Mehr Standorte, mehr VFX! | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 03 : 2015 stellten wir fest: Die Rise Visual Effects Studios gibt es seit 2007 – acht Jahre später, anno 2015, dann sogar mit vier Standorten. Gründer Florian Gellinger erklärte uns im Gespräch, wie die Ausbreitung der VFX-Geschäfte gelang.

Dieser Artikel von Mirja Fürst erschien ursprünglich in der DP 03 : 2015.

Rise | Visual Effects Studios (www.risefx.com) gibt es seit 2OO7, inzwischen schon an vier Standorten. Mit einer Location in Wien ist das Team sogar im deutschsprachigen „Ausland“ vertreten. Das Rise-Team erklärte uns, wie die Ausbreitung der VFX-Geschäfte gelang, ohne die Übersicht zu verlieren.

Rise-Gründer und VFX-Supervisor Florian Gellinger, der in diesem Jahr auch wieder in der animago-Jury sitzen wird, leitet den Berliner Hauptstandort zusammen mit Sven Pannicke, Robert Pinnow und Markus Degen. Das zweite Studio in Köln war zunächst eine „On demand“-Location, die inzwischen in einen festen Standort gewandelt wurde. Auf dessen Erfolg hin folgte kurz danach die Eröffnung der Wiener Dependance. Frisch hinzugekommen ist der Stuttgarter Standort, der spätestens zur FMX (www.fmx.de) in Betrieb genommen wird.

Rise | Visual Effects Studios ist regelmäßiger Gast bei unserer animago AWARD & CONFERENCE (www.animago.com). Wer das Team also mal persönlich kennenlernen möchte, sollte am 15. und 16. Oktober dabei sein. Beiträge für alle neun Kategorien können noch bis zum 30. Juni zum animago AWARD eingereicht werden.

Mehr zum Arbeitsalltag und zur Pipeline von Rise finden Sie auch im Studioporträt in der DP-Ausgabe 05/13.

DP: Hi Florian, wieso saht ihr die Notwendigkeit, an diesen Standorten mit eurem Studio vertreten zu sein und euch auf diese Art zu vergrößern?

Florian Gellinger: Wir wollen möglichst nah am Nachwuchs und an den Artists sein. Und in Deutschland ist die Branche leider in alle Himmelsrichtungen verteilt, im Gegensatz zum Beispiel zu London oder Vancouver. Viele heimische Produktionen machen außerdem von den regionalen Förderungen Gebrauch. Gerade die Regionen Wien, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg waren sich schon früh der immer wichtiger werdenden Rolle von digitalen visuellen Effekten bewusst. Schließlich kommen mittlerweile bis zu 100 Prozent der Filmbilder aus dem Computer – inklusive der Hauptdarsteller.

DP: Ist die erste Studiogründung die schwierigste und alle weiteren reine Routinearbeit? Oder hat euch jedes Studio aufs Neue herausgefordert?

Florian Gellinger: Das erste Studio ist immer das schwerste. Man muss Aufträge akquirieren, während man die technische Infrastruktur dafür aufbaut. Köln war unser „Versuchsballon“ für alle weiteren Standorte. Bei Projekten wie „Adlon – Eine Familiensaga“ und „Nacht über Berlin“ haben wir viel gelernt und mit diesem Wissen unsere dezentrale Produktionsumgebung entsprechend ausgebaut. In der Praxis haben wir herausgefunden, wie die Arbeit an mehreren Standorten am besten funktionieren kann und dass die effiziente Organisation der Arbeitsabläufe mindestens genauso wichtig ist wie die Arbeit an den Effekten selbst. Dabei macht jede neue Filiale die Organisation verteilter Projekte um ein Vielfaches komplizierter – aber durch einen größeren Artist-Pool wird man gleichzeitig auch schneller und flexibler.

DP: Gab es regionale Unterschiede bei der Gründung eines Studios?

Florian Gellinger: Nein, nicht wirklich. Wir hatten aber auch Glück, dass unsere ersten Leute vor Ort zuvor langjährige Berliner Mitarbeiter waren, die gut in der Branche vernetzt sind und unsere Arbeitsabläufe kennen. Wir versuchen Konkurrenzdenken zwischen den Standorten komplett zu umgehen, indem wir soweit wie möglich alle Barrieren außer der räumlichen Trennung aufheben. Das bedeutet: Mitarbeiter in Köln, Stuttgart und Wien sollen das Gefühl haben, als ob sie mit den Berlinern im selben Gebäude arbeiten und umgekehrt. Alle Arbeitsplätze sind per VoIP und Chat miteinander vernetzt und man kann auch einfach anderen die Kontrolle über den eigenen Arbeitsplatz übertragen, um sich zum Beispiel helfen zu lassen.

DP: Wie gelang die Finanzierung der jeweils neuen Location?

Florian Gellinger: Die neuen Locations werden aus erteilten Aufträgen und zusätzlich benötigten Kapazitäten geboren. Außerdem können wir die in Berlin entwickelte Software an allen Standorten mitbenutzen und somit wird die Entwicklungsarbeit auf mehr User verteilt immer kosteneffizienter. Der Berliner Standort ist extrem wichtig durch die Nähe zu Studio Babelsberg (www.studiobabelsberg.com). Wir können jederzeit Produktionsbüros auf dem Studiogelände besuchen und geben unseren Kunden damit mehr Flexibilität. Der animago eignet sich gleichzeitig hervorragend zur Nachwuchssuche. Köln, Stuttgart und Wien haben neben den ausgezeichneten Hochschulen gerade in der Förderung von Postproduktion die Nase vorn – wobei im Speziellen in Wien aktuell niemand außer uns mit einem vergleichbaren Angebot vor Ort ist.

DP: Nach welchen Kriterien habt ihr die Räumlichkeiten an den jeweiligen Orten ausgesucht?

Florian Gellinger: Wir lieben offene, große Räume. Daher haben wir immer versucht, möglichst viele Artists, die an einem Projekt arbeiten, interdisziplinär als Gruppe zusammenzusetzen. So kann jeder auf den Monitoren der anderen sehen, was dort gerade entsteht und sich für die eigene Arbeit inspirieren lassen. Das Raumkonzept erleichtert die Kommunikation und das Ergebnis sieht am Ende konsistenter aus. Eigentlich sehen wir das gesamte Unternehmen als ein virtuelles Großraumbüro, egal an welchem Standort die Leute arbeiten.

DP: Wie viele feste Mitarbeiter habt ihr insgesamt? Wie viele Freelancer unterstützen auch regelmäßig?

Florian Gellinger: Insgesamt kommt unser Netz auf 19 feste Mitarbeiter. Wir verstehen unsere Arbeit wie die einer physischen Filmproduktion, die je nach Bedarf wächst und schrumpft: In der Planung arbeiten wenige Leads, die die Projekte vorbereiten und alles nach unseren Guidelines aufsetzen. Für die Arbeit an den einzelnen Shots buchen wir zusätzlich freie Mitarbeiter und nach dem Ende des Projektes springen diese entweder auf das nächste oder wir verkleinern uns wieder.

DP: Wie unterscheiden sich die Standorte in Bezug auf die technische Ausstattung?

Florian Gellinger: Die Büros sind alle entsprechend ihrer Mitarbeiterkapazitäten bestückt – Berlin hat den größten Server und die größte Renderfarm. Allerdings können diese Kapazitäten auch den anderen Standorten zu Stoßzeiten zur Verfügung gestellt werden. Außerdem hat Berlin eine DI-Facility mit einer 4K-3D-Stereo-Projektion. Bei größeren Projekten finden hier auch Abnahmen statt.

DP: Wie läuft die Datenübertragung zwischen den Standorten ab? Nutzt ihr auch Online-Render-Dienste?

Florian Gellinger: Sämtliche Datenübertragung zwischen den Standorten passiert vollautomatisch im Hintergrund und stark verschlüsselt. Jeder Standort kann zu jedem Zeitpunkt auf alle Daten eines zugewiesenen Projektes zugreifen. Unser Netzwerk ist ansonsten komplett von außen getrennt. Selbst wenn wir wollten, dürften wir keine Online-Render-Dienstleister benutzen, das verbieten uns die Sicherheitsrichtlinien einiger unserer Kunden. Auch deshalb ist die automatische Renderfarm-Lastverteilung zwischen den Standorten so wichtig.

DP: Habt ihr einen Lizenz-Server für alle Studios oder für jeden Ort einen separaten?

Florian Gellinger: Das kommt auf die Software an. Teilweise gibt es bei spezieller Software nur Nodelocked-Lizenzen. Teilweise haben wir aber auch Floating-Lizenzen, die von Berlin aus an andere Standorte ausgeliehen werden können. Unser Lizenzportfolio ist da sehr unterschiedlich aufgebaut – je nach Software, verfügbarem Lizenztyp seitens der Hersteller und Notwendigkeit unsererseits.

DP: Nutzt ihr eure interne Datenbank Risebase an allen Standorten? Wofür im Detail?

Florian Gellinger: Risebase ist immer noch das Herz der Firma und ihre Weiterentwicklung ermöglicht uns die Arbeit über die verschiedenen Standorte hinweg. Gerade Review-Notes und Anmerkungen zu einzelnen Shots können standortübergreifend geschickt werden. Sollte es beispielsweise nötig sein, mit einem Kunden eine ReviewSession in Berlin zu machen, die Shots werden aber eigentlich in Stuttgart bearbeitet, können in Berlin die Notes in der Risebase eingetragen werden und die Stuttgarter Artists erhalten die entsprechenden Anmerkungen in Echtzeit.

DP: Wie sieht eure Kooperation mit Pointcloud9 genau aus?

Florian Gellinger: Pointcloud9 ist ein Subunternehmen von Rise. Die Kunden, die unsere LIDAR-Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sollen nicht das Gefühl haben, nur für die gewünschte LIDAR-Dienstleistung den gesamten restlichen VFX-Apparat von Rise dazu buchen zu müssen. Allerdings können sie so erwarten, Ergebnisse geliefert zu bekommen, die wir uns selbst als VFX-Dienstleister als Arbeitsgrundlage wünschen würden. Das bedeutet: Durch unsere eigenen Projekte wächst auch die Erfahrung im Umgang mit LIDAR-Rohdaten bei Pointcloud9.

DP: Habt ihr weitere Locations in naher Zukunft geplant?

Florian Gellinger: Bisher sind wir mit den vier Standorten schon ganz gut beschäftigt. Aber wer weiß, wie es weiter geht.

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