Resolve 10 auf Tour | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 01 : 2014 ging Resolve 10 in die offene Beta. Wir sprachen mit Londoner Videografen James Tonkin, der mit Resolve 10 und Robbie Willliams auf Tour war. Das passende Thema zur Festival-Saison!

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 01 : 2014.

Resolve 10 von Blackmagic Design geht in die offene Beta. Und während wir alle noch damit herumspielen, sprechen wir mit jemandem, der es bereits im Einsatz hatte – James Tonkin (www.hangmanstudios.com) ist Videograf aus London – und war mit Resolve 10 und Robbie Willliams auf Tour.

DP: Hr. Tonkin, wie sind Sie zur Tour gekommen?

James Tonkin: Ich arbeite jetzt bereits seit zwölf Jahren mit Robbie Williams und dem Team zusammen, und wir haben schon einige Videos gemeinsam gemacht, also sind wir bereits sehr gut aufeinander eingespielt. Dazu kommt, dass man nach so einer Zeit auch weiß, was möglich ist, und wie etwas aussehen kann – sei es für Musikvideos, Live Footage oder Commercials. Bei der letzten Tour haben wir für jede Stadt, in der die Tour halt gemacht hat, einen Dreiminüter produziert, der dann per Youtube veröffentlicht wurde. Wir haben außerdem Commercials für Samsung gedreht, in denen jeweils die Ankunft in der Stadt und die Spannung der Fans gezeigt wurden, die ja stellenweise monatelang auf das Konzert gewartet haben.

DP: Wie lange im Vorraus haben Sie Set-up und Equipment geplant?

James Tonkin: Da wir schon so lange zusammen arbeiten, hat mir das Team eine Carte Blanche ausgestellt. Mir war von Anfang an klar, dass ich einige verschiedene Kameras für die jeweiligen Elemente verwenden wollte. Da ich viel „aus der Hand“ filme, war die Blackmagic Pocket Camera eine gute Wahl – man will ja nach 16 Arbeitsstunden noch eine Schulter haben und nicht komplett zerstört sein (lacht). In der Post haben wir in Final Cut geschnitten und dann alles weitere in Resolve gemacht – welches ich seit ein paar Jahren für das Grading verwende und welches seit den letzten Updates unseren Workflow enorm vereinfacht und beschleunigt hat.

DP: Welche Kameras habt ihr sonst noch verwendet, und wie hat sich – im Vergleich zu den anderen – die BMD Pocket geschlagen?

James Tonkin: Wir hatten dabei: eine Red Epic, die Sony FS700, die Blackmagic Design Cinema Camera und eben die Blackmagic Design Pocket Camera. Die Pocket hat sich gut geschlagen – aufgrund ihrer geringen Ausmaße habe ich sie gegenüber anderen Kameras bevorzugt, wenn ich „frei“ gedreht habe und unterwegs war. Der Vorteil ist, dass es so aussieht, als würde man nur fotografieren. Für die Shows habe ich größtenteils auf der Epic gedreht, und die FS700 als „Dokumentarkamera“ verwendet. Die Bildqualität der Pocket war wirklich fantastisch – insbesondere im Vergleich zu den anderen Kameras. Ein gutes Beispiel ist der Anfang des Commercials: Die ersten paar Shots, wie die Stadt „wach“ wird, hab ich auf der Red gedreht, dann ein Shot des Tourplakats an einer Bushaltestelle, welches ich mit der Pocket gemacht habe. Wenn man zwischen diesen beiden hin- und herspringt, sieht man nicht wirklich einen Unterschied.

DP: Und was hatten Sie sonst noch an Hardware dabei?

James Tonkin: Mein Set-up ist praktisch komplett Apple-basiert. Ein Macbook Retina für unterwegs, was ja auch Resolve 10 schafft, erlaubt viel gleich „on the road“ zu erledigen. In den Hangman Studios in London haben wir MacPros, die an einem 48-TB-SAN-Netzwerk hängen. Eine Red bringt ja nach einem Tag drehen gerne mal zwei TerabyteDaten. Und nach dem Abschluss des jeweiligen Projekts wird auf LTO-6-Tape und natürlich externen Festplatten für Klienten gesichert.

DP: Sie haben ausschließlich in Resolve 10 gearbeitet. Wie haben sich die Features geschlagen, gab es Probleme mit der neuen Version?

James Tonkin: Wir schneiden offline in FCP X und importieren dann die XML direkt in Resolve. Ich finde es außerdem toll, dass man die Skalierungsinformationen direkt mitziehen kann – was früher nur per „Mismatched resolution“ auf „Center crop with no resize“ möglich war. Und jetzt, wo es einwandfrei funktioniert, kann man sich frei auf der Timeline austoben. Da ich größtenteils mit Shortcuts arbeite (eine Geschmacksfrage), ist das schon sehr praktisch. Es gibt zwar eine Menge an neuen Features in Resolve 10, aber das Online Editing ist genial. Und das Layout des Interfaces ist so angelegt, dass man, vom Editing kommend, direkt weiterarbeiten kann, was natürlich jedem zugutekommt, der bisher nur die Grading Tools verwendet hat.

DP: Warum haben Sie so viel in Resolve gemacht? Wäre eine Pipeline mit erprobten Tools für die einzelnen Aufgaben nicht sicherer gewesen?

James Tonkin: Der Zeitdruck war wirklich hoch: Wir mussten zum Beispiel noch für das jeweilige Konzert am Abend Stills hochladen, die aus der Epic genommen wurden. Die Kurzfilme für die jeweilige Stadt mussten auch innerhalb von 48 Stunden online sein, spätestens – wir mussten also Qualitätsarbeit unterwegs liefern. Und der Resolve 10 Workflow hat sich da angeboten – Navigation und Steuerung sind jedem vertraut, der Editing-Erfahrung hat. Ich kann es nur jedem mit Broadcast-Erfahrung empfehlen, wenn man mit möglichst kleinem Equipment unterwegs arbeiten muss.

DP: Wie hat sich das Online Editing denn unter Produktionsbedingungen gemacht?

James Tonkin: Ein gutes Beispiel dafür: Wenn man seine Timeline inklusive verschiedener Frameraten, unterschiedlicher Codes und Dateitypen, mehrerer Audiospuren und so weiter aus FCP X in Resolve 10 öffnet, werden alle Elemente geöffnet – und beim Mastering werden die RawFiles gezogen. Das ist unter Produktionsbedingungenn schon hilfreich.

DP: Gibt es sonst noch neue Resolve Features, die sie besonders eingesetzt haben?

James Tonkin: Resolve 10 hat phänomenale neue Features – das Online Editing beispielsweise hat das „Contextual Trimmer Tool“, mit dem man Ripple and Roll und Slip and Slide auf der Timeline mit der Maus hat. Ein weiteres tolles Feature ist die Geschwindigkeitskontrolle, mit der man in Echtzeit die Ablaufgeschwindkeit anpassen kann – was ich in den Tourvideos reichlich eingesetzt hatte. Dazu kommt natürlich echtes Multitrack Editing, und Sync, Trim und Drag für Audiotracks, unabhängig von der Timeline.

Viele Resolve-User haben auch nach zusätzlichen Plug-ins innerhalb von Resolve gefragt und mit Version 10 ist das enthalten – und zwar das Standardformat OpenFX. Und so konnte ich zum Beispiel die von mir favorisierten Lensflares aus der Sapphire Library per Keyframe einfügen. Und – auch aus Sapphire – zusätzliches Filmrauschen. Dazu gibt es unbegrenzt viele Power Windows pro Connector Node, und ein Gradient Power Windwow, mit dem man Gradationen über das gesamte Bild verteilen kann. Außerdem ist es großartig zeitsparend, ein DCP direkt aus Resolve auszugeben. Früher musste ich dazu immer entweder ein Studio buchen oder die Arbeit an andere weitergeben. Mittlerweile reicht mir eine EasyDCP-Lizenz.

DP: Haben Sie den Cinema-DNG-Workflow verwendet? Wie hat er sich geschlagen?

James Tonkin: Ich habe mittlerweile schon einige Projekte auf Blackmagic-Kameras gedreht, jeweils in CinemaDNG und dann gegradet in Resolve. Und ich liebe es, wie viele Informationen aus den Dailies und dem Footage kommen, und wie man alle Freiheiten am Bild hat – speziell im Grading.

Auf der FS700 habe ich im S-Log gedreht, um hier auch das Maximum aus dem Footage holen zu können, auch wenn man da dann den Unterschied zwischen den 12-Bit-DNGs und den 8-Bit-AVCHD-FS700-Dateien schon deutlich sieht.

DP: Abschließend: Was braucht man, um ein guter Grader zu werden?

James Tonkin: Ich bin über den OfflineSchnitt zum Grading gekommen – mit dem Zwischenschritt des Online-Schnitts, also war ich immer von der praktischen Seite geschult. Meistens bei echten Projekten, mit den Deadlines der Fernsehwelt. Dazu ist es enorm wichtig, viele Filme zu sehen, und aus deren Beispielen – positiv wie negativ – zu lernen. So baut man sich im Lauf der Zeit eine mentale Bibliothek von Looks und deren Wirkung auf. Ich glaube, ein guter Colorist sollte nicht nur die technische Seite der Software und des Matchings sowie der schlichten Fehlerkorrektur beherrschen, sondern eben verschiedene Sichtweisen ins Projekt bringen. Das Grading ist der finale Schritt im kreativen Prozess und der erste Punkt, wo einen die Bilder wirklich anspringen – das mag ich auch so daran.

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