimmung der Szene und Rezeption beim Betrachter erzeugen. Eine
3D-Szene steht und fällt mit dem Lighting.
– Lighting ist visuelle Gestaltung. Beim Blick in die Foren der Cinema-4D-Community fällt gerade bei Einsteigern im Bereich Lighting die Auffassung auf, dass Lighting im Grunde nur aus den letzten paar technischen Klicks im Dialogfeld der Render Engine oder einem Lighting Kit besteht. Damit wird Lighting jedoch vom Essenziellen ins technisch Triviale verschoben. Gerade als Einsteiger sollte man zunächst an der Schulung der eigenen Skills arbeiten, unabhängig von Render Engine oder Zusatzprogrammen.
– Lighting bedarf eines gezielten Vorgehens. Dem praktischen Prozess des Lightings sollte immer die Motivation der Bildaussage vorausgehen und nicht umgekehrt: „Was für eine Stimmung will ich mit dem Bild / der Animation erzeugen?“ Es bedarf eines analytischen Auges und einer gewissen Übung, reale Lichtsituationen zu verstehen und mit Cinema 4D zu rekonstruieren – und es macht Spaß.

Lichtquellen in Cinema 4D

Wenden wir uns nun dem praktischen Umgang mit Lichtquellen in Cinema 4D zu. Lichtquellen werden mit dem Glühbirnen-Button im Hauptmenü erzeugt. Bei Klick auf die Lichtquelle im Objekt-Manager finden sich zahlreiche Parameter, die im Attribut-Manager der Übersicht halber in Reitern zusammengefasst sind. Diese treffen in ihren Grundfunktionen mehr oder weniger für alle Lichtquellenarten zu (Bild 02).

Bild O2: Der Attribut-
Manager einer Lichtquelle mit aktiven Reitern „Allgemein“ und „Details“ – hier für eine Flächenlichtquelle mit Flächenschatten

Reiter Allgemein

Im Reiter „Allgemein“ fallen zunächst der Farbwähler für die Färbung des Lichts und darunter die Skala für die Helligkeit des Lichts auf. Im Ausklappmenü „Typ“ kann die Art der Lichtquelle gewählt werden. Dabei strahlen alle Lichtquellenarten bis auf „Fläche“ mit spezifischen geometrischen Eigenschaften von einem unendlich kleinen Punkt aus. Für ein besseres Verständnis sind die verfügbaren Lichtquellenarten nach dem Rang ihres Verwandtschaftsgrades zueinander wie folgt aufgelistet:

  • Punktlichtquelle: konzentrische Lichtabstrahlung
  • Spot: kegelförmige Lichtabstrahlung
  • Eckiger Spot: pyramidenförmige Lichtabstrahlung
  • Paralleler Spot: parallele zylinderförmige Lichtabstrahlung
  • Eckiger paralleler Spot: parellele quaderförmige Lichtabstrahlung
  • Parallel: parallele Lichtabstrahlung
  • Unendlich: parallele Lichtabstrahlung aus einer unendlich weit entfernten Lichtquelle. Dabei zählt nur der Winkel der Lichtquelle, die Position wird ignoriert.
  • Bei den parallel strahlenden Lichtquellen geschieht zwar die Lichtabstrahlung parallel, das punktförmige Glanzlicht offenbart dennoch die Punktnatur der Lichtquelle.
  • Fläche: Flächenlichter sind die einzige Lichtquellenart mit tatsächlicher räumlicher Ausdehnung (z.B. in Form von Scheibe, Rechteck, Hemisphäre etc.). Die Erzeugung von diffuser und spekularer Beleuchtung geschieht dabei Sample-basiert. Größer dimensionierte Flächenlichter sind bei gleicher Intensität somit weniger hell und diffuser (weiches Licht) als kleiner skalierte Flächenlichter (härteres Licht). (Bild 03)
Bild O3: Flächenlichter mit Flächenschatten im Einsatz: Letztere sind die einzigen Schatten, die mit zunehmender Entfernung vom schattenwerfenden Objekt diffuser werden und so physikalisch plausibel räumliche Verhältnisse aufzeigen.
  • IES: Nativ punktförmige Lichtquelle, die durch frei im Netz verfügbare IES-Datensätze das Abstrahlverhalten Hersteller-spezifischer Leuchtsysteme simuliert. IES-Lichter können mit dem Parameter „Fotometrische Größe“ im Tab „Fotometrisch“ zu räumlich ausgedehnten Flächenlichtern werden.

Das Ausklappmenü „Schatten“ bietet die Wahl zwischen drei Arten der Schattenerzeugung:

  • Shadow Maps (weich): Erzeugen aus Sicht der Lichtquelle eine Schattentextur mit zu wählender Auflösung, Weichzeichnungsradius und Annäherungs-Bias. Shadow Maps können in den Rendervoreinstellungen unter „Optionen“ gecacht werden.
  • Raytraced (hart): Erzeugt aus Sicht der Lichtquelle einen unendlich harten Schatten. Harte Schatten sind mit Abstand die älteste und unrealistischste Schattenart. In Kombination mit komplexer Geometrie steigt außerdem die Renderzeit.
  • Fläche: Die einzige Schattenart, die mit zunehmender Annäherung an das schattenwerfende Objekt schärfer und mit zunehmender Entfernung diffuser wird (Bild 03). Sinnvoll in Kombination mit Flächenlichtern oder unendlichem Licht (Letzteres zur Simulation von Sonnenlicht).

Das nächste Ausklappmenü – „Sichtbares Licht“ – erzeugt einen Effekt, der dem Effekt nebliger Luft im beleuchteten Bereich einer Lichtquelle entspricht. Es bietet drei Modi:

  • Sichtbares Licht: Objekte im sichtbaren Licht werfen keinen volumetrischen Schatten, auch wenn selbiger im Ausklappmenü „Schatten“ aktiviert ist (Bild 04).

  • Volumetrisch: Objekte im sichtbaren Licht werfen volumetrischen Schatten, wenn dieser im gleichnamigen Ausklappmenü aktiviert ist.
  • Invers volumetrisch: Sichtbares Licht wird nur im volumetrischen Schatten von Objekten erzeugt.

Werfen wir nun einen Blick auf die weiter unten angeordneten 10 Checkboxen im Reiter „Allgemein“:

  • Keine Beleuchtung: Deaktiviert die Beleuchtungswirkung.
  • Umgebungsbeleuchtung: Licht wird unabhängig vom Winkel ausgewertet und wirkt dadurch sehr flach und modulationsarm.
  • Materialfarbe: Nur die diffuse Komponente des Lichts wird ausgewertet.
  • Glanzlichter: Nur die spekulare Komponente des Lichts wird ausgewertet.
  • GI-Beleuchtung: Die Lichtquelle wird für Global Illumination ausgewertet.
  • Beleuchtung darstellen: Anfasser und
    Linien von Lichtparametern werden im Editor dargestellt.
  • Clipping darstellen: Anfasser und Linien von Clipping-Parametern werden im Editor dargestellt.
  • Separater Pass: Erzeugt für die Lichtquelle einen separaten Multipass.
  • Zu Komposition exp.: Einzelne Lichtquellen lassen sich direkt in Compositing-Software wie z.B. Adobe After Effects exportieren.

Reiter Details

In diesem Reiter finden sich zunächst Einstellungen zur inneren Farbe, dem inneren / äußeren Winkel und dem Seitenverhältnis von Spot-Lichtquellen (falls aktiv) sowie zur Kontrastwirkung der Lichtquelle. Mit der Checkbox „Schattenwerfer“ kann außerdem definiert werden, ob die Beleuchtungswirkung ausgeschaltet und stattdessen nur ein aktiver Schatten geworfen wird.
Spezialfall Flächenlichter: Sollte eine Flächenlichtquelle gewählt sein, finden sich hier weitere Detaileinstellungen dazu, wie z.B. ein Ausklappmenü zur Form des Flächenlichts (z.B. Rechteck, Scheibe, Kugel etc.).
Wegen der frei bestimmbaren Form und der Größe sind Flächenlichter ideal, um Lichtquellen mit physikalisch plausibler Größe zu mimen, also Softboxen, Bildschirme oder (auf Z-Richtung beschränkt) indirektes Licht als sogenanntes Bounce-Licht. Mit der Flächenform „Hemisphäre“ und wirklich großen Abmessungen eignet sich ein Flächenlicht zur Simulation von diffusem Tageslicht, einem sogenannten Sky Dome.
Flächenlichter können außerdem optional in Glanz, Spiegelung oder Rendering angezeigt werden. Mit „Abnahme Winkel“ wird weiterhin definiert, in welchem Winkelbereich die Lichtquelle abstrahlt, und der Parameter „Samples“ hilft, eventuell fleckige Glanzeffekte auf Objekten homogener zu unterteilen.
Abnahme: Dieser Bereich simuliert eine Streuung des Lichts im Raum bzw. eine Abnahme der Lichtintenistät mit zunehmender Entfernung vom Ursprung. Dabei können verschiedene Funktionen gewählt werden, von denen die folgenden vier die meiste praktische Relevanz haben:
– Keine: Die Lichtquelle strahlt in größerer Entfernung genauso hell wie am Ursprung.
– Invers quadratisch: Die Helligkeit nimmt umgekehrt quadratisch ab. Dies entspricht dem Verhalten von natürlichem Licht, sorgt allerdings auch schnell für überstrahlte Bereiche in der Nähe des Ursprungs. Ideal z.B. für das realistische Abbilden von Lichtverläufen auf Wänden (Bild 05).

Bild O5: Direktes und indirektes Sonnenlicht: An der Stelle des Sonnenlichts auf der Wand links wurde ein Flächenlicht in angemessener Größe platziert, welches das in den Raum reflektierte Sonnenlicht simuliert. Eine invers quadratische Abnahme ist dabei ein wichtiger Indikator für Realismus – das Licht wird an der Wand unter der Fensterbank nach rechts hin schwächer.

– Linear: Bewirkt einen linear ausgewogenen Abnahmeverlauf. Übersichtliche und leicht zu handhabende Funktion.
– Clipping: Clipping bezeichnet die Helligkeitsabstrahlung ab und bis zu einem definierten Abstand zum Lichtquellenursprung. So kann z.B. eine Spot-Lichtquelle mit Schattenwurf – obwohl vor einer Wand positioniert – erst hinter der Wand zu wirken beginnen.
Weitere Parameter wie „Radiale Farbabnahme“ und „Gradient aktivieren“ sorgen für eine Färbung der Lichtwirkung entlang des Radius, „Nur Z-Richtung“ hingegen ist eine wichtige Funktion, um die Lichtrichtung von Flächenlichtern nur auf deren Z-Achse zu beschränken.

Reiter Sichtbarkeit

Der Reiter „Sichtbarkeit“ referenziert das Ausklappmenü „Sichtbarkeit“ im Reiter „Allgemein“ und bietet zahlreiche Parameter zur Defintion der Abnahme sichtbaren Lichts mit innerer oder äußerer Distanz und entlang der Lichtquellenachse oder des Lichtquellenradius. Dies geschieht unabhängig von den Abnahme-Parametern im Reiter „Details“ – die Anfasser dieser Parameter im Editor können allerdings leicht miteinander verwechselt werden.
„Helligkeit“ regelt den gleichnamigen Parameter des sichtbaren Lichts. „Staubigkeit“ mischt bei geringen Helligkeitswerten einen Schwarzanteil zum sichtbaren Licht hinzu, was den Eindruck einer deckenden Staubwolke erzeugt. Sollte im Reiter „Allgemein“ im Ausklappmenü „Sichtbarkeit“ die Option „Volumetrisch“ gewählt sein, wird Schattenwurf berücksichtigt. Die Auflösung dieses volumetrischen Effekts wird im Reiter „Sichtbarkeit“ durch den Parameter „Sample-Dichte“ bestimmt: Diese muss verringert werden, um die Sample-Dichte zu erhöhen.
Tipp: Aufgrund ihrer Sample-basierten Natur sollten volumetrisch sichtbare Lichter in Kombination mit komplexeren Szenen immer separat auf schwarz gerendert und dann im Compositing kombiniert werden.

Reiter Schatten

Der Reiter „Schatten“ referenziert das Ausklappmenü „Schatten“ im Reiter „Allgemein“, welches hier noch einmal separat vorhanden ist. Die Parameter „Dichte“ (Schattenwirkung von Objekten), „Farbe“ und „Transparenz“ können in den allermeisten Fällen unangetastet bleiben.
Im Falle von Shadow Maps kann mit den Parametern „Auflösung X/Y“ die Auflösung der Maps gewählt werden, während „Sample-Radius“ deren Weichheit bestimmt. Eine sinnvolle Wahl ist z.B. eine Auflösung von 1.000 x 1.000 (Pixeln) bei einem Sample-Radius von 6. Mit „Bias (Abs.)“ wird der Abstand des Schattens vom verursachenden Objekt bestimmt. Zu große Werte wirken unrealistisch, während zu kleine Werte zu Selbstverschattungsartefakten auf gerundeten Oberflächen führen. In realen Maßstäben ist 0,3 cm ein guter Grundwert. Die weiteren Parameter haben in der täglichen Praxis kaum Relevanz.
Im Falle von Flächenschatten stehen zusätzlich zu den Grundparametern nur drei Parameter für adaptives Sampling zur Verfügung. Adaptives, also kontextsensitives, intelligentes Sampling finden Sie in Cinema 4D an mehreren Stellen, z.B auch beim Antialiasing. Prinzipiell wird „Minimum Samples“ für unkomplizierte Bereiche herangezogen, während „Maximum Samples“ für komplexe Bereiche zuständig ist. Der Parameter „Genauigkeit“ gewichtet zwischen eben diesen Bereichen. Grundsätzlich können diese Parameter erst einmal unangetastet bleiben.

Reiter Fotometrisch

Der Reiter „Fotometrisch“ ist aktiv, sobald im Reiter „Allgemein“ eine IES-Lichtquelle
gewählt wurde. Dann können hier der entsprechende IES-Datensatz verlinkt und die Helligkeit in Candela oder Lumen eingegeben werden. „Fotometrische Größe“ bezieht die räumliche Größe des referenzierten Leuchtmittels ein und wandelt das IES-Licht in eine Flächenlichtquelle.

Reiter Caustics

Kaustische Brechungsartefakte sind Lichtbündelungen, erzeugt von transparent brechenden Objekten. Solche Caustics können in den Effekten der Rendervoreinstellungen aktiviert und dort mit allgemeinen Parametern (Oberflächen- oder Volumen-Caustics, Stärke, Samples etc.) definiert werden. Im Reiter „Caustics“ der Lichtquelle können dann lichtquellenspezifisch die Energie des Effekts und dessen Unterteilung („Photonen“) sowie eine eigene Abnahmefunktion bestimmt werden.

Reiter Noise

Der Reiter „Noise“ referenziert sichtbares Licht (falls gewählt) und fügt diesem im Bezug auf Sichtbarkeit und / oder Beleuchtung zufällige Unregelmäßigkeiten in Form von 4 Noise-Funktionen hinzu. Diese Noises können in Helligkeit, Größe, Kontrast, Bewegung und Bewegungsrichtung justiert werden. „Lokale Koordinaten“ bestimmt, ob bewegte Lichtquellen sich durch ein globales Noise hindurch bewegen oder dieses quasi („lokal“) mitnehmen.
Sichtbare Lichtquellen mit Noise sind ideal, um diffuse, nicht schattenwerfende Wolken oder Nebelfelder zu erzeugen
(siehe Titelbild).

Reiter Linsen

Zu diesem Reiter voller alter Lensflare-
Effekte gibt es eigentlich nur eins zu sagen: Vergessen Sie ihn. Lensflares sollten grundsätzlich in der Postproduktion erzeugt
werden.

Reiter Projekt

In diesem Reiter können Sie bestimmen, auf welche Objekte in der Szene eine Lichtquelle wirkt bzw. auf welche nicht. Ziehen Sie z.B. ein Objekt in das entsprechende Listenfeld und stellen den Modus auf „Ausschließen“, wird explizit dieses Objekt nicht von der Lichtquelle beleuchtet. Wählen Sie stattdessen „Einschließen“, wird explizit nur dieses Objekt beleuchtet. Beachten Sie, dass eine leere Liste im Modus „Einschließen“ die Lichtquelle quasi ausschaltet.
Die Icons rechts neben dem Objekt in der Liste bieten außerdem Kontrolle über weitere Details: So können Sie z.B. ein Objekt von der diffusen Beleuchtung ausschließen, nicht aber von der spekularen Beleuchtung – indem Sie das Icon für spekulare Beleuchtung (2. von links) deaktivieren. Ähnliches funktioniert für diffuse Beleuchtung und Schattenwurf (Bild 06). Wir haben nun einen umfassenden Überblick über die Lichtquellen und Schattenarten in Cinema 4D erhalten und wenden uns nun deren Anwendung in Form verschiedener Beleuchtungstechniken zu.

Bild O6: Der Reiter „Projekt“ einer Lichtquelle erlaubt das sogenannte „Lightlinking“: In diesem Fall ist nur der Stuhl im Vordergrund von der bläulichen Punktlichtquelle auf Höhe des Fensters eingeschlossen. Dieses Licht erzeugt dabei nur diffuse Reflexion (Checkbox „Nur Glanzlicht“) und hebt so schön die Kanten des Stuhls hervor.

Direktes und indirektes Licht

Sehen Sie bei Tageslicht in den Raum um sich herum: Nur die wenigsten Bereiche dürften direkt von Sonnenlicht beschienen sein. Die meiste Helligkeit in Ihrem Raum dürfte auf indirektes Licht zurückzuführen sein, also Licht, welches auf seinem Weg von der Sonne zu Ihrem Auge von mehreren Objekten zurückgeworfen wurde.
Dabei erhielt das Licht auf seinem Weg Helligkeits-, Farb- und Richtungsinformationen der reflektierenden Objekte und dürfte auch deutlich diffuser geworden sein. Grund für Letzteres ist der Umstand, dass direktes Licht meist von nicht ideal reflektierenden Oberflächen zurückgeworfen wird und so eine zusätzliche Streuung erlebt – ebenso wie die resultierenden Schatten. Sie erahnen vermutlich schon, welche Bedeutung indirektem Licht zukommt – indirektes Licht ist quasi ein Indikator der Glaubwürdigkeit eines Renderings
(Bild 05).

Manuelles Lighting vs. GI

Grundsätzlich haben Sie in Cinema 4D zwei Möglichkeiten, indirektes Licht zu erzeugen:

  • Die automatisierte Simulation namens Global Illumination (GI) durch Cinema 4Ds interne Render Engines Standard Renderer, Physical Renderer oder ProRender.
  • Das manuelle Platzieren von wenigen Lichtquellen und ein geschickter Einsatz von ergänzenden Shadern (Smart AO und Shadow Luminance, siehe 3. Teil dieser Reihe).

Dabei entscheiden letztlich Ihre Fähigkeiten als Lighting Artist über die Wahl der Werkzeuge. Ganz besonders wenn Sie mit Animation arbeiten, ist Global Illumination bei CPU-basiertem Rendering noch immer ein deutlicher Zeitfaktor. GPU-basierte Render Engines können hier natürlich Abhilfe schaffen, setzen sehr komplexen Szenen mit Dutzenden von Gbyte RAM-Anspruch allerdings durch den begrenzten VRAM ein Limit. Sollten Sie vor der Deadline noch schlafen wollen, sollten Sie erstere Lösung als Trumpf im Ärmel haben.

Dreipunkt-Beleuchtung

Ein sehr populäres Standard-Licht-Setup zur Beleuchtung von Objekten in Fotografie und Film ist die Dreipunkt-Beleuchtung. Mit dieser können Sie sehr flexibel die räumlichen Gegebenheiten Ihrer 3D-Szene hervorheben und dabei schnell und ausdrucksstark vollkommen unterschiedliche Lichtstimmungen erzeugen.
Die Dreipunkt-Beleuchtung ist somit ein grundlegendes Instrument der Lichtführung, also der Gestaltung mit Licht. In ihrer Basisversion besteht die Dreipunkt-Beleuchtung zunächst aus drei Lichtquellen mit jeweils spezifischen Funktionen:

  • Hauptlicht (Key Light): Das hellste Licht von schräg vorne oben. Es gibt die Beleuchtungsrichtung und den Hauptschatten vor. Das Hauptlicht sollte grundsätzlich härtere Schatten als die weiteren Lichter aufweisen.
  • Fülllicht (Fill Light): Von links, eher mittig / unten kommend. Es hellt die Schatten des Key Lights auf, fügt zusätzliches weiches Licht hinzu und kann so indirektes Licht des Key Lights simulieren.
  • Streiflicht (Rim Light): Hell (gerne einmal um die 150%), von oben links hinter dem Objekt kommend. Es betont die Silhouette des Objekts und trennt es vom Hintergrund.

Natürlich muss eine Dreipunkt-Beleuchtung nicht nur lehrbuchartig aus den drei Hauptkomponenten bestehen, sondern kann vielfältig ergänzt und verändert werden. Neben dem Variieren von Anzahl, Position, Helligkeit und Härte der beteiligten Lichter sollten Sie einmal mit folgenden Tipps experimentieren (Bild 07):

  • Komplementärkontraste und räumliche Tiefe: Ein kühles / bläuliches Fill scheint für die menschliche Sehgewohnheit aus größerer Entfernung zu kommen als ein warmes / gelbliches
  • Key Light – dies suggeriert räumliche Tiefe. Der Komplementärkontrast hebt zudem die Spannung der Lichtführung an.
Bild O7: Mächtiges emotionales Werkzeug: Zwei Beispiele einer Dreipunkt-Beleuchtung, welche alleine durch Anordnung, Farbe, Streuung und (Komplementär-)Kontraste der wenigen beteiligten Lichter (3 – 5 Lichtquellen) vollkommen unterschiedliche Geschichten erzählen.
  • Farbschemata: Bei der Verwendung von dezenten Lichtfarben bietet es sich zudem an, Farben, die auf Materialien der Szene wiederkehren, zu verwenden. So bewahren Sie ein gewähltes Farbschema und eine harmonische und konsistente Bildwirkung.
  • Kontraste kontrollieren die Bildstimmung: Starke Key-to-Fill-Kontraste und harte Lichter mit definierten Schatten sorgen für Dramatik, während weiche Schatten und ein ausgewogenes Key-to-Fill-Verhältnis (ca. 2:1) für eine harmonische Lichtstimmung sorgen.
  • Lightlinking (Lichter wirken nur auf bestimmte Objekte) im Reiter „Projekt“: Aufgrund der starken Helligkeit sollte z.B. das Rim-Light nur auf das Objekt von Interesse angewendet werden.
  • Verwenden von „Nur-Glanz“-Lichtern: Das Ausschalten der Glanzkomponente z.B. des Hauptlichts und Einsetzen einer Kopie des Hauptlichts mit nur Glanzlichtkomponente erlaubt es, diffuse und spekulare Beleuchtung qualitativ und räumlich getrennt voneinander zu kontrollieren (Bild 06).

Beleuchtungstechniken: Innenraumbeleuchtung

Wie oben beschrieben speisen sich Innenraumbeleuchtungen aus einem großen Teil indirekten Lichts. Sie gehören somit zur Königsdisziplin des Lightings, umso mehr, wenn Sie auf Global Illumination verzichten sollten. Daher sind gerade bei Innenraumbeleuchtungen einige Vorüberlegungen sinnvoll:

  • Ist die Szene für Standbilder oder Animation gedacht?
    Wird im Falle einer Animation nur die Kamera animiert oder auch Objekte? Bleibt das Licht, wie es ist, oder wird auch dieses animiert?
  • Was ist die Quelle meines direkten Lichts – Strahler, Lampen, Sonnenlicht?
  • Welchen Einfluss hat das unmittelbare indirekte Licht (bspw. wenn starkes Sonnenlicht auf einen hellen Boden scheint)? Wie tief dringt es in den Raum ein?
  • Welchen Einfluss hat das natürliche Tageslicht und durch welche Durchlässe dringt es in den Raum ein?
  • Was ist die vorherrschende Farbe in meinem Raum – die Farbe des Wandanstrichs oder z.B. das Grün von sonnenbeschienenem Laub? (Bild 08)
Bild O8, 1-3: Die Benchmark-Szene Intel „Mountainvista“ enthält eine effiziente Außenraumbeleuchtung: (Steps) direktionales Sonnenlicht, hemisphärische Flächenlichter für Himmelskuppelbeleuchtung und manuell platzierte Flächenlichter für indirektes Licht.
Bild O8, 2
Bild O8, 3

Tageslicht – von der Natur zur Umsetzung

Sollten Sie einen bestehenden Raum als natürliches Vorbild haben, können Sie die letzten drei Fragestellungen durch ein analytisches Auge beantworten. Nehmen Sie sich etwas Zeit und schulen Sie Ihr Auge: Welche Stärke hat das betrachtete Licht, ist seine Abnahme z.B. auf Wänden direkt zu beobachten, in welchem Winkel breitet es sich aus, wie scharf sind die erzeugten Schatten?
Nehmen wir das natürliche Tageslicht: Die Frage nach den Durchlässen könnten wir recht einfach mit „Fenster und Türen“ beantworten. Betrachtet man dann die Netto-Ausbeute von Tageslicht durch ein Fenster einmal als Lichtquelle, könnte man dies auch in Form eines Flächenlichts in der Form des Fensters darstellen. Dieses sollte im Reiter „Details“ nur „Auf Z-Richtung beschränkt“ sein, einen Abstrahlwinkel von 160 bis 180 Grad haben und möglichst keinen (Flächen-)Schattenwurf durch Objekte erzeugen, welche sehr nah vor dem Flächenlicht sitzen (z.B. Jalousien). Dies würde extrem diffuse Schatten erzeugen, die kaum wahrnehmbar, aber sehr langsam zu berechnen wären. Achten Sie außerdem auf eine Abnahme mit invers-quadratischer Funktion und einer Abnahmedistanz, die ausreicht, um auch noch die dem Fenster gegenüberliegenden Wände zu erhellen. Die Glanzkomponente sowie die Sichtbarkeit der Flächenlichtquelle für Glanz, Spiegelung und Rendering können Sie ausschalten, da die Außenumgebung Ihres Raums (z.B. ein HDRI) sowieso in Reflexionen sichtbar sein wird.

Die Grundzutaten für eine Innenraumbeleuchtung in natürlichem Tageslicht wären also:

  • Direkt einfallendes Sonnenlicht: Ein leicht gelbliches, unendliches Licht mit Flächenschatten für Unmittelbares indirektes Sonnenlicht („Bounce“): Trifft direktes Sonnenlicht z.B. auf dem Boden auf, sollte an dieser Stelle und in dieser Größe ein Flächenlicht platziert werden, welches mit seiner Z-Achse Richtung Decke zeigt und durch geeignete Intensität und Abnahme (invers-quadratisch) in den Raum hineinstrahlt. Bei der Wahl der Farbe des Lichts sollte die Farbe des Bodens in Bezug genommen werden. (Bild 09)
  • Diffuses Tageslicht: Leicht bläuliche Flächenlichter mit Flächenschatten wie o.a.
  • Diffuse Raumhelligkeit: Gegenstände im Räum können mit einem hemisphärischen Fächenlicht in der ungefähren Größe und der vorherrschenden Farbe des Raums beleuchtet werden und erhalten so aktiv eine diffuse Grundhelligkeit. Stattdessen können Sie je nach Bedarf eine halbe Handvoll weiterer Bounce-Lichter im Raum platzieren.
  • Shadow Luminance und Smart AO: Mit Smart AO und Shadow Luminance haben wir in der letzten Ausgabe dieser Reihe zwei Shader-Setups für die passive Simulation von indirektem Licht und diffusen Schatten kennengelernt: Shadow Luminance sorgt für eine dezente Aufhellung in Schattenbereichen – dies bietet sich vor allem bei großflächig verwendeten Materialien wie z.B. dem Wandanstrich an. Smart AO hingegen fügt eine intelligente Ambient Occlusion nur in Schattenbereichen hinzu.

Beleuchtungstechniken: Außenraumbeleuchtung

Die Zutaten für eine Beleuchtung im Außenbereich überschneiden sich mit denen einer Dreipunkt-Beleuchtung, da je nach Szeneninhalt (z.B. Automotive-Visualisierung) eine ähnliche Lichtführung stattfindet. Die Prinzipien indirekten Lichts wiederum folgen denselben Regeln, wie sie im Abschnitt zur Innenraumbeleuchtung erläutert wurden.
Wesentlicher Unterschied ist natürlich das dominante Auftreten von weißem oder leicht gelblichem Sonnenlicht (unendliches Licht mit Flächenschatten) und bläulichem Himmelslicht / Sky Dome (sehr groß skaliertes Flächenlicht in Hemisphären-Form mit Flächenschatten). Außenszenen im großen Maßstab – wie zu sehen im Titelbild – können mit diesen beiden Lichtquellen und einigen wenigen Bounce-Lichtern beleuchtet werden.

Fazit

Das manuelle Erstellen einer realistischen Beleuchtung erfordert einige Übung, die sich mit etwas Lust am Ausprobieren und der steilen Lernkurve von Cinema 4D jedoch schnell einstellt.
Alternativ bietet sich für indirektes Licht das Verwenden von Global Illumination an. Details dazu und Tricks, die das
Rendering vereinfachen, lernen wir in der nächsten und letzten Ausgabe dieser Reihe kennen.

Marc Potocnik studierte Kommunikations-Design an der FH Düsseldorf und ist Gründer und Inhaber des Animationsstudios renderbaron in Düsseldorf. renderbaron realisiert seit 2001 hochwertige 3D-Animationen und Visual Effects für renommierte Kunden wie Audi, ZDF, Fraunhofer Institut, Siemens, u.a.

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