Editing mit Open Timeline IO

Rückblick: In der DP 04 : 2019 stellte unser Autor Tom Jansen fest: Pixar hat mit USD und Open Subdiv Prominenz im Arsenal.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 04 : 2019.

Während sich die neue Academy Software Foundation noch weiter organisiert, wird in vielen Studios fleißig weiter an offenen Standards gewerkelt. Pixar hat mit USD und Open Subdiv einige prominente Beispiele im Arsenal, die unter einer modifzierten Apache-2.0-Lizenz zur Verfügung stehen. Doch auch die weniger bekannten Projekte können einem das Leben in der Postproduktionswelt leichter machen: Zum Thema Editing-Formate schauen wir uns heute Open Timeline IO an.

Seit der Siggraph 2016 arbeiten einige Developer bei Pixar an einem neuen Editing- bzw. Schnitt-Austauschformat, das heutigen Bedürfnissen gerecht werden soll. Open Timeline IO (OTIO) ist ein solches Format inklusive API, um weitere Funktionen nutzen zu können. OTIO ist dabei kein Container-Format für Medien, sondern enthält lediglich Informationen über die Medien in einem angefertigten Schnitt, also Informationen über Reihenfolge, Länge oder Übergänge mit Referenz zu externen Medien. Das Ziel ist es dabei, ein NLE-unabhängiges Austauschformat zu erstellen, um die Editing-Informationen besser und flexibler in die jeweilige Pipeline der beteiligten Teams zu integrieren. Aktuell befindet sich OTIO in Beta-Version 10.

Was ist mit EDL?

Das gibt es doch schon etwas Ähnliches? Tatsächlich gibt es in dem Kontext bereits diverse länger bestehende Alternativen: Die bekanntesten darunter sind die Editing Decision List EDL CMX, das Advanced Authoring Format (AAF) und das Final Cut Pro 7 XML Format, die heutzutage größtenteils einzeln oder in Kombination genutzt werden. Pixar sieht aber hier verschiedene Nachteile: Während EDL CMX sehr einfach zu verwenden ist, wird beispielsweise nur eine einzige Videospur unterstützt oder Kommentarfelder für Metadaten zweckentfremdet. Auch das Fehlen einer Standard-API macht es schwierig, über mehrere Studios hinweg zusammenzuarbeiten. AAF auf der anderen Seite besitzt viele Features, ist aufgrund der komplexen API aber weniger flexibel. Bestandteile und Installation Open Timeline IO möchte hier einen guten Mittelweg finden: Es besteht dabei aus einer simpleren API, einem entsprechenden Austauschformat mit einem großen Funktionsumfang und zusätzlich aus mehreren Adaptern für die Konvertierung aller anderen genannten Formate von und zum eigenen OTIO-Format. Zudem enthält es einen Viewer, über den die Struktur einer OTIOTimeline veranschaulicht werden kann. Zur richtigen Installation müsst ihr die folgenden Schritte ausführen (eine genaue Anleitung gibt es dazu auch in der Dokumentation):

1. Python-Version 2.7/3.5/3.6 installieren
2. Pip installieren
3. Pyside 2 installieren
4. Download Github Repository
5. Über Pip: Pyside2 installieren
6. Über Pip: Open Timeline IO installieren

Optional kann man zudem noch Plug-ins für einen erweiterten Funktionsumfang installieren, darunter Media Linkers, Hook Scripts und Schema Defs.

OTIO – Features und Adapter

Bevor wir einige der Features besprechen, schauen wir uns den grundlegenden Aufbau an: Eine OTIO-Datei (.otio) besitzt eine Objekt-Hierarchie ausgehend von einer Timeline, die einen Stack beinhaltet, der wiederum Tracks mit einer Abfolge von Items enthält. Ein Item kann dabei zum Beispiel ein Video-Clip, ein Übergang oder Marker sein. Generell unterstützt OTIO eine Vielzahl von Elementen der Zeitleiste eines Editors, darunter Video-Tracks, Audio-Tracks und Clips, Lücken und Füller, Marker, Nesting, Übergänge und Zeiteffekte. Weitere Features wie Audio- und Videoeffekte sind noch in Planung.

Aktuell lässt sich das Format offiziell noch nicht aus NLEs und anderen Tools wie Shotgun ex- oder importieren. Ist eine EditingTimeline mit Video, Audio, Bildern, Übergängen, Markern und Zeiteffekten erstellt, muss diese zunächst mit den anderen verfügbaren Formaten exportiert werden. Um das OTIO-Format nutzen zu können, kommen also zuerst Formate wie CMX EDL und Final Cut Pro 7 XML (auch für Premiere) zum Einsatz. Diese lassen sich anschließend allerdings in eine OTIO-Datei konvertieren und danach mit der installierten OTIO Library manipulieren oder im Viewer betrachten. Der Viewer ist dabei als eine Art Debugging-Tool gedacht, um das Format besser analysieren zu können.

Pixar selbst hat OTIO bereits für Produktionen wie „Coco“ (2017) oder „Incredibles 2“ (2018) eingesetzt.

Für weitere Adapter, die von der Community hinzugefügt wurden, müssen erst Änderungen an der Env Variable vorgenommen werden. Danach stehen dafür etwa auch die RV Session File (Shotgun), Avid Log Exchange oder der Maya Sequencer zur Verfügung. Der volle Support für AAF ist leider noch nicht abgeschlossen.

Fazit

Seit 2016 ist aus der Idee von OTIO inzwischen ein brauchbares Projekt geworden, das für mehr Ordnung und weniger Format-Chaos in der Editing-Pipeline sorgen könnte. Damit das Format aber über die Pixar-Grenzen hinaus als richtiger Standard Protio – so sollte eine entsprechende NLE-Integration aussehen. eingesetzt wird, sind mehr Reichweite und Support nötig. Zur einfacheren Anwendung sollten dafür unbedingt native Im- und Export-Optionen für das OTIO-Format in den entsprechenden Software-Applikationen vorhanden sein. Zwar gibt es bereits von Usern vereinzelt hilfreiche Plug-ins, wie zum Beispiel Protio (ein OTIO-Premiere-Plugin), diese bilden aber eher die Ausnahme.

Es bleibt also gespannt abzuwarten, wie sich der Standard entwickeln wird: Aktuell arbeitet das Team unter anderem an vollständigem AAF-Support, Untertiteln und neuer C++ API mit Python Bindings sowie nativer NLE-Integration. Die nächste große Update- und Präsentationsrunde wird von den Developern auf der anstehenden Siggraph 2019 gehalten.

Protio – so sollte eine entsprechende NLE-Integration aussehen.
Feature-Support bei der Konvertierung (Stand Mai 2019 Dokumentation).

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