Porträt eines Genies – 3D-Porträt-Still

Porträts von sehr bekannten Persönlichkeiten sind immer eine große Herausforderung, weil jeder das Gesicht des Dargestellten kennt und Fehler schnell auffallen. Alexander Beim überzeugte mit seinem 3D-Porträt-Still von Albert Einstein und gewann in der Kategorie „Bestes Still“ das Publikumsvoting und somit einen animago AWARD. Hier berichtet der 3D-Artist, wie das Bild entstanden ist.

Die Entwicklung des „Albert Einstein“-Porträts begann mit einer Auftragsarbeit für die Swarowski Kristallwelten. Für diese entstand eine neue Wunderkammer mit dem Namen „Heroes of Peace“, in der die Besucher Hologramm-Projektionen von Personen betrachten können, die einen Nobelpreis erhalten haben. Neben Einstein sind dort Mahatma Ghandi und Martin Luther King zu sehen.

Einstein als Freizeitprojekt

Alexander Beim kreierte die Hologramm-Version von Einstein, und nachdem der Auftrag abgeschlossen war, wollte der Artist die geleistete Arbeit teilen. „Die Auflösung der Endbildern und der Detailgrad des Modells passten sehr gut für die Hologramm-Animation, aber für eine Präsentation in den wichtigsten Internetgalerien und beim animago AWARD reichten sie nicht aus. Das hat mich inspiriert, an der Verfeinerung des Modells zu arbeiten, wofür ich meine Freizeit investiert habe“, erinnert sich Alexander.

Prozedural wurde teilweise nur feine Hautstruktur erstellt. Alle individuellen Falten wurden nur manuell geformt und gezeichnet.
Prozedural wurde teilweise nur feine Hautstruktur erstellt. Alle individuellen Falten wurden nur manuell geformt und gezeichnet.

Da der Artist später mit dem 3D-Modell eine Animationsszene plante, entschied er, es zunächst nicht zu perfektionieren. Denn das Gesicht würde unter der Beleuchtung mit dem Material, den Texturen und den anderen Faktoren in der Animation ganz anders wirken. „Nur wenn alle Aspekte mitspielen, sind Fehler, die man beim grauen ZBrush-Modell nicht wahrnimmt, erkennbar. Deshalb begann ich, sobald ich mehr oder weniger die Form des Kopfs hinbekommen hatte, mit dem Texturieren und korrigierte später nach der Beleuchtung das ursprüngliche ZBrush-Modell.“ Von der ersten Variante bis zum Ergebnis des ersten finalen 3D-Modells benötigte Alexander zwei Monate. Im Anschluss investierte er Zeit für das Rigging, die Blend Shapes und das Haar-Setup für die animierte Version von Einstein. Nach circa vier Monaten war die finale Animation inklusive der fertigen Korrekturen für das Compositing fertig. Danach experimentierte der Artist noch weiter, und bis die finale Version fertig war, die auf dem Still zu sehen ist, vergingen noch mal circa zwei Monate.

Einsteins Hautmaterial war viel Arbeit: Alexander experimentierte für eine fotorealistische Optik viel mit den Materialparametern herum und mischte verschiedene Color-Texturen.
Einsteins Hautmaterial war viel Arbeit: Alexander experimentierte für eine fotorealistische Optik viel mit den Materialparametern herum und mischte verschiedene Color-Texturen.

Andere Optik als gedacht

Die größte Challenge im Kreationsprozess war das Erzielen der Ähnlichkeit mit dem Original und dabei mithilfe digitaler Mittel die Seele und den Charakter des Menschen Einstein zu zeigen. Damit Alexander Einsteins Gefühlswelt verstand, studierte er viele Bilder und Videos des Wissenschaftlers. Dabei stellte sich das Sammeln von geeigneten Referenzen als kompliziert heraus, denn von Albert Einstein existieren nicht allzu viele Fotos. Und die, die Alexander fand, waren von sehr schlechter Qualität und in Schwarz-Weiß. Schwierig war vor allem, Ansichten aus allen Betrachtungswinkeln zu finden. Aus Mangel an Fotomaterial griff der Artist auf Video-Stills zurück, deren Qualität natürlich noch schlechter war. „Ich schaute mir so lange Bilder und Videos an, bis Einsteins Gesicht mein Unterbewusstsein befüllte und mir so beim Sculpting helfen konnte“, erzählt Alexander. „Interessant war dabei, wie sich meine bisherige Vorstellung seines Gesichts von der Realität unterschied, denn ich entdeckte ganz andere Linien und Formen als gedacht. Nichtsdestotrotz machen sein Schnurrbart und zerzaustes Haar natürlich 50 Prozent seines Wiedererkennungswerts aus. Ein weiteres wichtiges Merkmal sind seine äußeren Augenwinkel, die sehr tief nach unten reichen.“
Mithilfe des Referenzmaterials erstellte Alexander eine Vorder- und Seitenansicht für die Grundproportionen des Gesichts, die Augenlinien, den Mund und die Nase. Der Oberflächentransparenz-Effekt in ZBrush half dem Artist, den Original-Einstein von den Fotografien mit seinem Modell zu vergleichen. Für ein intuitives Modellieren teilte Alexander den Basismodellkopf mit der richtigen Topologie in acht Subdivisionen auf. „Ich verwendete keine High-Definition-Geometrie, weil die Polygondichte für ein Video ausreichte“, erklärt der Artist.

Zum Einfärben der Haupttöne des Gesichtsbereiches fügte der Artist Ebenen mit dem Blending-Modus Color ein.
Zum Einfärben der Haupttöne des Gesichtsbereiches fügte der Artist Ebenen mit dem Blending-Modus Color ein.

Individuelle Faltenoptik

Für Einsteins korrekte Optik waren seine spezifischen Falten im Gesicht besonders wichtig. Ihre Gestaltung realisierte der Artist manuell, indem er die Falten mit ZBrush-Polypaint zunächst auf die glatte Gesichtsoberfläche des Modells zeichnete. Für die Rillen kamen die DamStandard Brushes zum Einsatz, beim schnellen Aufbau von Volumen halfen die ClayBuildup und Inflate Brushes. Separate Layer gab es für die großen und die kleinen Falten sowie die kleinen Details wie die Poren. Da durch die Animation der Augen auch die hintere Seite der Augenlider sichtbar wurde, legte der Artist dafür ebenfalls einen extra Layer an.
Einen Teil der Alphas für die Hautstruktur kreierte Alexander selbst, einige nahm er aus der ZBrush Library. Die Hautstruktur aus ZBrush übertrug der Artist, indem er die Displacement Map und die Normal Map vom High-Poly-Modell extrahierte. Danach exportierte er die Low-Poly- mit den UV-Koordinaten sowie die High-Poly-Version des Modells in Substance Painter. Dabei gelang es mit der Funktion Bake Maps, die Details aus dem High-Poly-Modell als Texturen auf das Low-Poly-Modell zu übertragen. „Falten von anderen Menschen hätten nicht zu Einsteins individueller Mimik gepasst, deswegen fertigte ich die Texturen nur teilweise prozedural und zum größten Teil per Hand an“, sagt Alexander.

Einsteins Augen bereiteten die meiste Arbeit. Sie bestehen aus zwei Objekten: Die äußere Kugel aus transparentem Material dient dem Glanz, das Material des inneren Modells besitzt Texturen ohne Glanz.
Einsteins Augen bereiteten die meiste Arbeit. Sie bestehen aus zwei Objekten: Die äußere Kugel aus transparentem Material dient dem Glanz, das Material des inneren Modells besitzt Texturen ohne Glanz.

Nachdem der Artist die Grundebene mit einer Hautfarbe gefüllt hatte, erstellte er ein paar prozedurale Noise-Variationen. „Die menschliche Stirn ist gelblich, die Wangen und die Nase rötlich und der Bart bläulich. Zum Einfärben dieser Haupttöne des Gesichtsbereichs fügte ich eine Ebene mit dem Blending-Modus Color ein. Zusätzlich zeichnete ich Kränze, Molen und Altersflecken unter seine Augen und auf seine Stirn.“
Einsteins Augen bestehen aus zwei Objekten: Die äußere Kugel aus transparentem Material dient dem Glanz, das Material des inneren Modells besitzt Texturen ohne Glanz. Auf den weißen Teil des Auges malte Alexander die Kapillaren; das Volumen der Iris entstand mit Displacement-Texturen. Für den finalen Look der Augen war danach noch eine Menge Feintuning an den Materialien vonnöten, wofür letztlich die meiste Zeit im Prozess draufging.
Als der Artist mit dem Look des Modells zufrieden war, exportierte er es in Maya. In der Autodesk-Software entstanden die UV-Koordinaten. Dabei verwendete Alexander für möglichst große und detailreiche Texturen die UDIM-Methode und teilte die UVs vom ganzen Kopf in drei große Teile auf. „Das Gesicht ist der wichtigste Teil des Kopfes, deshalb habe ich dieses in voller Größe angelegt. Die nicht so wichtigen Teile wie den Hals und die Ohren legte ich in einem zweiten Teil des UDIMs an und den Rest verschob ich in einen dritten. Da die Kopfhaut durch die Haare verdeckt ist, konnte ich dort die UV-Größe reduzieren und erhielt so zusätzlichen Platz für andere Teile“, erläutert Alexander.

Für möglichst große und detailreiche Texturen nutzte Alexander die UDIM-Methode und teilte die UVs vom ganzen Kopf in drei große Teile auf. Die nicht so wichtigen Teile verschob er in den Kopfhautbereich.
Für möglichst große und detailreiche Texturen nutzte Alexander die UDIM-Methode und teilte die UVs vom ganzen Kopf in drei große Teile auf. Die nicht so wichtigen Teile verschob er in den Kopfhautbereich.

Im Licht der Wissenschaft

Für das Lichtsetup der Szene benutzte der Artist in Maya zwei Grundlichter: eines von hinten und eines von links oben. Für die Global Illumination (GI) kam ein Dome Light mit einer HDRI-Textur zum Einsatz. „Um Einsteins Rolle als Wissenschaftler zu betonen, färbte ich das Licht für eine Art Laborstimmung bläulich ein. Nachdem ich mit der Beleuchtungssituation zufrieden war, kreierte ich das Hautmaterial. Da ich keine Deadline hatte, konnte ich zahlreiche Tools und Techniken während des Projekts testen, dazu gehörte vor allem das Erstellen der CG-Haut in Arnold. Das gerade veröffentlichte Arnold-Update versprach, dass der Skin Shader nun noch realistischer erscheint, was die Bilder anderer 3D-Artists zu bestätigen schienen. Das Einstein-Projekt bot mir also eine optimale Gelegenheit, den Shader zu lernen und in der Praxis anzuwenden“, so Alexander. „Zunächst war ich mit dem Shader sehr zufrieden, denn auf einem Modell ohne Texturen zeigte er einen glaubwürdigen Hauteffekt. Aber sobald ich Texturen hinein platzierte, entstand ein Plastikeffekt.“ Deshalb experimentierte der Artist viel mit den Materialparametern herum und mischte die Texturen. „Das führte sogar so weit, dass ich die Color-Textur aufsplittete. Es gab einen Layer mit greller Farbe, einen blassen, einen hellen sowie einen extra Layer für kleine Venen und Muttermale. Alle Texturen malte ich in Substance Painter und mischte sie in Maya.“ Bis ein realistischer Look für Einsteins Haut entstand, kostete es den Artist viel Zeit.

Einsteins charakteristische Kopfbehaarung entstand mit Maya Interactive Grooming.
Einsteins charakteristische Kopfbehaarung entstand mit Maya Interactive Grooming.

Grooming für Haare und Pullover

Als das Kopfmodell mit Texturen und Material fertig war, startete der Artist mit der Behaarung, für die Maya Interactive Grooming zum Einsatz kam. Mit der Leistung des Features war Alexander sehr zufrieden: „Ich kopierte Einsteins Kopfmodell und verteilte die Haare darauf.
Eine Description erstellte ich nur für die Kopfhaare. Für die zerzausten, spärlichen Haare am Kopf machte ich ein separates Grooming sowie eine extra Description für den Schnurrbart, die Augenbrauen und Wimpern.

Einsteins charakteristische Kopfbehaarung entstand mit Maya Interactive Grooming.
Einsteins charakteristische Kopfbehaarung entstand mit Maya Interactive Grooming.

Die äußere Form des Kopfhaars legte ich mithilfe von Guides an, danach wechselte ich auf Brushes, womit ich fast vollständig alle weiteren Arbeiten durchführte. Die Gleichmäßigkeit der Haare durchbrach ich mit einigen Modifikatoren wie beispielsweise Rauschen sowie einigen Texturen.“
Die Grundlage des Pullovers entstand mit einer einfachen nCloth-Simulation. Zum Betonen einiger Falten formte Alexander das Pullovermodell in ZBrush. „Im nächsten Schritt war es wichtig, die UV-Koordinaten so anzulegen, dass die Stoffkacheltextur gleichmäßig den Pullover bedeckt. Als Grundtextur für das Material diente das schwarz-weiße Kachelteil eines Stoffes. Dieses benutzte ich sowohl als Displacement als auch als Blend-Information zwischen zwei braunen Farbtönen, die als Color-Textur dienten. Danach legte ich noch das Rauschen drüber und nutzte zum Schluss das Maya Interactive Grooming. Durch die feinen Härchen ergab sich die zerzauste Struktur des Pullovers.“
Dank Arnolds guter Arbeit musste Alexander in der Postproduktion so gut wie nichts retuschieren. In der Nachbearbeitung gestaltete der Artist nur den Hintergrund, der aus einem Verlauf mit vielen unscharfen Formeln besteht. Danach passte er noch den Kontrast etwas an, nahm eine kleine Farbkorrektur vor und platzierte seine Unterschrift.

Der Arnold-Shader zeigte einen glaubwürdigen Hautlook, bis die Materialien hinein platziert wurden.
Der Arnold-Shader zeigte einen glaubwürdigen Hautlook, bis die Materialien hinein platziert wurden.

Nach seinem Sieg im letzten Jahr, weiß Alexander noch nicht, ob er in diesem Jahr beim animago AWARD wieder dabei sein wird: „Das Niveau der 3D-Visualisierungen steigt exponentiell, und es kostet immer mehr Zeit, etwas wirklich Beeindruckendes zu kreieren. Aber sobald bei mir was Gutes entsteht, bin ich auf jeden Fall wieder dabei!“

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