Cosmos Laundromat | Retro-Artikel

Rückblick: In der DP 01:2016 produzierte das Blender Institute den komödiantischen Kurzfilm „Kosmos Waschsalon“. Konnte der Film den animago AWARD 2015 abräumen?

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 01 : 2016.

Mit dem Projekt „Gooseberry“ wollte das Blender Institute einen Langfilm produzieren, der von mehreren Studios auf der ganzen Welt parallel erstellt wird. Obwohl die Finanzierung schieflief, ist das Projekt noch lange nicht begraben. Man hat sich stattdessen entschlossen, zunächst nur die ersten zehn Minuten als Pilotfilm zu produzieren. Herausgekommen ist der ansehnliche erste Durchgang im „Kosmos Waschsalon“ – der auch gleich den „Sonderpreis der Jury“ beim animago AWARD 2O15 abgeräumt hat.

Entgegengenommen hat die begehrte Trophäe kein anderer als Ton Roosen- daal persönlich – und das laute Jubeln des Publikums hat wieder einmal bestätigt, dass aus dem Blender-Projekt viel Interessantes entsteht.

Zudem sieht die Blender Foundation die Zukunft der CG-Branche in kleinen Studios, die bei größeren Projekten mit anderen Studios und Freelancern weltweit kooperieren. Um eben solche zu unterstützen, wurde bereits das Blender Network gegründet, eine Seite, auf der sich Entwickler, Trainer, Artists und Consultants rund um Blender vernetzen können und für Außenstehende sichtbar werden.

Doch man will noch viel weiter gehen, um kollaboratives Arbeiten über Studiogrenzen hinweg zu unterstützen. Geplant sind Werkzeuge, um Shots und Assets online wie offline managen zu können, sowie eine Software zum Aufsetzen einer Renderfarm mit der Möglichkeit, die Farmen mehrerer Studios bei Bedarf zusammenschalten zu können.

Eine Cloud, die den Nutzer unterstützt, aber nicht kontrolliert

Zudem ist da noch die Sache mit der Cloud, welche in der Branche momentan ein großes Thema ist. Allerdings nicht immer zugunsten der Nutzer. Denn die virtuelle Wolke kann auch ein virtuelles Gefängnis werden – mit Software, die sich nur noch anmieten lässt oder Speicherdienste für die eigenen Projekte bei lediglich einem einzigen Anbieter ermöglicht. Für ein Open-Source-Projekt wie Blender ist solch ein Vorgehen natürlich keine Option. Die angesprochenen Werkzeuge ließen sich aber gut unter dem Dach einer Cloud-Lösung integrieren. Daher wird auch bei der Blender Foundation an einer CloudInfrastruktur gearbeitet. Allerdings als OpenSource-Lösung, die man auch auf eigenen Servern installieren kann, um unabhängig von externen Anbietern zu bleiben.

Den Praxistest bestehen

Die Pläne sind also vorhanden und ließen sich mit Sicherheit auch realisieren, indem man die geplanten Tools einfach mal entwickelt. Feedback zur Usability et cetera könnte von den weltweit verstreuten Nutzern kommen. Was Blender allerdings von anderen OpenSource-Projekten abhebt, ist, dass man dort die Feedback-Schleifen möglichst eng anlegt. Sprich den Entwicklern vor Ort Artists zur Seite stellt, die auch direkt vor Ort mit ihnen kommunizieren können.

Auf diese Art und Weise können neue Features und Tools während ihrer Entwicklung gleich einen intensiven Praxistest durchlaufen und nicht nur von lästigen Bugs befreit, sondern auch von vorneherein auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnitten werden. Den Rahmen für diesen Reifeprozess bieten die Open Projects des Blender Institutes. Davon gab es bisher sieben Kurzfilme und ein Computerspiel. Für „Project Gooseberry“ ist ein Langfilm angedacht, an dem mehrere Studios weltweit zur gleichen Zeit arbeiten. Koordiniert werden soll das Projekt von einem Kernteam in Amsterdam.

Wie finanzieren?

Einen Langfilm zu erstellen ist natürlich ein massiv größeres Projekt, als an einem Kurzfilm zu arbeiten, und damit auch mit deutlich höheren Kosten verbunden. Die bisherigen Open Movies konnten mit einer Kombination aus Crowdfunding, Sponsoring und Filmförderung erfolgreich finanziert werden, aber speziell der erste Punkt war bei „Gooseberry“ kritisch. Denn obwohl mehrere Studios parallel an dem Film arbeiten sollten, hätte die Produktion dennoch sehr lange gedauert.

Nach dem Vorbestellen einer DVD oder Blu-Ray wären gut zwei Jahre ins Land gegangen, bis diese verschickt würden. Daher entschied sich das Blender Institute, die Vorfinanzierung über den Verkauf von Accounts für die Blender Cloud zu ermöglichen. Dafür wurde eine frühe Version der Blender Cloud online gestellt, die sämtliche bisherigen Open Movies inklusive der Assets sowie alle vom Blender Institute produzierten Trainings-DVDs zum Streaming und Download anbot. Über die Cloud sollten auch alle Assets verfügbar gemacht werden, die während der Produktion des Films anfallen würden – und das täglich. Zusätzlich konnte man direkt eine Spende abgeben oder sich eine Erwähnung im Abspann kaufen, wenn man kein Cloud-Abo wollte (die Erwähnung im Abspann sollten auch alle diejenigen erhalten, die ihr Cloud-Abo für mindestens 18 Monate nicht kündigten).

Ziel verfehlt

Ziel waren mindestens zehntausend CloudAbonnenten, welche dafür zehn Euro pro Monat zahlen sollten, bei einer Mindestlaufzeit von drei Monaten. Mit dieser Anzahl an Unterstützern sollte bei potenziellen Sponsoren geworben werden. Wenn zehntausend Nutzer bereit sind, monatlich zehn Euro für ein Projekt zu zahlen, dann würden auch Sponsoren erkennen, dass hinter dem Projekt eine breite Basis an Interessenten steht, die sogar bereit sind, es mit Geld zu unterstützen.

Leider wurde das Ziel nicht erreicht, lediglich etwas mehr als dreitausend Cloud-Abonnenten konnten gewonnen werden. Auch die erhoffte Filmförderung durch den Niederländischen Filmfonds scheiterte. Damit war klar, dass das Projekt als Langfilm nicht mehr realisierbar war. Allerdings gab es einen Plan B. Lediglich die ersten zehn Minuten sollten produziert werden, das Ergebnis sollte als Werbung für weitere Nutzer und eventuelle Sponsoren dienen. Dafür fragte man bei den Unterstützern an, ob sie mit diesem Plan einverstanden wären, was auf den größten Teil auch zutraf. Das Team war auf eine Gruppe von Entwicklern und Artists im Blender Institute in Amsterdam zusammengeschrumpft, die Kollaborationswerkzeuge sollten aber dennoch entwickelt werden, nicht zuletzt weil man dafür eine Förderung aus EU-Töpfen erlangen konnte.

Ein Pilotfilm zu einem Langfilm?

Projekt „Gooseberry“ ist als Langfilm mit durchgehender Handlung konzipiert, die allerdings in Episoden erzählt wird. Jede Episode spielt in einer anderen Welt beziehungsweise einem anderen Universum. Jedes Studio sollte für eine Episode zuständig sein, wodurch sie eine große Freiheit bei der Ausgestaltung der einzelnen Welten haben und damit auch ihren jeweils eigenen Design-Abdruck im Film hinterlassen können. Dieses Konzept ermöglichte es, zunächst nur die Exposition zu produzieren. Bei genügend Interesse an dem Projekt könnten dann Schritt für Schritt weitere Episoden hinzukommen, bis irgendwann der gesamte Film fertiggestellt ist. Oder man könnte umschwingen von einem Film zu einer Web-Serie.

Ein Schaf, das sich ein aufregenderes Leben wünscht

Hintergrund der Geschichte ist das Schaf Franck, das sich ein aufregenderes Leben wünscht. In seiner aktuellen Situation wird es daran nicht viel ändern können, denn es lebt auf einer Insel, auf der es nur Gras, Schafe und einen Baum gibt. Der Film beginnt damit, dass Franck bereits damit abgeschlossen hat, sein Ziel zu erreichen. Plötzlich taucht ein Mann auf der Insel auf, der Franck ein Produkt anbietet, das Francks Probleme lösen soll. Der Pilot endet damit, dass Franck als Raupe in einer fremden Welt aufwacht. Im Laufe des Films soll Franck weitere Welten bereisen. Franck ist in diesen Welten nicht allein. Neben dem rothaarigen Geschäftsmann Victor trifft er auf eine andere Reisende, was die Rahmenhandlung bildet, welche all die unterschiedlichen Episoden verknüpft.

Mehr dazu in der animago-Sonderausgabe 2015.

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