Wacom Cintiq Pro 24 + Xeon Engine im Test

Die unmittelbare Eingabe am Computerdisplay mit Fingern und Gesten funktioniert in vielen Fällen zwar ganz gut, allerdings fehlt es oft an Präzision und man vermisst die gewohnten Tastaturbefehle. Die Cintiq Pro bietet eine Kombination aus Display und Workstation, die sich mithilfe eines Eingabestifts und der frei konfigurierbaren Express Remote sowohl intuitiv als auch präzise bedienen lässt.
Wacom Cintiq Pro 24 + Xeon Engine im Test
Wacom Cintiq Pro 24 + Xeon Engine im Test

Bei der Cintiq Pro von Wacom handelt es sich um ein sogenanntes Pen Display mit separater Recheneinheit, die in einer Kassette untergebracht ist. Um das Wacom Cintiq Pro Pen Display in eine vollwertige Workstation zu verwandeln, braucht man nur die Kassette in den dafür vorgesehenen Einschub auf der Rückseite einsetzen. Will man das Pen Display an einem anderen Rechner nutzen, entfernt man die Kassette einfach und schließt das Display an einen Mac oder PC an.
Das Pen Display und die in der Kassette untergebrachte Recheneinheit werden in separaten Kartons mit Kabeln, Express Remote sowie Stift und Halter angeliefert. Sowohl das Display als auch die Recheneinheit bringen ihr eigenes Netzteil mit und verfügen über eigene Power-Schalter.

Display

Die Oberfläche des 24-Zoll-4K-Displays besteht aus geätztem Glas, das eine angenehme, weich-raue Haptik mit guter Entspiegelung verbindet. Trotz der intimen Nähe zum Display – der typische Arbeitsabstand beträgt je nach Körperhaltung etwa 20 Zentimeter – wirkt die Darstellung stets fein aufgelöst, die Farben leuchten lebendig bei gutem Kontrast. Praktisch: Die beiden etwa 10 Zentimeter breiten Ränder des Displays sind magnetisch und erlauben ein freies Platzieren von Stifthalter, Express Remote oder anderen magnetischen Gegenständen.
Mit 8.192 Druckempfindlichkeitsstufen und pixelgenauer Auflösung fungiert der Pro Pen 2 als primäres Eingabemedium. Das Anwählen eines Icons erfolgt durch einfaches Antippen, zweimal tippen entspricht einem Doppelklick, einen Bereich wählt man durch Aufsetzen der Stiftspitze und Aufziehen des Areals aus, der Taster am vorderen Ende des Stiftes dient als rechte Maustaste.

Über das Hand-Symbol am rechten oberen Displayrand wird zwischen Touch- und Pen-Mode umgeschaltet. Im Touch-Mode erfolgt die Eingabe zusätzlich über Finger und Wischgesten, so wie beim Smartphone oder Tablet. Das funktioniert ebenso gut wie auf den meisten Tablets oder Smartphones, allerdings muss man sich erst an das große Display gewöhnen. Aufgrund der Displaygröße neigt man bereits nach kurzer Zeit dazu, den Arm aufzulegen, was gelegentlich zu Fehleingaben führt. Sobald man in den Pen-Mode wechselt, kann man ohne Probleme die Arme auflegen, das Display erkennt nur noch die Stifteingaben.
Berührt man mit dem Stift oder Finger ein Texteingabefeld, wird am unteren Bildrand automatisch ein Tastaturfeld eingeblendet – wie bei einem Tablet. Und genau wie beim Tablet kann man mit dem Tastaturfeld Passwörter eingeben und kurze Textpassagen verfassen. Alles, was darüber hinausgeht, wird schnell mühsam.

Mit 17 frei programmierbaren Tasten sowie einem Datenrad ist die sogenannte Express-Remote-Fernbedienung gemeinsam mit dem auf dem Display dynamisch eingeblendeten Radialmenü in der Lage, eine Vielzahl an Kurzbefehlen direkt aufzurufen.Die untere Rückseite des Display ist übrigens mit einer Gummischicht überzogen, die gut auf glatten Oberflächen wie etwa einem Schreibtisch haftet. Darüber hinaus kann das Display über zwei ausklappbare Standfüße mit 20 Grad statt 5 Grad Neigung aufgestellt werden, was einen angenehmeren Blickwinkel ermöglicht. Mehr Optionen zur Aufstellung des Display bietet der gegen Aufpreis erhältliche Wacom Ergo Stand.

Ausstattung

Die eigentliche Workstation-Hardware ist im separat ausgelieferten Kassettengehäuse untergebracht und wird über ein eigenes Netzteil mit Strom versorgt. Wacom hat mit dem Intel Xeon E3 1505v6, der Nvidia Quadro P 3200, 32 Gbyte RAM sowie der 512 Gbyte großen SSD eine professionelle Hardwareausstattung in die kompakte Kassette gepackt. An der linken und rechten Seite des Displays befinden sich je zwei USB-3.0-Anschlüsse und ein SD-Card-Reader. Die übrigen Anschlüsse: 1 x USB-C, 1 x HDMI, 1 x Displayport sowie 2 x USB A.

Leistung

Da man auf der Cintiq Pro wohl kaum 4K-Footage schneiden oder 3D-Szenen rendern wird, ist eine leistungsfähige CPU nicht unbedingt notwendig. Trotzdem ist für ein menschenwürdiges Arbeiten ein Mindestmaß an Rechenpower notwendig, und das liefert die Intel Xeon E3 1505v6 mit 725 Punkten beim Cinebench Multi-CPU-Benchmark sowie 2:59 Minuten beim V-Ray CPU-Benchmark auch. Damit ist die CPU zwar die langsamste im Testfeld, für die typischen Einsatzgebiete der Wacom Cintiq Pro sollte die Leistung allerdings ausreichen.

Tatkräftig unterstützt wird die CPU durch die Grafikkarte, eine Nvidia Quadro P3200, die beim OpenGL-Test von Cinebench 15 150,03 Bilder pro Sekunde auf das Display warf und auch beim V-Ray GPU-Test mit einer Renderzeit von 2:12 Minuten einen durchaus akzeptablen Wert erreichte. In Kombination mit der Xeon-CPU und den 32 Gbyte RAM Arbeitsspeicher steht also für die allermeisten 2D- und 3D-Designaufgaben genug Rechenpower und Speicherkapazität zur Verfügung.
Mit 512 Gbyte bietet die SSD genügend Platz für Betriebssystem, Applikationen und Programmbibliotheken und ist mit Schreibraten von 942 und Leseraten von 1.399 Mbyte pro Sekunde beim Aja-Systemtest in 4K Full auch ausreichend schnell, um niemanden bei der Arbeit aufzuhalten.

Da die Wacom Cintiq Pro nicht für Audio oder Video, sondern für 2D- und 3D-Design konzipiert und konfiguriert wurde, geht die Latenz von 430 Mikrosekunden in Ordnung.
Für einen Audio- oder Video-PC wäre die Lüftung auch ein wenig zu laut. Ab ca. 30% Last beginnt die warme Luft, hörbar aus den Lüftungsschlitzen am oberen Rand des Displays zu entweichen. Mit zunehmender Auslastung von CPU und GPU wird es lauter, die Belastung durch die Lüftergeräusche bleibt kurzfristig im erträglichen Rahmen. Auf Dauer kann das allerdings anstrengend werden, da man direkt am Gerät sitzt. Unter synthetischer Last mit Aida 64 drehten die Lüfter nicht mehr viel lauter und die Temperaturen von CPU und GPU pendelten sich bei 70 bis 80° C ein.

Explizit hervorheben möchten wir an dieser Stelle die unmittelbare Bedienung über das Display und das intuitive Zeichnen mit dem Pro Pen 2, die das Arbeiten mit der Cintiq Pro zur echten Freude machen. Zusammen mit der leicht angerauten Oberfläche des Displays fühlt sich das Zeichnen mit dem Stift fast so an, als ob man mit einem Bleistift auf leicht grobem Papier zeichnet. Dabei setzt der Pro Pen 2 selbst feine Striche und Schraffuren ohne Verzögerung um, über leichtes Erhöhen des Drucks ändert man die Dicke des Stift- oder Pinselstrichs. Diese Art des Zeichnens hat man bereits nach wenigen Minuten verinnerlicht. Die Lernkurve für das Aufrufen von Kurzbefehlen über das Radialmenü und die Taster der Express Remote ist da schon etwas steiler. Ab November soll es laut Wacom mit dem Pro Pen 3D dann auch einen Stift speziell für 3D-Design und Modeling geben, der einen zusätzlichen Knopf für Plane Orientation etc. bietet.

Fazit

Bereits nach wenigen Minuten an der Wacom Cintiq Pro hat man vergessen, dass man eigentlich an einem Computer sitzt. Die Bedienung und Dateneingabe über den Pro Pen 2 erfolgt so unmittelbar und intuitiv, dass man eine Maus zu keinem Zeitpunkt vermisst. Im Gegenteil, bereits nach wenigen Stunden an der Cintiq Pro neigt man dazu, auch andere Rechner am Display anzufassen, und wundert sich, dass die Annäherungsversuche ignoriert werden. Das Zeichnen mit dem Pro Pen 2 fällt mir persönlich leichter als das Zeichnen in der Realität – Undo sei Dank. Der Preis für das Display allein ist aufgrund der einzigartigen Bedienung und der guten Darstellungsqualität absolut gerechtfertigt. Der Preis für die Cintiq Pro Engine erscheint angesichts der Leistung und der Tatsache, dass man sie nur gemeinsam mit dem Cintiq Display betreiben kann, eindeutig zu hoch. Für das Geld können Sie sich eine der deutlich leistungsstärkeren Workstations mit i7-8700-CPU und GTX-1070-Ti-Grafikkarte kaufen, die schneller, leiser und flexibler einsetzbar sind.
Egal ob allein als Display, in Kombination mit der Rechenkassette oder einem anderen Computer, die Cintiq Pro 24 Zoll von Wacom ist ein intuitiv bedienbares, präzises Werkzeug für 3D- und 2D-Design, Illustrationen, technisches Zeichnen, kreatives Zeichnen, Malen und Kalligrafie – kurzum alle Anwendungen, bei denen viele Punkte und Linien sehr genau, aber auch sehr gefühlvoll gezeichnet werden müssen. Wie sich das Cintiq für Grafiker und Zeichner schlägt, lesen Sie in der nächsten DP in einem getrennten Test.

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