Dieser Artikel erschien ursprünglich in der DP 06 : 2016.
Die Open-Source-Software Makehuman hat nun schon einige Jahre Entwicklungszeit hinter sich und ist ein durchaus brauchbares Werkzeug zum schnellen Erstellen von menschlichen Charakteren geworden. Ursprünglich als Add-on für Blender entwickelt, hat sich seit dem Sprung zum eigenständigen Programm einiges getan.
Die akademischen Wurzeln sind aller dings geblieben. Ziel ist ein anatomisch korrektes Mesh; Zusatzfunktionen wie Kleider oder das Posieren und Rendern der Charaktere sind weiterhin nur rudimentär vorhanden und daher in diesem Artikel ausgespart. Die Figuren eignen sich hingegen hervorragend, um in einem 3DProgramm weiterbearbeitet zu werden.
Warnung
Wenn man Makehuman das erste Mal öffnet, erscheint als Splash-Screen die Warnung, dass es sich hierbei um eine „Character Creation Suite“ handelt, die darauf ausgelegt ist, anatomisch korrekte Menschen zu erstellen. Daher könnten Teile des Programms Nacktheit enthalten. Wer den Mut aufbringt, auf „Yes“ zu klicken, wird schnell feststellen, dass es mit den Nackedeis gar nicht so weit her ist, denn seit Version 1.1.0 werden primäre Geschlechtsteile nicht mehr mitgeliefert. Wenn gewünscht, müssen sie manuell nachinstalliert werden. Die Entwickler hatten keine Lust mehr auf ständige Diskussionen, dass ihre Software die Seelen unschuldiger Kinder irreparabel beschädigen und die Jugend verderben würde. Sekundäre Geschlechtsmerkmale werden aber weiterhin mitgeliefert.
Neutral
Ein Makehuman-Modell startet in einem neutralen Zustand. Das heißt, dass das Geschlecht noch nicht definiert ist, Alter, Größe, Gewicht, Muskelmasse und Proportionen in der Mitte liegen und zu jeweils einem Drittel afrikanische, asiatische und kaukasische Züge vorliegen. Alle diese Eigenschaften sind in der Kategorie „Macro“ zusammengefasst, die den Ausgangspunkt für spätere feinere Justierungen darstellt. Hier sollten also die Grundzüge der Figur bereits festgelegt werden. Für manche der Einstellungen ist aber ein Vorgriff nötig. Wer sich zum Beispiel für ein dediziertes Geschlecht der Figur entscheidet, sollte gleich im „Geometries“-Tab eine passende Topologie auswählen. Dies gilt ebenso, wenn deutlich erkennbare Muskelmasse gewünscht ist. Auch beim Erstellen von besonders jungen Kindern sollte darauf geachtet werden, dass eine passende Topologie ausgewählt wird. Eine Lösung für alle Fälle existiert nämlich nicht.
Geschlechts-Feintuning
Im Gender-Tab können Anpassungen an den Geschlechtsmerkmalen vorgenommen werden. Änderungen an den Brüsten sind auch bei männlichen Modellen möglich. Für die primären männlichen Geschlechtsorgane findet sich zwar auch eine Sektion, diese ist im Vanilla-Makehuman aber ausgegraut. Erst wenn man dafür eine Proxy-Geometrie nachinstalliert, können diese ebenfalls konfiguriert werden.
Das komplexe Gesicht
Im Tab zum Feintuning des Gesichts finden sich sage und schreibe 18 Kategorien mit jeweils zahlreichen Optionen. Das ist auch notwendig, denn das Gesicht verleiht der Figur Charakter. Einige Kategorien sind sowohl für die rechte als auch für die linke Seite verfügbar, wodurch sich die Symmetrie aufbrechen lässt. Das ist sehr wichtig, da der menschliche Körper nicht perfekt symmetrisch aufgebaut ist und leichte Abweichungen daher dem Realismus förderlich sind.
Torso
Bei der Konfiguration des Torsos sollte man Vorsicht walten lassen. Spätestens an dieser Stelle kann man sein Modell massiv verunstalten beziehungsweise stilisieren. Der Vorteil an der Möglichkeit, mit extremen Werten zu arbeiten, liegt darin, dass Makehuman dadurch für Toon-Charaktere einsetzbar wird. Und wer wollte seinen Figuren nicht schon immer extrem breite Schultern verpassen?
Arme und Beine
Bei den Einstellungen für Arme und Beine (und dazugehörig natürlich Hände, Schultern und Füße) ist wieder eine Asymetrie möglich beziehungsweise erwünscht, auch diese lassen sich also einzeln verändern. Lediglich die Länge der Ober- und Unterschenkel ist ein symmetrischer Parameter.
Homunculi-Lotterie
Wie bereits erwähnt gibt es zahllose Parameter. Damit man auch auf einen Klick einen individuellen Charakter erstellen kann, haben die Entwickler einen Tab mit Zufallsknopf integriert. Hier kann man so lange klicken, bis ein passables Ergebnis erscheint. Passabel deshalb, weil die Paramter wirklich rein zufällig gesetzt werden, wodurch die meisten Ergebnisse irgendwo zwischen schräg und unnatürlich liegen.
Fazit
Mit Makehuman lassen sich ziemlich flott anatomisch korrekte Modelle von Menschen erstellen, ohne modellieren können zu müssen. Ein Auge für die richtigen Proportionen reicht völlig.
Die Ergebnisse lassen sich als Colladaoder .fbx-Dateien exportieren und stehen unter der Lizenz CC0 – man darf damit also machen, was man will.