ProRes Patcher: Rettung in letzter Minute

Rückblick: In der DP 04 : 2020 stellt sich unser Autor Uli Plank die Frage: "Wie geht das, einfach ein Stück Filmbild herausschneiden und ersetzen?"
Im Frame Editor kann man eine Grafik einfügen oder Bereiche weichzeichnen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 04 : 2020.

Wer kennt das nicht: Eine Grafik muss noch schnell eingefügt werden, von einer Person in der Szene liegt keine Bildfreigabe vor oder ein kurzes Stück muss ausgetauscht werden? Aber die Zeit reicht nicht mal mehr für ein erneutes Durchrendern. Wie wäre es, wenn man wie früher beim klassischen Film einfach ein Stück herausschneiden und ersetzen könnte?

Wir möchten euch ein neues Tool vorstellen, das derzeit von Alex Mogurenko entwickelt wird und genau diese Möglichkeiten für ProRes-Dateien bietet. Daneben kann es auch noch die Metadaten anderer Formate korrigieren. Und umsonst ist es bis auf Weiteres auch noch (mogurenko.com). Das Tool ist sehr schnell, wenn die Videodateien auf schnellen Medien liegen.

Frame Editor

Die Funktionen sind auf drei Bereiche aufgeteilt. Der erste ist der Frame Editor, mit dem ein Einzelbild als 16 Bit PNG exportiert werden kann. Das lässt sich dann in einer Bildbearbeitung korrigieren und zielgenau wieder einfügen, um sehr kurze Störungen wie einen Dropout zu kaschieren. Indem hier In und Out markiert werden, lässt sich auch eine nummerierte Reihe von Einzelbildern exportieren. Derzeit kann man die nach der Bearbeitung noch nicht als ganze Sequenz importieren, aber das Programm ist ja auch noch in einer frühen Beta.

Wir stellen es euch hier trotzdem schon vor, denn der Entwickler bittet ausdrücklich darum, es einzusetzen und ausgiebig zu testen. Selbstverständlich solltet ihr es vorläufig noch nicht an einer Originaldatei ausprobieren, sondern erst eine Kopie erstellen. Aber genau darum geht es bei dieser Veröffentlichung: Es soll so ausgereift und zuverlässig werden, dass man es bedenkenlos auf eine finale Version anwenden kann, um die beabsichtigte Last-Minute-Reparatur zu ermöglichen.

Da ein PNG auch Transparenzen enthalten kann, eignet sich der Frame Editor ebenso zur Überlagerung mit einer Grafik wie z.B. einem Logo oder einem Text wie Screener. Eine sehr gute Sache, wenn ihr in letzter Minute Bedenken habt, eine Kopie aus der Hand zu geben, ohne dass euer Copyright ab und zu darin aufscheint. Die Grafik muss allerdings extern auf eine passende Größe skaliert werden, denn das kann der Patcher noch nicht. Die Schieberegler dienen nur der Positionierung im Bild. Vorsicht: Der Befehl „Insert from PNG“ wirkt ohne Rückfrage so- fort, achtet also auf die richtige Position.

Schließlich gibt es hier noch die Funk- tion „Blur“. Damit wird eine mit den Schie- bereglern definierte, rechteckige Region im Bild über die definierte Zeitspanne extrem weichgezeichnet. Auch das geht beeindruckend schnell und hilft, wenn z.B. von einer Person im Bild die Einwilligung zur Veröffentlichung nicht vorliegt. Allerdings ist hier das Rechteck nicht nachführbar, und ein Tracking gibt es erst recht nicht.

Metadata Editor

Einzig diese Funktion kann auch auf andere Formate als ProRes angewendet werden. Sie kann die sogenannten Private Headers für ganze Filme editieren. Damit kann man die ProRes-Metadaten mit den MOV-Headern in Übereinstimmung bringen. Hier lässt sich z.B. das Flag für den Gammawert korrigieren, das insbesondere bei Videos im MOV-Container oft zur unterschiedlichen Darstellung von Kontrasten und Helligkeit in verschiedenen Playern führt. Insbesondere die Übereinstimmung der File-Metadaten mit den Frame-Metadaten sollte hier über- prüft und korrigiert werden.

Hier können auch nachträglich ein Timecode oder eine Bezeichnung für Reel (bzw. Tape) gesetzt werden. Das ist unverzichtbar, wenn ein Roundtripping geplant ist bei Medien aus Amateurkameras, denen diese Daten oft fehlen. Etliche weitere Metadaten lassen sich korrigieren, wie ein falsches Pixelseitenverhältnis, falsche Halbbildfolge oder verkehrte Einstellungen des Farbraums. Letzteres kommt derzeit bei den noch jungen HDR-Formaten häufiger vor. Das Flagging der Halbbildfolge für eine Vollbildaufnahme von Progressive auf eine vom Kunden erwartete Halbbildfolge zu ändern, genügt in der Regel, um als PsF akzeptiert zu werden.

File to File

Diese Funktion ist wiederum auf Clips in ProRes beschränkt. Sie erlaubt den Austausch eines Filmschnipsels durch einen anderen ohne Neuberechnung der gesamten Datei. Dabei müssen die Nutzer darauf achten, dass technische Daten wie Auflösung, Bildfrequenz und Codec übereinstimmen, auch die Länge muss gleich sein. Auf den ersten Blick wundert es dann, dass auf beiden Seiten In und Out definiert werden müssen, bevor man auf „Apply“ drückt – es müsste doch ein Drei-Punkt-Schnitt genügen.

Beim Patcher ist es aber so, dass man sich bei der Zieldatei nur darum kümmert, nicht zu viel zu überschreiben. In der Quelle sucht man das geeignete Material aus, es darf aber auch zu kurz oder zu lang sein. Zu kurze Dateien werden ab dem In-Punkt beim Ziel eingefügt, zu lange auf dessen Out-Punkt begrenzt. Auch hier kann man einen Bereich für ein Bild im Bild definieren, aber wiederum ohne Skalierung.

Bei dieser Aufgabe muss man sich darüber im Klaren sein, dass ProRes ein Codec mit variabler Bildrate ist: Weniger komplexes Material benötigt weniger Platz. Im Extremfall braucht ein schwarzes Bild oder Text auf monochromem Hintergrund wesentlich weniger Daten. Da aber bei diesem Verfahren die Datei nicht wachsen kann, sollte man einen solchen Bereich nicht durch ein normales Videobild ersetzen, sonst wird das eingefügte Material deutlich stärker komprimiert. Abschnitte durch ähnliche Bilder zu ersetzen, funktioniert dagegen sehr gut.

Kommentar

Normalerweise schreiben wir ungern über eine derart frühe Betaversion. Aber dieses kleine Tool, das zudem noch Freeware ist, verdient Unterstützung durch intensives Testen und Feedback über obige Website per Kommentar. Da es am Ende der Entwicklung so sicher wie möglich sein muss – schließlich ist das eine Operation am offenen Herzen – braucht es möglichst viele Tester. Nützlich kann es sich jetzt schon machen, aber vorläufig bitte nur an einer Kopie.

Mit diesen Einstellungen wird die einheitliche Darstellung in Resolve, QT-X, Safari und Baselight erreicht.

File to File ermöglicht den längengleichen Austausch von Filmabschnitten.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.