Zukunftsmusik bei BMW

Ein Roboter geht auf einen schwarz lackierten Flügel zu. Orchestrale Musik setzt ein und verwandelt den Straßentunnel in eine Bühne.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Digital Production 03 : 2017.

Ein Roboter geht auf einen schwarz lackierten Flügel zu. Orchestrale Musik setzt ein und verwandelt den Straßentunnel in eine Bühne. Der Roboter beginnt, auf dem Flügel zu spielen. Seine Bewegungen sind fließend, ähnlich denen eines Menschen. Dennoch tritt seine mechanische Bauart deutlich in Erscheinung. Transparente Bauteile im Rücken- und Nackenbereich lassen ein orangefarben glühendes Kabel kräftig durchscheinen – es erweckt den Roboter zum Leben und verleiht ihm Energie. Gleichzeitig erinnern die Materialien an Bauteile moderner Fahrzeuge, die die Zukunft von Autolacken widerspiegeln. Diesen Film durfte ich als Senior VFX-Producer/Consultant begleiten – und so ging das Projekt vonstatten.

Dieser Werbefilm für den Automobil konzern BMW wurde von der Hoch kant Film GmbH & Co.KG unter der – – Regie von Knut Burgdorf produziert. Für die Animation des Roboters holte das Unternehmen die Mackevision Medien Design GmbH aus Stuttgart als VFX-Partner ins Boot. Hochkant-Regisseur Knut Burgdorf und Mackevision VFX-Supervisor Juri Stanossek hatten bereits zuvor diverse Projekte im Automotive-Bereich gemeinsam erfolgreich umgesetzt. Im Frühjahr 2016 sollte nun für BMW diese Filmidee kurzfristig realisiert werden.

Phase 1: Dreharbeiten

Die Dreharbeiten für den Werbefilm fanden in Los Angeles statt. Dort führte ein Filmteam von Hochkant die Filmaufnahmen in einem Tunnel durch. Parallel arbeitete das VFX-Team von Mackevision bereits am Design des Roboters. Bei den Dreharbeiten nahm ein Stand-in-Model die Rolle des späteren Roboters ein. Eine echte Schauspielerin ermöglicht es, die Bewegungen des späteren CG-Characters exakt im Framing als auch im Szenen-Lighting einzufangen. Weil das Environment genug natürliche Tracking Maker enthält (Tunnel, Straße, Flügel), waren keine gesonderten Marker notwendig. So konnte der Regisseur die Bewegungen genau vorgeben, was die nachgelagerte Animationszeit verkürzte.

Um die Körperbewegungen später besser lesen zu können, wurde das Stand-In-Model mit einem Catsuit gefilmt. „In diesem Fall ist in der nachgelagerten CG-Produktion weniger kreative Animation sondern vielmehr Rotomation notwendig, was in der Ausführung wesentlich schneller geht. Die original menschlichen Bewegungen werden einfach auf den digitalen Roboter adaptiert und das Ergebnis sieht sehr real aus“, erklärt Juri Stanossek, VFX-Supervisor bei Mackevision. Der Regisseur wies beim Dreh die Schauspielerin genau an und konnte so steuern, wann sich die Figur ans Klavier setzt, wann sie die Arme hebt und zu spielen beginnt, wie sie den Kopf hält oder dreht und vieles mehr. Aufgrund des engen Produktionstimings konnten durch diese einfache Produktionsmethode die Abstimmungsschleifen mit dem Regisseur kurz gehalten werden.

Um die Backplates später digital bearbeiten zu können, war es vor Ort wichtig, die Umgebung visuell genau zu dokumentieren. Darum wurden HDRI-Fotos von allen Teilabschnitten, Ecken und Winkeln des Tunnels gemacht. Sie geben umfassende Informationen über die Lichtverhältnisse wieder, denn nur so kann die Lichtsituation eins zu eins digital reproduziert werden. Das war besonders wichtig, da die glänzenden Materialien des Roboters realistische Reflektionen erhalten sollten.

Phase 2: Schöpfung des Roboters

Bereits vor den Dreharbeiten erhielt Mackevision ein detailliertes Briefing des Regisseurs, wie der Roboter wunschgemäß aussehen sollte. Sein Look sollte für Zukunftstechnologien und Innovationen stehen, gleichzeitig aber auch ein vertrautes, humanoides Gefühl transportieren, um den Zuschauer kurzzeitig in eine harmonische Zukunftsvision zu entführen. Auf Basis des Regie-Briefings wurden Conceptarts und eine Sammlung von Mood-Bildern erstellt, um sich dem Character visuell schnell zu nähern.

„Die Figur sollte Sympathie wecken, nicht zu verrückt sein, aber dennoch die Zukunft ansprechen“, erzählt Stanossek. Es kam also auf das „Detailing“ des CG-Characters an und darüber hinaus musste der Roboter zum Kunden und dessen Firmenkommunikation und Bildsprache passen.

Nach dem kundenseitig abgenommenen Entwurf ging es an das Modeling des Roboters. Dabei wurden beispielsweise Look und Form des Gesichts aber auch die Materialität angepasst sowie Feinheiten abgestimmt. Hier haben wir reale Materialien wie Kunststoff, Porzellan, Silikon getestet. Eine gute Kommunikation, präzise Ansagen der Regie und eine enge Abstimmung mit dem Kunden waren hier notwending, um sich gemeinsam entlang der verschiedenen Varianten hin zum perfekten Roboter zu entwickeln.

„Wir hatten für die komplette Produktion des CG-Characters vom ersten Entwurf bis zum final geshadeten und geriggten Roboter nur knapp über zwei Wochen Zeit. Der visuelle Anspruch war äußerst hoch, was wir von unserer täglichen Arbeit an Autoproduktionen oder auch Featurefilmen gewohnt sind – unsere Pipeline mussten wir nicht anpassen, sie ist für Werbung sowie Feature Films ausgelegt. Und mit Nuke, 3ds Max, Maya, V-Ray und 3D Equalizer sind wir flexibel und haben belastbare Tools in der Hand“, bemerkt VFX-Producerin Marina Winter, die das Producing der VFX-Produktion übernommen hat und unter anderem für die Koordination und Abstimmungen mit Hochkant Film sowie das Zeitmanagement verantwortlich war.

Eine ganze Reihe an Fragen musste dabei geklärt werden. Wie durchsichtig sollte der Roboter am Ende sein? Welche Materialien sind zu sehen? Kunststoff, Porzellan oder Metall – mit matter Lackierung oder glänzender? An welchen Stellen soll er durchsichtig sein und an welchen eher deckend? Senior-Artist David Anastacio hat alle diese Materialeigenschaften den Bauteilen des Roboters zugeordnet. Dabei wurde auch auf die Mechanik geachtet. Ellenbogen, Rückgrat und Gelenke sollten so funktionieren, als wäre der Roboter in der Realität tatsächlich gebaut worden. Entsprechend mussten alle Exterior-Parts des Roboters, aber auch die nur teilweise sichtbaren Interior-Parts geriggt und animierbar gemacht werden.
Das zugrundeliegende Rig war relativ einfach, da es nicht viel können musste – der Roboter wurde durch die genaue Set-Arbeit exzellent vorbereitet. Daraufhin haben wir mit Maya animiert und mit Alembic die Animation in 3ds Max exportiert. Es wurden keine weiteren zusätzlichen Tools verwendet. Für die 3D-Rekonstruktion des Tunnels wurden die HDRIs herangezogen.

Phase 3: Animation des Roboters (Postproduktion)

Während der Erstellung der Assets des CGCharacters waren die unbearbeiteten Plates parallel im Schnitt. Zwei Wochen nach Filmdreh erhielt Mackevision die final geschnittenen Versionen zur Shotproduction. Die einzelnen Shots wurden durch das Mackevision Editorial unter der Leitung von Tobias Pfeiffer eingepflegt und mit dem parallel laufenden Schnitt mit Hochkant Film synchronisiert. Die Shots kamen dann in das Matchmove, welches der sogenannte „Parallaxman“ in einem hohen Maße an Geschwindigkeit und Perfektion erledigte – wir geben diesen Schritt raus, weil wir intern keinen Matchmove Artist haben.

Das Environment – also der Tunnel – wurde als Low-Poly-Environment gebaut und mit den Fotos vom Set texturiert. Im Anschluss wurde der Character texturiert und geshadet. Danach konnte der Roboter animiert werden – wieder von Maya per Alembic in 3ds Max.

Eins zu eins wurde der Gang, der Blick und das Klavierspiel der Stand-in-Schauspielerin auf den Roboter übertragen. Auch das Klavier musste in 3D nachgebaut werden, um die Schatten, die der Roboter zum Beispiel auf die Tasten wirft, und auch die Bewegungen der Tasten an sich im Raum richtig zu berechnen. Nach der Freigabe der Animation durch den Kunden ging das Projekt ins Rendering. Das Rendering erfolgte in V-Ray. Hierbei wurde eine sehr hohe „A-over-B“- Qualität angestrebt und auch erreicht, um die Compositing-Zeit möglichst kurz zu halten. „Unser Compositing Artist hat im letzten Schritt an der fotorealistischen Integration des Roboters gearbeitet“, sagt Stanossek.
Nach nur knapp 15 Tagen wurden die finalen Roboter-Shots an Hochkant Film zur Integration in den BMW-Werbefilm ausgeliefert. „Diese sehr kurze Gesamtbearbeitungszeit vom Dreh bis zur Abgabe der VFX-Shots war nur durch ein enges Hand-inHand-Arbeiten und durch schnelle Freigabeprozesse sowie Abstimmungen möglich“, sagt Stanossek abschließend.

Making-of

Das passende Making-of-Video zum Werbefilm ist auf Vimeo zu sehen.

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