Steffen Hacker meistert dieses Kunststück mit seinem Debütfilm „Ingenium“ und gibt entscheidende Tipps für die Postproduction. Im ersten Teil der Ingenium-Serie berichtete er bereits vom erfolgreichen Umgang mit dem wilden Format-Mix mittels Adobe Premiere Pro CC und AfterEffects CC. Im Folgenden gibt er nun weitere praktische Tipps zu Morph Cuts und VFX-Shots. Creative Cloud mit Premiere Pro CC, AfterEffects CC und vielen weiteren Tools wie Photoshop CC gibt es übrigens noch bis zum 31. August rund 40% günstiger – zum Sonderpreis von nur 35,69€/mtl.
Morph Cut
Einem bestimmten Feature kam in der Postproduction eine besondere Bedeutung zu: Dem MorphCut. Ich drehte vor einem Greenscreen eine Halbnahe auf Esther und wollte dann eine kurze Pause vor einer großen Reaktion nochmal verkürzen, um die Geschwindigkeit der Szene zu erhalten. Wie aber kürzt man eine halbe Sekunde heraus, ohne dass man erneut einen Gegenschnitt einbaut, der den Zuschauer nur verwirrt?
Wofür ich in AfterEffects CC mit Plug-Ins ewig hätte rumexperimentieren müssen, erledigte MorphCut mit wenigen Klicks – zumal der Hintergrund für den Shot durch den Greenscreen völlig irrelevant war und das Ergebnis nahezu perfekt ausfiel. Niemandem, der es nicht schon vorher wusste, würde der Morph-Übergang im Gesicht auffallen.
Ähnlich sind wir bei vielen anderen Szenen im ganzen Film vorgegangen – meist als Resultat von Kürzungen im Schnitt. Hat man eine Szene irgendwann auf ihr Minimum gekürzt, kann man mit den Takes, die man bisher auf der Timeline benutzt, einfach nicht weiter verdichten. Das bedeutet, dass man dann testweise anfängt, Aktionen von Schauspielern (zeitlich unterschiedlich oder aus anderen Takes) parallel zu montieren. Um diese schließlich zusammen in den gleichen Take zu kriegen, musste ich mit AfterEffects CC einen der beiden Shots stabilisieren. Früher war das ein großer Aufwand, heute aber ist das dank dem Warp Stabilizer ein Kinderspiel. Schließlich musste man das Material nur noch an einen 2D-Track des zweiten Takes linken und mit einer weichen Maske beide Schauspieler voneinander trennen.
Über 600 VFX Shots
Bei diesen kleinen Retuschen sollte es aber nicht bleiben, denn der Film hat über 600 VFX-Shots. Wie die nachfolgenden Bildbeispiele zeigen, sind viele davon jedoch unsichtbar.
In dieser kleinen Übersicht sieht man Polizeiautos und Polizisten, wo es keine gab, Kirchtürme, wo keine waren (um die Szenen-Kontinuität zu erhalten) oder sogar ganze Sets im Hintergrund einer Location. Grund dafür war, dass kein Geld für die entsprechende Ausstattung vorhanden war. Daher war ich froh, dass ich die Objekte mit AfterEffects CC in die Szenen einsetzen konnte.
Das Wichtigste beim Einsetzen der 3D-Renderings ist die Einstellung des Schwarzwertes per Levels-Effekt, um zu verhindern, dass die digital eingesetzten Bildteile dem Zuschauer sofort auffallen. Ein bisschen Light-Wrap perfektioniert dann das Ergebnis.
Zum Abschluss des Projektes, das vier Jahre Dreharbeiten und ein ganzes Jahr Postproduction kostete, gab es noch eine besondere Herausforderung: Alle Dialogteile, die 2013 in Thailand gedreht wurden, passten storytechnisch nicht mehr zur finalen Geschichte des Films. Also mussten wir die Dialoge nachdrehen – ohne Mehrkosten für eine erneute Thailandreise zu generieren.
Die Lösung bestand darin genug „freie Bildteile“ zu finden, um den Hintergrund hinter Esther zu restaurieren und sie so aus jeder der Aufnahmen „heraus zu retuschieren“. Anschließend haben wir das Licht-Setup nachempfunden und all die Szenen vor einem Greenscreen mit neuem Dialog wiederholt.
Um das Compositing der neuen Aufnahmen glaubhafter zu machen, habe ich am Ende noch einen kleinen Trick auf das Gesamtmaterial angewendet, indem ich ein Discolicht-Flare über den oberen Bildteil in Premiere gelegt habe. Ich hoffe, dass dieser Blick hinter die Kulissen der Postproduction und der Trailer gute Einblicke in das Projekt geben.
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