Grading mit Premiere Pro und Speedgrade

Die professionelle Farbkorrektur war in der Vergangenheit nicht gerade die Stärke der Adobe Videoprogramme.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 01 : 2014.

Die professionelle Farbkorrektur war in der Vergangenheit nicht gerade die Stärke der Adobe Videoprogramme. Mit Speedgrade konnte diese Lücke zwar geschlossen werden, dennoch war das Zusammenspiel zwischen dem Color Grading Tool und dem Schnittprogramm Premiere Pro eher umständlich.

Mit dem neuen Update für Creative- Cloud-Kunden kommt ein Workflow, der nicht komfortabler sein könnte: Speedgrade öffnet und speichert jetzt Premiere-Pro-Sequenzen. Gleichzeitig ist auch der Mangel an Videoformaten in Speedgrade behoben, denn durch die integrierte PlaybackEngine werden jetzt alle Formate unterstützt, die Premiere Pro wiedergeben kann.

Der neue Color Grading Workflow in der Praxis

Speedgrade unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arbeitsmodi und stellt je nach Auswahl unterschiedliche Funktionen zur Verfügung. Der native Modus entspricht der bisherigen Arbeitsweise und bietet neben den Farbkorrekturfunktionen, den Masken und der Look-Verwaltung auch die Möglichkeit, in der Timeline zu schneiden oder einen korrigierten Film zu exportieren. Im neuen Premiere-Pro-Modus übernimmt Speedgrade die Sequenzeinstellungen aus Premiere Pro und zeigt die dort geschnittenen Clips in der eigenen Timeline an. Die Clips lassen sich allerdings nur für die Farbkorrektur auswählen. Für alle anderen Änderungen ist die Timeline in Speedgrade gesperrt. Genauso sind Medienbrowser und Export deaktiviert – also alle Funktionen, die bei dieser Vorgehensweise von Premiere Pro zur Verfügung gestellt werden. Dafür kann Speedgrade alle Videoformate von Premiere Pro importieren und abspielen: ein großer Vorteil gegenüber der nach wie vor eingeschränkten Formatunterstützung im nativen Modus. Dieser ist bisher nur für die Bearbeitung von Raw-Formaten oder QuickTime Clips gedacht.

Um eine Premiere-Pro-Sequenz mit allen darin enthaltenen Clips im neuen Arbeitsmodus von Speedgrade zu bearbeiten, kann diese über einen sogenannten Direct Link von Premiere Pro an Speedgrade gesendet werden. Alternativ kann der Grading Artist auch direkt ein Premiere-Pro-Projekt in Speedgrade öffnen und über eine Liste die entsprechende Sequenz auswählen. In beiden Fällen stehen neben den Farbkorrekturfunktionen auch die Masken und die Look-Verwaltung zur Verfügung.

Die Sequenz wird inklusive Blenden, Effekte, Titel in der Timeline von Speedgrade abgebildet und im nächsten Schritt können den einzelnen Clips in der Timeline primäre oder sekundäre Farbkorrekturen über Speedgrades Ebenen-System hinzugefügt werden. Ebenso stehen alle Effekte und zahlreiche Look-Presets zur Verfügung. Neu in diesem Update dazugekommen sind auch die SpeedLooks von LookLabs (Siehe DP 05/13, S. 36 ff). Die 3D-LUTs des kanadischen Unternehmens eignen sich hervorragend, um Material aus unterschiedlichen Kameras abzustimmen oder einen traditionellen Filmlook zu erzeugen. Ist die Farbkorrektur durchgeführt und der gewünschte Look erzeugt, dann kann das Premiere-Pro-Projekt in Speedgrade gespeichert oder über eine eigene Schaltfläche wie der zurück zum Schnittprogramm geschickt werden.

Die Lumetri Engine

Ermöglicht wird dieser neue Workflow unter anderem durch die Lumetri Engine in Premiere Pro. Lumetri ist der Name der Speedgrade Color Grading Engine und so war ist es schon seit Premiere Pro CC möglich, Look Up Tables aus Speedgrade über den Lumetri-Effekt in Premiere Pro anzuwenden. Dieser Vorgang war bisher allerdings manuell für jeden einzelnen Clip notwendig, was beim Grading eines fertigen Films schon einen erheblichen Aufwand darstellen kann. Wenn man die Sequenz jetzt in Speedgrade speichert oder an Premiere Pro zurücksendet, dann wird der Lumetri-Effekt mit dem entsprechenden LUT automatisch angewendet. Die Looks lassen sich in Premiere Pro zwar nicht bearbeiten, aber wenn man die Sequenz wieder an Speedgrade sendet, dann stehen alle Einstellungen in den Farbkorrekturebenen wieder zur Verfü- gung. Dadurch entfällt nicht nur die mühsame Arbeit die LUTs manuell zuzuweisen, sondern der Cutter oder der Grading Artist können zu jedem Zeitpunkt in der Produktion zwischen Schnitt und Grading hin- und herspringen. Vom Schnitt zum Grading ist damit keine Einbahnstraße mehr und es müssen auch keine zusätzlichen Clips mehr exportiert werden.

Dreiwege-Farbkorrektur in Premiere Pro vs. Look-Ebenen in Speedgrade

Warum sollte man die Farbkorrektur überhaupt in Speedgrade durchführen und nicht einfach die Dreiwege-Farbkorrektur in Premiere Pro verwenden? Speedgrade kommt zunächst einmal mit einer ungewohnten Arbeitsoberfläche daher, obwohl Adobe schon einige Elemente an die Premiere-Pro-Optik angepasst hat. Auffallend ist aber nach einer kurzen Einarbeitungszeit gleich, dass die Color Wheels wesentlich feinfühliger sind. Die Bedienung kann externe Tangent Panels oder etwas spartanischer über die Maus erfolgen. Bei der Bedienung mit einer Maus lässt sich ein Color Wheel mit einem Rechtsklick fokussieren und dann gleichzeitig das Chroma Wheel durch Mausbewegung und die Luminanz durch das Scrollrad bearbeiten. Gleichzeitig lassen sich beliebig viele Farbkorrekturebenen hinzufügen. Das besondere dabei ist, dass jede Ebene Zugang zu den vollen Farb- und Kontrastinformationen des Ursprungsmaterials hat. So kann die erste Korrektur für die Belichtung der Mitteltöne ruhig die Lichter ausbrennen lassen, wenn danach eine zweite Korrekturebene die Highlights etwas nach unten drückt. In Premiere Pro wäre eine solche Vorgehensweise nicht denkbar, da durch die erste Korrektur schon die entsprechenden Farbinformationen verloren gehen würden. In After Effects wäre eine ähnliche Vorgehensweise nur im 32-BitArbeitsfarbraum möglich.

Ein weiterer Vorteil in Speedgrade gegen- über Premiere Pro sind die Maskierungsfunktionen. Mit dem Update ist es jetzt auch möglich, dass jede Korrekturebene eine eigene Maskierung erhält oder dass, ähnlich wie bei Schnittmasken in Photoshop, mehrere Ebenen die gleiche Maske verwenden.

Wie in der Dreiwege-Korrektur von Premiere Pro steht auch in Speedgrade eine sekundäre Farbkorrektur zur Verfügung. Allerdings verfügt diese dann über eine eigene Ebene und kann schnell in der Stärke variiert oder durch Masken weiter eingeschränkt werden.

Fokus auf den Look

Bei Speedgrade merkt man schnell, dass der Look des Films im Vordergrund steht. Der Monitor kann verschiedene Clips gleichzeitig darstellen, damit gewährleistet ist, dass der vorherige oder der nächste Clip zur farblichen Stimmung des aktuellen Clips passen. Außerdem steht ein Auto Color Matcher zur Verfügung, der die aktuell dargestellten Clips farblich automatisch aufeinander abstimmt.

Ebenso praktisch ist auch der LookBrowser, in dem fertige Looks oder Zwischenschritte abgespeichert werden können. Diese können dann zur Präsentation oder zum Vergleich mit einem Klick wieder angewendet werden. So lassen sich schnell unterschiedliche Stimmungen produzieren oder ausgehend von einer Basis-Korrektur weitere experimentelle Looks erzeugen.

Das Schnappschuss-Fenster kann verwendet werden, wenn der Grading-Artist den Look als Bild exportieren möchte oder ein Bild als Grading-Vorlage beispielsweise für den Auto Color Matcher verwenden möchte. Auf jeden Fall praktisch, wenn Zwischenschritte dokumentiert werden sollen.

Fazit

Die Grading-Funktionen von Speedgrade sind auf jeden Fall einen Blick wert und durch den neuen Workflow und durch die erweiterte Formatunterstützung im Premiere-ProSequenzmodus ist Speedgrade auch in der Videoproduktion ein sehr praktisches Werkzeug.

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