Flambierte Bilder – Flame Painter 4

Kurz nach Flame Painters 10. Geburtstag hat das slowakische Team um Peter Blaškovič Version 4 (aktuell 4.01) des Effekt-Malprogramms für flammende Striche und aberwitzige Partikeleffekte veröffentlicht. Flame Painter ist nur eins von verschiedenen Kreativ-Tools der Firma Escape Motions. Wir berichteten u.a. über eine frühere Version von Flame Painter, Amberlight und Rebelle.

Flame Painter ist ein Malprogramm der etwas anderen Art. Das Hauptmerkmal der Software sind lebendige Pinselstriche, die durch verschiedene Partikelsysteme gesteuert werden. Damit lassen sich faszinierende Effekte erzeugen, die so mit normaler Software kaum – jedenfalls nicht ohne Aufwand – zu realisieren sind. Wer die Software das erste Mal ausprobiert, wird ohne Weiteres verstehen, wie es zu dem Namen des Programms gekommen sein mag.

Brushes – Die Pinselpalette lässt sich mit eigenen Brushes oder per Download erweitern. Oben rechts eingeblendet sind Palettenoptionen, unten Buttons, um auf die Online-Bibliothek zuzugreifen, selbst Brushes zu erstellen und auch der Community zur Verfügung zu stellen.
Brushes – Die Pinselpalette lässt sich mit eigenen Brushes oder per Download erweitern. Oben rechts eingeblendet sind Palettenoptionen, unten Buttons, um auf die Online-Bibliothek zuzugreifen, selbst Brushes zu erstellen und auch der Community zur Verfügung zu stellen.

Das Tool lädt zum Experimentieren mit unterschiedlichsten Brushes und verschiedenen Partikelsystemen ein – mit schier grenzenlosen Möglichkeiten.

Ein kurzer, aber feuriger Einstieg

Die Bedienung des Programms ähnelt der üblicher Malprogramme. Ein Anfang gelingt sicher ohne größeres Studium der Software: Im Prinzip lässt sich nach dem Erzeugen einer neuen Datei und Auswählen eines Brushes direkt drauflosmalen. Die Ergebnisse sind in den meisten Fällen erstaunlich – jedenfalls meist kaum vorhersehbar.

Es gibt standardmäßig unterhalb der gängigen Menüleiste (File, Edit, Layer …) eine Zeichenfläche (Canvas), links angeordnet, eine Tools-Palette, ein Optionsfenster und die Brushes-Bibliothek. Auf der rechten Seite finden sich ein Navigator-Fenster, eine Farbpalette sowie ein Layers-Panel. Die Oberfläche lässt sich den eigenen Anforderungen entsprechend anpassen, indem die Arbeitsfenster skaliert und positioniert werden können. In der aktuellen Version gibt es unter dem Menüpunkt „Window“ die Option „Reset Layout to Default“. So lässt sich nach einem Neustart wieder Ordnung auf dem Bildschirm herstellen. Zum Zeichnen stehen ein Brush- und ein Pen-Tool zur Verfügung. Außerdem gibt es einen Eraser, ein Füllwerkzeug und eine Pipette. Für das Brush-Tool kann eine Symmetrie- und Spiegeloption zugeschaltet werden. Flame Painter verfügt über verschiedene Selektionswerkzeuge (Rechteck, Circle, Polygon, Freihand, Magic Wand) mit Booleschen Funktionen, um Auswahlen zu kombinieren. Mit einem Crop-Tool lassen sich die Kreationen in Form bringen, indem das Canvas zugeschnitten wird (absolut ähnlich dem Freistellungswerkzeug in Photoshop) oder die Bildgröße durch Ziehen an Anfassern verändert wird. Ganz rechts oben befindet sich ein Navigator zur schnelleren Orientierung in großen Dokumenten, darunter das Fenster mit der Farbpalette.

Die deutlich umfangreicheren Preferences finden sich nun unter dem Menüpunkt „Edit“.
Die deutlich umfangreicheren Preferences finden sich nun unter dem Menüpunkt „Edit“.

Unten rechts erinnert das Layers-Window an das Ebenen-Fenster in Photoshop. Eine Besonderheit sind die Vektor-Layer, die es erlauben, Strokes im Nachhinein zu bearbeiten (sowohl Kurvenpunkte als auch Parameter des Partikelsystems). Es ist immer nur ein Strich auf einem Vektor-Layer möglich. Wird der Malstrich unterbrochen und neu angesetzt, dann wird der vorige Strich gelöscht. Es muss also für jeden Strich eine extra Vektor-Ebene erstellt werden.

Brush Creator – je nach gewähltem Partikelsystem, ziemlich viele neue Möglichkeiten durch neue Variablen, die sich alle gegenseitig beeinflussen.
Brush Creator – je nach gewähltem Partikelsystem, ziemlich viele neue Möglichkeiten durch neue Variablen, die sich alle gegenseitig beeinflussen.

Gerade diese Vektorebenen heben Flame Painter vom Hobbytool zum echten Werkzeug, weil nur so eine gewisse Kontrolle über die lebenden Brushes möglich wird. Es ist auch möglich, z.B. SVG-Grafiken zu importieren. Pfaden können nachträglich beliebige Brushes zugewiesen werden.

Flame Painter importiert Photoshop-Dateien sowie die Formate PNG, JPG, BMP und TIF. Bilder können auch direkt aus einem Internet Browser in Flame Painter gezogen werden.
Das Komplexe in Flame Painter sind die Partikelsysteme, die Malmodi des Flame Painter. Standard sind:

  • Flame – der klassische Malmodus, bei dem der Pinselstrich dem Cursor je nach Tempo unterschiedlich oszillierend folgt und dabei die bizarrsten Farbmuster unterschiedlicher Helligkeit erzeugt.
  • Follow – hier folgt der Pinselstrich dem Cursor etwas genauer.
  • Ribbon – den Malmodus nennt das Handbuch „Schleife“.

Für jedes dieser Partikelsysteme lassen sich diverse Parameter einstellen, die sich alle gegenseitig beeinflussen. Hunderte Brush-Effekte (Einstellungen) stehen zur Verfügung, um scheinbar unendliche Variationen von Strichen zu erzeugen.

Neu gebrannt in Flame Painter 4

  • Die Partikelsysteme wurden um die zusätzlich zu erwerbenden „Liner“, „Elastic“ und „Fuzzy“ erweitert. Auf der Seite von Escape Motions warten ca. 250 vorbereitete Brushes (Pinselvoreinstellungen) auf den Download (zu erreichen ist diese Online-Sammlung auch über einen Button in der Bibliothek von Flame Painter, wo es auch einen Button zum Uploaden eigener Kreationen gibt).
  • Der Brush Creator erweitert die Einstellmöglichkeiten der Brushes durch neue Variablen enorm. Leicht können durch Variation vorhandener Brushes eigene Pinsel erzeugt werden. Das Symmetry-­Werkzeug mit Mirror-Option lässt symmetrische Grafiken entstehen, was insbesondere für Maps hilfreich ist.
  • Palette Panel – Das Paletten-Fenster wurde überarbeitet und erweitert. Jetzt gibt es die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Farbmodellen zu wählen (HSV, HSL, HSLuv and RGB). Neben der Farbauswahl lassen sich hier noch die Farbverlaufs- und Image-Bibliothek aufrufen. Gradienten stehen weiterhin nur als lineare Verläufe zur Verfügung. Auch Winkeleinstellungen sind noch nicht möglich. Das passende Farbauswahl-Werkzeug erlaubt, Farben aus der aktiven oder allen Ebenen aufzunehmen, wobei das Tool zum Vergleich die aktuelle Farbe der Palette und die jeweilige Farbe unter dem Cursor zeigt.
  • Neben den Filtern Blur, Glow – der Name sagt es – und Tile Layer, um endlos kachelbare Muster zu erstellen, gibt es 9 neue Filter, u.a. zum Justieren von Helligkeit, Farbe, Kontrast. Weiß oder Schwarz können per Filter transparent geschaltet oder farbige Layer mit verschiedenen Optionen in Grautöne gewandelt werden (Desaturate).
  • Mit dem Photoshop-Plug-in „Flame Painter Connect“ können Ebenen direkt zwischen Flame Painter und Photoshop
    ausgetauscht werden. Allerdings ist Flame Painter Connect für Flame Painter 4 erst mit Photoshop CC 2015 und höher kompatibel.
Eine SVG-Grafik „Stern“ als Vektor-Ebene importiert – links der Brush Creator mit Vorgaben für Partikelsystem „Elastic“.
Eine SVG-Grafik „Stern“ als Vektor-Ebene importiert – links der Brush Creator mit Vorgaben für Partikelsystem „Elastic“.

Fazit

Aus dem anfangs kleinen, experimentellen Tool ist inzwischen eine Anwendung geworden, die nicht nur Spaß bereiten, sondern auch professionellen Ansprüchen genügen will.

Flame Painter ist nach wie vor ein spaßiges Programm, das zum (beinahe) unendlichen Experimentieren einlädt. Aber auch professionellen Anwendern sollte dieses Tool interessante Möglichkeiten bieten, um schnell verschiedenste, ausgefallene Effekte z.B. für Hintergründe, Texturen, als zusätzliche Bildeffekte etc. zu erzeugen. Neue Partikelsysteme, jede Menge neuer, anpassbarer Pinsel, ein Editor zur Kreation eigener Brushes, bearbeitbare Vektorebenen, denen jetzt Hunderte Brushes mit einem Klick zugewiesen werden können, Import von SVG-Grafiken und der verbesserte Austausch mit Photoshop CC werben für ein Update auf die aktuelle Version.

Ein wenig schade ist, dass es die Personal-Edition nicht mehr gibt. Dafür ist die jetzt erhältliche große Version tatsächlich erwachsen geworden. Mit den aktuellen Neuerungen sind die kreativen Grenzen weiter verschoben worden und die Vision von Peter BlaškoviČ greifbarer geworden, dass jeder ein Künstler sein kann, wenn er nur die inspirierenden Werkzeuge zur Hand hat.

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