EIZO Coloredge CG319X im Test

Wenn 4K nicht gleich 4K ist, und HDR auch so und so interpretiert wird, und das Ganze dann noch im veralteten Zollformat daherkommt, ist man als Monitor-Suchender recht schnell verwirrt. Man steht verzweifelt an einer Kreuzung und schreit nach einem Zauberer. Abrakadabra, hier kommt EIZO.
EIZO Coloredge CG319X im Test
EIZO Coloredge CG319X im Test

Aber bevor wir darauf eingehen, erst mal das Testgerät im kurzen Überblick: Der EIZO Coloredge CG319X ist ein 31-Zoll-Bildschirm (knapp 80 Zentimeter Diagonale) im Verhältnis 17:9 mit 4.096 x 2.160 Pixeln, also echte 4K-Auflösung in einem IPS (Wide Gamut) Panel, der mit UVP 4.899 Euro (Straßenpreis bei ca 4.500 Euro, Stand November 2018) verfügbar ist. Die Auflösung bedeutet, dass der Screen auf DCI-4K-Content ausgerichtet ist und dieser vollständig dargestellt wird, ohne Skalierung. Wer die Auflösung ausrechnet, kommt auf 149 Pixel pro Inch.
Über zwei Displayports sowie zwei HDMI-Ports lässt sich DCI-4K-Material mit 60 Hz betrachten. So fügt sich der CG319X nicht nur in PC-basierte Workflows, sondern kann auch mit allerlei Zuspielern kommunizieren.

Lieferumfang

Wie es sich für einen Profi-Monitor gehört, wird der CG319X in einer stabilen Kiste geliefert, mit extra Griffen, denn der Standfuß ist massiv. Das enthaltene, Monitor-individuelle Prüfprotokoll ist umfänglich und der Kabelsatz vollständig.
Als Goodie wird noch eine Flasche mit dem von EIZO empfohlenen Reinigungsmittel beigelegt. Nicht notwendig, aber nett – der Aufbau ist ja, je nach User, eine etwas ungelenke Situation. Nicht dass wir jemandem etwas unterstellen wollen, aber 31 Zoll ist schon ein Brett. Wenn das erst mal steht?

Das Gerät an sich

Der CG319X kommt daher wie ein normaler EIZO-Monitor: dunkler Kunststoff, keine Blinklichter, keine Schnörkel und ein professioneller Look. Wenn er dann noch mit seinen 31 Zoll auf einem Monitorarm sitzt, ist er unscheinbar, aber tut alles was er soll – Bilder zeigen.
Weitere äußere Werte: Das überraschend leichte Panel hält auch auf einem günstigen Monitorarm, der Vesa100-Anschluss ist sauber umgesetzt. Es knarzt nichts, es quietscht nichts (wie erwähnt, es gab Monitore in Tests in einer ähnlichen Preisklasse, die nervig laut sind). Eine Lichtschutzhaube ist auch enthalten.
Das einzige Geräusch, das der Monitor überhaupt von sich gibt, ist, wenn der eingebaute Farbsensor (dazu später mehr) ausklappt. Das merklich hörbare Geräusch hat uns (mehrere Personen, kein Pluralis Majestatis) beim ersten Mal einschalten einen herzhaften Halloween-Schrei entlockt. Das war’s aber an Geräuschentwicklung, denn der Screen ist lüfterlos umgesetzt, und passt sich im Panel den Farbveränderungen durch Temperaturänderungen an – mit dem sogenannten Digital Uniformity Equalizer (DUE). Also kein Lüfter-Pfeifen am Arbeitsplatz – juhu, endlich hört man jede Weisheit, die der Producer von sich gibt.
Der Screen hat die notwendigen Eingänge – 10 Bit 4:4:4 bei 50/60p via Displayport und 10 Bit 4:2:2 bei 50/60 Hz über HDMI, wovon jeweils zwei Stück vorhanden sind. Dazu ein USB-Hub mit drei Down-stream-USB-3-Anschlüssen und einem Upstream. Verfügbar (und mit dem integrierten Farbsensor dauerhaft verwendbar) sind Rec. 2020, Rec. 709, DCI, PQ DCI, PQ Rec. 2100, HLG Rec. 2100, Adobe RGB, sRGB sowie zwei benutzerdefinierte Modi.

Die Gammakurve: „Near as makes no diffence” auf der Idealverteilung, zum Vergleich noch die Gamma 1.8 Kurve in schwarz.
Die Gammakurve: „Near as makes no diffence” auf der Idealverteilung, zum Vergleich noch die Gamma 1.8 Kurve in schwarz.

Das heißt vereinfacht gesagt, dass der CG319X über Presets für die beiden gängigen, im HDR-Workflow verwendeten Gammakurven HLG (Hybrid Log Gamma) sowie PQ (Perceptual Quantization) verfügt.
So lässt er sich in HDR-Postproduktions-­Workflows integrieren, wo echtes HDR in der Regel erst im letzten Arbeitsschritt, dem Grading, auf Monitoren wie dem Coloredge CG3145 genutzt wird – ein Test dieses Geräts ab Seite 36. Alle vorhergehenden Arbeiten werden auf SDR-Geräten absolviert, die dank der installierten Gammakurven in der Lage sind, HDR-Tonwertabstufungen visuell richtig wiederzugeben, aber eben nicht so stark leuchten.

Farben

Wer die Screens von EIZO kennt, kann diesen Absatz überspringen: Die gewohnt stabile Farbdarstellung, die bei den zwei Messungen mit 3 Monaten Abstand eine Abweichung im Messfehlerbereich hatte (1,3%), kann man als „besser wird’s nicht“ beurteilen.

Kontrastverteilung bei den diversen Helligkeitsstufen.
Kontrastverteilung bei den diversen Helligkeitsstufen.

Die Gammakurve liegt auf der Idealkurve. Kontrast liegt bei gemessenem 45.300:1 bei 25% Helligkeit, der Weißpunkt (eingestellt auf D65) hatte bei allen Messungen keinen nennenswerten Drift. Im Farbbereich ist der einzige Bereich, in dem man überhaupt kritisieren kann, die Helligkeitsverteilung – bei einem maximal gemessenen DeltaE von 1,4 (in einem Quadranten in einem von 36 Testfeldern) ist dies für einen sehr geübten Betrachter, wenn er genau hinschaut (und darauf hingewiesen wurde), eventuell leicht bemerkbar. Sonst nicht.

Rotes Dreieck: der Bildschirm. Blaues Dreieck: der Adobe-RGB-Farbraum (vollständig verdeckt). Grünes Dreieck (zum Vergleich): der NTSC-Farbraum.
Rotes Dreieck: der Bildschirm. Blaues Dreieck: der Adobe-RGB-Farbraum (vollständig verdeckt). Grünes Dreieck (zum Vergleich): der NTSC-Farbraum.

Zusammengefasst: ein EIZO-Screen halt – bei den Farben gibt es nichts zu beanstanden, und im hersteller-übergreifenden Vergleich eines der besten Panels, das wir jemals getestet haben.

Features

An sonstigen Features bringt der Monitor alles, was man sich wünscht: vom integrierten Farbsensor über ausreichende bis zu einer nahezu idealen Entspiegelung. An Einstellungen stehen Helligkeit, Kontrast, Gamma, Farbsättigung, Farbtemperatur, Gamut-Clipping, Rec.-709-Farbraumwarnung, Helligkeitswarnung, Zoom, Marker (Safe-Area-Marker, Safe-Area-Größe, Format-Marker, Format-Einstellung, Rahmenfarbe), Farbton, Signaleingang, Auflösung, OSD-Sprache, Interpolation, DUE-Priorität, Hardware-Kalibrierung von Helligkeit, Weißpunkt und Gammakorrektur zur Auswahl, wo man sich im etwas komprimierten Menü austoben kann.
Der integrierte Sensor für die Selbstkalibrierung hat eine Termin-Funktion, die wir einfach auf „abends beim Übergang in den Standby-Modus messen“ gestellt hatten – komplett ohne Benutzer-Input. Angenehm, wenn man das nicht mehr vergessen kann. Und falls man zwischendrin sichergehen möchte, kann man das auch ohne Unterbrechung tun – die neue Generation der eingebauten Sensoren erlaubt zu kalibrieren, während man weiterarbeitet.
Als Look-up Table steht ein 24 Bit 3D-LUT bereit sowie eine 3D-LUT-Film-Emulation (10 Bit Log). Der Safe-Area-Marker (beim Betrieb via HDMI) ist beim Sichten von Footage sehr willkommen, und die CMYK-Farb­raum-Emulation hat uns bei der Produktion der letzten DP auch sehr geholfen – so sehr, dass wir dieses Feature auf unsere Weihnachtswunschliste geschrieben haben.
Das Gamut-Clipping haben wir getestet, und es funktioniert – insbesondere, wenn man andere Quellen als einen PC anschließt. Wobei 31 Zoll mit ans Set zu schleppen schon sportlich ist.

Kritik

Es wäre kein Praxistest, wenn wir nicht auch was zu meckern hätten – Manches mag dabei auch an uns liegen. Nun denn, eine Schöpfkelle Mimimi. Auch wenn das Panel echte, gemessene 350 cd/m² erreicht (nicht selbstverständlich heutzutage!), hätten wir uns bei einem EIZO-Screen mit HDR-Features ein bisschen mehr gewünscht – gerne im Bereich von 500 – 600 Nit.
Natürlich ist das nicht wirklich seine Aufgabe, als Pre-Grading-Gerät, aber es wäre halt schön gewesen, wenn wir gerade im Winter unsere Portion Tageslicht aus dem Screen hätten ziehen können.

Der Kritikwert: die maximale Abweichung von 1,4 im Beweis-Screenshot. Der gemittelte Wert aller an­deren war bei ungefähr O,4.
Der Kritikwert: die maximale Abweichung von 1,4 im Beweis-Screenshot. Der gemittelte Wert aller an­deren war bei ungefähr O,4.

Sonstige Fehler? Die 31 Zoll Bildschirmdiagonale ist, wenn man gerne mit der Nase am Panel sitzt, schon recht groß. 27 Zoll wären perfekt. Und just zu diesem Zeitpunkt stellt EIZO den CG279X vor, der bis auf die 16-Bit-LUT und die Auflösung von 2.560 x 1.400 Pixeln Feature-gleich ist, aber im Testzeitraum noch nicht öffentlich.

Fazit

Um den aktuellen HDR-Technikstart noch komplizierter zu machen, gibt es in HDR-Pipe­lines auch Zwischenstationen, wo es kein 1.000-Nit-Panel braucht, aber sehr wohl die Unterstützung der relevanten Standards. Genau in diese Kerbe schlägt der 319X.
Alle Features sind auf professionelles Arbeiten heutzutage ausgelegt – mit der EIZO-typischen Präzision. Wer als Comper, Cutter, 3D-ler, Texture Painter, Modeler oder ähnliches ein aktuelles Display braucht, um farbverbindlich und oft farbkritisch zu arbeiten, und jetzt schon hin und wieder HDR-Material bearbeiten oder zumindest betrachten will, wird mit diesem Monitor glücklich werden. Versprochen!
Wer HDR-Footage beurteilen und graden will, der muss zum EIZO Prominence weitergehen oder den Trick von Michael Radeck (siehe Kasten) befolgen. Und wer auf HDR-Zeugs pfeift, hat einen makellosen Monitor.

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