Die neuen NPR-Filter in ZBrush

Rückblick: In der DP 06 : 2019 stellt unser Autor Alexander Stania fest: "Mit ZBrush lassen sich ansprechende Renderings erstellen – auch ohne Keyshot."

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 06 : 2019.

Dass man mit ZBrush auch ansprechende Renderings erstellen kann, ohne gleich die Hilfe von Keyshot in Anspruch nehmen zu müssen, ist vielen ZBrush-Usern bekannt. Dennoch war das Erstellen eines nichtrealistischen Looks sehr umständlich und begrenzt. Bis jetzt!

Mit der ZBrush-Version 2019 hat der Preview-Renderer ein sehr umfang reiches Update erhalten. Es handelt – sich um die nahezu endlosen Kombinationsmöglichkeiten der neuen NPR-Filter (non-photo-realistic Filters). Für wen sind diese gedacht? Für alle, die ihre Skulpturen und Modelle in einem handgezeichneten 2D-Stil sehen wollen oder auf schnelle Weise einen abgefahrenen Grafik-Stil entwickeln möchten. Verwendung könnte dies unter anderem in Postern, Comics, Verpackungs-Artwork finden, oder man benutzt sie einfach als Inspiration für einen neuen Designentwurf.

Was sind die Vorteile im Gegensatz zu Photoshop oder anderen 2D-Programmen?

Da die NPR-Filter mit 3D-Daten arbeiten, können einige Effekte erzielt werden, die in einem klassischen 2D-Editor wie Photoshop nur schwer umsetzbar wären. Dabei kann das NPR-System direkt aus der 3D-Szene, der Form der Objekte oder deren Normalen-Ausrichtung Informationen verwenden, die sich auf die Filter auswirken. Der Vorteil des 3D-Raums, bei dem man nun auch vernünftige Linsenwerte der virtuellen Kamera einstellen kann, liegt auf der Hand. Man kann in Windeseile neue Kameraperspektiven einrichten und einfach auf den BPR-Knopf drücken und so schnell ein neues Bild aus einer anderen Ansicht mit den eingestellten NPR-Filtern rendern. Wer trotzdem noch gezielt in einer anderen 2D-Bildbearbeitungsapplikation weiterarbeiten will, kann sein NPR-Rendering in einzelne Passes wie etwa Depth, SSS, Ambient Occlusion und andere klassische Render Passes zum Nachbearbeiten exportieren.

Dieses Menü findet man unter Render > BPR-Render-Passes.

Die Einstellungen der NPR-Filter befinden sich im Hauptmenü „Render“ unter „BPR-Filter“. Bevor ihr euch auf das für ZBrush etwas untypische Menü stürzt, solltet ihr euch erst einmal mit den Dutzenden, von Beta-Testern erstellten NPR-Presets beschäftigen. Mit diesen lässt sich auf einen Knopfdruck ein interessantes Ergebnis erstellen, von dem man auch Modifikationen durchführen kann. Aber von Anfang an. Positioniert euer 3D-Modell oder eine arrangierte 3D-Szene im ZBrush-Viewport. Spielt gerne mit der neu eingeführten Universalkamera herum und stellt zum Beispiel eine dramatische Kamera-Linse ein. Wenn alles positioniert ist, dann öffnet den Spotlight-Browser (Shortcut „,“) und sucht das Tab „Filters“. Hier werden euch ein paar Dutzend NPR-Presets angeboten.

Mit einem Doppelklick auf eines der Thumbnails wird der Filter aktiviert. Wenn ihr euch jetzt wundert, dass nichts passiert, dann liegt es daran, dass ihr den Best Preview Render BPR nicht aktiviert habt. Diesen könnt ihr über das Render-Menü aktivieren, oder drückt einfach auf den Knopf, der sich an der rechten oberen Ecke des Viewports bzw. Document-Windows befindet.

Denn wie bereits erwähnt, sind die Filter ein Teil der Best Preview Render Engine. Nun könnt ihr einfach die Beta-Tester-Presets durchklicken, und der BPR rendert sie sofort ohne weitere Konfigurationen. Würdet ihr jetzt eine neue Kameraposition suchen und im Viewport navigieren, würde der Render gestoppt. Sobald ihr eine neue Position eingerichtet habt, drückt noch mal auf den BPR-Button in der rechten Ecke des Viewports. Wenn ihr mit mehreren Kameraeinstellungen arbeiten wollt, könnt ihr die Animation wie früher im ZBrush Animationseditor keyframen, oder ihr benutzt die neue Universal Camera, deren Einstellungen im Draw-Menü zu finden sind. Seit der letzten ZBrush-Version wurde diese „echte“ Kamera eingeführt, und mit ihr lassen sich mehrere Kamerapositionen abspeichern, zwischen denen ihr herumspringen und sogar per FBX-Export an andere 3D-Applikationen exportieren lassen könnt.

Doch nun werfen wir einen genaueren Blick auf die NPR-Filter, wie sie aufgebaut sind und wie sie bedient werden können.

Das Menü findet sich unter Render > BPR-Filters. Im Grunde ist das ganze ebenenbasiert wie Photoshop – aber eben ganz anders. Das fängt schon mal damit an, dass die NPR-Ebenen umgekehrt angeordnet sind als die Ebenen in Photoshop. Ihr habt bei ZBrush zwölf Effekt-Ebenen, die von F1 bis F12 benannt sind. F1 ist dabei die unterste Ebene, alle folgenden Ebenen liegen auf der zuvor aktiven Ebene. Das ist zuerst etwas verwirrend, aber man gewöhnt sich daran. Schade ist es allerdings, dass man die Ebenen nicht wie in Photoshop per Drag-and-Drop vertauschen kann, um die Hierarchie zu ändern. Dazu muss man etwas umständlich die Eigenschaften eines Layers kopieren und in eine neue Ebene pasten, mit anschließendem Löschen der Ursprungsebene. Da man aber keine Bildretuschen macht, ist es zu verkraften.

Um einen motivierenden Einstieg in das NPR-Ebenen-System zu bekommen, sollte man eines der Betatester-Filter-Presets aus dem Spotlight-Browser bei laufendem BPR aktivieren. Denn für den ersten Einstieg wurden sie beigefügt und sind auch ein ganz guter Startpunkt, um seine eigenen Filter zu kreieren. Nun einfach einen Ebenen-Effekt (F12 bis F1) nach dem anderen deaktivieren. Wenn man nun die Effekt-Ebenen wieder zuschaltet (F1 bis F12), sollte man sich die Effekte und ihre Einstellungen bei jedem Zuschalten genauer ansehen. In der Online-Dokumentation von Pixology kann man kurze Erklärungen für jeden Menüpunkt und jeden Slider finden. Aber die Fülle an Möglichkeiten kann einen erst einmal erschlagen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einiges in der BPR-Filter-Palette zusammenfassen, um einen besseren Überblick zu bekommen. Der erste Bereich in der BPR-Filter-Palette beschäftigt sich damit, ganze Filter abzuspeichern oder gespeicherte Filter wieder aufzurufen. Ihr könnt hier auch den Spotlight-Browser öffnen, der direkt die Betatester-Filter anzeigt. Funktionsknöpfe wie Copy, Cut, Paste und Insert dienen dazu, die Einstellungen einzelner Effekt-Ebenen (F1 bis F12) dementsprechend zu bearbeiten oder in andere Effekt-Ebenen zu übertragen. Und mit dem Knopf Reset Filter setzt ihr den gerade gewählten Effekt in der ausgewählten Effekt-Ebene zurück.

Die Köpfe F1 bis F12 repräsentieren wie bei Photoshop die aufeinander aufbauenden Effekte. F1 ist dabei die unterste Ebene, jede weitere liegt über den anderen. Direkt anschließend zu den Effekt-Ebenen (F1 bis F12) kommt ein Kontextmenü mit 46 verschiedenen Effekten bzw. Filtern, die erst mal über das ganze Bild gerendert werden. Viele dieser Knöpfe sind selbsterklärend, aber probiert es einfach aus.

Ein sehr langes Kontextmenü beschäftigt sich wie bei fast jedem Bildbearbeitungsprogramm damit, wie der Effekt mit den darunterliegenden Ebenen verrechnet wird. Sollen die Pixel addiert, subtrahiert, multipliziert oder auf eine der insgesamt 30 verschiedenen Arten angewendet werden. An dieser Stelle empfiehlt es sich, mit nicht allzu vielen aktiven Ebenen herumzuspielen und auszuprobieren.

Die nächste Sektion im BPR-Filter-Menü beschäftigt sich damit, wie stark, wie durchsichtig oder wie groß der Effekt angewendet wird. Hier kann auch grob die Farbe für Front und Back eingestellt werden. Je nach Effekt verändert sich dieser Bereich leicht, und je nachdem wird der Knopf „Modifiers“ überhaupt erst zugänglich. Ist dieser anwählbar, können weitere Parameter freigeschaltet sein, mit denen man meist die Muster und Position des Effekts bearbeiten kann.

Möchte man eine eigene Textur mit ins Spiel bringen, kann dies mit dem nächsten Menü- abschnitt gemacht werden. Drückt man den großen, quadratischen Textur-Knopf, öffnet sich ein Fenster, in dem die Texturen ausgewählt werden können, die zuvor auf klassischem Weg in ZBrush importiert wurden. Natürlich können auch die ZBrush-eigenen Texturen verwendet werden. Die danebenliegenden Slider Mask Border, MBlur und MSoft beschäftigen sich mit der Größe der Maske, die nicht durch einen mitgelieferten Alpha-Kanal entsteht, sondern durch Graustufen in der verwendeten Textur.

Im anschließenden Menü-Abschnitt kann nun gesteuert werden, wo genau, abhängig von der Struktur und der Tiefe des Objekts, der Effekt Anwendung findet. Der Slider Mask definiert die Position des Ebenen-Effekts auf Basis der Tiefeninformation der ZBrush-Szene. Einfach ausgedrückt: Würde der Wert der Mask auf -1 stehen, würde der Effekt nur den Hintergrund belegen und nicht das Objekt im Vordergrund bzw. im 3D-Raum. Bei einem Wert von 1 würde dafür der Hintergrund unbeeinflusst.

Alle weiteren Slider wie Fresnel, Shadow, AO, SSS, Depth, Cavity arbeiten ähnlich. Mit dem danebenliegenden …Exp (Exponet) kann man noch Feineinstellungen vornehmen.

Weitere Funktionen, wie die Richtung der Normalen zu beeinflussen, erweitern die Möglichkeiten dieser neuen NPR-Filter noch ins Extreme, können einen aber auch verwirren, dass einem nur noch der Druck auf den Reset-Filter-Knopf bleibt.

Daher sollte man als Einsteiger erst mal mit ein paar wenigen Ebenen (F1 bis F12) beginnen und sich im Vorfeld schon mal genau überlegen, wo genau im 3D-Raum oder auf der Skulptur der Effekt-Filter seine Anwendung findet. Für mich als Character-Modeller sind diese neuen NPR-Filter eine nette Spielerei – aber allen Illustratoren, Comiczeichnern oder abgefahrenen 2D-Künstlern würde ich einen Blick darauf empfehlen, da man noch einiges mehr aus einem vorhandenen 3D-Objekt herausholen kann.

Sogar ein extra Noise Maker wurde in das BPR-Filter-Menü eingebaut. Dieser funktioniert wie der Noise Maker in der Tool-Palette. Wie ihr diesen Noise-Generator einsetzt, ist ganz eurer Kreativität überlassen.

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