Spinnennetze vs. Elektroblitze | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 07 : 2014 wurde der beliebteste Spinnenmann der Filmgeschichte elektrostatisch aufgeladen. „The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ war anno 2014 eines der aufwendigsten Projekte für Sony Pictures Imageworks. Wir trafen dazu den Digital Effects Supervisor David A. Smith.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 07 : 2014.

„The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ war eines der aufwendigsten Projekte der letzten Zeit für Sony Pictures Imageworks. DP traf Digital Effects Supervisor David A. Smith bei der FMX 2O14. Im Interview erzählte er mehr zum Workflow sowie zur Anwendung von Katana bei diesem Projekt.

Nachdem es bereits drei Verfilmungen mit Tobey Maguire als Comic-Held Spider-Man in den Jahren 2002 bis 2007 gegeben hatte, dann aber über Teil 4 Streitigkeiten entstanden, stoppte Sony Pictures Imageworks (SPI) eine weitere Produktion mit dem alten Team.

Kurzerhand wurde neu angefangen und Peter Parker alias Andrew Garfield ging im ersten Teil wieder zur Highschool. Dieses Jahr im April lief „The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ in den Kinos an, der Film erscheint am 9. September auf DVD und BluRay. Die Einspielergebnisse des zweiten Teils mit 750 Millionen weltweit waren ordentlich, lagen aber unter dem finanziellen Erfolg des ersten Teils. Aktuell wurde der Start des dritten Teils auf 2018 verschoben.

SPI war – wie bei allen „Spider-Man“- Verfilmungen bisher – für die visuellen Effekte verantwortlich, als Vendors halfen unter anderem MPC, Shade VFX (www.shadevfx.com) und Pixel Playground (www.pixelplaygroundinc.com). Eine der größten VFXHerausforderungen stellte der Bösewicht Electro (Jamie Foxx) dar, durch dessen Adern statt Blut blaue Elektrizität pulsiert. Sein Special-Effects-Make-up kreierte die KNB EFX Group (www.knbefxgroup.com), und um es zum Leben zu erwecken, fügte SPI VFXLayers hinzu. Für seinen von innen heraus leuchtenden Look zog das VFX-Team Referenzen von nächtlichen Gewittern heran.

Der erste Teil der Reboot-Reihe wurde nativ in 3D gefilmt, für den zweiten Teil leisteten Legend 3D (legend3d.com) und Prime Focus (www.primefocusworld.com) die Stereo-Konvertierung des analogen Arriflex- und Panavision-Kameramaterials. Das Team drehte den kompletten Film in und um New York City. Auf Long Island baute SPI eine riesige Kulisse des nördlichen Teils des Times Squares im Original-Maßstab nach. Dafür nahm das VFX-Team jedes Detail des New Yorker Platzes mit Fotografien und Videos sowie einem Vermessungsteam auf. Um Werbeplakate und -filme auf dem Time Square entsprechend der Filmsponsoren noch kurzfristig einbauen oder ändern zu können, wurden riesige GreenscreenFlächen in das Set integriert.

Warum Andrew Garfield beim Dreh die weißen Plastikaugen des „Spider Man“- Kostüms trotz eingebauter Linsen nicht anziehen konnte und welchen Vorteil dies für das CG-Team hatte, verriet uns David A. Smith (www.imdb.com/name/nm0807860).

DP: Warum hat Spider-Man in diesem Teil viel größere Augen?

David A. Smith: Sein Anzug sollte cartoonhafter aussehen. Die Designentscheidung wurde vermutlich vom Look der „Ultimate Spiderman“-Comic-Reihe beeinflusst. Das Lustige an dem Anzug war: Weil die Schauspieler oder Stuntleute durch die Plastikaugen beim Dreh nicht genug sahen, trugen sie diese nie. Deshalb mussten wir sie in allen Shots in der Postproduktion nachträglich einsetzen, was den Vorteil hatte, dass wir alles Mögliche in ihnen reflektieren konnten. Das brachte eine Menge Leben und Ausdruck in Spider-Mans Gesicht.

DP: Wie groß war das SPI-Team für das Projekt?

David A. Smith: An „Spider-Man 2“ haben unsere Teams in Los Angeles und Vancouver gearbeitet. Es war eine 50/50-Aufteilung auf beide Locations, insgesamt haben ungefähr 400 Artists für SPI an dem Projekt gesessen. Wir haben ein Kommunikationssystem, mit dem alle Teammitglieder das gleiche Interface sehen, deshalb macht es für uns keinen Unterschied mehr, wo jemand sitzt. Darüber hinaus arbeiten wir mit einer Division in Indien sowie verschiedenen Vendors zusammen.

DP: Wie ist die SPI-Pipeline aufgebaut?

David A. Smith: Sie ist Maya-basiert und wird durch zahlreiche proprietäre Codes und Plugins ergänzt. Maya nutzen wir für Cloth- und Hair-Simulationen, bei „Spider-Man 2“ kam das Tool vor allem für die Spinnennetze zum Einsatz. Die Maya-Daten konvertieren wir in das Alembic-Format und importieren sie so in Katana oder Houdini. Wir lighten in Katana, rendern in Arnold und compen in Nuke. Es ist eine klassische Pipeline, die viele Leute haben – so sind Artists in der Lage, flüssiger mit ihr zu arbeiten und mehr zu teilen. Unser Managementsystem Track-It ist ein umfangreiches, selbst geschriebenes Tool, das wir seit zehn Jahren nutzen. Wir haben auch Shotgun getestet, ob es für unsere Zwecke effektiver sein könnte, haben aber bisher nicht gewechselt.

DP: Haben Sie die Blitzeffekte von Electro mit Houdini erstellt?

David A. Smith: Die meisten davon – es waren generierte Geometrien und Prozedurale, die wir auseinanderbrechen ließen. Dank Alembic können wir jede Art von Geometrie in Katana importieren.

DP: Welche weiteren Vorteile hat Katana im Workflow?

David A. Smith: Es ist intuitiv, aber dennoch sehr umfangreich in der Anwendung. Circa 50 bis 60 Artists haben es bei „SpiderMan 2“ regelmäßig für das Lighting eingesetzt. Selbst wenn ein Artist nicht so technikaffin oder kein Lighting-Experte ist, kann er damit dennoch schnell die Lighting-Basis erlernen. Wer dagegen sehr technikorientiert arbeitet, kann es in der Anwendung gut erweitern. Wir nutzen es zum Beispiel, um Stufen einer Zerstörung von Gegenständen über Sequenzen hinweg zu verwalten. Oder um Variationen eines Assets zu verwalten, wenn wir beispielsweise digitale Doppelgänger von Schauspielern haben. Mit Katana kann man alles aus dem Lighting-Bereich organisieren.

DP: Mit wie vielen Assets kann Katana zur gleichen Zeit umgehen?

David A. Smith: Ich habe keine Begrenzung erlebt. Wir konnten unsere Assets so groß kreieren, wie wir sie brauchten, ohne dass Katana Probleme gemacht hätte. Wichtig dafür ist, dass die Pipeline um Katana herum in der Lage ist, so viele Daten zu kodieren. Den Datenkodierungsprozess haben wir in letzter Zeit wesentlich effizienter gemacht. Das Team musste sich so nur noch Gedanken machen, ob es genügend Ressourcen und Zeit hatte, um eine CG-Welt so realistisch wie möglich zu kreieren – aber sich keine Sorgen um technische Grenzen machen. Für eine effiziente Bearbeitung von riesigen Asset-Szenen, wie beispielsweise den Wolkenkratzer-Kulissen in „Spider-Man“, stehen Artists viele Wege zur Verfügung: Sie können Assets in einer Szene aus- oder einschalten sowie nur bestimmte Bereich bearbeiten oder rendern. Das verkürzt die Iterationszeit wesentlich.

DP: Die konsistente Namensgebung ist extrem wichtig bei der Anwendung von Katana. Wie haben Sie das in einem so großen Team organisiert?

David A. Smith: Zu diesem Zweck haben wir viele Support-Tools entwickelt, die dafür sorgen, dass die Artists die Namenskonventionen einhalten. Das Team nennt sie „Polizei-Tools“, denn durch sie werden sie zur richtigen Namensgebung gezwungen und wissen, welche Shots zur Verwendung genehmigt wurden. Das ist extrem hilfreich, um Verwirrung klein zu halten.

DP: Welche Features sind im Laufe der Entwicklung hinzugekommen, die Sie besonders schätzen?

David A. Smith: Mit der aktuellen Version sind wir in der Lage, alle Volumenelemente einer Szene zusammen zu rendern – diese Möglichkeit brauchten wir wirklich dringend. Vorher mussten wir alles in verschiedene Passes und Renderer aufteilen. Speziell für die „Spider-Man 2“-Szenen mit den zahlreichen Gas- und Blitzeffekten war dies essenziell.

DP: Warum hat SPI Katana an The Foundry verkauft?

David A. Smith: Es hatte viele Vorteile für uns: Wir sind jetzt The-Foundry-Partner, was hinsichtlich unserer Nuke-Verwendung sehr nützlich ist. Darüber hinaus möchten wir so für unsere innovativen Technologien und robuste Pipeline in der Branche bekannt werden.

DP: Ist das SPI-Katana das gleiche, das bei The Foundry erhältlich ist?

David A. Smith: Nein, wir haben immer unsere eigene Version weiterentwickelt und sie ihre. Aber ich denke, das Grundgerüst ist nach wie vor ähnlich.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.