Eine neue Reise beginnt | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 01 : 2013 ging Weta Digital mit Peter Jackson zurück nach Mittelerde. Für die Prequel-Trilogie "Der Hobbit" übertrugen die Neuseeländer:innen die Vorgeschichte von Fantasy-Autoren J.R.R. Tolkien auf die Kinoleinwand.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 01 : 2013.

Weta Digitals Visual Effect Artists schaffen digitale Charaktere und Environments für den ersten Film in Peter Jacksons zweiter Trilogie-Reihe beruhend auf den Werken des Schriftstellers J.R.R. Tolkien.

Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie gewann erstaunliche 17 Oscars und erhielt 40 Oscar-Nominierungen. Alle drei Filme gewannen den Oscar für beste visuelle Effekte. Der dritte Film der Serie gewann den Oscar sogar in allen elf Kategorien, für die er nominiert war, unter anderem die Preise für Bester Film und Beste Regie. Nun, acht Jahre später, kamen Jackson und viele der anderen, die diese drei Filme geschaffen haben, wieder zusammen, um der Welt „Der Hobbit: eine unerwartete Reise“ zu schenken. Sets und Requisiten wurden erneut bei Weta Workshop gebaut, die digitalen Effekte bei Weta Digital produziert. Wie beim „Herrn der Ringe“ streckt Jackson die Geschichte von Bilbo Baggins über drei Filme. In „Eine unerwartete Reise“ stattet der Zauberer Gandalf der Graue dem Hobbit Bilbo Baggins einen Überraschungsbesuch ab und überzeugt ihn davon, sich einer Gruppe von 13 Zwergen unter der Führung von Thorin Eichenschild anzuschließen, die das verlorene Zwergenkönigreich von Erebor vom Drachen Smaug zurückgewinnen wollen. Ihre Reise führt sie in wilde Gebiete, in denen sie Trollen, Goblins, Orks, tödlichen Wargen und anderen Widerwärtigkeiten entkommen müssen. Unterwegs trifft Bilbo Gollum, die Kreatur, die sein Leben verändern wird, denn Bilbo findet Gollums kostbaren Ring. Martin Freeman ist Bilbo. Ian McKellen kehrt als Gandalf zurück, genauso wie Cate Blanchett als Galadriel und Hugo Weaving als Elrond. Andy Serkis schenkt ein weiteres Mal Gollum seine Stimme, und über Performance Capture auch sein Auftreten.

Der vierfache Oscar-Gewinner Joe Letteri („Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“, „Herr der Ringe: Die zwei Türme“, „King Kong“ und „Avatar“) war Senior Visual Effects Supervisor für diesen Film. Sechs Visual Effects Supervisor arbeiteten mit ihm zusammen: Eric Saindon, R. Christopher White, Matt Aitken, Kevin Smith, Mark Gee und Jeff Copgreco, unterstützt von einer Crew von 850 Leuten bei Weta Digital. Obwohl die Geschichte ein weiteres Mal in Mittelerde spielt und Jackson wie schon zuvor Neuseeland als Ersatz für dieses mythische Land benutzt, gibt es doch in Produktion und Postproduktion einige bemerkenswerte Unterschiede. Am auffälligsten für das Publikum ist die Tatsache, dass dafür ausgestattete Kinos den „Hobbit“ in Stereo-3D mit 48 Bildern pro Sekunde zeigen werden. Jackson erhielt nur lauwarme Besprechungen für 48 fps, als er auf der ComicCon erstes Footage zeigte. Trotzdem hielt er an der Überzeugung fest, dass die Leute das schnellere Format im fertigen Film annehmen werden. Visual Effects Supervisor Eric Saindon, der von „Avatar“ zu diesem Film kam, wurde ebenfalls dafür gewonnen. „Ich bin ein echter Fan von 48 Bildern pro Sekunde“, erklärt er. „Die große Kamera bewegt sich und die Actionszenen sind glatt und schön. Ich habe mein gesamtes Leben über 24 fps gesehen, aber jetzt wirkt das auf mich ruckartig und seltsam.“ Die zwei technischen Änderungen erzeugten eine viel größere Datenmenge, die verarbeitet werden musste. „Bei ‚Avatar‘ haben sie jedes Mal ein Medaillon angefertigt, wenn wir ein Petabyte Daten erreicht hatten“, erläutert Saindon. „Bei diesem Film haben wir wahrscheinlich die vierfache Datenmenge produziert.“

Heutzutage haben die meisten großen Fantasy- oder Abenteuerfilme digitale SetErweiterungen und digitale Umgebungen unter den Visual Effects, zusätzlich zu CGKreaturen und digitalen Doubles. Aber nur wenige haben solch weitläufige Environments wie „Der Hobbit“ oder so viele Kreaturen: drei Trolle, riesige Adler, Spinnen, wolfähnliche Warge, Hunderte von Goblins, Orks, Igeln, Pferden, Insekten, Vögeln, Elfen – und natürlich Gollum.

Saindon überwachte auf dem Set die Datensammlung für die Modeler und Texture Artists, die später die Set-Erweiterungen schaffen sollten. „Wir haben jedes einzelne Set gescannt“, erzählt er. „Wir mussten so viele Daten wie möglich sammeln, um das Stereo-3D richtig hinzukriegen. Einige der Sets waren wirklich riesig. In der Vergangenheit haben wir eine allgemeine Vermessung vorgenommen und generelle Marker-Informationen gesammelt, aber bei diesem Film, wegen Stereo-3D und 48 Bildern pro Sekunde, brauchten wir mehr Daten als normalerweise, um alles zusammenzusetzen. Es gibt so viel mehr sichtbare Details. Wir konnten nichts verstecken.“

Chris White überwachte die Sequenzen, in denen Bilbo und die Zwerge nach Bruchtal reisen, nachdem Gandalf sie vor einem TrollAngriff gerettet hat. Danach ziehen sie weiter ins Nebelgebirge und in die Goblin-Höhle, wo Gandalf sie ein weiteres Mal rettet. „Ein volles Team arbeitete allein an den Wasserfällen von Bruchtal“, erklärt White. „Unsere EffectsGruppe baute unsere Fluid-Simulationen auf, und unsere Production Pipeline machte sie so effizient wie möglich, um mit den schwierigen Szenen in 48 fps in Stereo umgehen zu können.“ Um Bruchtal mit Wasserfällen zu umgeben, baute die Crew eine ganze Bibliothek einzigartiger Simulationen für die Stadt auf, die dann von Compositors als Matte Paintings in den Hintergrund eingefügt wurden. „Wir mussten viel Zeit damit verbringen, sicherzustellen, dass die Kanten gut aussehen und das Layering gut funktioniert, da wir mit Stereo und den zusätzlichen Details von 48 fps arbeiteten“, so White.

Motion Capture

Bruchtal bietet allen eine Ruhepause: den Reisenden nach dem Troll-Angriff, und dem Publikum nach der Rückblende auf den Kampf zwischen Zwergen und Orks. Zwei Animation Supervisors leiteten die 60 Animatoren, die zusammen mit Dave Clayton an Goblins, Trollen, Steinriesen, Adlern und Gollum arbeiteten. Reynolds dagegen leitete die Animatoren, die sich um die Warge, Waldgeschöpfe, Azog und die Orks kümmerten. Die Crew nutzte sowohl vor Ort und als auch in der Postproduktion Motion Capture für alle digitalen Doubles, menschenähnliche Charaktere und sogar für einige der Tiere.

„Wir haben eine gut zugängliche MotionCapture-Bühne, und das haben wir wirklich ausgenutzt“, erläutert Clayton. „Wir versuchen, dem Publikum unsere Visual Effects als real zu verkaufen. Wir nehmen Stunt-Doubles mit Motion Capture auf und manchmal sogar Animatoren in speziellen Anzügen. In vielen Bereichen verschmelzen MoCap und Animation. Wir machen uns beides zu eigen.“

Am Set spielten drei Schauspieler, die sonst als Zwerge auftraten, die Rollen der drei vier Meter großen Trolle. So lieferten sie die Basis für die Animation. „Man will, dass sie ein schwerfälliges Gefühl vermitteln“, erklärt Clayton. „Nicht wie Kerle in Anzügen. Sie waren fast die ersten Charaktere, die wir mit Animation angegangen sind, und es hat ein gutes Jahr gedauert, bis sie richtig liefen. Ein Troll wirkt unrealistisch leichtfüßig, wenn man die Daten eines Menschen in einem Motion-Capture-Anzug auf ihn überträgt, also mussten wir ihn verlangsamen und die Posen stilisieren.“

Muskel-Simulationen

Wie alle CG-Charaktere im Film haben auch die Trolle anatomisch korrekte Körper, deren Muskeln und Haut in der Creature-Abteilung auf ein polygonales Modell aufgebracht wurden. „Die meisten Leute sehen Rigging so, dass man dort Haut-Cluster auf Joints aufbringt. Wir nehmen das geometrische Skelett, bauen alle Muskeln, das Fett und die Haut tatsächlich auf und simulieren sie dann.“ Animatoren arbeiten mit einer einfachen Geometrie, die der Knochenstruktur untergeordnet ist. Von den Animatoren erhält die Creature-Gruppe Animation Curves und formt diese dann passend um. Dann wanderte das gespeicherte Modell mit der Haut und all den Muskeln und dem Fett darunter, welche die Haut ausfüllen, im System weiter zur Stoff- und Haarsimulation. „Wir simulieren alles in einer großen, verbundenen Simulation“, erklärt Clutterbuck. Die Lighting TDs erhalten eine kompilierte Datei, in der alle Caches verbunden sind, um das richtige Shading und Lighting zu der gecachten Realität hinzuzufügen. Am Ende werden diese gebackenen RIB-Files an RenderMan geschickt. „Die meisten Bakes bekommen wir über Nacht“, erklärt Clutterbuck. „Die längeren Einstellungen brauchen auch mal eineinhalb bis zwei Tage. Die Komplexität ist eigentlich verrückt, aber letztendlich ist es nur gecachte Geometrie.

Für den Kampf zwischen den Orks und den Zwergen haben die Modeler und Creature Developer einen Hero-Ork geschaffen, und von ihm ausgehend verfahrensmäßig mehrere Ork-Varianten generiert. Alle Varianten haben ein Muskelsystem von derselben Qualität wie der Hero. Das bedeutet, wenn der Held sich verändert, bezieht sich das auch auf alle anderen Variationen. „Wir wechseln nicht zu einer vereinfachten Version, weil das zu leicht wäre.“ Clutterbuck lacht. „Leicht ist nicht unser Ding.“ Ein „GenMan“, der auf vollen Körperscans, Magnetresonanzaufnahmen und Messungen an einem Sportlehrer beruht, diente als Vorlage für alle zweifüßigen Männerkörper. „Wir bauen unsere Muskelmodelle für diesen Mann, dann erfassen wir seine Bewegungen und bewerten sie digital“, erklärt Clutterbuck. Dann passen die Artists dieses Modell an die Vorgaben an, die sie eben gerade brauchen. Bei den digitalen Doubles starten die Modellierer mit Cyber Scans der Schauspieler, um in Maya dazu passende polygonale Skelette aufzubauen. Die Charakter-Entwickler nutzen dieses Skelett, um die Muskeln und die Lagen von Fett daraufzulegen; das Skelett definiert den Raum. „Die Zwerge haben große, mollige Hände, also legen wir noch eine Fettschicht drauf“, erläutert Clutterbuck. „Jeder Charakter erhält seine persönlichen Eigenheiten, aber wir fangen nicht jedes Mal bei null an.“ Die Arbeit am Gesicht ist nochmal ein separater Schritt, bei dem Modellierer unter Verwendung von Blend Shapes ein Animation-Rig aufbauen. „Azog (der Hero-Ork) hat ein bisschen Simulation im Gesicht, ebenso wie die Trolle, aber das ist nur dieses kleine Quäntchen extra“, erklärt Clutterbuck.

In der Schlacht kämpfen der Hero-Ork Azog und der Zwergenführer Thorin auf einem kleinen Hügel. Um sie herum sind Tausende von Zwergen und Orks, die Bewegungsabläufe vollführen, die von Massive kontrolliert werden. Peter Jackson hat die Szene mit dem Schauspieler Richard Armitage, der den Thorin spielt, und einem ungefähr gleich großen Schauspieler in einem Kostüm gedreht. Doch die Größenverhältnisse funktionierten einfach nicht. Azog musste größer und stärker sein als der Zwerg. Also hat die Mannschaft bei Weta Digital den originalen Azog gezeichnet, einen anderen Schauspieler in einem grünen Anzug mit Motion Capture erfasst und einen digitalen, 2,10 Meter großen Ork mit scharfen Zähnen und Narben überall auf seinem Albino-Körper eingefügt.

„Dann passierte etwas Cooles“, erklärt Reynolds. „Als wir den über zwei Meter gro- ßen Ork in die Szene implantierten, war die Kamera auf seinen Körper gerichtet und nicht auf sein Gesicht. Das hat die gesamte Dynamik verändert. Wir haben ein paar Einstellungen nach oben gekippt, aber grundsätzlich sahen wir seinen Kopf nicht, und das war prima. Es sah aus, als wäre er so groß, dass wir ihn einfach nicht ins Bild bekamen.“

Die Nebelberge

In den Nebelbergen finden die Zwerge sich plötzlich mitten in einem Kampf zwischen Felsbrocken schleudernden Steinriesen wieder. Diese Einstellungen spielen während eines Gewittersturms mit Blitzen, Regen und Nebel. „Wir haben in unserer Effekte-Abteilung Simulationen für den Regen und den Nebel erzeugt, und haben dann daran gearbeitet, die Bewegungen genau richtig hinzukriegen“, erklärt White. „Für die Blitze haben wir interne Plug-ins verwendet. Wir wollten, dass die Steine, wann immer ein Blitz sie trifft, in Stücke zerbrechen und viele weitere Teile herunterregnen lassen. Denn was man in diesen Szenen auf jeden Fall erzeugen will, ist ein Gefühl der Bedrohung. Also haben wir Rigid Body Dynamics eingesetzt, um die Steine fallen zu lassen und zuzusehen, wie sie kilometerweit in die Schlucht fallen.“ Fluid-Simulationen, die vom Regen getrieben wurden, ließen Nebel von den Steinen aufsteigen.

Die Animatoren mussten in diesem Ausschnitt zwei Typen von Charakteren ausführen: die Steinriesen und die digitalen Double der Zwerge, die manchmal auf den Beinen der Riesen reiten. „In gewisser Weise waren die Steinriesen einfach zu animieren“, meint Clayton. „Sie bewegen sich langsam und haben keinerlei Mimik. Wir haben langsame Richtungswechsel eingesetzt, um dafür zu sorgen, dass sie ein schweres Gefühl vermitteln. Meine größte Angst war, dass die Digi-Double-Zwerge das Publikum aus der Geschichte reißen könnten.“

Die Motion-Capture-Daten wurden von Stuntmen gewonnen, deren Bewegungsabläufe den Schauspielern der Zwerge ähnelten. „Wir mussten die Bewegungen der Zwerge kopieren, wie sie in den Actioneinstellungen erschienen.“ Beim ersten Blick, den das Publikum auf einen Steinriesen erhascht, sieht er aus wie ein Teil des Berges. „Als wir uns die Sequenz mit den Riesen ansahen, wurde uns klar, dass es schöner wäre, sie als Teil der Umgebung zu beleuchten“, erklärt White. „Nicht als Charaktere.“ Ein neuer, proprietärer Hardware Renderer namens Gazebo half den Beleuchtern dabei, das Lighting Design der riesigen digitalen Landschaften in „Der Hobbit“ zu spiegeln. Das GPU-basierte Tool lässt sich in Maya integrieren und nutzt dieselben realitätsbezogenen Lighting- und Shading-Modelle, wie sie das Studio auch in RenderMan verwendet.

Goblins

Die Goblins sind Plünderer, und ihr Lebensraum in den Nebelbergen ist aus allerlei seltsamen Trümmern und widerlichen Bauteilen errichtet. „Wir mussten digitale Set Extensions für die absoluten Totalen erschaffen“, erklärt White. „Man kann die Struktur der gesamten Stadt unter der Erde sehen. Höhlen mit schartigen Steinwänden, die irgendwie kränklich aussehen. Wir haben alles computergeneriert, um das Set zu ergänzen. Hunderttausende von einzelnen Teilen und Requisiten.“ Statt einzelne Teile mit Textur zu versehen, betrachtete die Crew die gesamte Umgebung als ein Ganzes. „Wir haben handgemalte, triplanare Texturen geschaffen, so dass wir einen Steg mit Dreck überziehen und dann das Maß der Scharten im Stein anpassen konnten“, erklärt White. „Bei triplanaren Texturen müssen wir nicht jede Oberfläche von Hand zeichnen, sondern können sie von oben, seitlich und von vorne betrachten. So konnten wir komplexe Texturen schaffen, ohne Assets einzeln per Hand zeichnen zu müssen. Dann schieben wir die Assets einfach darunter.“

Alle Goblins im Film sind digital. Um sie zu erzeugen, hat die Creature-Abteilung 13 Goblin-Varianten gebaut und den arttypischsten als Hero ausgewählt. Alle digitalen Gesichter entstanden anhand von Gesichts-Prosthetics, die von Jackson ausgewählt und mit den Varianten kombiniert wurden. Der Goblin-König erwies sich als einzigartiges Unterfangen. „Wir haben ihn mit einer Menge Details ausgestattet. Er ist 2,70 Meter groß und hat eine Sprechrolle.“ Wie bei allen anderen CG-Charakteren wurden auch hier die Goblins auf den Motion-Capture-Daten aufgebaut.

Der Schauspieler Barrie Humphries leiht dem Goblin-König seine Stimme. Nachdem er dreimal so groß ist wie die Zwerge, hat die Crew am Set die Szenen in zwei Abschnitten gedreht. Jackson führte eine Live-ActionKamera. Eine andere Kamera fuhr über ein kleiner gebautes Set, damit Humphries in der richtigen Größe erschien.

„Wir hatten Barrie Humphries in einem Small-Capture-Volume neben der Bühne mit den Zwergen“, erklärt Saindon. „Wir haben seine Bewegungen erfasst und an die Live-Action-Kamera gesendet, so dass Peter, als er die Zwerge drehte, auch Barrie sehen konnte.“ Die Crew am Set nutzte diese Idee auch für andere Szenen mit gleich großen Schauspielern, die aber Charaktere mit völlig verschiedenen Körpergrößen spielten.

Schauspieler Terry Notary lieferte den Animatoren die Bewegungserfassungsdaten für den Goblin-König. „[Der Goblin-König] hatte erstaunlich widerliche Gesichtszüge, weswegen es viel Spaß gemacht hat, an ihm zu arbeiten und ihn zu animieren“, erklärt Clayton. „Wir haben den erfassten Daten ein wenig die rauen Kanten abgeschliffen und dafür gesorgt, dass er ein großes, schweres Gefühl vermittelt. Am Goblin-König gibt es eine Menge Keyframe-Animation, um seine Bewegungen zu stilisieren und ihn klar erkenntlich zu machen.“ Die Animatoren steuerten auch über 200 Goblins mit den Daten der Bewegungserfassung. „Wir hatten nicht genug, um eine Massive-Simulation zu fahren, und die Goblins vollführten in dieser vieldimensionalen Höhle jeweils spezifische Aktionen“, erklärt Clayton. „Also haben wir uns auf den (Giant) Nuance Motion Editor als einen wichtigen Teil unseres Workflows verlassen.“

Gollum

Bilbo trifft Gollum in der Goblin-Höhle, in der die seltsame Kreatur, die wieder von Andy Serkis gespielt wird, ihm ein Rätselspiel vorschlägt. Obwohl es wichtig war, dafür zu sorgen, dass die Figur genauso aussieht wie in „Herr der Ringe“, sind zu viele Jahre vergangen, um dasselbe Modell und Rig zu verwenden. „Obwohl er genauso aussehen wird und auch dasselbe Gefühl vermittelt, veränderte doch das darunterliegende Rig unser Muskelmodell“, erklärt Clutterbuck. „Im ‚Herrn der Ringe‘ mussten wir eine Menge Deformationen anpassen. Diesmal brauchte er weniger Shot-to-Shot-Anpassungen.“

Ein großer Unterschied beim neuen Gollum ist die Art, wie die Crew Andy Serkis‘ Bewegungen erfasst hat. Für den „Herrn der Ringe“ spielte er den Gollum einmal für LiveAction-Kameras, um seine Stimme aufzunehmen und mit den anderen Schauspielern zu interagieren, später gab es eine MotionCapture-Session für seine Körperhaltung. Seitdem hat die Crew von Weta Digital Motion am Set und on Location für Filme wie „Avatar“, „Planet der Affen: Prevolution“ und „Tim und Struppi“ gecaptured.

Also trug Serkis am Set von „Der Hobbit“ einen Anzug mit Tracking-Markern und einen Gesichtskamera-Rig auf einem Helm. „Wir erfassen die Bewegungen mit 60 Bildern pro Sekunde“, erläutert Saindon. „Vorher mussten wir die Hälfte davon wegschmeißen, aber bei 48 Bildern pro Sekunde besitzen wir dieses kleine bisschen mehr an Information, das die Feinheit ausmacht.“ Um diese Feinheit auch umzusetzen, verwendete man ein neues Gesichtsanimationssystem, bei dem man das FACS-basierte System benutzte, das Animatoren verschiedene Muskelgruppen über Schieberegler kontrollieren lässt. „Wir haben speziell für Gollum eine Menge Extrasteuerungen eingefügt“, erklärt Clayton. „Wenn er ein besonderes Gesicht zog, haben wir uns angeschaut, welche Muskeln er genau benutzt und haben dann Regler kombiniert, um alle Muskeln gleichzeitig zu bewegen.“

Warge und Adler

Bilbo entkommt den Gängen der Goblin-Höhle und Gollum und wird wieder mit den Zwergen vereint, nur um von Wargen gejagt zu werden. Sie sehen aus wie eine Kombination aus Wolf und Löwe und jagen die Zwerge schon den gesamten Film über. „Wenn man sie mit einem Zwerg oder einem Hobbit vergleicht, hätten sie die Größe von kleinen Ponys“, erklärt Reynolds. In vielen der Einstellungen sieht man 20 Warge, und in einigen davon reiten Orks auf den Monstern. Azog reitet auf dem größ- ten Warg von allen. „Er reitet einen weißen Warg“, erzählt Saindon. „1,80 Meter hoch. Und ein wenig sauberer als die anderen.“

Der Idee getreu, dass man dem Realismus zuliebe so viel Motion Capture einsetzen sollte wie möglich, steckte die Crew Schäferhunde in Lycra-Motion-Capture-Anzüge, um die Bewegungsdaten für die Warge zu erhalten. „Es hat besser funktioniert, als ich dachte“, erklärt Reynolds. „Wir haben eingefangen, wie sie sich drehen und ihr Gewicht verlagern, was bei Keyframing schwer zu machen ist.“ Die Crew erfasste auch eine Hündin, die sowieso immer am Set war und jederzeit zur Verfügung stand, wann immer die Animatoren sie brauchten. „Wir mussten das Schwanzwedeln ausblenden“, sagt Reynolds, „und die Bewegungen um 15 bis 20 Prozent verlangsamen. Außerdem machte sie wegen des Lyra-Anzuges einen Buckel, also mussten wir ihren Hintern ein wenig nach hinten ziehen. Sobald wir diese drei Dinge erledigt hatten, bekamen wir ziemlich brauchbare Bewegungen für die Warge.“

Für das Fell der Warge benutzte die Crew ein Upgrade des Barbershop-Systems, das ursprünglich für „Tintin“ entwickelt wurde, um bei Struppis Fell zu helfen. Statt genaue Parameter für Führungshaare anzugeben, um die Kurven zu kontrollieren, präparieren die Modellierer die Kurven direkt. „Sie haben Werkzeuge, die ähnlich wie Föne, Bürsten, Kämme und Scheren arbeiten“, erklärt Saindon. Barbershop macht aus Modellern Friseure. Einige der Modellierer sind ziemlich gut darin, als wären sie in einem früheren Leben Friseur gewesen. Bei anderen hat es einfach nicht geklappt.“ Um das Nackenfell der Warge zu kontrollieren, haben die Friseure etwas benutzt, was Clutterback als ein „dynamisches Rod-System“ bezeichnet. „Barbershop erlaubt, jede Dynamik zu beeinflussen sowie die Orientierung der Rods zu kontrollieren“, sagt er. Die Jagd endet beinahe mit dem Tod von Bilbo, Gandalf und den Zwergen, doch mehrere große Adler, die einzigen Charaktere, deren Bewegungen man nicht mit Motion Capture erfassen konnte, retten sie gerade noch rechtzeitig. „Wir haben diese wunderbaren Totalen von der neuseeländischen Landschaft, in denen die Adler mit den Zwergen fliegen tragen“, erzählt Clayton.

Bewegungserfasste Körperhaltungen halfen den Animatoren, die Zwerge in die Adlerkrallen zu legen und Gandalf und Bilbo auf dem Rücken je eines Adlers zu positionieren. Für die Adler griff man zu Referenz-Filmmaterial. Um die Federn flattern zu lassen, wurde ein skriptbasiertes Layering-System verwendet. „Federn sind immer ein wissenschaftliches Experiment“, erklärt Reynolds. „In der Animation haben wir ein sanftes Flattern hinzugefügt und uns nicht um Überschneidungen gekümmert. Die Creature Developer haben mehr Flattern simuliert, und unser ganzes Zeug von Überschneidungen befreit.“

Es kommt noch mehr

Die Modeler, Creature Developer und Animatoren haben auch riesige Hasen erzeugt, die den Schlitten eines Zauberers ziehen, einen Igel, Pferde und weitere Kreaturen, die alle ein volles Muskelsimulationssystem besitzen. Doch der Drache Smaug deutet sein Auftreten nur an, wie Gollum in „Die Gefährten“. „Er tritt im Film auf, aber nur als kurze Szene mit Blick auf ein Auge und eine Nüster“, erklärt Clutterback. „Und es gibt jede Menge Feuer und Rauch.“ Smaug-Fans werden auf den zweiten Film „Der Hobbit: The Desolation of Smaug“ warten müssen, der für nächstes Jahr geplant ist. Dasselbe gilt für die Spinnen. Reynolds hat angefangen, an Einstellungen mit den Spinnen zu arbeiten, die Zwerge versklaven, aber diese Einstellungen wurden genauso wie der Drache in den zweiten Film verschoben. Obwohl die Crew aufgehört hat, an diesem Film zu arbeiten, hat für viele von ihnen die Arbeit gerade erst begonnen. „Peter hat uns bereits ein Drittel des zweiten Films übergeben“, erklärt Saindon. „Wir werden noch viel von Bilbo Baggins sehen.“

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