Cinema Grade – Intuitive Farbkorrektur

Apple hat Denver Riddle von Color Grading Central ja recht übel mitgespielt. Doch so leicht wollte der Entwickler nicht aufgeben.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Digital Production 03 : 2019.

Apple hat Denver Riddle von Color Grading Central ja recht übel mitgespielt: Kaum hatte er mit Color Finale ein wirklich brauchbares Grading-Tool für Final Cut Pro X herausgebracht, kam das Update auf Version 10.4, das dessen Möglichkeiten weitgehend überflüssig machte. Doch so leicht wollte der Entwickler nicht aufgeben.

Er setzte lieber noch einen drauf, denn jetzt gibt es aus gleichem Hause Cinema Grade. Das Plug-in für Premiere (ab CC 2018), Final Cut Pro X (ab 10.4) und Resolve 15 auf dem Mac hat vor allem einen Anspruch: Color Grading so einfach wie möglich zu machen.

Programmintegration

In Premiere oder FCP-X ist durch die engere Integration eine dynamische Verbindung mit der Timeline möglich. Dort können alle Farb- änderungen seitens des Plug-ins unmittelbar angezeigt werden, außerdem kann man direkt zwischen den Clips springen, Shot Matching betreiben oder Gruppierungen vornehmen. In DaVinci Resolve 15 werden dagegen nur die Final-Grading-Funktionen via OFX-Plug-in unterstützt, das ist die Bearbeitung einzelner Clips. Das ist nicht Cinema Grade geschuldet, sondern den allgemeinen Einschränkungen für derartige Plug-ins von Seiten Resolves. Für reines Grading braucht man nur das Vollbild, aber bei den Schiebereglern gibt es ein paar Möglichkeiten, die nicht direkt im Bild arbeiten. Außerdem ist das Produkt bisher nicht für Windows verfügbar und eine entsprechende Version ist kurzfristig auch nicht zu erwarten. Eine Lizenz erlaubt zwei Installationen. Es gibt drei Preisstufen von Basic für 69 US-Dollar über Pro für 99 US-Dollar, mit Shot Matching, Gruppierung und ACES-Unterstützung, und Filmmaker für 199 US-Dollar, wo in erster Linie Zusatzmaterial und Kurse von Color Grading Central mit verkauft werden. Gruppierungen beherrscht Resolve ja von Hause aus, während das Group Grading für die anderen beiden Programme eine hilfreiche Ergänzung ist. Es wird dort direkt in Cinema Grade zugänglich, das fehlt in Resolve.

Grading direkt im Bild

In Resolve wird nach Klick auf „Open controls“ nur das aktuelle Bild an das Standalone-Programm übergeben. Logischerweise sind damit auch keine Masken, Tracking oder Keyframing möglich (abgesehen von deren Anwendung auf den gesamten Node). Ein Steuerpult braucht in Cinema Grade auch niemand, genauso wenig muss man den Blick vom Bild abwenden: Alles findet per Maus direkt im Endbild statt. Dazu sollte sich das frei verschiebbare Programmfenster allerdings auf einem einigermaßen kalibrierten Bildschirm befinden; hilfsweise kann man Waveform, Vektorskop und Histogramm zuschalten. Die Reihenfolge der Bedienung mit wenigen Icons über dem Bild folgt dem üblichen Vorgehen: unter „Light“ zuerst globale Belichtungsanpassung, dann der Kontrast, schließlich unter „Color“ die Farbtemperatur (bzw. Tint) und die Sättigung. Sämtliche Einstellungen erfolgen durch senkrechte Bewegungen der Maus.

Alternativ sind rechts auch konventionelle Regler verfügbar, aber die widersprechen im Grunde schon der Direct-GradeBedienphilosophie. Dort finden sich aber noch weitere Funktionen wie die Bearbeitung von Farbvektoren oder eine recht gute Simulation von Filmkorn. Über zwei weitere Buttons wird eine Zoomstufe ausgewählt und zwischen Original und Endbild umgeschaltet.

Soweit handelt es sich um primäre Farbkorrekturen, aber sekundäre Korrekturen sind möglich, soweit sie über Bildparameter eingegrenzt werden können. Das letzte Icon oben mit dem Schieberegler-Symbol aktiviert einen Modus, in dem man einzelne Objekte im Bild anklickt (Mehrfachauswahlen sind möglich). Dort erscheint ein Pluszeichen, und nun werden sämtliche Korrekturen nur noch auf den jeweiligen Helligkeitsbereich oder Farbton angewendet.

Den Look Transfer gibt es ab der Pro-Version, aber wie alle Automatiken ist der nicht immer perfekt.
Bei aller Einfachheit bietet Cinema Grade doch die üblichen Messgeräte.
Looks und LUTs mit Preview bietet bereits die Basic-Lizenz.

Selbstverständlich werden dabei einigermaßen weiche Übergänge zu umgebenden Bereichen generiert, aber direkten Einfluss hat man darauf nicht. Kurze Tooltipps unten über dem Bild machen es weitgehend überflüssig, überhaupt in die Menüs oder gar Tutorials zu schauen.
Eine umfassende Einführung für die Nutzer von Premiere, die am meisten von diesem Programm profitieren dürften, findet sich hier: tinyurl.com/yyww5v57.

LUTs und Looks

Mit der linken Seiteneinblendung wird eine Vielzahl an Looks und LUTs angeboten, die wie immer Geschmackssache sind, aber meiner Meinung nach ist recht Brauchbares dabei. LUTs sind mit externen Angeboten als .cube kompatibel und unter Den Look Transfer gibt es ab der Pro-Version, aber wie alle Automatiken ist der nicht immer perfekt. „User“ zu finden, während Looks gespeicherten Einstellungen aus Cinema Grade entsprechen. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass bei LUTs keine Details aus dem Clipping von Highlights oder aus den Tiefen bei Black Crushing zurückgeholt werden können, während extreme Looks auch in dieser Hinsicht korrigierbar bleiben. In der linken Seitenpalette findet sich schließlich noch der Look Transfer. Ein kleines Stecknadelsymbol hält die seitlichen Zusatzpaletten permanent im Bild, anderenfalls ziehen diese sich nach Gebrauch zurück.

Auch in Resolve kann man mehrfach zwischen dem Standalone-Interface und dem Hostprogramm wechseln, aber man darf vor dem Schließen von Cinema Grade nicht vergessen, in beiden Programmen auf „Apply“ zu klicken, sonst ist die Arbeit weg. Bisweilen reagierten bei unserem Test die Seiteneinblendungen im Vollbild nicht mehr, aber mit kurzem Neustart des Plug-ins ließ sich das beheben. Die Geschwindigkeit ist dank GPU-Unterstützung per OpenCL recht gut und solche kleinen Schönheitsfehler sind vermutlich der noch jungen Version 1.0.25 geschuldet.

Kommentar

Cinema Grade ist das radikale Gegenstück zu 3D LUT Creator (siehe Seite 53): Es macht Color Grading so einfach und intuitiv wie möglich. Andererseits kann es im Grunde nichts, was selbst die kostenlose Version von Resolve nicht schon könnte. Insbesondere für Premiere auf dem Mac mit seinem relativ umständlichen Grading kann es sich dagegen durchaus nützlich machen. Gegenüber Final Cut Pro X punktet es im Wesentlichen auch nur mit Minimalismus und wenigen Zusatzfunktionen.

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