Bunte Bälle | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 01 : 2013 hat ein weltberühmter Hersteller von Zuckerwasser einen Spot bei Bent Image Lab in Auftrag gegeben. Das für die Getränkemarke typische, knallige Rot hat Grading Artist Jalal Jemison verantwortet. Ein Gespräch.

Dieser Artikel von Bela Beier erschien ursprünglich in der DP 01 : 2013.

Für die Europameisterschaft hat Coca-Cola einen Spot bei Bent Image Lab in Auftrag gegeben. Die Cola-typischen Farben verantwortete Jalal Jemison (jalaljemison.com), der Grader von Bent. Die DP hatte die Chance, ihm ein paar Fragen zu stellen.

Jalal Jemison hat unter anderem als Lead Compositor bei „Grimm“, als Di- gital Compositor bei „Get him to the Greek“ und weiteren Filmen wie „Borat“ und „Religulous“ Kino-Erfahrung gesammelt. Mehr sehen Sie in dem Grading Reel unter jalaljemison.com/color-reel.

Bei diesem Cola-Spot war Jemison unter Zeitdruck fürs Grading zuständig.

DP: Herr Jemison, wie lange haben Sie für das Grading gebraucht?

Jalal Jemison: Also, es gab ja mehrere Versionen des Spots: Eine Sommer- und eine Winter-Variante sowie Iterationen für unterschiedliche Teams, bei denen dann zum Beispiel die Trikots unterschiedlich waren. Der Ursprungs-Spot hat zum Graden aber nur zwei Tage gebraucht.

DP: Angesichts des Zeitdrucks bei Commercials: Was ist Ihr Tipp für zügiges Arbeiten und wie bereiten Sie sich auf neue Workflows – wie zum Beispiel Stereo 3D – vor?

Jalal Jemison: Für einen Full-CG-Spot wie diesen muss die Vorbereitung bereits im Compositing anfangen – und das gilt gleich doppelt für Stereo 3D. Und was meiner Meinung nach auch oft nachlässig behandelt wird – wenn man Stereo gradet und Mattes für beide Augen hat – ist die Benennung und Dateistruktur. Hier akribisch zu sein, lohnt sich!

DP: Wie viel länger dauert ein 3D-Grading gegenüber einem 2D-Grading?

Jalal Jemison: Sobald man losgradet und alles vom Redaktionellen und Compositing her vorbereitet hat, ist Stereo-Grading eigentlich recht einfach. Allerdings würde ich nie versuchen, mit Farbtricks die Konvergenz oder andere Stereofehler zu beheben, sondern die Dateien gleich zurück ins Compositing schicken. Wenn man keine Sonderfälle hat, dauert Stereo-3D nur 20 bis 30 Prozent länger.

DP: Da der Spot eine sehr laute Farbsprache hat: Welche Elemente bestimmen Ihrer Meinung nach dieses „Feeling“ und worauf muss man da beim Grading achten?

Jalal Jemison: Die allgemeine Gestaltung kommt natürlich vom Art Director, Character und Story vom Regisseur. Aber beim Grading muss ich das so weit interpretieren, dass ich weiß, was ich betonen soll – hier gibt es allerdings keinen Unterschied zwischen Realfilm und Animation. In diesem Fall habe ich mich eher nach der Idee des Regisseurs gerichtet, und meinen persönlichen Geschmack einflie- ßen lassen. Ich bevorzuge, per Maskierung einzelne Aspekte hervorzuheben und darum herum Komplementärfarben anzuordnen. Bei diesem Spot habe ich mich vor meinem inneren Auge an einem Stillleben orientiert und jeweils versucht, die einzelnen Aspekte getrennt zu behandeln, um so die Farbsprache des Ganzen zu unterstreichen und aufeinander abzustimmen.

DP: Wie viel Abstimmung war mit Javier Leon (Art Director) und Carlos Lascano, dem Regisseur, notwendig? Verringert ein festes Team wie bei Bent Image Lab den RoundtrippingAufwand?

Jalal Jemison: Javier hatte eine sehr genaue Vorstellung. Diese haben wir gemeinsam umgesetzt, um von Anfang an ein Gerüst zu haben. Währenddessen hatten wir immer mal wieder Hands-on Sessions, um wirklich sicherzugehen, dass wir die Vorstellung genau umsetzen.

DP: Sie arbeiten ja mit DaVinci Resolve. Was sind die Vorteile und was wünschen Sie sich für die kommenden Versionen?

Jalal Jemison: Ich denke, dass jedes Grading-Paket seine Vorteile hat. Scratch zum Beispiel eignet sich exzellent fürs Conforming und das Versionieren. Wenn man eine Autodesk-Pipeline hat, ist Lustre natürlich ideal. Resolve hat den Vorteil, dass es ausschließlich aufs Grading fokussiert ist. Wenn man damit arbeitet, weiß man genau, was man hat – sowohl im Interface als auch im Aufbau, denn alles ist ausschließlich aufs Grading abgestimmt. Das Lustre-Interface oder das Scratch-Interface bieten zwar mehr Möglichkeiten, aber wenn man nur gradet weiß man die Spezialisierung schon sehr schnell zu schätzen. Für die Zukunft würde ich mir für Resolve wünschen, dass OFX-Plug-ins in allen Programmen als Standard eingebunden werden. Und zwar speziell die mit Cuda-Beschleunigung wie zum Beispiel Genarts Sapphire. Da würden hervorragende Optionen für Blur, Grain und Lensflares hinzukommen.

DP: Wenn jemand bis jetzt noch kein 3D gegradet hat: Kann man die Materialen und Masken vom linken auf das rechte Auge übertragen, oder umgekehrt?

Jalal Jemison: Leider kann man Masken und Tracking Points nicht übertragen – die Mattes sind ja für jedes Auge unterschiedlich. Aber natürlich kann man das Keying als Anhaltspunkt verwenden. DP: Wie sind Sie zum Grading gekommen? Jalal Jemison: Die Faszination fürs Kolorieren kam vom Filmemachen und vom Compositing. Ich komme aus der Filmecke und hatte daher den gesamten Workflow immer vor Augen, vom Dreh bis zum Final Delivery. Auch wenn ich einen Abschluss einer Filmhochschule habe, ist der größte Teil meiner Fähigkeiten im Selbststudium dazugekommen. Faszination fürs Thema ist der beste Lehrer.

Davor/Danach: Die Verschiebung der Aufmerksamkeit ist diskret, aber im direkten Vergleich eindeutig.

DP: Wenn jemand Grader werden möchte – welche Ausbildung würden Sie empfehlen?

Jalal Jemison: Ich würde dazu raten, sich wirklich tief einzulesen und dann ein Praktikum beziehungsweise eine Praxisausbildung beim bestmöglichen Grader zu machen – Erfahrung ist beim Grading das A und O. Wenn man Kurse besuchen will, würde ich dafür die International Colorist Academy icolorist.com empfehlen.

DP: Wie erklären Sie Grading, und was ist der Film, der die Möglichkeiten Ihrer Meinung nach am besten zeigt?

Jalal Jemison: Ein Colorist ist jemand, der die Betonung der einzelnen Bildbestandteile definiert und sie hervorhebt und herunterspielt, den allgemeinen Look eines Films definiert und die Farben für die verschiedenen Ausspielkanäle vorbereitet. Das schließt heutzutage Film, HD Tape Masters und auch H264 fürs Web ein. Meiner Meinung nach ist Del Toros „Pans Labyrinth“ einer der optisch großartigsten Filme und in vielen Szenen die Messlatte für visuelle Perfektion. Die Farbkomposition, die Kontraste zwischen warmen und kalten Farben und die Gesamtgestaltung der Szenen sind für mich die oberste Stufe dessen, was Farbe, Compositing und Licht hervorbringen können. Und da einiges schon aus dem Realfilm kam, manches aus dem Compositing und einiges aus dem Grading ist eben dieses Zusammenspiel für die atemberaubenden Bilder verantwortlich.

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