CAD Network Creator Extreme im Test

Mit der Creator Extreme stellt CAD Network aus Köln die teuerste, aber zugleich auch leistungsfähigste Workstation im Testfeld. In diesem Preissegment darf man als Kunde etwas mehr erwarten als nur Leistung. Und das bekommt man auch.

Was unterscheidet eine Workstation-Manufaktur von einem großen PC-Hersteller? Nun, die großen Hersteller können es sich aufgrund der hohen Stückzahlen leisten, eigene Gehäuse zu produzieren, die für einen möglichst weiten Einsatzbereich geeignet sein müssen. Dabei wird nicht immer auf optimales Design und Qualität, sondern eher auf hohe Stückzahlen und Kostenoptimierung geachtet.
Die PC-Manufaktur hingegen kauft auf dem PC-Zubehörmarkt die Gehäuse ein, die es gibt und die sich für den Aufbau einer professionellen Workstation eignen. Leider kommen viele Gehäuse mit guten Kühloptionen aus dem Gaming-Bereich oder sind derart geschmacklos gestaltet und mit blinkenden RGB-Lämpchen verseucht, dass kein ernst zu nehmender Grafik- oder 3D-Designer an dem Ding arbeiten kann, ohne nach fünf Minuten nach einem iMac zu schreien.
Die beste Lösung wäre es, nach den eigenen Vorstellungen und Ansprüchen selbst ein Gehäuse zu entwerfen und zu fertigen und so Kontrolle über Funktion und Design zu behalten. Das lohnt sich allerdings nur, wenn man die entsprechenden Stückzahlen absetzt und genau weiß, was die Kunden wirklich wollen und brauchen. Das scheint bei CAD Network der Fall zu sein, denn die Workstations aus der Creator-Serie verfügen bereits über die zweite Auflage des selbst entworfenen Creator-Workstation-Gehäuses.

Gehäuse

Gemäß der Frank Lloyd Wrightschen Designdoktrin „Form follows Function“ sieht das aus einem Stück Aluminiumblech organisch gebogene Gehäuse nicht nur schön aus, sondern ist dabei gleichzeitig sehr einfach konstruiert und funktionell. Im Prinzip besteht es nur aus den zwei Seitendeckeln und dem nahezu durchgehenden Alublech, aus dem der Gehäusekörper geformt ist. Auf der Unterseite sind große Löcher für den Lufteinlass in das Alublech gestanzt. Über zwei große Lüfter, die fast die komplette Oberseite des Gehäuses einnehmen, wird über die Löcher im Boden des Gehäuses kalte Luft angesaugt. Diese läuft dann zunächst an der Grafikkarte vorbei, über den CPU-Kühlkörper, über die beiden großen Lüfter und einen ebenso großen Staubfilter aus dem oberen Teil des Gehäuses heraus. Direkt hinter den beiden Lüftern an der Oberseite ist das Netzteil angebracht, dessen Wärme direkt nach oben aus dem Gehäuse entweicht, ohne dabei vorher eine in der Nachbarschaft sitzende Grafikkarte aufzuheizen. Die Befestigung der beiden Staubfilter lässt sich durch ein leichtes Andrücken mit einem Finger lösen. Leider etwas zu leicht, ab und an öffnet sich die Arretierung der Filter von allein.

Die Seitendeckel sind über Silikonnoppen am Gehäuse befestigt und lassen sich durch leichten Druck einfach lösen. Das funktioniert so einfach und unmittelbar, dass man sich fragt, warum man im 21. Jahrhundert noch immer sechs kleine Schrauben lösen muss, um ein PC-Gehäuse zu öffnen.
Die klare Designsprache des Gehäuses setzt sich im Inneren fort. Nach Entfernen der aus einem Schaumstoffriegel bestehenden Transportsicherung für die Grafikkarte ist der Blick frei auf das Mainboard, die CPU mit nicht gerade riesigem Kühlkörper, die Grafikkarte und sonst nichts. Zwei PCIe-x16-Slots sind noch frei, aufgrund der Einbauhöhe der GTX 1080 Ti dürfte allerdings nur noch eine weitere Grafikkarte desselben Typs ins Gehäuse passen.

Ausstattung

Die meisten Hersteller legen der Workstation neben dem obligatorischen Netzkabel noch ein paar lieblos verpackte Sata-Kabel und eine veraltete Treiber-CD bei. Bei CAD Network erhält man eine Kollektion an edlen Verpackungen im Corporate-Orange, die aus exotisch matt glänzenden Folien besteht. Darin enthalten sind ein USB-Stick mit aktuellen Treibern und Software – die Creator-Workstations verzichten auf 5¼-Einschübe für optische Laufwerke – alle Kabel für Netzteil und SATA-Anschlüsse. Das sind zwar Kleinigkeiten, die nichts mit der Rechenleistung zu tun haben. Die aber geben einem als Kunden, der viel Geld für sein Produkt ausgegeben hat, das Gefühl, etwas Besonderes zu besitzen, ernst genommen zu werden, und generieren einen emotionalen Mehrwert, den man als Computerhersteller nicht unterschätzen sollte. Apple generiert mit diesem Ansatz Milliarden.
Auch bei der Auswahl der CPU und der Grafikkarte haut CAD Network in die Vollen. Eine Intel i9 Extreme Edition 7940X mit 14 Kernen plus eine Asus Republic of Gamers 1080 Ti mit 10 Gbyte RAM müssen es schon sein. Dazu noch 64 Gbyte RAM aufs Mainboard gesteckt, eine schnelle SSD in den M.2-Slot, Windows 10 64 Bit Professional drauf und fertig ist die Extreme. Wem das noch nicht genügt, der kann die Creator Extreme gegen Aufpreis auch mit einer Xeon E5 mit bis zu 18 Kernen und bis zu 128 Gbyte bestellen.

Leistung

Mit 2.950 Punkten beim Cinebench 15 Multi-CPU-Test und gerade mal 0:48 Sekunden im V-Ray CPU-Render-Test ist die Intel i9 7940X mehr als doppelt so schnell wie die übrigen CPUs im Testfeld – aber auch fast doppelt so teuer. Die 1080 Ti Grafikkarte belegt beim Cinebench OpenGL-Test mit 160,71 Bildern pro Sekunde den zweiten Platz hinter der eigentlich unterlegenen 1070 der DAX-Workstation (ohne Ti), sichert sich aber beim eigentlich relevanten V-Ray GPU Rendertest mit 1:06 Minuten den Spitzenplatz.

Auch bei den maximal erzielbaren Übertragungsraten der SSD beim AJA Systemtest lag die Creator Extreme bei den kombinierten Werten mit 2.184 Mbyte pro Sekunde beim Schreiben und 2.199 beim Lesen von Daten an der Spitze. Für den zweiten Platz reichte es beim Latenztest, wo die Creator Extreme knapp hinter der DAX-Workstation lag. Windows 10 scheint also gut bis optimal konfiguriert zu sein, die Leistungsausbeute ist hoch, doch wie laut hört man die CPU und die 1080 Ti unter Last?

Deutlich weniger als vermutet – selbst im Aida64 Stresstest, bei dem CPU, GPU und Massenspeicher mit synthetischer Last über längere Zeit zu 100% ausgelastet werden, blieb die Creator Extreme relativ leise und die Temperaturkurven stabil. Woran liegt das? Da die in der Creator verbauten Republic-of-Gamers-Karten im Vergleich zu den übrigen 1080-Grafikkarten über einen wesentlich größeren Kühlkörper und drei große anstatt nur einem kleinen Lüfter verfügen, müssen diese für die gleiche Kühlleistung weniger schnell drehen und sind so deutlich leiser. Wieso verbauen dann nicht alle diese Karten? Weil diese aufgrund des Krypto-Mining-Booms in letzter Zeit kaum noch zu einem vernünftigen Preis erhältlich waren (siehe Einleitung). Offenbar hat man bei CAD Network im Einkauf zur richtige Zeit ein gutes Händchen bewiesen und günstig eine Ladung Asus Republic of Gamers 1080 Tis angeschafft.

Fazit

Die CAD Creator Extreme macht ihrem Namen alle Ehre. Sie ist mit Abstand die leistungsfähigste, aber mit Abstand auch die teuerste Workstation im Testfeld. Doch ist sie ihren Preis wert? Ich denke ja. Denn zum einen stimmt hier vom eigens entworfenen Gehäuse über die Auswahl der Grafikkarte und Komponenten einfach alles. Zum anderen sollte man im nüchtern durchkalkulierten, auf Effizienz und Kosten optimierten Arbeitsalltag mal keine Kompromisse eingehen und sich das Feinste vom Feinsten gönnen.
Besonders bei Spätschichtüberstunden am Wochenende hat man dann als Selbstausbeuter oder Angestellter nicht das Gefühl, dass die eigene Lebenszeit unnötig an einem langsamen Rechner vergeudet wird. Mit der schnellsten Kiste in der Firma zu arbeiten, macht einfach Spaß und kann einen in dunklen Überstunden stärker motivieren als Gehalt oder Lob.

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