Infrarot in der Praxis

Filmschaffende sind stets auf der Suche nach neuen technischen Gestaltungsmitteln, um den Zuschauern ein besonderes visuelles Erlebnis zu bieten. Mit der Möglichkeit, Aufnahmen im Infrarotbereich zu erstellen, wird dem Betrachter ein neuer Blick auf die Welt jenseits des sichtbaren Lichts eröffnet.

Die außergewöhnlichen Landschaften in Schwarz-Weiß oder farbenverkehrte Aufnahmen sind die wichtigsten Charakteristika, die mit dem Verfahren in Verbindung gebracht werden. Auf dem Gebiet der Kinematografie wurde bereits zu Zeiten des Schwarz-Weiß-Films mit infrarotempfindlichem Material gearbeitet, um beispielsweise Nachtstimmungen zu simulieren. Auch digitale Filmkameras sind grundsätzlich für Infrarotaufnahmen einsetzbar. Aktuelle Produkterscheinungen digitaler infrarotfähiger Filmkameras zeugen von Marktrelevanz durch wachsendes Interesse von Publikum und Industrie. Abgesehen von wenigen Erfahrungsberichten im Internet und in Zeitschriften sind gegenwärtig allerdings nur wenige fundierte Informationen auf dem Gebiet der digitalen Infrarot-Bewegtbildaufnahmen vorhanden. Im Bereich der professionellen Filmproduktion kommt diese Technik aufgrund von mangelnder Wissensgrundlage bei der praktischen Anwendung bisher nur selten zum Einsatz. In diesem Bericht werden alle weiteren Darstellungen mit dem Augenmerk getroffen, dass die Aufnahmen mit einem professionellen Anspruch erzeugt werden und daher auch die Technikanforderungen für die Arbeiten am professionellen Filmset erfüllen müssen. Deswegen werden die Optionen des Fotozubehörs nicht näher in Betracht gezogen.

Infrarotstrahlung

Das Frequenzband der Infrarotstrahlung grenzt unmittelbar an das sichtbare rote Licht und erstreckt sich ungefähr zwischen Wellenlängen von 780 Nanometern bis 1 Millimeter. Die Übergänge zwischen den Bändern sind nicht fest definiert, wobei der gesamte Infrarotbereich folgenden Untergruppen zugeordnet werden kann:

  • Nahes Infrarot (NIR):
    780 nm bis 3.000 nm
  • Mittleres Infrarot (MIR):
    3.000 nm bis 6.000 nm
  • Extremes Infrarot:
    15.000 nm bis 1 mm

Im Bereich der Infrarotstrahlung muss deutlich zwischen Emission und Reflexion unterschieden werden. Wird ein Stoff thermisch angeregt, so strahlt und absorbiert dieser im Infrarotbereich. Die von Menschen emittierte Strahlung liegt bei etwa 3.000 Nanometern und erreicht das Maximum bei 10.000 Nanometern. Diese emittierte Strahlung kann von Wärmebildkameras erfasst werden. Für fotografische Zwecke wird allerdings NIR bis etwa 1.300 Nanometern verwendet. Oft wird Infrarotstrahlung irreführend als „Wärmestrahlung“ bezeichnet. Zwar liegt bei üblichen Temperaturen das Strahlungsmaximum im IR-Bereich, es verschiebt sich jedoch mit zunehmender Temperatur hin zu kürzeren Wellenlängen. Bei Sonnenlicht verschieben sich die Wellenlängen in den sichtbaren Bereich mit Ausläufen bis ins Ultraviolett. Nahezu die Hälfte der Sonnenenergie liegt im IR-Bereich. Für die Empfindlichkeitsgrenze des Auges an der Grenze zu Infrarot ist eine Wellenlänge von 800 Nanometern ein konventioneller Wert, allerdings können von manchen Menschen unter geeigneten Versuchsbedingungen Wellenlängen bis zu 1.000 Nanometern gesehen werden.

Digitale Sensoren und Infrarotstrahlung

Digitale Sensoren, die auf der CCD- oder CMOS-Technologie basieren, sind vom Ultraviolett über das sichtbare Licht bis im Bereich des NIR empfindlich. Für die Aufnahmen im sichtbaren Bereich sind UV- und IR-Strahlung nicht erwünscht, da es in der Abbildung zu Verfälschung der natürlichen Farben führen kann. Aus diesem Grund wird auf dem Sensor ein IR-Sperrfilter angebracht. Weitere Informationen über Einfluss der Infrarotstrahlung auf die digitalen Aufnahmen finden Sie in der DP-Ausgabe 04:2014 („Digitale Kameras und Infrarot“, ab Seite 60).

Infrarotfarbaufnahme

Grundsätzlich sind alle Objekte farblos und nur die Mischung der Wellenlängen, die von Materien reflektiert wird, nehmen wir als Farbe wahr. Daher sind die Infrarotwellen farblos und eine digitale Farbaufnahme im Infrarotbereich ist nur eine „Fehlinterpretation“ der Kamera.
Die Bayer-Pattern-Farbfilter sind je nach Pixel für Rot, Grün oder Blau sensibilisiert, besitzen jedoch eine Restempfindlichkeit im Infrarotbereich. Werden bei Infrarotfotografien Teile der sichtbaren Strahlen zugelassen, so lassen sich auch Infrarot-Farbaufnahmen erzeugen. Rote Farbfilter (der Bayer-Filter) sind geringfügig durchlässiger für die kurzwelligeren NIR-Wellen (700 bis 800 Nanometer) als grüne und blaue. Dies führt dazu, dass IR-Aufnahmen ohne Weißabgleich (WB) einen roten Stich haben. Allerdings ist es davon abhängig, welcher IR-Passfilter zum Einsatz kommt. Denn je weiter der IR-Passfilter in den Nahinfrarot-Bereich vordringt, desto monochromer wird das Bild, weil hier die einzelnen Farbfilter des Bayer-Patterns für die Strahlung gleich durchlässig sind. Eine Art der Aufzeichnung, die das volle Spektrum des Sensors ohne jegliche Filterung ausnutzt, wird im Weiteren als „Fullspectrum- Aufnahme“ bezeichnet. Es ist allgemein schwierig, die Farben der Objekte bei den Farb- Infrarotaufnahmen vorherzusagen, da es meist nicht bekannt ist, wie stark die Materie neben dem Sichtbaren das Infrarot absorbiert oder reflektiert.

IR-Transmissions- und Farbfilter

Bei der Gestaltung digitaler Infrarotaufnahmen ist die Verwendung eines optischen Filters ein wesentliches künstlerisches Mittel. Für reine IR-Aufnahmen wird zwischen „starken“ und „normalen“ IR-Passfi ltern unterschieden, wobei auch der Bereich um das dunkle Rot als unterste Grenze in Betracht gezogen werden kann. Die genauen Grenzen sind hier nicht klar festgelegt, können aber wie folgt beschrieben werden:

  • Starker IR-Passfilter (Schwarzfilter), zum Beispiel Schott RG830
    – Wellenlängen unter circa 800 nm werden nicht mehr durchgelassen.
    – Für das Auge ist der Filter kaum oder gar nicht mehr durchsichtig.
  • Normaler IR-Passfilter (zum Beispiel Schott RG695)
    – Wellenlängen unter circa 700 nm – 800 nm werden nicht durchgelassen.
    – Für das Auge ist durch den Filter ein schwaches Rotschimmern erkennbar.
  • Dunkelrot-Filter (zum Beispiel Tiffen R29)
    – Wellenlängen unter circa 630 nm bis 700 nm werden nicht durchgelassen.
    – Für das Auge ist das Motiv im dunklen Rot zu erkennen.</li

Je höher die Grenze der absorbierten Wellenlängen bei dem Filter liegt, desto stärker kommen die Infrarot-Effekte zur Geltung. Infrarot-Farbaufnahmen sind mit normalen und Dunkelrot-Filtern umsetzbar. Die beschriebenen Filter hatten ihren Einsatzhöhepunkt bei Filmproduktionen zu Zeiten der analogen Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Nach einer ausführlichen Recherche unter den Filmequipment-Verleihern in Deutschland stellte ich fest, dass es aktuell nur einen Verleiher gibt, der IR-Passfilter (RG830 und RG695) in der üblichen Panavision-Größe (4 x 5, 65 Zoll) anbietet. Bei den verfügbaren Filtern handelt es sich um RG-Langpassfi lter der Schott AG, welche in den unterschiedlichen Abstufungen vom Hersteller angeboten werden. Mit dem Einsatz von Farbfiltern, welche aus der Schwarz-Weiß-Kinematografie bekannt sind, werden zusätzlich zum Infrarot auch sichtbare Wellenlängen zum Sensor zugelassen. Dies kann zusammen mit einer Infrarot-Farbkamera zu wirkungsvollen Ergebnissen führen. Die Auswirkungen einiger IR-Pass- und Farbfilter werden später beispielhaft gezeigt.

Verhalten der Objektive bei direkter Lichteinstrahlung im Infrarot

Versuchsaufbau

Dieses spielt eine wichtige Rolle bei Filmaufnahmen. Reflexionen, welche sich aufgrund dieser Einstrahlung bilden, sind manchmal störend, aber auch öfter erwünscht und ihnen kommt eine große gestalterische Rolle zu. Wie die Objektive auf eine direkte Einstrahlung im Infrarotbereich reagieren, soll im folgenden Versuch gezeigt werden.
Unter Studiobedingungen wurden Aufnahmen mit einer Kamera und jeweils unterschiedlichen Objektiven durchgeführt. Als Lichtquelle diente eine 2-Kilowatt-Kunstlicht-Stufenlinse von Arri. Die Lichtquelle befand sich in einem Abstand von circa 10 Metern und in einer Höhe von circa 4 Metern von der Kamera entfernt und wurde mit voller Leistung betrieben. Bei dem Versuch wurden Aufnahmen mit dem internen BG87C-Filter bei Blende f:5,6 und konstanten Kameraeinstellungen erstellt.

Auswertung

Bei einer frontalen Einstrahlung des Lichts fällt das Verhalten der Master Prime und Ultra Prime besonders auf (siehe Abbildung 1a) und b). Dabei bilden sich in der Aufnahme hell leuchtende Ringe. Bei diesen handelt es sich um Geisterbilder, welche in Folge einer Reflexion an den Linsenfassungen entstehen. Eine Spiegelung an einem externen Filter ist ausgeschlossen, da bei dem Versuch ein interner IR-Passfilter eingesetzt wurde, der direkt vor dem Sensor platziert ist.

Deswegen sind diese Reflexionen auf die Beschichtung der Linsenfassungen zurückzuführen, die ein anderes Verhalten im Infrarot aufweist. In der Abbildung 3 wurden beide Objektive weiter abgeblendet, was den Effekt noch verstärkte. Bei dem Objektiv Cooke S3 lässt sich eine Reflexion an der Blende feststellen. Diese ist in der Abbildung 1.f) bereits als achtkantiger Stern um die Lichtquelle zu erkennen. Beim Abblenden des Objektivs wird dieser Stern immer größer, wobei sich einzelne Seiten der Blende erkennen lassen.
Bei dem Objektiv Zeiss Standard bildet sich bei einer geschlossenen Blende ein Kreis aus Strichen um die Lichtquelle. Das Objektiv Zeiss HS zeigt die gleiche Erscheinung, wobei der Kreis um die Lichtquelle einen dreidimensionalen Charakter aufweist. Der gleiche Effekt tritt am stärksten bei der Cooke S4i auf. Hier werden Refl exionen in Form einer „Diskokugel“ erzeugt. Bei den seitlichen Aufnahmen scheinen alle Objektive eine große Streuung auf das Bild zu erzeugen (siehe Abbildung 2). Je nach Bauform der Blende wird, wie auch bei Aufnahmen im sichtbaren Bereich, ein Bokeh mit runden (siehe Master-Prime-Abbildung 2.a) sechskantigen (siehe Zeiss-Standard-Abbildung 2.c) und anderen Flares erzeugt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass alle Objektive unerwartete Reflexionen bei Aufnahmen im Infrarot produzieren.

Möglichkeiten und Grenzen der Belichtungssteuerung

Um die Belichtung einer klassischen Aufnahme mit der Kamera zu kontrollieren, stehen dem Kameramann folgende Parameter zur Verfügung: ND-Filter; Blende; ISO/ASA (EI); Belichtungszeit (Shutter Angle). Bei Aufnahmen im Infrarotbereich müssen allerdings einige Einschränkungen bei der Verwendung berücksichtigt werden.

ND-Filter

Die klassischen ND- sowie ND-IR-Sperrfi lter in Panavision-Größe (4 x 5, 65 Zoll), beispielsweise von Tiffen oder Schneider, haben bei Aufnahmen im IR-Bereich keine Auswirkung. Es werden allerdings optische Filter hergestellt, welche eine Verringerung der Transmission im IR-Spektrum bewirken. Diese finden aktuell ihren Einsatz eher in der Industrie. Aktuell führt kein großer Filmgeräteverleiher in Deutschlang ND-Filter für den IR-Bereich in seinem Angebot.

Belichtungszeit

Allgemein dient die Belichtungszeit bei Filmaufnahmen weniger zur Belichtungssteuerung, sondern zur Kontrolle der Bewegungsunschärfe im Bild. Außerdem wird durch die Feinjustierung der Belichtungszeit eine fehlerfreie Aufzeichnung mit künstlichen Lichtquellen ermöglicht. Da allerdings die gängigen ND-Filter nicht im IR-Bereich greifen, muss teilweise bei hellen Außenmotiven die Belichtungszeit reduziert werden, um die Überbelichtung des Motivs zu vermeiden.

Blende

Bei der Wahl der Blende muss berücksichtigt werden, dass die Beugung bei Infrarotstrahlen stärker als beim sichtbaren Licht auftritt. Das bedeutet, dass die Abbildungsunschärfe durch Beugung beim Abblenden des Objektivs früher als beim sichtbaren Licht in Erscheinung tritt.

Elektronische Verstärkung (ISO/ASA/EI)

Auch die Wahl der kleineren ISO-Zahlen rückt bei Infrarotaufnahmen ohne den Einsatz eines geeigneten ND-Filters mehr in den Vordergrund. Hier ist der Spielraum indes auf einer Seite bei Verstärkung durch das Rauschen und auf der anderen durch die Belichtungskapazität des Sensors relativ eng begrenzt.

Objektive

Aktuelle PL-Mount-Objektive, welche für den Cine-Bereich bestimmt sind, werden in der Regel für die Aufnahmen im sichtbaren Licht korrigiert, jedoch nicht für das IR-Spektrum. Infolge von Dispersion werden die verschiedenen Wellenlängen unterschiedlich stark gebrochen. Das scharfe Bild der Infrarotstrahlen liegt ein Stück weiter hinter dem Objektiv als das von sichtbaren Strahlen hervorgerufene Bild. Dies liegt daran, dass die IR-Strahlen weniger gebrochen werden, für diese daher die Brennweite des Objektivs geringfügig länger ist – Fokusdifferenz. Somit müssen bei der Aufnahme im Infrarotbereich die folgenden Aspekte bedacht werden.

Fokussierung

Generell kann davon ausgegangen werden, dass im Super-35-Format bei Objektiven bis zu einer Brennweite von 80 Millimetern die Fokusdifferenz bei mittlerer Abblendung unbedeutend ist. Ferner muss auch berücksichtigt werden, dass, wenn eine Aufnahme im Spektrum von zum Beispiel 700 Nanometern bis 1.100 Nanometern stattfi ndet, die unterschiedlichen Wellenlängen nicht in einem Brennpunkt abgebildet werden. Je breiter das Spektrum der refl ektierten Wellenlängen eines Objekts ausfällt, desto weicher erscheint somit seine Abbildung bei der Aufnahme.

Abbildungsfehler

Hot Spot ist ein am häufigsten auftretendes Artefakt bei Infrarotaufnahmen. Dieser wirkt sich als ein heller Fleck in der Mitte der Abbildung aus. Linsenoberfl ächen und die mechanischen Bauteile des Objektivs (Linsenfassungen, Blenden, Gehäuse) streuen das Licht. Dieses Streulicht kann zum Teil auf die Bildebene gelangen und wirkt sich als ein diffuser strukturloser Hintergrund aus.
Zum Teil können auch scharfe Reflexionen auftreten, die als Hot Spot bezeichnet werden. Ebenso reflektiert der Sensor einen Teil des Lichts. Durch Mehrfachreflexionen kann dieses Licht wieder auf die Bildebene gelangen. Es entsteht zum eigentlichen Bild ein überlagertes, meist unscharfes Geisterbild.
Um dem Streulicht entgegenzuwirken, werden die modernen Linsenoberflächen meist vergütet, aber auch die mechanischen Teile erhalten eine Beschichtung. Vergütungen werden für einige Wellenlängen optimiert und sollen somit für einen möglichst großen Teil des sichtbaren Lichts die Transmission verbessern, indem diese die Reflexion minimiert. Diese Maßnahmen für die Optimierung der abbildenden Optik gelten nicht für die Infrarotwellenlängen. Daher ist ein Auftreten von Lichtstreuungen und ungewöhnlicher Mehrfachrefl exionen bei Aufnahmen im Infrarotbereich wahrscheinlicher.

Infraroteffekte vorgestellt

Wood Effekt

Einer der wohl bekanntesten und auffallendsten Effekte bei Aufnahmen im Bereich des Nahinfrarots ist der Wood-Effekt. Der Name hängt mit seinem Entdecker Robert W. Wood zusammen, der als Erster das Phänomen beobachtete, dass beim Einsatz eines tiefdunklen Rotfilters von 720 Nanometern das Laub der Bäume und das Gras komplett weiß wiedergegeben werden (siehe Abbildung 5). Von der künstlerischen Seite gesehen, bringt der Effekt interessante Gestaltungsmittel hervor. Das Laub hebt sich vom dunklen Stamm und den Ästen enorm ab. Auch spielt die dunkle Wiedergabe des Himmels in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, die diesen Kontrast weiter verstärkt. Solch eine Dynamik ließe sich mit Mitteln der Aufzeichnung im sichtbaren Bereich nicht erreichen, da die grünen Blätter mit dem dunklen Stamm bildlich zusammenfließen. Zudem spielen folgende Faktoren eine Rolle:
Typ des Laubes: Laubbäume reflektieren stärker Infrarot als Nadelhölzer.
Zustand des Laubes: Frühlingsgrün absorbiert und reflektiert anders als Herbstgrün, vertrocknete oder kranke Blätter anders als frische und gesunde.
Vegetationszone: Bäume inmediterranen Ländern reflektieren nicht so stark IR wie in den gemäßigten Zonen. Gebirgspflanzen reflektieren das Infrarot doppelt so stark als Pflanzen der Ebene.
Aufzeichnungsspektrum: Die besten Ergebnisse werden mit Ausschluss des sichtbaren Lichts erzielt. Werden die Wellenlängen unter 700 Nanometern durch einen Filter gesperrt, ist der Effekt bereits deutlich zu erkennen.

Nacht-/Mondschein-Effekt

Beim Mondschein-Effekt handelt es sich um eine optische Täuschung bei der Betrachtung der Infrarotaufnahmen. Hierzu wird die Eigenschaft der Abbildung vom Himmel ausgenutzt. An einem sonnigen Tag erscheint der blaue Himmel bei Aufzeichnung im Infrarot schwarz, was durch ein geringes Reflexionsvermögen des Himmels für Infrarotstrahlung hervorgerufen wird. Je blauer der Himmel bei der Aufzeichnung, desto intensiver tritt der Effekt hervor. Um den Mondschein-Effekt zu verstärken, sollten weitere bildgestalterische Aspekte beachtet werden:
– Der Himmel sollte möglichst keine Wolken enthalten.
– Das Hauptmotiv muss hell sein, um so zu wirken, als würde dieses das Mondlicht spiegeln.
– Das Motiv sollte möglichst groß gefasst sein, um die Details auszulassen, die den Effekt stören könnten.
Schließlich sollte die herrschende Stimmung analysiert werden. Zwar hilft der Infrarot-Effekt, jedoch ist dies kein Erfolgsgarant für ein perfektes Nachtbild. Sollte der Mondschein-Effekt beispielsweise in der Stadt angewandt werden, würden hier die Lampen, die nicht leuchten, die Illusion zerstören. Daher eignet sich dieser Effekt am besten bei Landschaftsaufnahmen.

Durchdringung der Medien

Ob ein Medium die auftreffende Strahlung absorbiert oder reflektiert, hängt von den Eigenschaften des Körpers und der Wellenlänge der auftreffenden Strahlung ab. Daher reagieren die Materien auf die Infrarotstrahlung anders als auf das sichtbare Licht. Einer der bekanntesten Infraroteffekte, welcher seinen größten Einsatz beim Militär und in der Wissenschaft erfährt, ist die „Dunstdurchdringung“. Die Atmosphäre ist kein klares Medium, sondern ist mit Wassertröpfchen und Staubpartikeln durchsetzt. So kommt es, dass bereits die kleinsten Partikel in der Luft auch an klaren Tagen einen Dunstschleier erzeugen. Dieser Dunstschleier wird allerdings von der Infrarotstrahlung ohne Weiteres durchdrungen. Dabei ist zu beachten: Je dichter der Dunst, desto weniger gelingt eine Durchdringung der Infrarotstrahlung. Somit sind mit der Infrarotstrahlung keine Aufnahmen durch Nebel oder Wolken möglich. Gestalterisch gesehen, wirken die Aufnahmen allerdings „flacher“, weil der Hintergrund weiter nach vorne rückt und nicht mehr im Dunst verschwindet. Auch bei verschiedenen Textilstoffen treten im Infrarot charakteristische Unterscheidungsmerkmale des Reflexionsvermögens auf. Stoffe mit gleicher Farbe, die im sichtbaren Licht gleich aussehen, können im Infrarot wesentliche Unterschiede aufweisen. Besonders bei Schwarz wird je nach verwendetem Textilstoff die Kleidung teilweise komplett weiß wiedergegeben.

Porträtaufnahmen

Menschliche Haut zeigt im Infrarotbereich ein besonders starkes Reflexionsverhalten. Die Infrarotstrahlung dringt tiefer in die Hautstruktur als andere Wellenlängen ein. Das Maximum wird im Nahinfrarot erreicht. Dies hat zur Folge, dass nicht nur Hautporen und Sommersprossen in der Aufnahme verschwinden, sondern auch Hautunreinheiten und Rötungen nicht mehr dargestellt werden. Die Haut erscheint homogen und vollkommen glatt und wirkt teilweise wie Porzellan. Die Lippen wirken auf den Aufnahmen meist blass und „blutlos“, dem mit dunklen Schminkfarben entgegengewirkt werden muss. Auch die Wirkung der Augen im Infrarot nimmt einen „surrealen“ Charakter an, was teilweise durch eine besonders schwarze Darstellung der Pupillen, hervorgerufen wird.

Arri Alexa B+W

Auf dem Markt der professionellen Cine-Kameras gibt es aktuell Arri und RED, die infrarotfähige Kameras offiziell anbieten. Die Baureihe Arri Alexa XT Plus B+W bietet alle Funktionen der Alexa XT Plus kombiniert mit dem modifizierten Alev-III-CMOSSensor ohne Bayer-Pattern. Auf dem Sensor ist kein Tiefpassfilter und kein Infrarot-Sperrfilter verbaut, deswegen ist die Kamera im sichtbaren und Infrarotbereich empfindlich und in der Lage, nur Schwarz-Weiß-Bilder aufzunehmen. Durch die fehlende Filterung und das Bayer-Pattern vor dem Sensor steigt nicht nur die Grundempfindlichkeit (Exposure- Index 2.000) der Kamera, sondern auch die Auflösung, da auf den De-Bayering-Prozess verzichtet wird. Die XT-Baureihe verfügt über ein internes Raw-Aufzeichnungsmodul. Mithilfe des internen Filtermodules (IFM) ist es möglich, wechselbare Filter direkt vor dem Sensor anzubringen. Folgende Filter stehen für die Kamera bereit:

  • BG39-Filter (Schott BG39, Dicke 1.0 mm): IR-Block, S/W-Aufnahmen nur im sichtbaren Bereich.
  • BG87C-Filter (Schott RG830, Dicke 1.0 mm): IR-Pass; S/W-Aufnahmen nur im Infrarotbereich. Der vom Rental verwendete Name BG87C ist irreführend, soll aber wohl einen Hinweis darauf geben, dass ein ähnliches Resultat erzielt wird wie beim Tiffen-87C-Filter.

Im Falle, dass mit der Alexa B+W Infrarotaufnahmen entstehen sollen, welche auch Teile des sichtbaren Lichts beinhalten, muss auf einen externen Transmissionsfilter zurückgegriffen werden. Gleichzeitig muss intern auf den BG87C verzichtet werden. Dies kann dazu führen, dass bei der Verwendung eines für sichtbares Licht kalibrierten Objektivs der Brennpunkt deutlich hinter der Bildebene liegt. Damit lässt sich der Fokuspunkt im Unendlich nicht erreichen.

RED (IR)

Aktuelle RED-Kamera-Modelle wie Epic-X Dragon und Scarlet Dragon lassen sich durch den Einsatz eines DSMC IR-Pass OLPF (Optical- Low-Pass-Filter) zu einer infrarotempfindlichen Kamera modifizieren. Einerseits sorgt der Filter für Unterdrückung der hohen Frequenzen im Bild, welche den Moiré-Effekt auslösen könnten. Andererseits wird bei der Verwendung der auf sichtbares Licht kalibrierten Objektive der optische Gang der eintreffenden Wellenlängen in der Kamera aufrechterhalten und der sichtbare Teil der Strahlung auf der Sensorebene scharf abgebildet. Voraussetzung dafür ist, dass der Body mit dem DSMC-Interchangeable-OLPF-System kompatibel ist. Alle Modelle, die nach dem 3. Oktober 2014 produziert wurden, sind bereits mit diesem System ausgestattet. Auch die RED Epic-X Monochrome lässt sich mit dem eigenen DSMC IR-Pass OLPF (Monochrome) für Infrarotaufzeichnung erweitern. Für die Versuchsreihen, die im weiteren Verlauf beschrieben werden, stand eine RED Epic-X Mysterium-X mit dem IR-Pass OLPF zur Verfügung. Im Vergleich zu Arri Alexa B+W besitzt die Epic-X-X ein Bayer-Pattern und ist somit für Infrarot-Farbaufnahmen geeignet. Eine Möglichkeit der internen Infrarot-Pass-Filterung wie bei der Arri Alexa XT bietet die RED Epic-X-X IR nicht. Für die Aufnahmen im NIR ohne sichtbare Anteile des Lichts müssen externe Filter vor dem Objektiv eingesetzt werden. Mit der Verwendung eines externen Hot-Mirror-(IR-Sperr-) Filters sind Aufnahmen ausschließlich im sichtbaren Bereich möglich.

Postproduktion

Da es sich bei Arri Alexa B+W um monochrome Aufnahmen handelt, ist der übliche De-Bayering-Prozess überflüssig. Dies ist auch der Grund, warum die Kamera nur im Raw-Format aufzeichnet. Zum anderen hat dies den Vorteil, dass die Auflösung nativ vom Sensor auf das Videomaterial übertragen werden kann. Die Möglichkeit, Arri- Raw-Material ohne De-Bayering weiterzuverarbeiten, besteht aktuell nur über den Arri Raw Converter. Das Material wird von der Software als monochrom erkannt und zum Export in Formaten wie .dpx, .tiff oder Open EXR bereitgestellt. Alle Screenshots der Arri Alexa wurden direkt in der Software im .jpg-Format generiert. Das Material der RED Epic-X IR muss immer einem De- Bayering-Prozess unterzogen werden. Auch wenn es bei der Verwendung eines starken IR-Passfilters, der zu einem monochromen Bild führt, nicht notwendig wäre. Nur mit einer RED Epic-X Monochrome lässt sich dieser Prozess umgehen. Bei der Auswahl der Aufnahmeformate gibt es keinen Unterschied im Vergleich zu den normalen RED-Kameras.

Versuchsreihen

Das Ziel der Testreihen, die im weiteren Verlauf beschrieben werden, ist, die charakteristischen Infrarot-Effekte zu analysieren und auszuwerten. Hierfür wurden unter Berücksichtigung der technischen Anforderungen moderner Produktionen drei praxisnahe Versuchsreihen durchgeführt. Die verwendeten Systeme verfolgen zwei unterschiedliche Ansätze der Bildverarbeitung, die Arri Alexa (Schwarz-Weiß) und die RED Epic-X (Farbe). Daher wird kein Vergleich der Systeme sondern eine Analyse der unterschiedlichen Infrarottechniken angestrebt. Folgende Kameramodelle und Softwareversionen kamen zum Einsatz:

  • Arri Alexa XT Plus B+W
    (Sensortyp: Alev III Alexa,
    Software-Version: SUP AlexaX_9.0)
  • RED Epic-X-X IR
    (Sensortyp: Mysterium-X S35, Software-Version: 5.1.49)

Bei der Auswahl der Objektive wurde ein Querschnitt der aktuell gängigsten PLMount- Objektive bei professionellen Filmproduktionen getroffen. Dabei wurde eine Bandbreite angestrebt: Von älteren Modellen, die aktuell eine Renaissance erleben, bis zu modernen hochentwickelten Objektiven, die es zurzeit auf dem Markt gibt.

Infraroteffekte vorgestellt

Gestaltung durch Farbfilter bei Fullspectrum-Aufnahmen

a sich bei Infrarotaufnahmen besonders eindrucksvolle Effekte im Freien erzielen lassen, soll mit der folgenden Versuchsreihe die Auswirkung der IR-Pass- und Farbfilter bei Landschaftsaufnahmen aufgezeigt und analysiert werden. Folgende Versuchsreihe wurde unter realen Bedingungen durchgeführt. Für den Versuch wurde die RED Epic-X mit unterschiedlichen Filtertypen eingesetzt. Die Aufnahmen entstanden in der ersten Juliwoche bei einer hochstehenden Sonne zur Mittagszeit. Die Blende wurde anhand des Kamerahistogramms bei jedem Filter einzeln ermittelt, sodass das ganze Motiv richtig belichtet werden konnte. Der Weißabgleich wurde in der Postproduktion durchgeführt, wobei als Referenz das Weiß der Filmklappe verwendet wurde. Die Ergebnisse in der Abbildung 7 zeigen den Effekt, dass der Himmel und das Wasser in der Farbe des Filters wiedergegeben werden. Dabei ist die Sättigung der Farbe umso kräftiger, je stärker die Eigenfarbe des Filters ist. Der Wood-Effekt ist bei allen verwendeten Filtern deutlich zu erkennen, allerdings ist je nach Art des Filters das Gras und das Laub der Bäume eingefärbt. Die Fullspectrum-Aufnahme weist dagegen den geringsten Wood-Effekt auf, da sich hier die meisten Anteile der sichtbaren Strahlen mit dem Infrarot vermischen. Abschließend lässt sich festhalten, dass sich bei sonnigen Wetterverhältnissen eine große Vielfalt an Farbkreationen des Himmels erstellen lässt. Der Einfl ussfaktor für die Farbgebung ist die Stärke des verwendeten Farbfilters.

Postproduktion und Abbildungseigenschaften der Objektive in Infrarot

DDie REDCode-Raw-(R3D)-Aufnahmen wurden mit dem Programm REDCine-X Pro verarbeitet. Alle Screenshots der RED Epic-X, die in diesem Bericht abgebildet sind, wurden direkt in der Software im .jpg-Format generiert.
Die meisten PL-Objektive wurden für die Aufnahmen im sichtbaren Bereich entwickelt. Bei modernen Baureihen werden die Gläser vergütet und die internen mechanischen Teile beschichtet, um die Refl exionen im sichtbaren Bereich zu minimieren. Das Reflexionsverhalten der Objektive im Infrarot kann allerdings unerwartete Bildfehler auslösen.
Um die Objektive bei unterschiedlichen Infrarotverhältnissen zu testen, wurden zwei Versuchsreihen durchgeführt. Versuchsreihe A fand im Studio bei kontrollierten Bedingungen mit einer Kunstlichtquelle statt, dabei wurde der RG830-Filter verwendet. Versuchsreihe B wurde außen mit der Sonne als natürlicher Lichtquelle mit einem RG695- Filter durchgeführt.

Versuchsaufbau A

Als Lichtquelle wurde in der Versuchsreihe A eine Barger Lite 3 x 800 W mit einer Chimera (1/2 Quartz) sowie einem Gitter verwendet. Die gemessene Blende f:5,6 (ISO 800, 24 p) ist die Referenz für Aufnahmen im sichtbaren Bereich. Für die Belichtung im IR wurde das False Color der Kamera genutzt und mit dem Cooke-S4i-Objektiv die Blende so eingestellt, dass das mittlere Grau richtig belichtet ist. Als Ergebnis wurde hier die Blende 4 ermittelt.

Versuchsaufbau B

Die Aufnahmen entstanden in der ersten Juliwoche bei einer hochstehenden Sonne zur Mittagszeit. Die Blende wurde anhand des Kamerahistogramms ermittelt, sodass das ganze Motiv richtig belichtet werden konnte. Für den Filter RG695 wurde die Blende 16 festgelegt.

Auswertung

Generell kann aus der Versuchsreihe A festgehalten werden, dass der Unterschied bei der Belichtung zwischen dem sichtbaren Licht (gemessen f:5,6) und dem Infrarot mit einer Cooke S4i (f:4) unter Kunstlicht etwa eine Blende beträgt. Dies deutet auf eine hohe Empfindlichkeit des Sensors im Infrarot. Jedoch hat auch die Lichtquelle hier einen großen Einfluss, da das Kunstlicht das Emissionsmaximum im Infrarot hat. Das Verhalten des Objektivs spielt hier ebenfalls eine signifikante Rolle.
Aus der Versuchsreihe A ist ein deutlicher Unterschied im Kontrastverhalten zwischen den einzelnen Objektiven feststellbar. Zuerst muss festgehalten werden, dass es generell einen Unterschied zwischen neuen und älteren Modellen gibt. Betrachtet man die Aufnahmen von aktuellen Modellen wie Master Prime oder Cooke S4i so ist ein Helligkeitsverlust gegenüber den älteren Modellen wie Zeiss HS oder Cooke S3 zu verzeichnen (Abb. 10). Der Grund hierfür könnte die Vergütung der Objektive sein, welche bei den modernen Baureihen die Infrarotstrahlung stärker reflektiert, sodass weniger davon an den Sensor gelangen kann. Im Diagramm 1 ist das Kontrastverhalten einzelner Objektive bei dem Versuch A dargestellt. Dazu wurden die Werte der sechs Graustufen der Testtafel mit der Software Davinci Resolve abgelesen. Je flacher der Kurvenverlauf ist, desto kontrastarmer ist das jeweilige Objektiv. Diese Angaben sind allerdings nur eine Referenz, um zwischen den getesteten Objektiven einen Vergleich zu ziehen. Um eine exakte Aussage über das Kontrastverhalten einzelner Objektive treffen zu können, wäre eine Messung mit einem Motiv nötig, das den vollen Dynamikumfang der Kamera ausnutzt.
Schlussfolgernd aus dem Diagramm 1 und den Werten aus Tabelle 1 besitzt die Master Prime die geringste Dynamik zwischen den getesteten Objektiven bei der Wiedergabe zwischen dem Weiß und dem Schwarz der Testtafel im Infrarot. Dahingegen kann das Objektiv Cooke S3 den größten Kontrast im Infrarot wiedergeben (siehe Tabelle 1).

Infraroteffekte vorgestellt

Hauttonwiedergabe im Infrarotspektrum

Folgende Versuchsreihe hat als Ziel, den Einfluss unterschiedlicher IR-Pass- und Farbfilter auf die Hauttonreproduktion bei Aufnahmen im Infrarotspektrum zu untersuchen. Dabei wurden Aufnahmen mit der RED Epic-X sowie unterschiedlichen Filterkombinationen durchgeführt. Die Versuche haben etwa zwei bis drei Stunden in Anspruch genommen, somit gilt es, die Veränderung der Lichtverhältnisse in der Auswertung zu berücksichtigen. Während der ganzen Versuchsreihe wurde die Position der Kamera nicht verändert. Die Grautafel, welche bei den Aufzeichnungen verwendet wurde (siehe Abbildung 13 unten), soll aufgrund ihrer schlechten Qualität und einer unvollständigen Ausleuchtung nicht gewertet werden. Für eine Beurteilung der Hauttöne wird der Proband in einem Close-up aufgenommen. Wird das sichtbare Licht mit einem RG830-Filter ausgesperrt, wie in der Aufnahme der Abbildung 12.e), fällt eine äußerst weiche Hautdarstellung auf. Dies kommt dadurch zustande, dass zum einen die Infrarotstrahlung von tieferen Hautschichten mehr reflektiert wird als das sichtbare Licht und zum anderen ist das Objektiv nicht für Infrarot korrigiert – somit werden die von Haut reflektierten Wellenlängen nicht in einer Ebene auf dem Sensor abgebildet. Betrachtet man die Farbfilteraufnahmen mit der RED Epic-X in Abbildung 12.g) bis n), so lässt sich feststellen, dass durch die Verwendung der Filter die Hauttöne deutlich verfremdet werden. Einerseits findet hier eine Verfälschung der Farbtonwiedergabe durch die Infrarotstrahlung statt, andererseits werden je nach Spezifikation des Filters Farben aus dem sichtbaren Bereich des Lichts absorbiert. Des Weiteren gibt es merkliche Unterschiede beim Umgang mit dem Weißabgleich für Aufnahmen, die mit einem Farbfilter erstellt wurden. In der Abbildung 14 sind vier Beispiele einer Aufnahme (Abbildung 12.g) dargestellt, die mit einem R29-Filter aufgezeichnet, allerdings mit unterschiedlichen Weißabgleicheinstellungen exportiert wurden. Die Abbildung 14.a) zeigt das Bild mit automatischem Weißabgleich, welcher am Set mit einer Graukarte durchgeführt wurde. Die Abbildung 14.b) zeigt die Einstellung WB:5600, entstanden im Postproduktionsprozess. In der Abbildung 14.c) wurde der Weißabgleich ebenfalls im Postproduktionsprozess durchgeführt, wobei das Weiß des Colorcheckers als Referenz genommen wurde. Anschließend zeigt die Abbildung 14.d) einen Weißabgleich, bei dem das Mittelgrau des Colorcheckers als Referenz für den Weißabgleich verwendet wurde. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Intensität der Hauteinfärbung von der Stärke des verwendeten Farbfi lters abhängt. Eine nachträgliche Verbesserung der Hauttöne in der Postproduktion wäre aufgrund der fehlenden Farbinformationen nur bedingt möglich. Eine übernatürlich weiche Darstellung der Haut ist mit Ausschluss der sichtbaren Wellenlängen möglich und hängt von dem eingesetzten IR-Passfilter ab.

Besonders interessant ist die Hauthelligkeitswiedergabe bei den Versuchsreihen A und B. Während das Objektiv Cooke S3 in der Versuchsreihe A das Gesicht des Probanden fast überbelichtet darstellt, sind diese Auswirkungen in der Versuchsreihe B nicht vorhanden (Abb. 10 und 11). Dieses Ergebnis könnte ein Zusammenspiel folgender Faktoren sein: Die Sonne hat das Strahlungsmaximum bei 500 Nanometern, das Emissionsmaximum einer Kunstlichtquelle liegt im Infrarot, das Refl exionsmaximum der menschlichen Haut liegt an der Grenze zu Infrarot.
Aus diesen Anhaltspunkten ergibt sich, dass hier eine verstärkte Emission der Kunstlichtlampe in einem bestimmten Wellenlängenbereich des Infrarots eine besonders starke Refl exion der Haut verursacht haben kann. Durch die Vergütung der Objektive werden bestimmte Wellenlängen der Infrarotstrahlung bei den modernen Objektiven herausgehalten, jedoch nicht bei den älteren Modellen, was schließlich für höhere Helligkeitswerte sorgte. Der Hot-Spot-Effekt wurde in der Versuchsreihe A nicht festgestellt. Bei der Versuchsreihe B tritt der Hot Spot bei einigen Objektiven in Erscheinung, obwohl die Intensität von dem verwendeten Filter abhängt. Bei den Aufnahmen mit dem RG695-Filter und durchgeführtem Weißabgleich tritt der Hot Spot in einer bläulichen Farbe auf, was diesen schneller bemerkbar macht im Vergleich zu reinen Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Folgende Tabelle 2 gibt einen Überblick, bei welchen Objektiven eine Steigerung der Helligkeit in Form eines Kreises in der Mitte des Bildes auftritt (Hot Spot):

Fazit

Die getesteten PL-Prime-Objektive zeigen alle unkontrolliertes Verhalten oder Artefakte im IR-Bereich. Meist handelte es sich dabei um Refl exionen der Linsenfassungen, der Blende oder anderer Mehrfachrefl exionen, deren Herkunft nicht eindeutig verortet werden konnte. Diese Refl exionen gehen auf die Beschichtungen im Objektiv und den Linsen zurück, welche nicht für das Infrarotspektrum ausgelegt sind. Bei der Kontrastwiedergabe zeigen die Versuche, dass die Objektive mit modernen Vergütungen ein „flacheres“ Bild im Vergleich zu den älteren Modellen zeigen. Auch ließ sich eine höhere Anfälligkeit für den Hot-Spot-Effekt bei neuen Modellen, wie beispielsweise Master Prime und Cooke S4i, feststellen. Ein weiteres Resultat war, dass sich der Hot Spot stärker in einer Farb-Infrarotaufnahme bemerkbar macht als in einem monochromen Bild. Für die Fokussierung bleibt durch die fehlende Korrektur der Objektive nur die Möglichkeit, sich auf den Monitor zu verlassen. Aufgepasst: Viele Objekte erzeugen mit der Dispersion ein „weiches“ Bild im Infrarotbereich.
Mit dem Einsatz eines normalen IR-Passoder Rotfi lters kann mit einer Fullspectrum- Farbkamera, wie RED Epic-X, ein Farbbild erzeugt werden. Die Versuche zeigten, dass die Ausgrenzung der sichtbaren Strahlen um 830 Nanometer bei der RED Epic-X zu einem monochromen Bild führt. Mit der Verwendung der Farbfi lter auf RED Epic-X ließen sich verschiedene Farbkreationen der Landschaften schaffen. Bei sonnigen Wetterverhältnissen lassen sich zum Beispiel Himmel und Wasser gut beeinfl ussen. Diese nehmen die Farbe des verwendeten Farbfi lters ein.
Ein wichtiger Aspekt, der bei Infrarotaufnahmen beachtet werden sollte, ist die Wiedergabe von Hauttönen. Aufnahmen mit einem kompletten Ausschluss der sichtbaren Strahlen (monochromes Bild) haben gezeigt, dass die Haut äußerst glatt und strahlend wirkt, wie mit einem Weichzeichner-Filter. Bei dem Einsatz von Farbfiltern und der Zulassung sichtbarer Strahlen wurde festgestellt, dass der Effekt nachlässt und die Struktur der Haut zunehmend erkennbar wird. Die Ergebnisse bei der Verwendung von Farbfiltern mit der RED Epic-X ergaben, dass die Hauttöne stark entfremdet und unnatürlich wirken.
Ein besonderes Augenmerk liegt bei Infrarotaufnahmen auf dem Weißabgleich. Es kann bei der Verwendung von Farbfiltern und einer Fullspectrum-Kamera zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nachdem ob der Weißabgleich am Set oder in der Postproduktion durchgeführt wird. Um die Reproduktion des am Set eingestellten „Looks“ zu gewährleisten, wird empfohlen, vor Ort Farbtemperatur und Tilt-Wert zu speichern. Aus gestalterischer Sicht haben Infrarotaufnahmen durchaus Potenzial für eine neue Bildsprache. Effekte, die durch Aufnahmen im Infrarotbereich erzielt werden können, sind für den Zuschauer noch nicht bekannt und bieten einen ungewohnten Blick auf die Welt. Einen großen Reiz bergen unerwartete Reaktionen von Materien. Für Filmemacher gilt, die se zu entdecken und neue Ideen zu verwirklichen. Die größte Problematik von Farb-Infrarot sind die starken Farbverfälschung der menschlichen Haut.
Die Integration von Infrarotaufnahmen in die üblichen Produktionsabläufe kann insgesamt als sehr positiv bewertet werden. Durch Videovorschau und Belichtungshilfen der Kameras lassen sich technisch korrekte Bilder generieren. Bei der Wahl der Objektive ist es empfehlenswert, auf ältere Modelle zu setzen, da im Vergleich zu moderneren Baureihen ein kontrastreicheres Bild zu erwarten ist. In Bezug auf die Szenerie lassen sich auch IR-Studioaufnahmen mithilfe von Kunstlicht aufzeichnen, allerdings können die ausdrucksvollsten Effekte bei Außenaufnahmen beobachtet werden. In den Versuchen wurde gezeigt, dass Infrarotaufnahmen nicht nur ein spannendes, sondern auch ein Themengebiet sind, auf dem sich gerade viel bewegt. Sie ermöglichen es Kameraleuten, einen Schritt weiter zu gehen und neue Gestaltungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Dem Zuschauer öffnet sich durch das „Sichtbarmachen des Unsichtbaren“ ein völlig neuer Blick auf die Welt.

Text von Daniel Erpilev

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